H.P. Lovecraft
Encyclopaedia Necronomica - ein Überblick über seine gesammelten Werke
Special
Wie kommt man eigentlich auf eine derartige „Mammutaufgabe“ und wie geht man da vor?
PH: „Lustigerweise war das Buch ursprünglich gar nicht zur Veröffentlichung gedacht, sondern sollte die Bachelor-Arbeit meines Kommunikationsdesign-Studiums an der Hochschule Konstanz werden. Auf diese Idee bin ich wohl vor allem deshalb gekommen, weil ich im vorangeganenen Semester an einer Stop-Motion-Verfilmung der Lovecraft-Geschichte „The Haunter of the Dark“ mitgewirkt habe und mich somit sehr intensiv mit Lovecrafts Literatur befassen musste. Die Unübersichtlichkeit seines fiktiven Kosmos war dabei etwas, was mir – wie vielen anderen Menschen auch – den Durchblick sehr erschwert hat. Ich habe begriffen, dass in der Literatur Lovecrafts für Einsteiger und Hardcore-Fans immer ein gewisser Erklärungsbedarf existieren wird – und meine Aufgabe als Kommunikationsdesigner ist es, verständliche Erklärungen für komplexe Themen zu liefern. Ich habe mich also ein Semester lang intensiv mit Lovecrafts Welten auseinandergesetzt und mein Wissen in der „Encyclopaedia Necronomica“ zusammengefasst.
Circa ein Jahr nach meinem bestandenen Abschluss kam dann die Idee auf, das Buch verschiedenen Verlagen anzubieten. Zwar waren alle angeschriebenen Verlage interessiert, aber aufgrund der immens hohen Produktionskosten, den logistischen Herausforderungen bei der Herstellung und diversen rechtlichen Fragen kam es dann leider nie zu einer Zusammenarbeit. Ich wollte das Projekt schon wieder verwerfen, bis ich dann von Freunden und Fans, die im Internet auf das Buch aufmerksam geworden sind, regelrecht dazu gedrängt worden bin, es mit einer Crowdfunding-Kampagne zu versuchen. Ich wollte erst nur zwanzig Exemplare an den Mann bringen, aber nach ein paar Wochen hatten plötzlich 141 Spender über 15.000 Euro zusammengetragen – ein Erfolg, mit dem ich nie gerechnet hätte.“
Wie lange arbeitet man an einem solchen Buch und wo sind die Stolpersteine? Da ist es doch bestimmt einfacher, hierzulande über Goethe oder Wagner zu schreiben, oder?
PH: „An der Urfassung des Buches habe ich ein Semester lang, also grob vier Monate gearbeitet. Mit dem Erfolg der Crowdfunding-Kampagne begann dann aber eine ganz neue Arbeitsphase: Manche Texte mussten überarbeitet und die Rechte für Zitate oder Fremdbilder erfragt werden. Ebenso musste ich die Produktion in die Wege leiten, was bei einem schiefwinkligen Buch alles andere als einfach ist. Dazu kommen dann noch Dinge wie die Adressen und T-Shirt-Größen der Spender, die erfragt werden müssen. Auch die Releaseparty musste organisiert und die Presse informiert werden. Auch viel Zeit in Anspruch genommen haben die ins Buch integrierten Poster, die ich von Hand schneiden, falzen und einbauen musste; kurz: Ich war von März bis Ende September noch mal durchgehend beschäftigt.
Die größte Schwierigkeit war die Erfragung von Bildrechten. Die meisten Bilder habe ich selbst gezeichnet, aber für Dinge wie Originalschauplätze oder Künstler, die Lovecraft inspiriert haben, habe ich natürlich Fremdmaterial benötigt. Und teilweise ist es richtiggehende Detektivarbeit, den tatsächlichen Rechteinhaber eines Bildes ausfindig zu machen. Dazu kommt, dass gerade größere Organisationen von dir den exakten Verwendungszweck inklusive Auflagenhöhe, Verkaufspreis des Buches und Details zur Online-Version erfragen müssen, um dir eine Genehmigung zu erteilen und eventuell die Höhe der Nutzungsgebühr zu bestimmen. Mit anderen Worten: Ich durfte mich mit sehr trockenem Papierkram herumquälen. Beim Kapitel „Lovecraft in der Popkultur“ habe ich letztendlich entschieden, dass ich alle Bilder des Kapitels restlos rausschmeiße und durch eigene Illustrationen ersetze – alles von Hand nachzuzeichnen war letztendlich weniger Arbeit, als alle Rechte zu erfragen.“
Genau diese Liebe zum Detail und die viele Arbeit, die investiert wurde, merkt man der „Encyclopaedia Necronomica“ deutlich an. Es macht einfach Spaß, in dem Werk zu blättern und die eigenen Kenntnisse über die Geschichten und Hintergründe mit den Ausführungen im Buch zu vergleichen – und dabei gleichzeitig neue Ideen und Anküpfungspunkte zu sammeln.
Für „Neueinsteiger“ in das Universum von Lovecraft ist der Einstieg ziemlich unübersichtlich, aufgrund der losen Erzählungen und Verbindungen. Wolltest Du eine Orientierung bieten?
PH: „Diese Verbindungen sind tatsächlich der Hauptgrund für die Verwirrung, die Lovecrafts Texte stiften können. Das Schlimme ist, dass Lovecraft nicht nur ständige Querverweise zu anderen seiner eigenen Texte aufbaut, sondern auch die Geschichten anderer Autoren in seinen eigenen Mythos einbaut. Liest du einen Lovecraft-Text, kann es sein, dass darin plötzlich ein Monster auftaucht, das eigentlich Clark Ashton Smith erfunden hat. Lovecrafts befreundete Autoren haben darauf oft reagiert, indem sie ihrerseits Lovecraft-Monster in ihre eigenen Geschichten eingebaut haben. Daraus entstand mit der Zeit ein gewaltiger und vor allem sehr chaotischer Mythos, der bis heute immer weiter ausgebaut wird. Ich habe ein grundlegendes Wissen über diese Querverbindungen vermittelt, indem ich verschiedene Infografiken erstellt habe, die für den Leser klar ersichtlich machen, welche Geschichten sich aufeinander beziehen, woher sie ihre Inspiration nehmen und in welchen Werken sie fortgeführt wurden.“
Mehr über die „Encyclopaedia Necronomica“ und H.P.Lovercraft in der Musik auf der folgenden Seite…
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Ein sehr interessanter Artikel!