Excrementory Grindfuckers
Tourtagebuch 2018
Special
EXCREMENTORY GRINDFUCKERS-Tourtagebuch Teil 3 – Flutschi
Leider haben wir heute keine Möglichkeit, uns Prag genauer anzusehen, da wir relativ zügig weiter müssen Richtung Budapest. Das ist vor allem deshalb schade, weil es in Prag die Möglichkeit gibt, in Bier zu baden. Kai hat davon erzählt, dass er das mal im Urlaub gemacht hat. 30 Minuten in einer heißen Wanne, das Wasser ist mit Hopfen und Malz versetzt und das beste: In der Wanne hat man einen Zapfhahn, aus dem eiskaltes Bier kommt. Genau das Richtige für uns Trottel. Angeblich hat Kai in dieser halben Stunde sechs halbe Liter gekillt. Ich glaube, er hat mal wieder versucht, cool zu sein. Aber ich lasse mich nicht lumpen und halte das genauso sehr für ein Märchen wie die Geschichte, dass er angeblich mal lange Haare hatte. Ein Foto habe ich bis heute nicht gesehen, und wer Kais wunderschönen, aalglatt rasierten Eierkopf kennt, weiß, wie unglaubwürdig das ist. In etwa so glaubwürdig, wie dass ich mal Klavierunterricht gehabt hätte.
Jedenfalls können wir es alle kaum erwarten, endlich wieder sieben Stunden im Auto zu sitzen und nichts zu machen, außer uns zu langweilen. Ich weiß nicht, ob andere Bands das anders machen und sich sowas wie Bücher oder Unterhaltungselektronik mitnehmen oder in der Lage sind, Gespräche zu führen. Wir sind hingegen meisterhaft darin geworden, uns so lange anzuschweigen, bis jemand die einzig relevanten Fragen stellt: „Haben wir noch Snacks“ und „Ihhh, wer war das?“ Generell leidet man im Tourbus unter einer gewissen Reizunterflutung, weshalb salzige oder süße Snacks ein gern gesehener Impuls oder zumindest irgendeine Form von Sinneswahrnehmung sind, die herzlich willkommen sind.
Übrigens sind wir auf dieser Tour nicht nur zu fünft unterwegs, sondern haben auch unseren eigenen Mischer mit dabei. Nicht falsch verstehen: Er kümmert sich um unseren Sound bei den Shows, nicht um eiskalte Drinks – leider. Dafür hat er aber einen wunderschönen Strahl gelassen. Sein Magen hat dem Vorabend irgendwie nicht standgehalten, sodass wir nach einer halben Stunde Fahrt bereits rechts ranfahren mussten, um den vollgekotzten Müllbeutel zu entsorgen. Glücklicherweise hatte dieser ein Loch, sodass viel von der halbverdauten, säuerlichen Magenpampe auf dem Boden des Tourbusses gelandet ist. So Flo, jetzt hast du es auch ins Tourtagebuch geschafft. Aber um es mal mit den Worten von Christus zu sagen: „Man wird ja wohl nochmal einen Strahl lassen dürfen.“
Abgesehen von den Schlaglöchern verlief die Fahrt dann allerdings weitestgehend unspektakulär. Überrascht haben mich nur die Preise an den tschechischen Tankstellen: Eine Flasche Wodka für sechs Euro, für drei Kaffee habe ich zwei Euro bezahlt. Hier lässt es sich leben. Da wir den Namen der tschechischen Währung nicht kannten, haben wir sie einfach Lumpi genannt. Also: Eine Flasche Wodka für 150 Lumpi. Schnäppchen.
In Budapest sind wir erst mal ziemlich beeindruckt von der Stadt. Megaimposante und schöne Gebäude stehen in der Metropole – das ist fast noch geiler als in Prag. Der Club, in dem wir spielen, ist in einem riesigen Kulturzentrum. Auch das ist in einem imposanten Gebäude mit Studios und Proberäumen im Keller und mehreren Hallen für Konzerte. Das Ganze hat einen alternativen Touch und macht insgesamt einiges her. Der Raum, in dem wir spielen, ist ulkig verziert mit aztekisch angehauchten stilisierten weiblichen Geschlechtsmerkmalen. Oder um es anders auszudrücken: Riesige Brüste zierten die Wand und gewaltige gespreizte Schenkel umrahmen das Mischpult und machen es zu einer Art Altar. Das gefällt dem Flo.
Da wir an einem Sonntag spielen und es unser erstes Mal in Ungarn ist, wissen wir echt nicht, was uns erwartet. Der Eintritt kostet 1500 ungarische Flutschi (fünf Euro), was wir für megafair halten. Am Ende des Tages sind auch ordentlich Leute da – einige sagen, dass sie schon ewig darauf warten, dass wir endlich in Ungarn spielen. Was ich mich immer frage: Wie kommen die bitte auf uns? Ich meine: Wir singen zu 95 Prozent auf Deutsch. Aber offensichtlich sind wir einfach musikalisch so überwältigend, dass die Texte nur das i-Tüpfelchen sind, das Salz in der Suppe oder der Whiskey in der Rivercola. Was natürlich äußerst schade ist, so kommt das Publikum nicht in den Genuss tiefgründiger Textzeilen wie „ich kack zuhaus“ oder „Ohrensiff, Kartoffelfäule, vollgepisste Unterhose“.
Mit der wunderschönen Gewissheit, am nächsten Tag etwa 14 Stunden im Auto zu sitzen, um die Affenfahrt nach Hause (was in Hannover ist) zu überstehen, begeben wir uns in unsere Schlafunterkunft. So recht traut sich hier keiner zu duschen – abgesehen von Christus. Aber der hat es auch am meisten nötig. Selbst wenn wir direkt nach der Show losgefahren wären, rechnet Kai vor, hätten wir es nicht rechtzeitig zum Arbeitsbeginn am Montag nach Hause geschafft. Inwiefern mich das traurig machen soll, dass ich selbst, wenn ich wollte, am nächsten Tag nicht arbeiten könnte, weiß ich nicht. Aber was ich weiß, ist, dass eine dreitagelange Arbeitswoche vor uns liegt, in der wir vermutlich die Produktivität eines leblosen Toastbrotes erreichen werden. Nächste Woche geht es dann in den zweiten Teil unserer Osteuropa-Tour – nach Rumänien und Bulgarien. Wir werden berichten.
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