Weltschmerz
Unsere liebsten Doom-Perlen

Special

BOHREN UND DER CLUB OF GORE – „Black Earth“ (Wonder, 2002)

BOHREN UND DER CLUB OF GORE mit „Black Earth“ zwischen WINTER und MY DYING BRIDE? In der Nähe von SHAPE OF DESPAIR? Na logisch, denn wo passen BOHREN UND DER CLUB OF GORE besser hin als in eine Ecke mit den schwermütigsten Vertretern des Metal? Wenn man den speziellen Funeral Doom Jazz der Band schon kategorisiert, dann doch genau an dem Ort, wo es sich düstere Trauerklöße, schwarzmalende Postapokalyptiker und notorische Geschwindigkeits-Verweigerer so richtig gemütlich eingerichtet haben.

„Black Earth“ – vertonte, schleppende Finsternis

Denn „Black Earth“ von BOHREN UND DER CLUB OF GORE ist zweifelsfrei vertonte Finsternis in reiner Form. Da ist keine Freude, keine Liebe drin – das positivste Gefühl, das transportiert wird, ist bestenfalls als eine mittelmäßige, zynische Gleichgültigkeit zu verstehen. Na immerhin, könnte man sagen. Das negativste Gefühl gleicht eher einer schleichenden, nicht greifbaren Furcht, die kalt und durchdringend aus den Boxen wabert und die Raumtemperatur um einige Grad absenkt.

Was BOHREN UND DER CLUB OF GORE besonders gut können, was sie auf „Black Earth“ in Perfektion ausspielen, das ist die Fähigkeit, der Trostlosigkeit und der Schwermut unerschrocken ins Gesicht zu blicken. Es wird kein Satan beschworen, keiner verlorenen Romanze schluchzend nachgeweint, nicht drogengeschwängerten Fantasien nachgehangen. Hier wird in poetischer Manier nachts um halb Drei das letzte Bier an der geschlossenen Bude getrunken, das Weihnachtsfest allein gefeiert und die verflossene Beziehung leidenschaftslos per SMS abgeschlossen. Alles mit einem Achselzucken, aber dafür wirkungsvoll eingefangen im Stile eines Schwarz-weiß-Horrorfilms.

Hier versteckt sich „Constant Fear“, der schönste Track der Band-Diskographie, mit seinem leichten Saxophon, in unmittelbarer Nachbarschaft zu „The Art Of Coffins“, dem Titel, der mit seinem markanten, puristischen Bass selbst hartgesottenen Funeral Doom-Anhängern die Schweißperlen auf die Stirn treiben dürfte. Hier schlängelt sich „Midnight Black Earth“ mit seinen zerbrechlichen Akkorden durch die Einsamkeit, während „Grave Wisdom“ (was für ein Titel!) sich bedrohlich und monumental aufbaut, den Hörer unter sich begrabend.

„Mach mal Pause, Alter“, sagte das Schlagzeug zum Bass

Was „Black Earth“ nämlich besonders gut kann: Erwartungen schüren. Denn ein riesiger Teil der, nennen wir es mal etwas euphemistisch „Action“, spielt sich in den Augenblicken ab, wenn eben nichts passiert, sondern man erwartungsvoll auf die nächsten Noten wartet. All Killers, no Fillers, sozusagen.

Zwar ist „Dolores“ in der Gesamtbetrachtung noch ein bisschen surrealer als „Black Earth“, „Sunset Mission“ noch ein bisschen epischer (und sogar irgendwie „lässig“) und „Geisterfaust“ drastischer. Aber genau in diesem Delta bewegt sich „Black Earth“ mit einer Eleganz und Ausgeglichenheit, die das Album zum stärksten Werk in der Diskographie von BOHREN UND DER CLUB OF GORE macht. Und wahrscheinlich auch zu dem Album, das das Universum der Band am umfassendsten beschreibt, wenn man einen Einstiegspunkt in das Schaffen der Mühlheimer Trostlos-Virtuosen sucht.

BOHREN UND DER CLUB OF GORE liefern mit „Black Earth“ einen ästhetischen, puristischen und tiefschwarzen Gute-Laune-Zerstäuber. Höchstnote, keine Frage.

(Sven Lattemann)

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22.05.2017

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13 Kommentare zu Weltschmerz - Unsere liebsten Doom-Perlen

  1. Mikka sagt:

    Auf die Serie freue ich mich. Natürlich werden es auch Genres sein, die ich nicht auf dem Plan habe oder Alben, die ich noch nie angetestet habe – aber die Inspiration, dies nach dem Lesen doch zu tun, ist mir sehr willkommen.

    Bei Doom fallen mir noch ELECTRIC WIZARD, OPHIS und AHAB ein, die ich noch als gute Vertreter im Gedächtnis habe. Habe das Genre lange lange nicht mehr gehört. Vielleicht mal wieder einlegen.

    Und ‚Black Earth‘ von BOHREN AND THE CLUB OF GORE hat mich damals auch durch den jazzigen Einschlag umgehauen. Verdammt gute Musik zum Ausruhen!

  2. Doomo Regato sagt:

    Es wird natürlich für jeden die eine oder andere Band geben, die in der Liste schmerzlich vermisst wird.
    Für mich sind es ESOTERIC, die zum besten gehören, das es im Doom gibt und natürlich das erste CATHEDRAL Album!!!
    AHAB und FOREST OF SHADOWS dürfen auch nicht fehlen, ebenso PROCESSION.

  3. Sane sagt:

    Mir fehlen eindeutig die großartigen omega massif.
    Ein doom special ohne candlemass versteh ich auch nicht..
    Und snail fehlen!
    Ausserdem gehören da ja wohl auch kyuss rein, doom beschränkt sich nicht auf Beerdigungen und Langsamkeit.
    Also wie immer alles falsch 😉

  4. bRANdon sagt:

    Also eigentlich fehlen hier die deutschen UNDERTOW!
    Zugegebener Maßen nicht „NUR“ Doom….. ABER – warum in die Ferne schweifen wenn das Gute liegt so nah 😉

  5. Peter sagt:

    Die liebsten Doomperlen und kein Ahab? Kann ich nicht nachvollziehen, zumal gerade das letzte Album in Sachen Technik und Konzept Maßstäbe gesetzt hat.

  6. Bulli sagt:

    Dass ihr Band XYZ nicht drin habt, geschenkt. Aber ein Doom-Special ohne eine einzige halbwegs traditionelle Doom-Band? Lauter Grenzgänger und teilweise nicht mal das (da kann Rumpelmöller sagen, was er will).

    „Eigentlich hab ichs ja nicht so mit Doom.“ Kostudis trifft es auf den den Punkt.

    1. Marek Protzak sagt:

      Der nächste Teil „Unsere liebsten Doom-Perlen. Klassisch | Episch | Zu spät geboren“ kommt ja noch. Immer mal langsam.

      1. Bulli sagt:

        „Immer mal langsam.“

        Well played! Aber ja, Schande über mein Haupt, ein aufmerksamer Leser der Einleitung wäre auch selber darauf gekommen, dass da noch was kommt.

      2. Sane sagt:

        Im Tempo lasst ihr euch wohl vom doom inspirieren..
        Wann kommt denn hier der nächste Teil?

  7. Sane sagt:

    Schade dass es keine Antwort,geschweige denn einen weiteren Teil gibt.
    Auch wenn es vielleicht hauptsächlich Gemecker war gab es doch hier einen regen Austausch und das kann von meiner Seite gerne mehr auf metal.de werden.

    1. Alex Klug sagt:

      Ola! Sorry, vercheckt. Das wird noch etwas dauern, auf jeden Fall nach der Festivalsaison. Passt auch besser zur Jahreszeit. 😉 Danke fürs Lob!

      1. Sane sagt:

        Ja passt besser in den Herbst, ausserdem ja wohl auch wie Arsch auf Eimer dass das doom special ein wenig auf sich warten lässt 😉

      2. Sane sagt:

        Über welche Festivalsaison sprechen wir denn hier?
        Über die wirklich letzte Stones Tour?