Endstille
Der große Diskografie-Check!
Special
Wir gratulieren: ENDSTILLE haben vor 15 Jahren den Krieg begonnen!
Der Kieler Black-Metal-Panzer ENDSTILLE darf sich zurecht auf die Fahnen schreiben, eine der ältesten noch aktiven deutschen Black-Metal-Bands mit großem Namen zu sein. Klar, nicht immer ist die Band bei uns auf metal.de gut davongekommen … der Stil der Kriegsminister ist halt schon speziell, für die per gewollter, gern disharmonischer (aber immer auch eingängiger) Monotonie vertonten Grausamkeiten und die Hoffnungslosigkeit und Brutalität des Krieges braucht man eben auch ein offenes Ohr.
2016 feiern ENDSTILLE ihren 15. Geburtstag, denn 2001 startete die Band mit „DemoN“ ihren ersten Frontalangriff. metal.de gratuliert den Panzerfahrern aus dem Norden und stiftet als Geschenk ein wenig kostenfreies Propaganda-Material.
Also: Wollt ihr den totalen Black Metal? Dann aufgepasst, stillgestanden, durchgeladen – Feuer frei für den großen ENDSTILLE-Diskografie-Check!
Text: Jan Wischkowski und Stephan Möller
„Operation Wintersturm“ (2002)
Auf „Operation Wintersturm“ bekommen Black Metaller anno 2002 die ersten ENDSTILLE-Propaganda-Aufnahmen in voller Länge zu hören. Eine gute halbe Stunde rödelt das Album feinsten Old School Black Metal im Früh-ENDSTILLE-Gewand herunter. Stilistisch orientiert sich das Album noch auf dem weniger markanten (aber kultigen) Stil, den die Kieler auch auf „DemoN“ einschlugen. Dabei sind mit dem eröffnenden Doppelpack „Der Hetzer (Batterie 4)“ und „Jesus Christ“ immerhin zwei Black-Metal-Stücke für die Ewigkeit herumgekommen, mit Songs wie „Discovering Rapture As An Art“ ist auch das später als ENDSTILLE-typische Sound bekannte Riffing erstmal richtig ausgearbeitet zu finden. Allerdings fehlt der Platte auf Dauer ein wenig das Alleinstellungsmerkmal, das ENDSTILLE spätestens ab dem Nachfolger für sich beanspruchen konnten. Quasi ein typisches Debütalbum: So ganz hat sich die verantwortliche Band noch nicht gefunden, aber die Spritzigkeit und No-Fucks-Given-Attitüde darauf macht „Operation Wintersturm“ trotzdem zu einem hörenswerten Album.
Diese Bomben schlagen ein:
In erster Linie „Der Hetzer (Batterie 4)“ und „Jesus Christ“.
Gehört dieser Panzer in meine Weltkriegssammlung?
Eher für Fans und Nostalgiker von Wert, aber ja!
(Stephan Möller)
Hier geht es zur Review zu „Operation Wintersturm“.
„Frühlingserwachen“ (2003)
Kultige Intros sind einfach eine Stärke von ENDSTILLE: Noch bevor „Navigator“ von 2005 das „Ortungssignal“ beinhaltete (welches sogar als Klingelton erhältlich war), überbrachte die Kieler Flak-Besatzung anno 2003 auf „Frühlingserwachen“ die Meldung von Hitlers Tod – in Form einer Newsmeldung des BBC-Radios. „The German radio has just announced that Hitler is dead.“ Sagt der Sprecher noch, und dann wird im mittelschnellen Vier-Viertel-Takt losmarschiert. Der eröffnende Titeltrack ist bis heute ein gern gehörtes Livestück und zeigt nicht nur einen äußerst mitgröhlfähigen Refrain, sondern auch: Nachdem das Debüt „Operation Wintersturm“ zwar schon deutliche ENDSTILLE-Trademarks in petto hatte, aber noch klassischer voran marschierte, lässt der Kieler Black-Metal-Panzer auf seiner zweiten Propagandasammlung zum ersten Mal das hören, was man heute rückwirkend als „klassischen ENDSTILLE-Sound“ bezeichnen darf. Ein frühes Highlight in der Diskografie der Band. Rattattata!
Diese Bomben schlagen ein:
„Frühlingserwachen“, „Ripping Angelflesh“, „Biblist Burner“, „World Free Of Christ“
Gehört dieser Panzer in meine Weltkriegssammlung?
Ja, unbedingt. Ein frühes Meisterwerk.
(Stephan Möller)
„Dominanz“ (2004)
Nach dem Überflieger „Frühlingserwachen“ veröffentlichen ENDSTILLE ein Jahr später mit „Dominanz“ ein Album, welches die titelgebende Vormachtsstellung im Reich noch nicht zementiert – das wird erst der richtungsweisende Nachfolger „Navigator“ tun -, aber keinerlei ENDSTILLE-Qualitäten vermissen lässt. Der 2004er-Panzer rollt etwas schneller als sein Vorgängermodell und treibt die (gewollte) Monotonie erstmals auf die Spitze – unter anderem in den danach benannten Songs „Monotonus III“ und „Monotonus“. Wichtig jedoch: Das Album ist voll von eingängigen Stücken, in dieser Hinsicht wird „Dominanz“ höchstens noch vom „Navigator“ übertroffen werden.
Diese Bomben schlagen ein:
„Dominanz“, „Conquest Is Atheism“, „Monotonus III“, „Bleed For Me“, „Monotonus“
Gehört dieser Panzer in meine Weltkriegssammlung?
Ja. Mindestens als historischer Übergang zwischen den beiden ENDSTILLE-Klassikern schlechthin, „Frühlingserwachen“ und „Navigator“. Aber auch als Hit-Album sowie als gewollt monotones Atmosphäre-Werk durchaus zu gebrauchen.
(Stephan Möller)
Hier geht es zur Review zu „Dominanz“.
„Navigator“ (2005)
Ganze vier Sekunden, vier Sekunden, die sich in Form des „Ortungsignal“-Intros von „Navigator“ ins Gedächtnis brannten und sogar als Klingelton herhalten mussten. Albern irgendwie, vor allem weil das vierte ENDSTILLE-Album einiges zu bieten hat: Beispielsweise den Opener „I Bless You… God“ in seiner eindringlichen Tristesse, den infernalischen, aber nicht minder trostlosen Titeltrack „Navigator“ oder das deutlich stimmungsvollerere und äußerst beklemmende „Bastard“. Die erste Hälfte von „Navigator“ zeichnet das Kriegsgeschehen eindrucksvoll und erbarmunsglos mit instrumentalen Mitteln nach. Das zeigen ENDSTILLE auch im restlichen Verlauf von „Navigator“, wenngleich die Monotonie im sehr grauen Klangbild am Gemüt zerrt.
„Navigator“ ist und bleibt ein starkes Werk der ENDSTILLE-Diskographie, erreicht aber nicht in Gänze die Klasse der Frühwerke.
Diese Bomben schlagen ein:
„I Bless You… God“, „Navigator“, „Bastard“, „Monotonus II“
Gehört dieser Panzer in meine Weltkriegssammlung?
Ja.
(Jan Wischkowski)
Hier geht es zur Review zu „Navigator“.
„Endstilles Reich“ (2007)
ENDSTILLE haben die Welt eigentlich schon in Schutt und Asche zerlegt, und vermutlich liegt es daran, dass „Endstilles Reich“ anno 2007 keinen Eintrag in die Geschichtsbücher findet. Trotz des Festhaltens am altbewährten Waffenarsenal will weder das unbarmherzige Salven abfeuernde Schlagzeug, noch das Gitarrengeschredder wirkliche Zerstörungsgewalt entfachen. Dank des klareren Sounds treten zwar die die Hoffnungslosigkeit stützenden Melodien zunehmend in den Vordergrund, aber auch das lässt „Endstilles Reich“ nicht zu einer Machtdemonstration werden: „Operation Wintersturm“, „Frühlingserwachen“, „Dominanz“ und „Navigator“ hatten einfach die schwereren Geschütze.
Nichtsdestotrotz haben ENDSTILLE einmal mehr die ausweglose, rohe Dunkelheit des Krieges heraufbeschworen, nur eben keinen Meilenstein der Bandgeschichte. Mit den Nachwirkungen aus vier martialischen Machtdemonstrationen fehlt es dem Album schlussendlich an Innovation, sodass es schlicht als „weiteres ENDSTILLE-Album“ in die Annalen eingehen wird.
Diese Bomben schlagen ein:
„Vorwärts (Sturmangriff II)“
Gehört dieser Panzer in meine Weltkriegssammlung?
Für Fans der Band, ja.
(Jan Wischkowski)
Hier geht es zur Review zu „Endstilles Reich“.
„Verführer“ (2009)
Nachdem „Endstilles Reich“ in Sachen künstlerischem Erfolg eher ein Zwei-Fronten-Krieg war, reduzieren ENDSTILLE den Stil zwei Jahre später wieder auf die wenigen Punkte, die auf den Alben bis einschließlich „Navigator“ so wunderbar funktioniert haben: Sie vertonen die dunkle Hoffnungslosigkeit und Brutalität des Krieges in einfachen, monotonen, oft disharmonischen Riffs und einfachen Strukturen, mit dem Augenmerk auf Durchschaubarkeit und Eingängigkeit der Songs. Das hat zur Folge, dass „Verführer“ von 2009 wieder ein richtig schmissiges Stück Black Metal ist, das zwar nicht ganz so gut funktioniert wie frühere Alben, aber mit dem Opener „…Of Disorder“ (der in Sachen Songwriting auch problemlos auf „Frühlingserwachen“ hätte stehen können), mit dem untypisch stampfenden, aber umso eingängigeren „Depressive/Abstract/Banished/Despised“, mit dem in Richtung „Dominanz“ schielenden „Ursprung“ und einem weiteren Teil der „Monotonus“-Reihe, „Monotonus?“ gleich mehrere richtig gut funktionierende Stücke an Bord des Schlachtschiffes bringt. Definitiv eine Steigerung zu „Endstilles Reich“, allerdings auch keines Ritterkreuzes würdig.
Diese Bomben schlagen ein:
„Of Disorder“, „Depressive/Abstract/Banished/Despised“, „Ursprung“, „Monotonus?“
Gehört dieser Panzer in meine Weltkriegssammlung?
Erst die Alben bis einschließlich „Navigator“. Dann aber auf jeden Fall, ja.
(Stephan Möller)
Hier geht es zur Review zu „Verführer“.
„Infektion 1813“ (2011)
„Infektion 1813“ ist das erste Full-Length-Album, auf dem eines der Gründungsmitglieder nicht mehr dabei gewesen ist: Sänger Iblis stieg 2009 nach „Verführer“ aus, ersetzt wurde er durch Zingultus von GRAUPEL, DESECRATION und ehemals NAGELFAR. Und obwohl Zingultus seinen Job als Minister der Mundpropaganda ganz hervorragend macht, kann „Infektion 1813“ nicht als Meisterwerk der ENDSTILLE-Diskografie verbucht werden. Die Frontalangriffe sind bei ENDSTILLE anno 2011 einfach nicht mehr so schlagkräftig wie sie in vergangenen Schlachten waren, und die taktischen Experimente (zum Beispiel die Gesangsvariationen in „Blood H (The Hurt-Gene)“ und „The Deepest Place On Earth“) sind zwar nett anzuhören, entschädigen aber nicht für die fehlende Durchschlagskraft der typischen ENDSTILLE-Artillerie … und sein wir ehrlich, Bombenhagel und Feuerkraft, das ist, was wir hören wollen, wenn wir ein ENDSTILLE-Album auflegen, oder nicht?
Diese Bomben schlagen ein:
„Bloody H (The Hurt-Gene)“, „The Deepest Place On Earth“
Gehört dieser Panzer in meine Weltkriegssammlung?
Naja …
(Stephan Möller)
Hier geht es zur Review zu „Infektion 1813“.
„Kapitulation 2013“ (2013)
2016 oder 2017 soll das neue ENDSTILLE-Album „Finis Germaniae“ erscheinen, bis dahin bleibt „Kapitulation 2013“ der bisher letzte Bombenkrater, den die Kieler in der Black-Metal-Landschaft hinterlassen. Und darauf zeigen ENDSTILLE, dass sie nach dem weniger schlagkräftigen „Infektion 1813“ wieder Aufwind unter den Bomber-Flügeln haben: Nicht nur dass die Herren sich wieder auf ratternde, funktionierende Black-Metal-Klopper (zum Beispiel den Opener „Aborted“) beschränkt haben, sie bieten obendrein einen netten Blick in ihre Vergangenheit – und zwar einmal in Form des SODOM-Covers „Blasphemer“, aber auch indem sie auf dem Album immer wieder Blicke in die eigene Bandgeschichte platziert haben. Besonders schön: ENDSTILLE haben das Provozieren wieder für sich entdeckt. Titel wie „Reich an Jugend“, „Sick Heil“ oder „Stalin Note“ sollten für sich sprechen. Qualitativ immer noch kein weiteres „Frühlingserwachen“ oder „Navigator“, aber auf jeden Fall wieder schmissiger als der Vorgänger. Ja, wenn ENDSTILLE so weiter machen, darf man auf „Finis Germaniae“ gespannt sein.
Diese Bomben schlagen ein:
„Aborted“, „Sick Heil“, „Nostalgia“, „Monotonous 2013“, „Stalin Note“
Gehört dieser Panzer in meine Weltkriegssammlung?
Auf jeden Fall – zwar kein richtiger Klassiker, aber auf jeden Fall das beste Post-„Navigator“-Album der Band.
(Stephan Möller)
Hier geht es zur Review zu „Kapitulation 2013“.