Edguy
Listening Session zu Space Police - Defenders Of The Crown
Special
EDGUY eilt der Ruf voraus, so etwas wie die Clowns des europäischen Power Metal zu sein. Sicher, die Band hat einen schrägen Humor, doch vergessen Kritiker oft, dass die aus Fulda stammende Band musikalisch immer hochwertige Platten veröffentlicht. Es stand also außer Frage der Einladung, an der Listening Session teilzunehmen, Folge zu leisten. Das neue Album hört auf den Titel “Space Police – Defenders Of The Crown” (VÖ: 18.04.2014) und zeigt (auch artworktechnisch) erneut den eigenwilligen Humor der Band. Geladen hatten EDGUY in das legendäre Gate-Studio in Wolfsburg, wo in den letzten Monaten an dem Album gewerkelt wurde.
Das Studio ist auf einem alten Bauernhof gelegen und vermittelt schon bei unserer Ankunft eine gemütliche Atmosphäre. Da fällt einem die Vorstellung nicht schwer, dass man hier prima und vor allem in Ruhe arbeiten kann. Nach einer kurzen Begrüßung durch die Band, geht es erst einmal gemeinsam in die Küche, wo uns Tee und Kaffee kredenzt werden. Gute Idee, wenn man bedenkt, dass wir im Ruhrpott bei +7°C losgefahren sind und das Thermometer in Wolfsburg -11°C anzeigt. Beim gemütlichen Plausch mit der Band nehmen die Musiker schon zu den ersten Fragen Stellung. So erklärt uns Basser Tobias, dass der eigentümliche Albumtitel nicht etwa auf den edguy‘schen Humor zurückzuführen sei, sondern lediglich der Tatsache geschuldet, dass “wir zwei Titel zur Auswahl hatten, uns aber auf keinen der beiden einigen konnten. Da lag der Mittelweg einfach bei einer Kombination aus beiden”. Also irgendwie doch wieder in typischer EDGUY-Manier.
Kurze Zeit später wird es dann ernst und Produzent Sascha Paeth bittet in den Regieraum, um uns das Album vorzuspielen. Nachdem der Vorgänger “The Age Of The Joker” härtetechnisch ein wenig zu wünschen übrig ließ, bin nicht nur ich sehr auf die Ausrichtung der neuen Platte gespannt. Schon nach wenigen Takten des Openers “Sabre & Torch” steht fest, dass die Uptempo-Nummer auch live funktionieren wird. Der Song ist verspielt, kommt aber trotzdem knackig auf den Punkt, kann mit Ohrwurmrefrains und einem angenehm schweren Mittelteil punkten. Der Härtegrad stimmt auch, so dass EDGUY hier schon einmal nichts falsch gemacht haben. Das folgende “Space Police”, der erste der beiden Quasi-Titeltracks, bewegt sich im Midtempo-Bereich beinhaltet witzige 50er Jahre Science-Fiction Effekte und stößt mit einem dezent psychedelischen Mittelteil schon fast in ‘Star Trek’-Regionen vor. Der Song enthält zwar den typischen EDGUY-Humor, kommt aber insgesamt ‚erwachsen‘ und mit einem großartigen Refrain daher. Mit “Defenders Of The Crown” gibt es den zweiten Teil des Albumtitels direkt im Anschluss. Auch hier agieren EDGUY mit einem Augenzwinkern. Neben dem ‘Fäuste in die Luft’-Refrain stechen vor allem das schöne Solo und der im Anschluss folgende Chor-Part, der grinsend in Richtung einer ehemals echt harten, tollen und lederbeschürzten Band aus den USA blickt, heraus. Auch “Defenders Of The Crown” geht als Highlight der Platte über die Ziellinie. Was folgt, ist sowohl purer Sex, als auch Wasser auf die Mühlen der Kritiker der Fuldaer. Mehr Klischee als der schnurrende “Love Tyger” zu Beginn des Songs und im Refrain (“…T-T-T-Tyger”) geht nicht. Der Song wirkt wie ein entfernter Verwandter von “Lavatory Love Machine”, ist handwerklich ebenfalls sehr gut gemacht und besitzt zudem einen sehr ‘gehaltvollen’ Text. Wenn man also den Nonsens, den EDGUY hier und da bieten, mag, ist die Nummer sehr unterhaltsam. Nach dem Ausflug in die Schmuddelecke geht es bei “The Realms Of Baba Yaga” wieder metallisch zur Sache. Das sehr abwechslungsreiche Stück trumpft im Refrain mit einer ungewohnten Rhythmik auf und wird von einem schönen Solo im Murray/Smith-Stil abgerundet.
“Do Me Like A Caveman” schwächelt im Folgenden verglichen mit den vorherigen Stücken. Verglichen mit dem Feuerwerk, das EDGUY bis hierher angefeuert haben, wirkt die Nummer zu unspektakulär, was durchaus an dem poppigen Touch, der dem Song innewohnt, liegen kann. Für’s Cabrio im Sommer sicherlich ganz in Ordnung. Mehr aber auch nicht. Ein ganz anderes Kaliber ist da “Shadow Eaters”. Auf den ersten Blick wirkt der Song etwas zerfahren und er wird auch sicherlich einige Zeit brauchen bis er zündet. Der Kontrast zwischen Strophe und Refrain ist aber gut arrangiert, so dass die Nummer ein typischer ‘Grower’ werden dürfte. “Alone In Myself” hat AOR-Flair und zeigt die Band wieder zugänglicher als bei der letzten Nummer (der Anfang könnte sogar von einem NELLY FURTADO-Song stammen). Kein überragender Song, aber qualitativ sicherlich auch kein totaler Durchhänger. Mit “Rock Me Amadeus” ziehen EDGUY dann das As aus dem Ärmel. Das Lied passt zu der Band wie der berühmte Arsch auf den Eimer. Respektvoll gegenüber dem Künstler FALCO interpretiert, aber in EDGUY-Manier gehalten, ist der Song eine typische ‘Love It Or Hate It’-Geschichte. Ich finde die Version witzig. Danach wird es aber noch einmal richtig spannend. “The Eternal Wayfarer” zeigt EDGUY von ihrer epische Seite. Der Longtrack kommt mit majestätischen Keyboards und einem mächtigen Refrain daher. Teilweise orientalisch unterlegt, passiert hier musikalisch sehr viel. Hier gibt es Siebziger- und ‘Kashmir’-Reminiszenzen, dort zitieren sich EDGUY selbst (“Land Of The Miracle”, “Vain Glory Opera”). Ganz starke Nummer zum Abschluss der Scheibe, die aber auch volle Konzentration fordert.
Als die letzten Sekunden des Albums verklungen sind, können sich EDGUY über Szenenapplaus freuen und man hat den Eindruck, dass die Band sehr erleichtert über den Zuspruch seitens der anwesenden Journalisten ist. Vielleicht ging “The Age Of The Joker” doch ein wenig zu sehr auf Nummer sicher. “Space Police – Defenders Of The Crown” klingt frisch, selbstbewusst und fordernd. Gerade so, als will die Band es allen Kritikern noch einmal zeigen. Fans dürfen sich jedenfalls über ein abwechslungsreiches Album freuen.
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Band | |
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Stile | AOR, Heavy Metal, Melodic Metal |
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Warum guckt der Sammet eigentlich immer so, als ob er knutschen will?! Lappen.
Ich glaube, die politisch korrekte Bezeichnung lautet inzwischen „Samen“ – was auch immer du uns damit sagen möchtest… ^o^