Gravenhorsts Graveyard
Warum will das Download-Festival unbedingt nach Deutschland?
Special
Am 8. Juni 2014 beendeten METALLICA mit ihrem Gassenhauer ‚Seek & Destroy‘ nicht nur ihr bis heute letztes Set bei Rock Am Ring, sondern auch die damalige Ausgabe des Festivals, welche das Ende einer alten und das Motto einer neuen Ära darstellen sollte. Marek Lieberberg und die Betreiber des damals finanziell stark angeschlagenen Nürburgrings konnten sich nicht über die Konditionen einer Fortsetzung einigen, also trennten sie sich voneinander. So hieß es Seek & Destroy für die Betreiber der Rennstrecke, die sich mit der DEAG für die Etablierung eines neuen, härteren Festivals namens Grüne Hölle zusammentaten, die bekanntlich vor der ersten Ausgabe die Location gewechselt hat. Rock am Ring wurde auf dem Flugplatz in Mendig nie richtig heimisch, so dass sie nach zwei unwettergeprägten Ausgaben wieder zurückzogen.
Eine alte Affäre
Schon 2012 war der Hockenheimring möglicher Kandidat eines Umzugs des Traditionsfestivals. Doch damals konnte noch eine Einigung mit den Nürburgringbetreibern gefunden werden, weswegen Lieberberg auf dem Hockenheimring Rock’n’Heim veranstaltete. Als es zwei Jahre später ernsthaft um den Umzug ging, schloß er die Rennstrecke in Baden-Württemberg mit Verweis auf die Nähe zum Schwesterfestival Rock im Park und der Konkurrenz der bereits vorhandenen Veranstaltung aus. Ein Jahr später fand dann die dritte und letzte Ausgabe von Rock’n’Heim statt.
Nun wurde also das Festival-Comeback von Lieberberg (oder besser gesagt: seines jetzigen Arbeitgebers Live Nation) auf dem Hockenheimring für den 24. Juni 2022 angekündigt. Dabei wird aber nicht auf ein neues Konzept gesetzt, sondern das Banner des britischen Download gehisst, welches seinerseits auf der früheren Formel-1-Strecke in Donington stattfindet und ebenfalls von Live Nation veranstaltet wird. Ganz in der Tradition des vermeintlichen Vorgängers Monsters Of Rock wird auch mit dieser Marke seit 2016 eine Internationalisierungsstrategie gefahren. Damals gab es nur einen Ableger in Frankreich, aber für 2020 waren Ausgaben in Japan, Australien und Frankreich angekündigt, wobei letztere an logistischen Problemen gescheitert ist.
Asymmetrie bei Live Nation
Ein Trend, der auch bei einer anderen großen Marke von Live Nation zu beobachten ist: Das Lollapalooza war einst eine tourende Veranstaltung, ehe sie 2005 in Chicago sesshaft wurde und seit gut zehn Jahren sich in Südamerika und Europa ausprobiert, dabei vor allem in Märkten, die für das globale Unternehmen Neuland waren. Live Nation ist zwar auf dem deutschen Konzertmarkt dominant, bei den Festivals sieht es bislang eher mau aus: Lediglich das Wireless und Lollapalooza sind im Portfolio des Giganten.
Und bis vor kurzem gehörte dazu noch irgendwie Rock am Ring. Das Festival wurde im Auftrag der CTS Eventim AG organisiert, welche die alte Konzertagentur von Lieberberg aufgekauft hat. Der Bremer Ticketingdienstleister sicherte sich im Februar die Mehrheit an der mit ehemaligen Live-Nation-Mitarbeitern gespickte Konzertagentur DreamHaus, mit der sie in Zukunft die Veranstaltung am Nürburgring organisieren möchte – Live Nation soll außen vor bleiben. Daher möchten diese wiederum einen Alleingang wagen.
Ready to fight?
Es ist dennoch fraglich, inwiefern das Download-Festival als eine Kampfansage zu verstehen ist. Diese Zweifel machen sich vor allem an einem Punkt fest: Der Dauer der Veranstaltung, denn die Debütausgabe ist auf einen Tag beschränkt. Eine Lehre aus der gescheiterten Rock’n’Heim-Erfahrung, bei der Lieberberg daran scheiterte, genügend hochkarätige Bands zu finden und deswegen schon die letzte Ausgabe nur an einem Tag vor rund 14.000 Besuchern stattfand. Umso ironischer wirkt es, dass der Termin auf das zweite Hellfest-Wochenende im nächsten Jahr fällt, welches selbst gefühlt die halbe Metalszene an sich bindet.
Und obwohl auch das Download dafür bekannt ist, auch nichtmetallische Bands zu buchen, so sind deren Line-Ups meist wesentlich härter. So finden Hip-Hop-Acts wesentlich seltener den Weg nach Donington und die Headliner nächstes Jahr heißen dort IRON MAIDEN und KISS, die schon seit 2014 respektive 2010 nicht mehr den Weg in die grüne Hölle gefunden haben.
Live Nation machen immerhin nicht den Fehler wie die DEAG, dass sie ein Event in der Größenordnung des Graspops aus dem Boden stampfen will. Sie tasten sich zunächst heran, was von Weitsicht zeugt. Schließlich befinden wir uns in einer schwierigen Zeit für Festivals. Durch die Coronapandemie sind langfristige Planungen verunmöglicht worden und auch davor gab es an praktisch jedem Generator eine eigene Veranstaltung. Dennoch wäre es eine Überraschung, wenn sich das Download in Deutschland tatsächlich als Gegenspieler von Rock am Ring etablieren sollte, schließlich waren auch die anderen Auslandsprojekte dieser Marke nicht unbedingt von Kontinuität geprägt.
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