Gravenhorsts Graveyard
Wer rettet den Metal?
Special
Letzte Woche haben MANTAR mit ihrer Tourverkürzung massiv Staub aufgewirbelt. Die Transparenz des Duos ist wohltuend, gerade weil Bands bei geschäftlichen Themen selten so ehrlich sind, wenn man mal von der notorischen Generalkritik am Musikbusiness absieht. Doch zu der anderen Seite der Medaille gehört neben dem artikulierten Verständnis für die schwierige Lage der Besuchenden auch die Verbitterung, die sich herauslesen lässt. Sie müssten dann halt Sommerhits schreiben, sofern die Metalgemeinde sich nicht durch den Kauf von Tickets für den Erhalt der Band entscheidet.
Für Konzertveranstaltende kommen gerade viele Probleme zusammen: Da wäre die besondere Pandemiesituation. Vielerorts fühlt sich Corona überwunden an, doch der wirtschaftliche Schaden ist in der Konzertindustrie noch deutlich spürbar. Gestiegene Produktionskosten und schleppende Kartenverkäufe belasten die Branche. Außerdem lässt sich schwer vorhersagen, unter welchen Bedingungen Konzerte ab Herbst durchgeführt werden können.
Rocking is my business and business is good
Doch trotz dieser Schwierigkeiten wurde der Konzertbetrieb aus der Vorpandemiesituation unter diesen veränderten Rahmenbedingungen möglichst unangepasst wiederaufgenommen. Am leichtesten fällt es bei diesen schwierigen Problemen das veärnderte Freizeitverhalten der Leute zu kritisieren, weswegen es kaum verwundert, dass die Diskussion um die Rettung der Clubkultur, auch seitens MANTAR, normativ gefärbt ist: Es sei die Verantwortung der Konsumierenden, sie zu erhalten. Wie können sie es überhaupt wagen, in dieser Ausnahmesituation ihr Konsumverhalten bezüglich des Besuchs von Musikveranstaltungen zu ändern. Interessant ist dabei die Implikation eines „richtigen“ Konsumverhaltens.
Ich muss zugeben, dass ich mir auch Gedanken darüber gemacht habe. Während ich meine Bedenken bezüglich der Infektionsgefahr beiseite schob, war ich im Juni und Juli vor allem bei Großkonzerten von KISS und IRON MAIDEN. Ich witzelte, dass mein Konzertverhalten zu mainstream war und nun wieder nischiger werden müsse. So kam es, dass ich meine Karte für DIE ÄRZTE mit Verlust verkauft habe, um auf ein Undergroundfestival zu gehen und mir dort von mehreren Bands Merch zu kaufen. Und demnächst kaufe ich mir für das „Hellseatic“-Festival, bei dem MANTAR headlinen, eine Karte. Kann mir dafür Joey DeMaio bitte einen „Saviour of True Metal“-Orden verleihen?
Eskapismus muss man sich leisten können
Rodney Fuchs hat eine andere Antwort auf diese Frage kürzlich in einem Kommentar auf MoreCore.de skizziert: Mehr Toleranz für teurere Tickets, die im Vorverkauf erworben werden sollen; möglichst viele Getränke in der Location trinken, weil diese nicht unter der unfairen Preispolitik globaler Bierkonzerne leiden soll und das 30€-Shirt der Band kaufen, weil bei dem von der letzten Tour ohnehin der Aufdruck beschädigt ist. Oder kurz gesagt: Möglichst viel konsumieren. Das hilft zwar musikwirtschaftlichen Akteuren, sich dem vorpandemischen Einnahmenniveau zu nähern, doch hohe und regelmäßige Ausgaben setzten eine ökonomische Sicherheit voraus, die vielen Menschen momentan nicht gegeben ist.
Vorverkäufe sind unter diesen Umständen für Besuchende sowieso zweischneidig. Denn die fehlende Planbarkeit betrifft nicht nur die Veranstaltenden, sondern auch ihre Kund:innen. Über das tatsächliche Stattfinden des Konzerts hinaus geht es da vor allem um Terminfragen. Selbst wenn man für den Konzertbesuch keinen organisatorischen Aufwand wie Kinderbetreuung oder der Anmeldung von Urlaub fahren muss, können die Auftritte letztlich doch in ungünstige Zeiträume fallen. Zudem haben sich gerade große Ticketplattformen, an denen man wegen ihrer marktbeherrschenden Stellung kaum vorbei kommt, bei der Rückerstattung als anstrengend erwiesen, so dass viele sich den Aufwand verständlicherweise sparen möchten.
Neustart Kulturverständnis
Vielleicht sollte man das als Anlass nehmen um in Frage zu stellen, ob sich Tourneen ausschließlich über die Nachfrage der Besuchenden finanzieren sollen. Es war gerade das Programm „Neustart Kultur“, welches der Konzertindustrie wieder auf die Beine half. Branchenvertretende sagen, dass eine Unterstützung zur Abfederung der Pandemie noch zwei bis drei Jahre weiterlaufen müsse. Da ist es ein positives Signal, dass das Programm bis Mitte nächsten Jahres verlängert wurde, doch auch darüber hinaus muss eine tiefergreifende Förderung der Populärmusik stattfinden. Länder wie Schweden könnten ein Vorbild sein, wo der Staat bei der Tourneefinanzierung hilft.
Allerdings schwindet bei mir die Zuversicht, dass das Momentum der Pandemie genutzt wird, um die Veränderung des Kulturverständnis weiter voranzutreiben. Die neue Bundesregierung tut sich schwer damit und die allgemeine Wertschätzung für die Clubkultur ist in den letzten beiden Jahren leiser geworden. Daher ist offen, wie die Clubkultur in einigen Jahren aussieht, ob sich der Markt je nach Sichtweise „gesundschrumpft“ oder monopolisiert. Sicher ist bloß, dass der vorpandemische Konzertbetrieb in seiner Quantität insbesondere für den Metal schwerlich aufrecht zu erhalten ist, wenn man ihn allein in die Hände der Verbrauchenden legt.
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Das Ganze kann nur zu einem Schrumpfen der gesamten Eventbranche führen, ähnlich wie der Flugbranche. Für manche Betroffene wird das verschmerzbar sein, für manche blutig. Subventionen wären eine Idee, halte ich aber für unrealistisch. So lange Fotos von Politikern bei Festspieleröffnungen und in Opernlogen als wunderschöne Stories gelten, Konzert- und Partyfotos einer finnischen Premierministerin aber eine mittelschwere gesellschaftliche Grundsatzdiskussion auslösen, wird hier immer zwischen Hoch- und Subkultur unterschieden. Jedes Streicherquartett ist in der Breite akzeptierter wie eine noch so professionell arbeitende und wirtschaftlich noch so erfolgreiche „harte Band“. Ein guter Teil der einschlägigen Fans will das ja auch gar nicht anders, das macht auch so schön elitär, bzw. werden gesellschaftliche Akzeptanz oder finanzieller Erfolg sofort als mangelnde Qualität abgestempelt. Man kann sich insgesamt eben nicht einerseits abgrenzen WOLLEN, gleichzeitig aber Systemzugehörigkeit und Solidarität fordern.
Schlussendlich werden Veranstaltungen kleiner werden MÜSSEN, und es wird damit auch wieder eine Renaissance des Untergrundes geben – man jammerte ja zuletzt oft, dass Kleinstkonzerte im Jugendzentrum um die Ecke keinen Zuspruch haben, alternde Rockstars aber bei immer höheren Tigketpreisen immer größere Massen begeistern können. Der Idealismus einzelner wird wieder wichtiger werden, große Veranstalter werden sich konsolidieren, Bands werden noch mehr in die Eigenvermarktung gedrängt.
Es herrscht in den Ballungszentren eine völlige Übersättigung. Wie viele Konzerte sollen es denn in einer Woche sein? Wenn Du Audrey Horne, Hypocrisy & Septicflesh und Arch Enemy mit Behemouth an einem Tag ansetzt, dann kann der Fan sich ja nicht aufteilen. Das ist selbst für ein Ballungsgebiet wie Hamburg nur bekloppt.
Die Preise dazu:
Arch Enemy: 55 günstigste Variante
Hypocrisy: 45
Audrey Horne: 30
Arch Enemy ist verschoben von 2021 und der ein oder andere Fan dürfte das Ticket seit einem Jahr @home liegen haben, die anderen beiden Gigs sind neu. Für die neu angesetzten Gigs bleiben nur die Krümel über. Und sind wir mal ehrlich – 45€ für Hypocrisy ist ein stolzer Preis, dazu 3 Bier zu je 5€. Das Geld will erstmal verdient werden.
Um bei dem Beispiel zu bleiben: es trifft Bands wie Audrey Horne, Hypocrisy oder Septicflesh, d.h. den sogenannten Mittelstand. Ich bin gespannt, wie viele Touren im Herbst noch eingestampft werden. Wenn es weniger als 50% sind, dann würde es mich überraschen. Konzerte werden sich in Richtung Wochenende verschieben und nicht mehr an jedem Tag der Woche stattfinden.
Dazu kommt Covid selbst – der Fan lernt, dass es am sinnvollsten ist, bis zum letzten Tag zu warten, ehe er sich ein Ticket besorgt – weil – dann kann er sicher sein das er selbst nicht krank, der Gig nicht 3 Tage vorher abgesagt wird wegen zu wenig Tickets und die Musiker ebenfalls gesund sind und spielen können. Selbst wenn Du ein Ticket zurückgeben kannst….die Gebühr schnappt sich der Ticketdienstleister und ist weg.
Es ist nicht nur ein anderes Fanverhalten, es ist auch reichlich Dummheit der Veranstalter, welche jeden Gig irgendwie probieren in eine Lokation zu packen. Viele Musikfans haben Tickets aus 2020, für Konzerte, welche auf 2023 verschoben sind – und die Veranstalter sind am jammern „bitte das Ticket behalten“ – auch wenn von Samstag auf Dienstag verlegt und ich 100km Anreise habe – dazu soll der Fan gleich noch neue Tickets kaufen – sorry, der Deal kann nicht aufgehen.
Ich kaufe aktuell gar keine Tickets im VVK, nur Abendkasse – auch wenn es 5€ mehr kostet, aber dann weiß ich was es an dem Abend gibt.
Das Momentum der Pandemie wurde – zumindest in Deutschland – eigentlich komplett verschenkt. Weiterhin gilt: Wachstum über alles. Trotz Pandemie, wohlgemerkt. Wer da auf langer Sicht auf der Strecke bleiben wird, ist völlig klar. Wenn man sieht, wie schnell z.B. das W:O:A 2023 für stolze 299€ bereits wieder ausverkauft war, kann man nur entmutigt mit dem Kopf schütteln und sich wundern, wie tief manche MusikhörerInnen oder eher -konsumentInnen eigentlich noch sinken können, dass man sich Jahr für Jahr so abziehen lässt (hohe Preise, billige Merchqualität, durchschnittliche bis schlechte Organisation), während die Branche am anderen Ende, die gerne anders würde, leidet.
man ist als Metal-Fan nicht dazu verpflichtet, stets und ständig Live-Gigs zu besuchen um die Bands wirtschaftlich am Leben zu behalten, zumal seit dem Wegbrechen nennenswerter Umsätze physikalischer Tonträger der kommerzielle Druck quasi exorbitant auf den Livebetrieb fokussiert wurde und wird
das man irgendwann einmal an einen Punkt der Übersättigung gerät war zu erwarten und in Zeiten explodierender Preise bei gleichbleibenden Löhnen verwundert mich die Zurückhaltung der Fans generell gewiss nicht
wenn ich damit rechnen muss das ich im Schnitt das Doppelte für Gas/Öl/Benzin/Strom etc zu latzen habe, und im kommenden Jahr selbst hier noch Potential nach „deutlich weiter oben“ auszumachen ist, erübrigt sich so manches fabulieren über die Gründe des Schrumpfens im Livebetrieb doch recht fix
das ist weder verwunderlich noch abzuwenden durch Apelle an das sogenannte „Metal-Herz“
holgi und ich sind da offensichtlich ziemlich einer Meinung. Viele Musiker werden erkennen müssen, dass sich ihr Traum vom „Leben von der Musik“ doch nicht so ausgeht, und dass sie wieder mehr in Richtung „ich machs als mein Hobby“ denken werden müssen. Bitter, aber so ist das mit der Wirtschaft. Kerzenzieher hat auch plötzlich keiner mehr gebraucht, mit der Motorisierung sind Stellen als Stallburschen und Kutscher weggebrochen, mit der Digitalisierung haben Papierfabriken nur mehr die Hälfte an Zeitungspapier abgesetzt, Board-und Bodenpersonal der Fluglinien war mit Corona plötzlich unterbeschäftigt,… Das passiert ständig. Dafür erfinden sich neue Berufe.
Ich war beim Musikmachen nie so naiv, dass sich das für mich irgendwann mal ausgehen könnte. Als zwischenzeitlich kurz doch etwas reinkam, war das nett, hat mich aber auch nicht vom Rockstar-Leben träumen lassen. Wer hier alles auf eine Karte setzt, Job hinschmeißt und nur noch Musik macht, pokert eben hoch. Ich glaube, dass kaum eine heute richtig große Band damals begonnen hat mit dem Ziel, irgendwann Rockstars zu werden. Das passiert halt einfach, das ist eine Frage von Qualität, Beharrlichkeit und Idealismus, kann man aber nicht wirklich erzwingen. Ich gönne jedem, dass das funktioniert, aber hier gilt das selbe wie beim Sport – nur sehr wenige schaffen das tatsächlich. Und wir dürften eine Zeit eines Booms offenbar hinter uns haben. Nochmal, ja, das ist bitter.
Vielleicht wird sich damit die Schwemme an ständig neuen Bands auch etwas reduzieren, wobei die digitale Möglichkeit, alles extrem billig aufzunehmen und auch zu veröffentlichen, doch noch weiter gilt.
Wir sind Subkultur und auch nicht systenrelevant – es wird kaum Unterstützung geben.
Wahrscheinlich haben uns die letzten 10 Jahre auch verwöhnt, sodass wir vieles als normal und selbstverständlich betrachten, was eben in den 80ern und 90ern völlig denkunmöglich war.
Ich pflichte euch beiden da weitestgehend bei. Für mein „Metal-Herz“ hat sich auf den letzten Festivals und Konzerten auch keiner interessiert, als man mir für 30-35€ ein Fruit Of The Loom Shirt anzudrehen versuchte oder Tiefkühlfraß für weit jenseits der 10€-Marke. Mir ist durchaus bewusst, dass wir alle in der Pandemie gelitten haben und dass es auch für alle anderen deutlich teurer wird, aber ich sehe halt nicht, wieso das immer nur eine Seite ausbaden sollen müsste, wohlgemerkt bei stets steigenden Lebenserhaltungskosten und gleichbleibendem Lohn, warum nun einseitig weiter exorbitant viel Geld investiert werden sollte, das viele einfach nicht mehr haben, um die Träume der Künstler nicht platzen zu lassen. Das klingt harscher als es eigentlich gemeint ist, mir bedeutet der Metal wirklich extrem viel, aber man hat und hatte schließlich auch keine Skrupel dabei, die Fans auszupressen und jetzt bricht genau dieser Sektor eben nach und nach weg, weil die Fans einfach nicht mehr so viel Geld über haben. Mir tut es weh, das so schreiben und auch miterleben zu müssen, aber wir alle haben jahrelang viel zu viel für Billigshirts, schales Bier und andere Unsitten gelöhnt, weil wir’s eben konnten und natürlich auch supporten wollten, aber jetzt sind wir halt an einem Punkt angelangt, an dem wir die Szene mit allem Drumherum vielleicht auch mal neu denken müssen – und zwar nicht nur einseitig.
jep, das ist leider alles sehr richtig!
Nun, ich nehme mal exemplarisch für den gesamten Live-Betrieb das jährlich stattfindende RockHardFestival in Gelsenkirchen, ich meine hier auf Metal.de gelesen zu haben das dies sich im kommenden Jahr zum 20. mal jährt, wie auch immer….
wir, also meine Frau und ich, waren dort oft, mit unserem Sohn ab seinem 10. Lebensjahr ebenfalls ab und an, das ist ne Weile her, ein jeder Samstag dort zu dritt schlug letztlich mit 250-300 Euro zu Buche, Eintritt, Essen/Trinken, bissel Merch, An- und Abfahrt
das ist viel Geld für die meisten von uns, das leistet man sich gerne einmal, wenn die Bands passen was nebenbei gesagt beim Rock Hard seit Jahren nicht mehr der Fall ist für uns, aber egal, darum soll es nicht gehen hier
mache ich das vier mal im Jahr war das bislang in etwa der monetäre Gegenwert unserer ganzjährigen Heizölversorgung, nun benötigen wir für letzteres das Doppelte, heisst; lasse ich die Gigs weg, können wir auch morgen noch Heizen 🙂
Millionen von Menschen werden genau diese Probleme zu wuppen haben in den kommenden Monaten, uU gar Jahren, und das Wacken dennoch ausverkauft ist für 2023 macht die Sache nicht gerade einfacher, im Zuge dessen werden halt kleinere Festivals/Gigs vernachlässigt, ganz einfach
das ist kein Problem im Metal, oder der Metal-Community und deren fehlendes Engagement für die Szene, es ist ein gesellschaftliches Problem welches sich auch im Metal zeigt, aber eben nicht nur
zudem wage ich zu behaupten, das Wacken oder Rammstein im Olympiastadion zB usw, nix aber auch gar nix mit dem zu tun hat, was ICH unter Metal verstehe, als Oberbegriff einer „Szene“, dafür brauche ich nicht einmal eine Krise um zu diesem Schluss zu kommen, das war vorher schon meine Sicht der Dinge
somit ist das was wir erleben aktuell wohl auch eine Art von Katharsis, und nicht zwingend zu bedauern
100% Zustimmung.
Man hat bis heute kein taugliches Konzept gefunden, mit dem Musiker für ihre Musik fair entlohnt werden, sondern hat sie in eine Ecke gedrängt, in der zwingend überteuertes Merchandising verkauft und so viele Konzerte wie möglich gespielt werden müssen. Bei beidem bleibt leider wiederum jemand anderer viel zu viel vom Kuchen. Und jetzt stößt das ganze halt an seine Grenzen.
Vll müssen Bands anfangen, selber Konzerte zu veranstalten – weniger, kleiner, aber die Kohle bleibt bei Ihnen. Bolt Thrower haben das glaub ich lange so gemacht. Deren Konzerte waren immer günstiger und (zumindest für mich) heimelig und cool. Das aktuell gängige Modell wird aber jedenfalls nicht mehr so weiterlaufen können.
Man sieht’s ja auch aktuell bei den Mailordern dieser Welt: Das Merch wird teurer, weil die Rohlinge teurer werden. Dummerweise sind die Rohlinge immer noch Billigware, mit denen man immer noch genügend Gewinn machen würde, wenn man sie beispielsweise für 15€ anböte. Stattdessen steigen die Preise von 18-19€ auf 23€. Für ein Gildan-Shirt, wohlgemerkt, der Rohpreis liegt bei ~4€ für ein (!) Shirt, wenn überhaupt. Und wenn man das in Massen kauft oder bereits gekauft hat, ist’s sogar noch billiger. Kann mir keiner erzählen, dass das Bedrucken so irrsinnig teuer ist, dass man für so eine Scheiße 23€ verlangen muss. Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Kommen wir mal zu den Vinylpreisen, hmm? Slipknot Re-Releases, 50-55€ für’ne stinknormale 2LP. Immer mehr Labels pressen kein Schwarz mehr, weil sie für farbiges Vinyl mehr Geld rausschlagen können. Nochmal: Ich finde diesen Beitrag hier unglaublich wichtig. Noch wichtiger fände ich, wenn man das nächste Mal Mailorder, Merchanbieter, Labels etc. >scharf< in's Visier nähme, denn die nutzen die Situation eiskalt aus und lassen sich mittlerweile alles vergolden. Metal.de hat die Reichweite, let's go! Ich kaufe ab sofort weder Merch noch Tonträger noch sonst irgendetwas. Dadurch wird sich zwar nichts ändern, weil die Gier grenzenlos ist, aber ich muss mich dann zumindest nicht mehr ärgern.
Solange genügend Leute diese Preise bezahlen, sprich: sich das lohnt, warum sollte man da etwas dran ändern? Glaubt ihr wirklich, dass es dabei um Moral geht? Vote with your wallet!
Joa, blabla. Das kapitalistische Totschlagargument: „Kauft’s halt net!“ Hat noch nie funktioniert, wird auch nie funktionieren. Wäre schön, wenn’s funktioniert, aber irgendeine Rechtfertigung findet man immer, warum man sich diesen überteuerten Müll in’s Regal stellt oder legt. Wenn kein Mensch mehr einen Diebstahl beginge, würde die Diebstahlquote auf 0% sinken, schon klar, aber so funktioniert die Welt halt nicht.
Moralpredigten und whinen hingegen helfen? Es gibt nun mal nur diese Möglichkeit. Es existiert kein Zaubermittel. Gilt für viele Probleme. Will man nicht hören, ist immer dasselbe, aber nur so geht’s.
..und für den einzelnen kann das durchaus funktionieren. Kommt halt auf die Willensstärke an und man kann feststellen, wie viel man eigentlich gar nicht braucht.. oder man findet einen Weg reich zu werden und scheißt einfach auf Preise.
„Kann mir keiner erzählen, dass das Bedrucken so irrsinnig teuer ist, dass man für so eine Scheiße 23€ verlangen muss.“
Da muss ich dich leider enttäuschen. Allzu billig ist das auch nicht.
Es geht darum, ob der Preis gerechtfertigt ist, nicht ob es „allzu billig“ ist, was überhaupt nichts aussagt.
Nochmal: Mehr als boykottieren geht nicht. Wenn mir etwas ungerechtfertigt teuer erscheint, wird’s nicht gekauft. Da helfen auch keine rührseligen Geschichten über die armen Musiker oder Szene-Gelaber. Eher lasse ich die Musik-Industrie sterben als mich ausnutzen zu lassen. Zur Not singe ich mir selber was vor..
Hast du denn auch Beispiele dafür, dass es nur so geht? Also stichhaltige Beispiele, bei denen’s nicht nur um 25 Persönchen geht, die irgendein verschissenes Demo von ’ner Dorfkapelle boykottiert haben, weil der Sänger der Band den Hals nicht vollbekam und dreiste 20€ für’n Tape verlangte? Nochmal: „Kauft’s halt nicht!“ ist kein valides Argument, sondern ein dem Kapitalismus dienliches Narrativ, das den Leuten die Illusion lässt, dass sie wirklich etwas ändern können. Ja, eh: Du, ich, motley_gue und der holgi können und werden vielleicht auch tatsächlich nichts mehr kaufen. Und weiter? Was ändert sich dann? Genau das war doch weiter oben schon mein Argument, dass ein Großteil der Leute einfach so brothohl ist und Wacken trotz aller Preiserhöhungen, Pandemie, steigender Energiekosten, etc. pp. trotzdem wieder binnen weniger Stunden ausverkauft. Man kann sich nicht auf die Vernunft irgendwelcher Konsumzombies verlassen, genau das isses ja leider. Wat redest du von „Moralpredigten und whinen“, nur weil du das Schicksal akzeptiert hast und dich lieber in deine von Pseudo-Argumenten umhüllte Traumwelt verkriechst?
Zu dem anderen Kommentar: Mir ging’s nicht darum, dass das Bedrucken von Shirts nix kostet. Mir ging’s darum, dass man mit Rohling und Bedrucken am Ende irgendwo bei 10-12€ rauskommt, wohlgemerkt bei einem einzelnen Stück. Wie wir aber wissen, werden da weitaus höhere Stückzahlen bedient. Ich hab das vor’n paar Jahren bereits selbst „durchlebt“ und kann dir sagen: 23€ sind ’ne Frechheit für diese Rotze, fertig aus. Und es gibt genügend kleinere Bands, die das auf Bandcamp oder sonstwo für 13-15€ anbieten und die werden damit sicherlich kein Minusgeschäft machen nur damit der Fan glücklich ist.
Bin damit raus aus der Diskussion. Der eine furzt seine kapitalistischen Ammenmärchen in den Sessel und der andere will hier Mondpreise legitimieren. Ich sag euch was: Nicht diejenigen, die hier nörgeln und sich in „Moralpredigten und whinen“ üben, sind das Problem. Sondern ihr seid’s. Ihr, die’s akzeptiert und die Schnauze haltet, weil „Kauft’s doch einfach nicht!“ für euch offensichtlich das plausibelste Argument ist, auf das ihr so kommt. Jau, so kann man wirklich jeden Diskurs abschwächen oder gar -töten. Die Mailorder und Labels lachen sich schlapp.
Was soll man denn deiner Meinung nach machen? Manche Sachen im Leben muss man einfach akzeptieren. Du kannst höchstens für deine Selbstachtung etwas tun. Das festigt immerhin den Charakter. Die Geschäftsgebaren der Firmen wirst du, solange deren Verhalten Gewinn generiert, nicht ändern und gegen die Blödheit der Leute.. tja weisste selber.
Ich sehe eher dich in einer Traumwelt mit GAR KEINEN Argumenten. Das legt sich aber, wenn du volljährig wirst. Normalerweise lässt unreflektiertes Revoluzzertum dann nach.. 😛
Tut mir leid, falls ich dich letztens verletzt haben sollte, aber das ändert halt nichts daran, dass du vorzugsweise lethargisch in deiner Traumwelt versumpfst. Da nutzen auch deine albernen Spiegel-Konter nüscht.
Was man tun kann, wurde schon genannt: Anstatt in einem Artikel „die Szene“ anzusprechen, die zu einem guten Anteil genauso von den sich potenzierenden Krisen und Kriegen betroffen ist und daher gewiss nicht der Mitschuld am „Untergang“ zu bezichtigen ist, wär’s zur Abwechslung echt ganz cool, wenn der Metaljournalismus auch mal offensiv gegen Labels, Mailorder, etc. und deren mindestens fragwürdige, teilweise aber auch einfach abgrundtief unverschämte Preispolitik argumentieren würde.
Natürlich ist bzw. wäre „nicht mehr konsumieren“ ein probates Gegenmittel, aber was du dabei partout unterschlägst, ist die Gegenseite, die ebenfalls ihren Anteil hat: Natürlich wird keiner etwas überdenken, solange der Gewinn stimmt, aber genau dann kann oder sollte es auch Aufgabe des Journalismus sein, darauf aufmerksam zu machen und an die Leute zu appelieren, das ggf. nicht mehr zu unterstützen, eben weil von all dem Geld sowieso sehr wenig beim Künstler, um dessen Überleben es hier ja u.A. geht, ankommt. Ob das was ändert, weiß ich nicht, aber einen Artikel zu verfassen, in dem man sich mal mit der Preispolitik diverser Labels und Mailorder auseinandersetzt, bricht niemandem einen Zacken aus der Krone.
Eigentlich sind wir gar nicht so weit auseinander, glaube ich, nur hab‘ ich’s einfach noch nicht akzeptiert, weil ich’s auch gar nicht akzeptieren will. Glaub mir: Für mich sind Menschen, die 55-60€ für eine 2-LP ausgeben richtig dumme Kreaturen. Aber das rechtfertigt für mich nicht, solche Preise aufzurufen oder zu tolerieren. Das kann man als Journalist definitiv auch mal öffentlich ansprechen, selbst wenn man sich damit womöglich Feinde machen könnte. „Die Szene retten“ ist keine Einbahnstraße.
Ich habe nichts dagegen, wenn der Journalismus da mehr tätig wird, man auf das Problem aufmerksam macht, aber wie bei vielen Sachen: Man kann appellieren bis man schwarz wird, wenn’s am Ende nur einige wenige beherzigen, aus den verschiedensten Gründen/Interessen heraus. Ich bin da eher negativ eingestellt und was ich unmittelbar machen kann, ist eben diese Mondpreise nicht zu bezahlen.
Früher hab ich alles gekauft, was es am Markt gab. Ende vom Lied war, dass ich das meiste im Regal stehen hatte und nicht gehört habe. Immer halt noch mehr, mehr, mehr.
Aktuell kauf ich nur, was ich unbedingt brauche (letzte Soilwork) oder eben Bandcamp-Funde.
Konzerte gabs seit Jahren nicht mehr, wenn dann nur im Bereich Jazz, wo ich dank Impros und Instrumentenbeherrschung für mich deutlichen Mehrwert beim zusehen erkenne. Bands, die mühsam ihre auf Platte noch ansprechende Musik gerade Mal so spielen können, mit einem Rauschsound versehen, mag ich mir eben nicht mehr so oft anschauen.
Das hat sich durch Corona noch verstärkt. Ich schau lieber was kleines, wo auch die Einnahmen überwiegend an die Band selber gehen, als was in größeren Locations oder bekannten Veranstaltern. Das hab ich für mich selbst beschlossen, kann aber eben durchaus wieder anders sein, wenn doch Mal ein Package interessant sein mag. Nightflight Orchestra schau ich mir auf alle Fälle an, egal wo das ist.
Die Kleinen können in den Jugendclubs ihr Ding machen, die Großen auf Wacken oder sonstwo.
Problematisch ist dabei eher der Mittelstand, wie bereits einige angedeutet haben. Eine Band wie Mantar zieht doch niemals so viel, dass eine Tour ausverkauft sein wird, oder? Das wäre für mich so ne klassische Nebenbei-Band, die keine eigene Tour allein stemmen kann. Wobei ich deren Erfolg auch schwer abschätzen kann. Aber gabs doch früher auch schon, Enforcer hab ich in München gesehen vor vielleicht zehn zahlenden Gästen. Die Show war trotzdem geil, aber für Band und Veranstalter bleibt da halt nichts.
Im Endeffekt wird sich das mit einkehrender Normalität (sofern es sowas gibt) auch wieder ändern. Angesprochene Probleme wie, dass einfach zu viele Veranstaltungen noch gar nicht gelaufen sind plus zu viele Neue dazu und eben die immer noch große Unsicherheit, müssen eben zeitlich überwunden werden. Da ist für mich Mantar nur so ein Nebenschauplatz, eine Band, die es halt jetzt trifft. Scheisse für sie, aber da müssen sich mehr Bands wohl drauf einstellen. Ob das dann staatliche Hilfen rechtfertigt? Keine Ahnung.
Wenn ich lese, dass die Band aber verstreut ist, einer in Amerika lebt und ständig hin und her geflogen wird, bleib mir aber auch das Verständnis dafür eher etwas weg. Das nur am Rande.
Lange Rede, wenig Sinn: es wird sich alles von allein regeln. Viele kommen durch, die „Szene“ schrumpft sich wieder etwas gesünder. Manche bleiben auf der Strecke. Und solange wir unsere ganzen Krisen (Energie, Klima, Ukraine) und deren richtige Auswirkungen noch vor uns haben, wundert mich die Vorsicht der Menschen nicht.