Enforcer
Der große Diskografie-Check

Special

Mit ihrer neuen Platte „Zenith“ machen es ENFORCER ihren Fans nicht leicht. Elf Jahre nach ihrem Debütalbum wendet sich die Band vom Speed Metal ab und Hardrock- sowie AOR-Klängen zu. „Ausverkauf!“ schreit manch ein Fan. Anderer wiederum sind von der plötzlichen Kehrtwende einfach nur irritiert. Doch ist sie denn wirklich so plötzlich? Auf der Suche nach frühen Anzeichen für diese Entwicklung nehmen wir alle Platten der Band im Diskografie-Check noch ein Mal unter die Lupe.

Into The Night (2008)

Ursprünglich als Ein-Mann-Projekt von Sänger Olof Wikstrand gegründet, präsentieren sich ENFORCER bereits auf „Into The Night“ als gut eingespielte Truppe. Die neun Songs profitieren von einer organischen Produktion, die auch über ein Jahrzehnt später noch genug Arschtritt-Attitüde versprüht. Kompositorisch sind ENFORCER noch längst nicht so verspielt wie auf späteren Platten unterwegs. Statt musikalischer Raffinesse steht ungebändigte Spielfreude im Vordergrund. Mit dem eröffnenden „Black Angel“ und „Evil Attacker“ verzeichnet die Platte bereits zwei unverzichtbare Live-Hits. Wikstrands Gesang allerdings überzeugt nicht in allen Lagen. Insbesondere Töne länger zu halten, fällt ihm noch hörbar schwer.

Sammlungswürdig: Für Speed-Metal-Fanatiker

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Diamonds (2010)

Wer sich fragt, woher ENFORCER 2019 plötzlich ihre Liebe für den Hardrock haben, der hat bei „Diamonds“ wohl nicht richtig aufgepasst. Angefangen mit „Midnight Vice“, über das epische „Katana“ bis hin zum angeglamten „Running In Menace“ liefert die Combo auf ihrem zweiten Album einige Songs, die fernab von Speed Metal stattfinden. Und jeder ist mit fantastischen Riffs und Melodien gesegnet. Speed-Attacken wie „Live For The Night“ oder „Roll The Dice“ wiederum schließen stilistisch an das Debüt an – und übertreffen es in allen Belangen. Zudem hat Wikstrand im Vorfeld offenbar stark an seinem Gesang gearbeitet. Er klingt weitaus sicherer, was vor allem den melodischen Passagen zugutekommt. Die Produktion ist derweil noch erdiger als auf „Into The Night“. So wie es ist, könnte „Diamonds“ locker eine remasterte Scheibe aus den 80ern sein. Altbacken klingt es dabei zu keiner Zeit.

Sammlungswürdig: Ohne Einschränkung, ja!

Death By Fire (2013)

Nachdem die ersten beiden Platte ein starkes Retro-Feeling versprühten, kommen ENFORCER mit „Death By Fire“ endgültig im aktuellen Jahrtausend an. Das soll nicht heißen, dass die Platte plötzlich nach Plastikproduktion und Trendanbiederung klingt. Doch produziert die Band ihre Songs auf dem dritten Album deutlich druckvoller als zuvor. Im Quasi-Titelstück „Mesmerized By Fire“ verbinden ENFORCER zudem all ihre Stärken in vier Minuten: zweistimmige Gitarren der Marke IRON MAIDEN treffen auf erstklassige Speed-Metal-Riffs und absolute Headbanger-Grooves. Doch mit dem melodischen Hardrocker „Take Me Out Of This Nightmare“ zeigen die Schweden wiedermal ihre andere Seite. „Sacrficed“ und „Satan“ sind zudem weitere Killersongs, wie sie kaum einer anderen Genre-Band gelingen.

Sammlungswürdig: Absolut

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From Beyond (2015)

Wer nach diesem grandiosen Triple befürchtete, ENFORCER hätten ihr Pulver verschossen, den belehrt „From Beyond“ eines besseren. Schon die Speed-Metal-Hymne „Destroyer“ verbindet nostalgische Frühe-METALLICA-Riffs mit klassischen Melodien der New Wave Of British Heavy Metal. Die Krönung ist das astreine Gitarrenduell inklusive Twin-Guitars auf Höchstgeschwindigkeit. So und nicht anders muss Heavy Metal klingen. Mit „Undying Evil“ schließt sich ein epischer Midtempo-Stampfer an, der augenblicklich zum mitsingen anregt. Im Titelstück zeigen ENFORCER, dass sie auch eine melancholische Seite besitzen. Insbesondere die Bridge, deren Melodie an 80er-Jahre-Serienintros erinnert, sticht hervor. „The Banshee“ wiederum ist astreines JUDAS PRIEST-Worshipping, „Below The Slumber“ eine gelungene, weil kitschfreie Ballade. Auf „From Beyond“ reihen ENFORCER Hit an Hit.

Sammlungswürdig: Definitiv

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Live By Fire (2015)

Ein Dreivierteljahr nach „From Beyond“ legen ENFORCER schon ein Livealbum nach. Der Mitschnitt stammt allerdings von der „Death By Fire“-Tour und beinhaltet somit keine Songs des bei Erscheinen aktuellen Studioalbums. Von diesem kleinen Manko abgesehen, liegt hiermit aber eine rundum gelungene Scheibe vor, die von ihrem authentischen Sound ebenso profitiert wie von der knackigen Songauswahl. Obendrauf kommt eine EP mit drei neuen Songs von denen vor allem die typische Speed-Granate „Stellar Plains“ mit ihrem Ohrwurm-Refrain hervorsticht.

Sammlungswürdig: Für Fans eine coole Sache, aber kein Muss

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Zenith (2019)

Die erste Single aus „Zenith“ sorgt bei den Fans für Fragezeichen: Statt einer pfeilschnellen Speed-Metal-Attacke ist „Die For The Devil“ ein an Stadionrock grenzender Stampfer. Der aber mit einem grandiosen Refrain daherkommt, welcher den Hörer nicht mehr loslässt. „Zenith Of The Black Sun“ huldigt anschließend den frühen Tagen von MANOWAR. Spätestens beim Keyboard-Solo wird klar, dass ENFORCER 2019 nichts auf Konventionen geben. Die Band präsentiert sich so selbstbewusst wie nie zuvor. Die gesamte Bandbreite von Heavy Metal findet auf „Zenith“ statt – und das durchweg gekonnt. „Searching For You“ und „Thunder And Hell“ erinnern noch an die Vorgängeralben. Ansonsten machen ENFORCER was sie wollen. So viel Mut hat heutzutage kaum noch eine junge Band. Allein dafür gebührt der Band Respekt.

Sammlungswürdig: Für jeden aufgeschlossenen Metalhead auf jeden Fall

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19.04.2019

"Irgendeiner wartet immer."

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