Excrementory Grindfuckers
Ochs & Esel Brutality Blast Christmas Tour 2014 - Tag 8
Special
Tag 8 (Würzburg, B-Hof): „Wir sind degenerierte Asis“
In unserer vollgefurzten Pavianhöhle, in der wir zu siebt geschlafen haben, werde ich von unserem Sänger Kai liebevoll und dezent mit einem Megafon aus dem Halbschlaf geweckt. Halbschlaf, weil ich schon seit circa einer Stunde aufgrund von Furzgeräuschen aus sieben Körpern, sowie Schnarchgeräuschen aus sechs Körpern in einem wunderbar schwammigen und unerholsamen Trance-Zustand gehalten werde. „Nach der Show einfach nur duschen und ab ins Bett. Anders geht es heute nicht“ hieß gestern noch die Devise. Dass wir bis 04.00Uhr durchgeballert haben, war eigentlich die einzig logische Konsequenz der letzten Tage. Das verlangt heute seinen Tribut.
Hätte ich zumindest gedacht. Aber Christus, Kai und mir geht es erstaunlich gut und wir beschließen, auf der bevorstehenden Fahrt Richtung Würzburg diverse kalte Schweizer Biere zu trinken. Im Auto stellen wir übrigens fest, dass das meistgehörte Lied auf dieser Tour „I wanna kill you“ von GG Allin ist. Wir haben alle einen Ohrwurm. Würzburg – unsere letzte Show, le grande Finale wie wir es bezeichnen wollten. Angekommen, verspüre ich in meinem Körper aggressiven, undefinierbaren, warmen Schmerz von Innen. Also doch die Rechnung für die letzte Nacht. Wir vergleichen das Trinken mit dem Aufnehmen eines Kredites: Es geht dir so beschissen, dass du die Wahl hast, einen fürchterlichen Kater über dich ergehen zu lassen, oder weiter zu trinken und den Kater auf den nächsten Tag, dafür aber mit doppelter Durchschlagskraft, zu verschieben. Um also den einen Kredit zu bezahlen, nimmt man einfach einen noch größeren auf. Dass dieses System nicht ewig gutgeht, sollte jedem einleuchten, sogar Kai. Dementsprechend freuen wir uns alle schon auf die künstlich verzögerte Sonntagsdepression, die uns alle einfangen wird. Suizidgedanken plagen mich sowieso schon seit der zweiten Autofahrt neben Christus, deshalb bin ich gespannt, wie das getoppt wird. Aber wir haben ja noch genug Ballerbrühe im Auto, von daher halb so wild.
Dennoch erst mal eine Flasche Wasser und ein Stadtspaziergang. Mit Kai, Rob und unserem Tourmanager Domi stelle ich fest, dass in Würzburg unfassbar schöne Menschen wohnen, die anscheinend steinreich sind. In einem Schaufenster sehe ich eine Brille für 700 Euro, im nächsten Schaufenster eine ganz normale Hose, die sogar ziemlich scheiße aussah, für 1200 Euro. Als wir an einem italienischen Restaurant vorbeigehen, glotzen uns alle Leute an. Sogar die, die mit dem Rücken zu uns sitzen, gucken uns an. Obdachlose Arschlöcher sieht man hier wohl nicht sehr häufig. Selten haben wir uns so sehr wie das gefühlt, was wir sind: Komplett degenerierte Vollasis, arm, hässlich und wertlos. Danke Würzburg. Immerhin gibt es in der Stadt witzige Skulpturen, die zum Bullshit machen einladen (siehe Bild).
Zurück im Club stellen wir fest: Der Laden ist rappelvoll, das Publikum gut drauf. Geil, ich habe Bock. Die Show läuft gut, mit dem Sound bin ich sehr zufrieden. Und das, obwohl (oder gerade weil) und ein blutjunger Techniker mischt. Falls du das liest: Du machst einen besseren Job als viele andere, die Jahre dabei sind. Egal, genug geschleimt. Nach der Show frage ich jeden einzelnen Konzertbesucher, wie die Show war, um das obligatorische „ihr wart so geil“ zu hören. Jetzt fühle ich mich gut und bereit, für unsere Aftershowparty.
Unser Tourmanager Domi hat sich dafür etwas ganz Besonderes einfallen lassen: wir stehen +6 auf der Gästeliste einer riesengroßen 90er-Trash Party. Wie soll eine Grindcoreband auch sonst feiern, wenn nicht zu so einem Bullshit? Mit breiter Rockstarbrust passieren wir einfach die ewig lange Schlange und gönnen uns einen Drink an der Bar. Gott, was für ein Mainstreampublikum. Innerhalb weniger Sekunden bin ich fast in eine Schlägerei verwickelt, und bekomme beim Tanzen diverse Ellenbögen in die Rippen gerammt. Egal, das animiert mich dazu, noch beschissener und noch lauter mitzusingen. Nachdem wir feststellen, dass unsere Version von „No Limits“ ungefähr zwanzigmilliarden Mal so schnell ist, wie das Original, gestehen wir uns ein, dass es vielleicht doch nicht verkehrt wäre, an diesem Punkt ein Limit zu setzen. Um vier Uhr im Bett hilft es nur noch zu beten, dass wir jemals wieder aufwachen, morgen heile nach Hause kommen und nach einer Woche Gesprächen, die nur von Sex und Alkohol handeln, uns wieder halbwegs problemlos in die Gesellschaft eingliedern können. NUTTI, NUTTI, NUTTI!
(Mike)
Tag 7 (Winterthur, Gaswerk): „Die Abnutzungserscheinungen sind unverkennbar“
Wenig Schlaf, viel Alkohol, die aufreibenden Autofahrten, das Equipmentgeschleppe und diese ekligen Bandkollegen… Wer jetzt noch an den Traumjob „Rockstar“ glaubt, hat eindeutig recht. Es macht ungemein Spaß. Man altert halt nur im rapiden Tempo. Noch so ’ne Woche und wir sehen aus wie G.G. Allins 3-eiige Zwillinge. Apropos G.G. Allin: ich muss meinen Musiktipp von vor ein paar Tagen revidieren. Eigentlich hätten mir Songtitel wie „Anti-Social Masterbator“, „Cuntsucking Cannibal“ oder „Last in Line For the Gangbang“ eine Warnung sein sollen. Habe ich mich emotional dazu verleiten lassen, menschenverachtende Untergrundmusik zu konsumieren? Ein schlimmes Unterfangen. Deshalb meine Bitte: lasst euch nicht von der sexuellen Ausstrahlung G.G.Allins verführen. Das täuscht nur darüber hinweg, dass seine Musik akustischem Sondermüll ohne Restverwertung entspricht. Höchstens geeignet, um ungebetene Gäste aus dem Haus zu scheuchen. Und genau damit scheuche ich morgens dank des Ghettoblasters die restlichen Jungs aus dem schäbigen 8-Bett-Zimmer direkt über dem Salzburger Club. Wir ziehen recht früh los, denn die Zollabwicklung in Richtung Schweiz steht an. Aber vorher zur Apotheke: Tabletten gegen Husten, Halsschmerzen, Erkältungserscheinungen, Sufferscheinungen, Ebola, Heiserkeit und sonstige Schmerzen. Man wird halt nicht jünger, nur dümmer.
(Rob)
Tag 6 (Salzburg, Rockhouse): „Flucht nach vorne.“
Der Tag beginnt im Hotelzimmer, also gab es tatsächlich recht erholsamen und fast sogar ausreichend Schlaf. Als ich mich gerade fertig mache, betritt Rob mit der Frage „Pfeffifrühstück?“ das Zimmer. In einer Hand ne Pulle Pfeffi, in der anderen nen Fläschen El Jimador, die er mir anbietend unter die Nase hält. Ich muss dankend ablehnen, noch trennen mich die 300km zwischen Wien und Salzburg davon die ersten Drinks zu kippen. Also lassen unser Tourmanager Domi und ich uns mit ’nem Taxi zum Viper Room fahren, wo unser Bus, im Fachjargon auch Affenhaus genannt, geparkt ist. Begrüßt werden wir dort von einem Knöllchen, das am Scheibenwischer flattert, als würde es uns zuwinken. Puhhh 36€, stattliche Summe. Da wird Mike wohl wieder Überstunden im Engelskostüm schieben müssen, damit die Kohle wieder reinkommt. Jetzt aber zurück zum Hotel, die anderen Ballerbrüder einsacken und dann nichts wie raus aus dieser schönen und eindrucksvollen Stadt. Zum zweiten mal bin ich nun mit den GRINDFUCKERS in Wien. Beim letzten mal war es im Dezember letzten Jahres zum Rape the Escape. Auch da hab ich nur den Club und das Hotelzimmer zu sehen gekriegt. Obwohl wir es versucht haben. Aber um halb sechs Uhr morgens war im näheren Umfeld des Hotels nicht mehr viel zu entdecken, bis auf eine 1a Imbissbude bei der wir dann Käsekrainer im Brötchen gefrühstückt haben.
Apropos Frühstück, das fällt heute erstmal aus. Von den Pizzen des vorigen Abends ist noch ein bisschen was da, außerdem gibt es ja noch Cashews im Bus. Also ab auf die Autobahn. Die Fahrt nach Salzburg verläuft zwar recht ruhig aber ist irgendwie zäh, da alle noch platt sind. Während der ruhigen Fahrt muss ich immer wieder an diesen gutaussehenden türkischen Merchandise Typen aus Aalen zurückdenken. Mit seinem drei Tage Bart und den großen Rehaugen. Aber bevor jetzt das Gerücht aufkommt, dass ich mich in ihn verliebt habe, muss ich das ganze nochmal aufklären. Der Typ heißt Arda und ist die Person, die dafür sorgt, dass wir euch mit solch hochqualitativen Shirts beglücken können. Er ist Big Boss von Rockfall Merchandise, ein langjähriger Freund der Band, eine Seele von Mensch und obendrein verantwortlich für die beiden Weihnachtsmotive auf den aktuellen Shirts. Umso mehr freut es uns, dass er gekommen ist. An dieser Stelle Küsschen an Arda, wir hassen dich trotzdem.
Angekommen in Salzburg stellen wir zu unserer großen Freude fest, dass bloß 600m entfernt vom Rockhouse ein Billa Markt ist. Das heißt jetzt wird erstmal wieder eingekauft. Wir kaufen den kompletten Bestand Gösser Radler aus dem Kühlregal, einige Flaschen Wasser und reichlich Cashews. Alles verstaut geht’s ab zum Club. Das Ausladen ist entspannt wie nie. Mussten wir den Tag zuvor das ganze Zeug noch gefühlte 1000 Treppen in die Wiener Unterwelt wuppen und später natürlich wieder rauf, brauchten hier nur ca. 30m bis zur Bühne überbrückt werden, wofür es sogar einen Rollwagen gab. Luxus pur, genau wie die Anlage in dem Club. Da wieder ein digitales Pult vorhanden ist, bauen wir direkt auf und machen Soundcheck. Nachdem wir fertig sind, beziehen wir unser Appartement direkt über dem Club. Jetzt heißt es erst mal entspannen und warten bis Stagetime ist. Die letzte Nacht steckt uns allen noch in den Knochen, außerdem macht sich auch so langsam ein gewisses Maß an Erschöpfung, zusätzlich zu ein paar Erkältungserscheinungen, breit. Inklusive IN LOVE YOUR MOTHER spielen heute fünf Bands vor uns. Ich schaue bei jeder mal rein, bin aber auch nicht so richtig in der Verfassung mir viel mehr anzuschauen. Da wir nichts zu rauchen mit nach Österreich genommen haben, klopfe ich die Jungs der anderen Bands ab und siehe da, es findet sich tatsächlich jemand, der uns Weed abgeben kann. Sogar ein richtig feines Homegrown. Er meint es sogar so gut mit uns, dass wir mit sechs Leuten nicht mal schaffen werden alles weg zu rauchen, wie sich noch rausstellen wird. So jetzt ist alles da, was wir für den Abend brauchen.
Spätestens nach der Pizzabestellung, die quasi unser Catering ist, sind alle richtig in die Betten gedrückt. Vor der Show ist die Stimmung relativ niedergeschlagen. Das Publikum wirkt nicht, als wäre es in Partylaune und uns geht es auch nicht viel anders. Jetzt ist es soweit, während des Umbaus versammeln sich tatsächlich schon fast alle relativ nah an der Bühne. Na, das sieht doch schon mal ganz gut aus. Wir versammeln uns im Backstageraum neben der Bühne und laufen gemeinsam zum Intro ein. Die Show geht los und jegliche Form von Demotivation ist wie weggeblasen. Wir kriegen die Leute direkt vor die Bühne und heizen ihnen richtig ein. Schau an, hatten wir vorher noch Sorgen, weil alle eher verhalten waren und an der Theke gesessen haben, waren wir nun überrascht, wie viel Energie in diesem Publikum steckt. Sie singen, sie tanzen, sie pogen wie man sich das nur wünschen kann. Genauso überrascht sind wir übrigens auch davon, welche Reserven wir uns entlocken können. Die Show war richtig gut und auch nach ’ner spontanen Extrazugabe stehen die Leute vor der Bühne und rufen nach uns. Aber jetzt ist Feierabend. Wir sehen zu, dass wir unseren Scheiß eingepackt und eingeladen kriegen. Auf uns warten reichlich Gösser und noch mehr Weed. Außerdem müssen wir noch das Merch zählen, damit wir an der Schweizer Grenze möglichst fix die Zollgeschichte abwickeln können. Beim rauchen und trinken amüsieren wir uns noch ausgiebig über eine skurrile Situation die an dem Abend vorgefallen ist, bei der ein Typ in die Runde gefragt hat, ob alle eine Freundin haben, seine Schwester wäre nämlich fickbar. Nachdem es nur noch spärlich gelingt vollständige Sätze zu formulieren, beschließen wir langsam pennen zu gehen. Die viereinhalb Stunden Schlaf bis es weiter geht nach Winterthur werden bitter nötig sein.
(ND)
Tag 5 (Wien, Viper Room): „Wiener Gewaltzer“
Es ist früher Morgen in Aalen, wir haben gestern nicht gesoffen und sind ungewohnt frisch und nüchtern beim ausgiebigen Frühstück. Gestern war Pause angesagt für die Leber. Heute allerdings stehen uns fast 600 Kilometer Fahrt nach Wien bevor. Da wir die Zeit irgendwie überbrücken müssen, inspizieren die Ballerbrüder Christus, Mike, Rob und meine Wenigkeit die langsam schwindenden Biervorräte in unserem fahrenden Zuhause. Während der Fahrt demonstrieren darüber hinaus die Herren Rob und Mike die wundervollen Möglichkeiten modernster Unterhaltungselektronik: Absonderliche Pornos allererster Liga, überall und jederzeit – fantastisch! Nach einer haarsträubenden, da unfassbar zähflüssigen Fahrt durch den Wiener Stadtverkehr, kommen wir am Club an, wo für uns ein Parkplatz reserviert zu sein scheint. Leider hat das ein Rollerfahrer nicht bemerkt, der sein Gefährt natürlich direkt vor dem Viper Room parken muss. Nach diversen Drohgebaren unsererseits kommt der Mann zur Besinnung und schiebt sein Vehikel beiseite, damit unser fahrendes Affenhaus von einem Tourbus Platz findet. Besser so für ihn. Arschloch.
Der Viper (Keller-)Room hat glücklicherweise eine unfassbar lange Treppe als Eingang, sodass der Load-In schon mal anstrengender ist als woanders eine komplette Show. Dann ist erst mal Zeit für Abendessen: Schnitzel (annehmbar) bzw. Falafelteller (katastrophal) und selbstverständlich Gösser Naturradler (großartig). Alleine für die Plörre nimmt die Band immer wieder gerne die paar Meter nach Österreich in Kauf. Nach zwei lokalen Vorbands, spielen nun unsere Tourbitches von IN LOVE YOUR MOTHER zum Tanz auf. Das erste Mal komme ich dazu, mir die Show der Jungs etwas intensiver reinzuziehen. Ich mag die chaotische Suppe, die die Jungs aus Jazz, Mathcore und schönen Schneidezähnen zusammenbrühen. Vor der Show frönen Mike, Rob und ich unserem Ritual, uns bei diversen Mischungen zu den schönsten Asi-Hits von K.I.Z. warm zu rappen, während Christus hingegen sich schon vorher zu Metalklassikern warm trommelte. Sobald wir den richtigen Pegel und die nötige Aggression haben, geht es nach unten in den Keller, um unsere Instrumente (in meinem Fall zum Glück nicht mehr als ein Megafon) aufzubauen. Die Wiener sind nach einer kurzen Auftauphase für einen Mittwoch gut drauf und feiern ordentlich mit. Es hätten sicherlich mehr Leute in den Viper Room gepasst, trotzdem ist die Stimmung ausgelassen, auf und vor der Bühne. Statt Handtüchern gibt es heute Küchenrolle auf der Bühne, sieht aus wie Klopapier und passt somit super zu uns. Wir spielen selbstverständlich nur Hits, die Leute feiern ordentlich mit uns. So wollen wir das sehen! Geilerweise kann man im Viper Room als Fronter ziemlich entspannt auf der großen Monitorbox an der Bühnenvorderseite stehen und die Decke ist ziemlich niedrig. Indem man sich an der Decke festhält, kann man somit super über den Leuten stehen, um affige Dancemoves vorzulegen. Steilvorlage, macht Laune. Will ich ab sofort in jedem Club.
Nach dem Gig hängen wir noch bei dem ein oder anderen Erfrischungsgetränk im Viper Room ab. Dabei ist dies das erste Mal in fünf Tagen, dass meine Bandkollegen mit den weiblichen Konzertbesuchern erste schüchterne Worte wechseln. Nach glücklosen Annäherungsversuchen erfolgt unsererseits der obligatorische Rauswurf, da die Viper Room Crew auch mal Feierabend machen will. Im Hotelzimmer angekommen widmen wir uns dem hochwertigen Fernsehprogramm und bestellen bei einem Bringdienst. Nach einer Stunde Wartezeit gibt es dann den mit Abstand widerlichsten Burger, den ich je aß. Immerhin sehe ich erotisch beim Essen aus.
(Kai, das bärtige Arschloch)
Tag 4 (Aalen, Rock It): „Dorschrogen in Vanillesoße“
Tag Vier der Tour, aufgewacht in einem Raum der mittlerweile mehr an Crackhouse erinnert, als an eine Unterkunft für Bands. Alles klebt inkl. uns. Überall leere Flaschen, Tabakreste, Müll und herumliegende Menschen. Während noch auf den Matratzen vor sich hin gelungert wird, rekonstruieren wir in Teamleistung die Erinnerungen an den gestrigen Abend bis wir uns förmlich wach gelacht haben. Heute bin ich Fahrer ca. 250 km bis Aalen, aber erst mal müssen wir in den Supermarkt und irgendwo was essen. Zum Glück ist beides nicht sonderlich weit entfernt. Der Club und die Unterkunft liegen direkt in der Frankfurter Kneipenmeile. Nachdem wir aus dem Supermarkt alles wichtige für die Fahrt besorgt haben, wie Küchenhandschuhe, 13 Klobürsten, Dorschrogen in Vanillesoße, einen Karton Knoblauch-Haselnussriegel, den erweiterten Sekundarabschluss I für Kai, eine Rolle Müllbeutel, ausreichend Klebstoff, eine Gurgellösung gegen Geschlechtskrankheiten, 5 Tuben Vagiclean und den für die abschließende Reinigung benötigten Hochdruckreiniger der Firma Kärcher, geht es ab in die Fressmeile. Nach dem Frühstück bestehend aus Pizza, Schawarma, Falafel, Hommos und süßer Limonade sind wir ausreichend gestärkt, die drei Stunden Autofahrt hinter uns zu bringen, hoffentlich können wir vor Ort ein bisschen Gras klar machen. Wir waren natürlich viel zu verschwenderisch und haben schon alles weggeraucht.
In Aalen angekommen geht’s erst mal ins Rock it. Die Jungs von IN LOVE YOUR MOTHER sind schon da. Der Club ist geil und die Poster an den Wänden sind vielversprechend. Nach einem kurzen Check der Technik beschließen wir einen Soundcheck zu machen. Das Pult ist Digital und mit dem abgespeicherten Preset verkürzt sich später die Zeit beim Umbau bis wir anfangen können. Der Techniker ist ziemlich kompetent und erfreut meine Ohren obendrein noch mit dem aktuellen ARCHITECTS-Album. Genau das Richtige nach drei Stunden GG Allin auf der Fahrt. So, der Sound steht und es klingt richtig fett heute, das zaubert mir ein Lächeln aufs Gesicht. Jetzt geht’s erst mal ab ins Hotel Sachen wegbringen und ne halbe Stunde Augenpflege gönnen.
Um halb neun geht’s zurück ins Rock It, die Schweizer Boys machen sich fertig zur Show, die ich mir genüsslich reinziehe. Ich stehe auf den abgefahrenen Scheiß, den die machen. So langsam wird es Zeit mich für die Show fertig zu machen. Der Umbau ist schnell gemacht, die Schneekanonen feuern und aus der PA dröhnt das Intro. Es geht los… Bäääämmm, wir sind in Null Komma nichts auf 180 und geben Vollgas. Leider sind bloß 50 Leute da, was mich nicht sonderlich wundert. Es gibt keinen weiteren Support und dann kostet der Eintritt auch noch 17 € für zwei Bands. Für mich immer wieder unverständlich, warum man als Veranstalter da nicht noch ne lokale Band ranlässt. Der Aufwand dafür ist ja nun wirklich überschaubar und selbst, wenn es nicht viel mehr Publikum zieht, ist es doch cool für ne junge Band – ich hoffe das klingt jetzt nicht anmaßend – vor einer etwas größeren Band zu spielen. Naja, liegt leider nicht in unserer Macht, wir spielen wie immer, als würden wir vorm ausverkauften Wembley Stadion spielen. Ist gar nicht so leicht die Schwaben zum Tanzen zu kriegen. Erst nachdem Rob bei „Vater Morgana“ eine Polonaise anzettelt, mit dem ganzen Tross den Laden verlässt, um dann durch den Backstagebereich mit allen die Bühne zu entern, lockert sich alles ein wenig.
Einer fällt mir besonders auf, dieser türkisch aussehende Typ, der mich die ganze Zeit angafft, und ich frage mich, ob er sich einfach nur in mich verliebt hat oder einen auf die Fresse will. Aber wer weiß das schon, vielleicht hab ich ja auf dem Summerbreeze mit seiner ollen gebummst. Irgendwie passt er gar nicht in den Laden, sieht aus wie nen Mix aus Ford Capri Fahrer und nem Hip Hopper mit seinem Scheiß Basecap. Bestimmt so ein möchtegern Jungunternehmer, der irgendeinen Scheiß verkaufen will, wie T-Shirts oder so. Nach dem wir fertig sind, hängen wir noch ein bisschen im Club ab und quatschen mit den Leuten, das Feedback ist gut und ihnen hat die Show gefallen. Witzigerweise haben einige das Bedürfnis, sich bei uns zu entschuldigen, dass nicht mehr Leute gekommen sind. Wir hatten trotzdem ne Menge Spaß. Tatsächlich kommt der Typ von vorhin angeschissen. Wie ich es mir schon dachte, will er Werbung für sein Unternehmen machen, er würde Merchandise machen, sagt er, und das er mich geil findet, sagt er auch. Ich verweise auf Mike, aber der hat sich ja auch seit kurzem als Hetero geoutet. Ich lasse mir einige Schnäpse spendieren, bis ich ihm dann sage das er nicht mein Typ ist. Außerdem gibt es dann nur Stress mit meiner Lady. Das ist es nicht wert. Der Abend wird nicht all zu lang. Mittlerweile ist es halb zwei, wir haben alles eingeladen und verstaut und am nächsten Tag soll es um Neun losgehen nach Wien. Keiner traut sich so richtig zu saufen. Ca. 7 Std. fahrt liegen dann vor uns. Aber erst mal wird gepennt, also ab ins Hotel.
Gute Nacht.
(ND)
Tag 3 (Frankfurt a. Main, 11er Club): „Montag“
10:00 Uhr. Montag. Glaub ich zumindest. Ich wache in einem runtergekommenen und gemütlichen Etablissement mitten in Leipzig ohne Kopfschmerzen auf. Vielleicht hätte ich doch ein paar Bierchen trinken sollen. An mir kurze BVB-Shorts, die mir unser Tour-Manager Domi geliehen hatte. Ich sehe ja ohnehin schon wie ein Fußballproll aus, aber dieses schwarze-gelbe Stück Stoff entwertet mein Ansehen in der Gesellschaft um eine Gallone. Warum (er-)trägt man sowas? Lange Hose war wegen der noch recht frischen Wunde am Knie erst mal Tabu, welches ich mir am Vortag aufgeschlagen habe. Dieser Ausrastplatzfußball ist halt nix für Menschen mit 2 linken Beinen. Aber so ein blutender Verband kommt als Bühnenoutfit enttäuschend echt rüber. Doch ich drifte ab. Zum Frühstück gibt’s lecker Döner.
(Rob)
Tag 2 (Leipzig, Four Rooms): „Eine neue Folge der Ballerbrüder“
Sonntag 11:00 Uhr! Eine Band erwacht aus dem Koma, obwohl die letzte Nacht ballermäßig nicht sonderlich heftig war, sind wir alle dennoch gut zerstört. Liegt bestimmt an der Luft in Erfurt.
Nach einer schönen Ibis Dusche, den üblichen morgendlichen Gesprächen mit Mike über Sex und Frauen springe ich schreckhaft die Treppe herunter zum Frühstück und denke noch: Will der mich jetzt ficken? Oder wieso befragt er mich nach homosexuellen Neigungen und Erfahrungen?
Egal, Frühstücken. Domi warnt mich noch vor den kalten, wirklich sehr harten Eiern. Aber frei nach der Mensa Devise: Der Hunger treibt`s rein, der Ekel runter und der Geiz hält’s drin!
Danach geht es wieder los: Wir machen heute wieder das, was wir am besten können: Ein bisschen Spazieren fahren, Bier trinken und ’nen Gig spielen. Leider entfällt heute, da Sonntag ist, das Einkaufen. Entschuldigt bitte, die Liste von der Tanke wird noch nachgereicht.
Auf nach Leipzig, wir sind gespannt, denn der Unmut nach der Absage aus Bochum sitzt bei uns immer noch etwas im Gemüt fest. Nach einigen „braunschen Röhren“ erreichen wir nach kurzer Fahrt die schöne Stadt, wo seit 25 Jahren scheinbar unsere Steuergelder verballert werden. In Lemgo sind die Straßen jedenfalls wesentlich kaputter. Eine Stadt hat sich herausgeputzt und erstrahlt in warmer Herbstsonne, etwa extra für die Grindfuckers? Nach einem kurzen Rundgang durch die Stadt wird aufgebaut. Der erste wirkliche Dämpfer ist: Es gibt Chili. Notiz an mich: Dass wir kein Chili wollen muss noch größer auf den Rider! Dann der nächste Nackenschlag: Leider können wir aufgrund der Clubgröße nur eine Schneekanone aufbauen. Egal, eine macht schon genug Sauerei. Kurz aufgebaut, dann erst mal mit Gin-Tonic etwas frisch gemacht und schon kommen die ersten Leute.
Alter, Leipzig, ihr seid geil. Die Show steht seit Mittwoch und es kommen auf einem Sonntagabend genug Leute, um den kleinen Club gut zu füllen. Wir sind platt, spielen ’ne schöne Show, Rob ist schon schaumig, dann gibt’s noch El Jimador zum Schluss und wir lassen einen schönen Tag ausklingen.
Leipzig, wir kommen wieder. Vielleicht mal zu einer Lack-Piss-Party auf dem Schwaben und Goten Treffen? Wer weiß… Schalten Sie auch morgen wieder ein, wenn es heisst: „Die Rückkehr der Ballerbrüder“!
(Christus)
Tag 1 (Erfurt, From Hell): „Einfach nur enttäuschend“
Eine riesige Schnittwunde ziert meinen linken Arm (dazu später mehr), als ich auf dem Weg zum Proberaum bin. Hier starten wir unsere acht Tage lange Blast-Christmas-Welttournee durch Deutschland (D), Österreich (CH) und die Schweiz (Ö). Um 11.00 Uhr ist Treffen, pünktlich um 12.30 sind alle da. Mit einer Mischung aus Jähzorn und Gelassenheit laden wir den Bus voll und reden dabei kein Wort miteinander. Jetzt noch die letzten Einkäufe tätigen: 120 Kartuschen Lachgas, 12 Flaschen Pfefferminzlikör, Backzutat: Haselnuss, vier Liter bzw. 33,5 Gramm Erdnussflips, eine Tube Moltofil, 34 x Powerade (blau), El Jimador Premium Tequila, eine Tracht Prügel für ND, 2 Liter 20W40 Alnatura Altöl (Sesam), 5 x Zahnbürste (Mittelweiche Borsten), schlechte Laune, 4 Kisten Bier für den Weg, noch eine Tracht Prügel für ND, Leergut im Wert von 34,68 Euro als Polster für schlechte Zeiten, Idiod-Salz, ein Idiotentest, Halts Maultaschen, 24 x Dose 5,0 Premiumbier zum Händewaschen nach dem Erbrechen, Meisenknödel Marke Ja!, 12 x Rubbellos, Anti-Aging Pille „Youth“ (Mit Sofortwirkung), 4 x Sonnencreme, 1 x Neoprenanzug „Superglide“, 48 x Bonekamp, 2 Dosen Erbsen, 1,5 Kg Gemüsezwiebeln, Veggieschnitzel rein pflanzlich, 2 x Brötchen, 35 Gramm Spinat, Terrorscharfe Chillipaste aus der Hölle, 8 x feuchtes Klopapier Marke „Happy End“, 4 Liter Sauerkrautsaft, noch eine Tracht Prügel für ND, Heft: „Haarig und feucht ab 50“, 5 x die aktuelle Micky Maus (für das Gimmick). An der Kasse wird Sänger Kai gefragt, ob er schon volljährig sei. Da er kein gültiges Personaldokument besitzt, zahlt ND passend und in bar.
Zwei Kisten Bier und eine nicht mehr zu definierende Zeitspanne später sind wir in Erfurt angekommen. Zwei riesige, graue Plattenbauten lassen uns sofort wie zuhause fühlen. Nur einer fühlt sich nicht wie zuhause: Christus. Christus verbringt seinen Urlaub nämlich im Schwarzwald und hat Gartenzwerge.
In der Location treffen wir die Supportband unserer Blast-Christmas-Tour. IN LOVE YOUR MOTHER ist der charmante Name dieser Kombo. Witzige Typen aus der Schweiz. Wir trinken Bier zusammen und lernen uns kennen. Dabei erfahre ich, dass die Schweiz quasi nur aus Dörfern besteht. Erfurt wäre mit 200.000 Einwohnern in der Schweiz eine Riesenstadt. Zürich hat nicht mal 500.000 Einwohner, was soll das denn? Außerdem erfahre ich noch weitere Details über die Schweiz: seine persönliche Meinung darf man dort in der Öffentlichkeit nicht kundtun, Jeder (halb-)öffentliche Platz wird mit Gesichtserkennung videoüberwacht, es ist verboten, lauter als 72,5 Dezibel laut zu reden, es gibt keine Supermärkte, 95% der Schweizer leben autark und müssen 1/10 der Erträge an den jeweiligen Kanton abgeben, die Steuern auf Perücken und Haarfärbemittel sind extrem hoch. Zudem ist es Frauen verboten, an geraden Tagen, wenn gleichzeitig Vollmond ist, ein Höschen zu tragen. Außerdem ist es verboten, Spaß zu haben und keinen Käse zu mögen. 32 große Bier später stellt Kai fest, dass er eventuell betrunken sein könnte. Aber egal, die Show geht los. Ich zwänge mich in mein Engelskostüm und fühle mich total scheiße, weil ich der einzige bin, der sich verkleidet hat. Ich kann jedem Mann, der bisher noch nie ein Kleid getragen hat, nur empfehlen, das mal zu tun. Es ist fantastisch. Die Schneemaschinen ballern los, genauso wie das Schlagzeug. Knüppeln, Bier, Bett.