Grave Digger
Listening Session zu "Rheingold"

Special

Wie im Mittelalter hat man sich gefühlt! Die Rede ist von der Listening Session der legendären Grave Digger, die nun zu Ihrem neuen Longplayer ansetzen. „Rheingold“, so heißt er und sollte von der Presse unter die Lupe genommen werden. Warum aber hat man sich wie im Mittelater gefühlt? Das ist einfach. Man nehme eine lange Tafel, auf der Scheiben eines Baumstammlängsschnitts ausgelegt sind, so dass man von einer Autentizität wie zur ritterlichen Zeit umgeben ist, eine rustikale gut-bürgerliche Wirtschaft (die im übrigen in Reichenbach, wenige Kilometer vom Label Nuclear Blast entfernt, im Schwabenländle beheimatet ist), stilvolle Krüge sowie individuelle Schürzen für jeden einzelnen Gast. Mit dem Essen, das im Verlauf, des Treffens immer ergiebiger und besser wurde, konnte man den Herren von Blast und Grave Digger fast Bestechungsversuche vorwerfen, aber die wären gar nicht nötig gewesen, denn das neue Scheibchen „Rheingold“ konnte mit einigen Assen im Ärmel aufwarten, bevor es schließlich am 26. Mai soweit ist und das Werk an den Verkaufsstart gehen und sämtliche Fans mit neuen Hymnen versorgen wird. Trotzdem ein Riesenlob an dieser Stelle an das Label und die Band für das Engagement für dieses König Arthur-Flair, das wirklich einiges hermachte. Bevor ich das musikalisch Dargebotene unter die Lupe nehme, muss ich sagen, dass sich mir das Album beim ersten Hören zu gleichmässig präsentierte. Jedoch stellte sich später heraus, das es sich mal wieder um so ein „wird mit jedem hören besser Album“ handelt. Schuld daran sind vielleicht die auf Anhieb immer wieder ähnlich klingenden Choruspassagen. Da Nuclear Blast aber auch Promos verteilt haben, konnte ich mir die mystischen Rheinsagen später nochmals mit gesättigtem Leibe zu Gemüte führen und empfand es als deutlich besser.

Das in Münster, im Principal Studio, aufgenommene Album, stellt ein Tribut an den Komponisten Richard Wagner dar, der sich zu seiner Zeit schon mit der Thematik, dem „Ring des Nibelungen“, befasste, wohl aber in einer leicht anderen musikalischen Stilrichtung. Demnach bleiben die Herren um Sir Parcival (Chris Boltendahl – vocals) diesmal im eigenen Lande und begeben sich nicht erneut in die Legenden der englischen Tafelrunde.

The Ring
Das erste Stück der Scheibe ist ein orchestrales Intro in die Geschichte um den Ring, Wotan, Siegfried und wie sie alle heißen… Gespielt wurde das Stück vom Virtual Symphonic Orchestra / Köln, soll die Atmosphäre der Sage herüberbringen und mit bombastischen Trommeln und Pauken zum Ende hin Spannung erzeugen, bevor es lückenlos mit…

Rheingold
…weitergeht. Ein plötzlich einsetzendes Leadplay von Manni Schmidt, der dem Ex-Gitarristen Uwe Lulis (Rebellion) in nichts nachsteht, eröffnet den Titelsong des Albums mit gewaltiger Energie. Plötzlich einsetzendes Schlagzeug und ein sich anschließendes heftiges Riff machen Laune auf mehr. Schön auch der sehr melodiöse Bridgechorus und der Refrain „Rheingold“, der sehr mystisch und vorsichtig klingt, auch ein nettes Solo ist nach der 2. Strophe mit von der Partie.

Valhalla
…kommt mit reichlich Power daher. Erneut vordergründige Gitarren, die extrem Tempo vermitteln und nur während des hymnenartigen Gesangs (erneut im Chorus, eben ganz wie man es von Grave Digger kennt) als Begleitung agieren. Der Refrain klingt allerdings eher einfallslos. Kommt nicht ganz an den Vorgängersong heran.

Giants
…legt auch mit einem schweren Riff los, ist aber insgesamt dennoch durch die verzerrende Gitarre, die vor dem Refrain, der gigantisch daherkommt, für diesen Spannung aufzubauen versucht, deutlich langsamer. Dies schadet aber gar nicht, so ist „Giants“ sogar einer meiner Favoriten.

Maidens of War
…startet wie ein Medley und man lauscht gespannt der gemütlichen Akkustikgitarre bis plötzlich ein donnerndes Schlagzeug mit heftiger Gitarrenunterstützung eintritt. Doch dann erneut Tempowechsel und cleane Vocals, die aber plötzlich wieder ins Rauhe übergehen und den wunderschönen Bridge-Part mit anschließendem Refrain einleiten. Erneut haben wir es mit einer Hymne zu tun, die aufgrund ihres Abwechslungsreichtums gar nicht ausreichend gelobt werden kann. Ohne Zweifel der Knaller des Albums.

Sword
…die Mitte der CD, lässt erneut die orchestralen Sounds vom Intro erwachen, bevor es mit einem herben, aber vom Tempo her gemütlichen Riff in ein eher langweiliges Stück übergeht. Melodie wird in diesem Stück hauptsächlich durch den Chorus, nicht aber durch die Instrumente aufgebaut, kurze Leadgitarrenpassagen mal ausgenommen. Vor dem letzten Refrain gibt es noch ein vordergründiges Bassriff zu hören.

Dragon
…beginnt mit Fanfarenklängen und einem Drachengeräusch, bevor nun Siegfried sich daran machen soll, das Drachenungeheuer, das sich des Ringes bemächtigt hat, niederzustrecken. Gleich beginnt der Chorus, der mit „Kill Kill the Dragon“ ordentlich Kampfeslust ausstrahlt. Wieder ein Song mit reichlich Tempowechseln. Teils druckvoll und schnell, dann wieder ruhiger mit Keyboardsounds und Leadgitarre im Vordergrund. Sehr eingängiger Song.

Liar
…beginnt, was das Gitarrenriff und das Schlagzeug angeht, eher in einem Priest-Style. Für letzteres könnte die Erklärung die Double Bass sein, die hier Verwendung findet. Ansonsten gibt der Song nicht allzuviel her. Ist mit seinen 2:47 Minuten auch eher kurz. Gesanglich auch eher schwächer.

Murderer
..startet mit einem sehr schönen Intro. Einerseits saubere Keyboardklänge, die auf der Platte überall wiederkehren. Dazu ebenfalls saubere Gitarrenklänge und cleane Vocals. Das Lied scheint so vor sich hin zu tröpfeln, doch dann taucht unvermittelt und druckvoll die Bassdrum auf und dem Songnamen wird alle Ehre gemacht. Laut und beeindruckend hallt der Refrain aus den Lautsprechern.

Twilight of the Gods
…ist zusammen mit Maidens of War meiner Ansicht nach das Beste von Rheingold. Es bietet alles. Von A wie Atmosphärenwechsel oder Akkustikpart am Ende des Liedes, über H wie Hymnengesang, über S wie schönes Gitarrensolo, über T wie abwechslungsreiche Tempowechsel bis Z wie der Zerfall Valhallas. Musikalisch wirklich vom feinsten. Mit 7:21 auch das längste Lied des Albums.

Als Fazit kann man wirklich, wie weiter oben bereits angedeutet, das Album nur empfehlen. Übrigens singt auch Michi Rhein (Zufall oder soll das ein Gag sein?) von „In Extremo“ als Gast die Choruspassagen mit. Abschließend möchte ich die Songs nochmal mit Noten versehen, so wie sie bei mir ihren Eindruck hinterlassen haben:

(The Ring)
Rheingold – 2
Valhalla – 3
Giants – 2
Maidens of War – 1
Sword – 2
Dragon – 2
Liar – 3
Murderer – 2
Twilight of the Gods – 1

Gutes Grave Diggern wünsch‘ ich ab dem 26. Mai…

04.05.2003
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