Falks Blick über den Tellerrand
Ausgabe 1: Ellie Goulding

Special

Was aber hat „Halcyon“ nun, was mich so sehr begeistert, dass ich das Album monatelang nicht aus der Hand legen konnte und auch nach unzähligen Durchläufen jedes Mal aufs Neue großartig finde? Um es kurz zu sagen: Atmosphäre. Die vierzehn Songs sind – mit Ausnahme des zweiten Bonustracks „I Need Your Love“ – von einer feinen Melancholie durchzogen, die gerade durch ihre Subtilität so stark zuschlägt. Oberflächlich mögen die gut 54 Minuten halbwegs gefälliger Pop sein, doch unter der Oberfläche wartet der Schmerz darauf, den Hörer zu packen und – wie in meinem Fall – nicht mehr loszulassen. Dabei ist es gleichgültig, ob ELLIE GOULDING ein wenig in Dubstep-Gefilden wildert („Figure 8“) oder sich auf Klavier und Hintergrund-Chöre beschränkt („I Know You Care“) – sie klingt jederzeit authentisch und findet daher auch in jedem Song die perfekte Balance zwischen Zerbrechlichkeit und Stärke.

Bevor jetzt die ersten Protestschreie kommen, dass es auf Pop-Alben heutzutage doch üblich sei, dass die darauf enthaltenen Songs von unterschiedlichsten Songwritern stammen und der interpretierende Künstler eben nur noch genau das ist – interpretierend: Auf „Halcyon“ ist ELLIE GOULDING – mit einer Ausnahme: „Hanging On“ stammt im Original von ACTIVE CHILD – bei jedem Song unter den Autoren genannt; und das hört man meiner Meinung nach auch. Selten bis nie habe ich derart integre und berührende Pop-Musik gehört.

Doch auch aus „technischer“ Hinsicht gibt es an „Halcyon“ nichts auszusetzen: ELLIE GOULDING hat ihre Stimme so meisterhaft im Griff, dass sie sich das an anderer Stelle vielfach genutzte (und zu Recht verpönte) Auto-Tuning („Hanging On“), schräge Loops oder auch völlig überzogenes Pitching („Only You“) als Stilmittel erlauben kann. Die instrumentale Ebene unterstützt GOULDINGs ausdrucksstarken Gesang, ebenso wie die tollen Chöre, perfekt: Es offenbart sich ein exzellentes Gespür für feine Arrangements, die den Raum jederzeit füllen, dabei aber nie überladen wirken. Ähnlich der atmosphärischen Dimension gilt hier, dass „Halcyon“ schon im ersten Durchgang begeistern kann, aber mit jedem Durchlauf mehr Details, mehr Tiefe preisgibt. Das Ganze ist in eine transparente, zeitgemäße Produktion gegossen, die der Musik trotzdem ihre Seele lässt – etwas, das in Zeiten totaler Kompression keine Selbstverständlichkeit ist!

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28.02.2014

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