Dimmu Borgir
Das meint die Redaktion zu "Abrahadabra"

Special

„One step forward, two steps back“… sang einst die Desert Rose Band, und hatte ganz sicher nicht DIMMU BORGIRs neues Album „Abrahadabra“ im Sinn. Ist das als Meilenstein angekündigte und lang erwartete Werk tatsächlich der von Silenoz im Interview beschworene große Sprung nach vorne? In der Redaktion war man da sehr geteilter Meinung…

Dimmu Borgir

Dimmu Borgir?

DIMMU BORGIR haben vor Jahren etwas gemacht, was für die meisten Bands den Genickbruch bedeuten würde: Erst 3 Jahre Pause nach „Death Cult Armageddon“ und dann ein halbgares Album namens „In Sorte Diaboli“. Doch die Fans zeigten sich gnädig, da sich DIMMU BORGIR – das muss man neidlos anerkennen – in den über 15 Jahren ihres Schaffens einen Status erarbeitet haben, den man nur durch harte Arbeit, 110%igen Einsatz und das nötige Quentchen musikalischer Genialität erreicht.

Dann wieder eine viel zu lange Pause, die bei mir persönlich dafür gesorgt hat, dass DIMMU BORGIR von meinem Radar verschwunden sind. Deshalb nahm ich die Kunde eines neuen Albums auch sehr gelassen auf, harrte der Dinge die da kommen. Beim eponymischen Song „Dimmu Borgir“, wohl der gewagteste Titel ihrer Karriere, fragte ich mich allerdings fassungslos: Was ist nur aus dieser Band geworden? Power-Metal-Attitüde und orchestrales Geleé á la THERION, welches wunderbar zu den Schweden passen würde, aber eben nicht zu den Norwegern.

Natürlich klingt der Rest des Albums anders, besser, ziemlich gewaltig. Ein 100 Solisten starkes Orchester hinterlässt deutliche Spuren. Doch die Wirkung? DIMMU BORGIR sind jetzt endgültig „streamlined“. Der Musik ist jegliche Brutalität, jegliche Finsternis, die einst in ihr steckte, entwichen, Geschwindigkeit gibt es nur noch als Alibi („Renewal“). Die Kraft der Gitarren (es ist doch immerhin METAL) reicht nicht aus, um gegen orchestralen Pomp anzukommen.

Zugegeben: Das von Alboin erwähnte Flair von „Herr der Ringe“ verpasst dem Album eine tolle Atmosphäre, Gaute Storaas hat mit seinen Arrangements wirklich Beeindruckendes geschaffen. Doch so gewaltig, wie von Silenoz im Interview beschrieben, ist der Schritt nicht, wenn 100 Musiker nicht bedeutend mehr schaffen als wesentlich kleinere Ensembles (man denke nur an SEPTIC FLESH, BISHOP OF HEXEN oder EMPEROR, die alle mit klassischen Themen gearbeitet haben).

Die zwei deutlichsten Akzente setzen ausgerechnet Snowy Shaw („Ritualist“) und Agnete Kjølsrud („Gateways“), wobei sich beide Gastbeiträge äußerst kurz gestalten. Ansonsten gibt es eine Menge negativer Akzente, nämlich dann, wenn DIMMU BORGIR einfach nicht mehr nach DIMMU BORGIR klingen, sondern nach generischem Klassik-Heavy-Metal. Das ist nicht mehr die Band, die man an den eigenen Klassikern erkennen kann – Und das finde ich als jemand, der den Großteil ihrer Diskographie sehr schätzt, ziemlich schade.

Objektiv gerade so 7/10, subjektiv… Ernüchterung. (Bastian)

Dimmu Borgir

Cineastisches Breitwandepos mit strikter Zielgruppentrennung

Die Norweger DIMMU BORGIR wissen seit jeher, wie man die Szene spaltet, wie man ehrfürchtige Black Metaller mit einem Hang zur bedingungslosen Solidarität mit der musikalischen Essenz ihrer Lieblingsmusik gegen sich aufbringt. Einst als reine, böse Black Metal-Kapelle in den Dienst der künstlerischen Betätigung gestartet, hat sich die Band nach und nach von ihren Wurzeln entfernt und einige schwarzmetallische Kapitalverbrechen begangen, bis zu einem Punkt, an dem die Elemente besagter Stilrichtung nur noch als Einfluss für ihre Soundtrack-artigen Werke dienten. „Death Cult Armageddon“ war das Highlight dieser Entwicklung, „In Sorte Diaboli“ ein ungleich weniger wertvoller Tiefpunkt, bei dem sich DIMMU BORGIR in allzu umfangreichem Bombast-Wirwarr verzettelten.

Nach dem Ausstieg der bisher immer irgendwie essentiellen Mitglieder Vortex und Mustis war das Gelächter zunächst groß, als ausgerechnet „Abrahadabra“ als Albumtitel enthüllt wurde, und man dazu neigte, das Ganze als selbstironischen Scherz aufzufassen. Der Albumtitel ist echt, die Selbstironie bleibt. Und egal, wie man das Songmaterial auf „Abrahadabra“ letztlich bewertet: DIMMU BORGIR scheinen die Unkenrufe egal zu sein, sie wurden noch ein wenig konsequenter, und die Kompositionen greifbarer und substanzvoller. Die Art und Weise, wie man die Klassiksounds, die diesmal allesamt live vom Norwegischen Radio Orchester eingespielt wurden, als Basis für die Songs aufbaut, wie man den Schola Cantoru Choir mit seinen 38 Stimmen des Öfteren die Führung übernehmen lässt, das lässt die Band beinahe als moderne Klassik-Band mit metallischen Einflüssen erscheinen, nicht umgekehrt. Die Nähe zu CRADLE OF FILTH, die dank des vorab veröffentlichten „Gateways“ von einigen Fans bescheinigt wurde, ist mitunter nachvollziehbar, auch wenn Shagraths Organ anders klingt, als jenes von Dani Filth. Der Hauptunterschied liegt aber in der weniger märchenhaften und weniger romantisch-gothischen Atmosphäre der Nummern, DIMMU BORGIR klingen viel eher nach monumentalem Kino-Epos, nach Herr der Ringe und Ben Hur, nach Säbelrasseln und millionenstarken Schwerter-Scharen.

Vor dem geistigen Auge stolzieren entschlossen geführte Pferde-Trupps, deren Hufen selbst die laut sägenden Gitarren übertönen, die trotz aller Pauken und Trompeten immer wieder im Vordergrund stehen. Bei „Dimmu Borgir“, dem zukünftigen Markensong der Band also, wirkt das ganze Szenario vollkommen erhaben. Nicht mehr böse und wie aus der Hölle entflohen, aber so visuell wie es für eine reine Audio-Produktion nur sein kann. Auch „A Jewel Traced Through Coal“ gestaltet sich spannend, die Vertonung einer Reise ins Ungewisse, die man nur dann durchstehen kann, wenn man selbst immer wieder die dunklen Mächte in sich beschwört, um Kraft zu tanken. „Abrahadabras“ erste Ebene ist das angesprochene Kopfkino, das sämtliche gespeicherte cineastischen Erfahrungen wie auf Kommando ins Bewusstsein zurückruft. Die zweite, das ist der mitreißende Eindruck, den man als Musikfreund erfährt, wenn klar gesungene Männer- und Frauenstimmen die Stimmung verändern. Nicht immer ist der Einsatz dieser Gesänge vollkommen optimal: Bei „Gateways“ gruselt man sich und meint zu wissen, dass Vortex den gleichen Augenblick vielleicht songdienlicher angegangen wäre, bei der Schlussnummer „Endings And Continuations“, die für mich so etwas wie die bisherige Perfektionierung des Klassik-Meets-Metal-Prinzips darstellt, erscheint es wiederum absolut passend.

„Abrahadabra“ ist in jedem Fall eine an der E-Musik kratzende Entdeckungsreise, deren eigentlichen Wert man aber wohl nur verstehen kann, wenn man sich von irgendwelchen schwarzmetallischen Erwartungen komplett lösen kann und zudem bereit ist, für Fantasy- und ein bisschen Science-Fiction-Filme geschriebene Kunstwerke in sein eigenes Zimmer zu lassen. DIMMU BORGIR werden damit dem geneigten Black-Metaller gnadelos vor den Kopf stoßen, und jedem, dessen Kitsch-Toleranzgrenze unterhalb von den ebenfalls als Vergleich geltenden THERION liegt, ein Dorn im Auge sein. Schlecht, lächerlich oder inakzeptabel ist diese Musik jedoch nicht. Im Gegenteil. Ich für meinen Teil fühle mich gut unterhalten.

8/10 (Heiko)

Dimmu Borgir

Alles andere als mutig

Die Beschäftigung mit einem neuen DIMMU-BORGIR-ALBUM ist eigentlich überflüssig, dachte ich bei mir, als die Promomaschinerie von Nuclear Blast so langsam Fahrt aufnahm. Denn die Norweger sind für mich mit ihren letzten Alben einfach in einer kreativen Sackgasse gelandet. Orchester und Co. – alles schön gut, nur bringt es nichts, wenn die überproduzierten Songs immer sehr, sehr ähnlich klingen.

Tja, und doch kam alles anders und nun schreibe ich entgegen meiner Planung ein paar Zeilen zum neuen Werk. Und daran ist Mr Alboin schuld, dessen Review mich tatsächlich interessiert aufhorchen ließ. Dachte ich zumindest bisher, unsere Geschmäcker in Sachen Black Metal wären bis zu einem gewissen Grad ähnlich und da der Herr glaubte, hin und wieder Referenzen an frühere Alben des (momentan) Trios zu entdecken, musste ich dann doch ein Ohr riskieren.

Zuerst befasste ich mit dem Song „Gateways“, dessen unglaublich peinliches Video mich schon wieder einigermaßen abschreckte. Dennoch, zumindest hier hat Herr Dammasch recht, der weibliche Gesang ist schon recht charismatisch, wenngleich in meinen Augen nicht polarisierend. Hat was von der alten (beziehungsweise damals jungen) KATE BUSH, gefällt mir. Was man vom restlichen Song allerdings nur bedingt behaupten kann. Klingt einerseits typisch nach DIMMU BORGIR, andererseits aber auch sehr extrem, ob nun Zufall oder nicht, nach TARTAROS, besonders die höhenlastigen Keys. Insofern kein schlechter Song, Charmand Grimloch hat das allerdings vor über zehn Jahren wesentlich besser gemacht, man denke nur an das grandiose „Into the Faculty of Wonderful Secrets“.

Nächstes Ziel war für mich dann der Song „Ritualist“ bei dem Mr D!. doch tatsächlich an selige „Stormblast“-Zeiten denken musste. Zugegeben, für die momentanen Verhältnisse der Band ist das Stück relativ heftig und die akustischen Einsprengsel haben in der Tat einen leichten Touch der 90er. Dennoch können diese kurzen Reminiszenzen weder gegen das übermächtige Orchester noch gegen die seelenlose Produktion anstinken, die beide bei mir kein Feeling aufkommen lassen, egal, ob nun im Sinne der früheren Produktionen der Band oder was einen generellen musikalischen Genuss betrifft.

Meine persönliche Schmerzgrenze wurde dann allerdings mit dem unsagbar kitschigen Titeltrack dieses Albums erreicht, bei dem ich mich bereits nach den ersten Sekunden der Diabetis nah fühle. Neuer VAN-CANTO-Song, Harry-Potter-Soundtrack oder Intro für künftige DORO-Auftritte? Dieses überladene und vor Pathos triefende Lied hat viele Verwendungsmöglichkeiten.

Zusammengefasst kann ich die Begeisterung des Herrn Chefredakteurs in Rente also überhaupt nicht teilen. Das hat nichts mit dieser leidigen Black-Metal-Diskussion um diese Band zu tun, diesen Stil spielen sie schon seit zehn Jahren nicht mehr, müssen sie ja auch gar nicht. Ich persönliche kann allerdings überhaupt nicht feststellen, in welchen Momenten DIMMU BORGIR hier mutig sind? Mutig wäre gewesen, auf anderem Wege als mit Hilfe von Orchester und Chor Atmosphäre zu erzeugen, schließlich gehen sie diesen Weg nun schon seit einigen Alben.
Fans der Band wird es sicherlich gefallen und sie werden ihre Helden feiern, für mich ist „Abrahadabra“ einfach eine logische Konsequenz der letzten Alben und damit die Personifikation der Begriffe Überproduktion, Kitsch, Pathos, Inspirationslosigkeit, Mutlosigkeit.

4/10 (Philip)

Dimmu Borgir

Carmina Borgir

Nun, nach ca. zwanzig Hördurchläufen von „Abrahadabra“ muss ich schon sagen, dass mir das Album, wenn ich das Pro- und Contra abwäge, durchaus gefällt. Klar, die kitschigen Anklänge an Caligula, Attila und Timur Lenk, ständiges Getröte, Fanfaren und die „Ha“, „Huh“, „Domnions“ oder ähnlich stoßweise hervorgebrachten Schlagworte können einem schon so manches Mal den Nerv rauben. Andererseits, abgesehen von der permanent präsentierten Dschinghis-Khan-Größenwahn-Attitüde agieren die Norweger durchaus unterhaltsam.

Denn mal ehrlich, immer wollen wir doch nicht MathCore hören oder unserem Architekturinteresse in Form von stählernem Postrock frönen? Auch der Ernst des Jazz und die Melancholie des Blues können uns den Spieltrieb nicht ganz ersetzen: gerne verhalten wir uns bisweilen infantil, regressiv, rückwärtsgewandt. DIMMU BORGIR mögen nun einmal karnevalistischen Mummenschanz, überbordende Opulenz um ihrer selbst willen, Sounds, welche stets an ein mit bunten Kulissen versehenes Filmmusical erinnern.

So sind auch „Der Herr der Ringe“ und „Der Fluch der Karibik“ nie weit entfernt. All die verwendeten Zutaten ergeben ein feuchtfröhliches musikalisches Gemenge. Die Stimme der dunklen Rachegöttin in „Gateways“ sägt mitten hinein in den Furor der apokalyptischen Reiter. Verspielte Soli, Breaks, effektvoll gesetzte und gemein intonierte Textzeilen wie „The Caress Of Cold Soil With Limbs Crippled To The Coil Locked Inside A Nightmare Womb…“ oder „Salvation – Darkness Reborn…“ („Chess With The Abyss“) oder „For Another Day Is Yet To Come Before The Night Takes Us Home“ („The Demiurge Molecule“) zeichnen die barocken Tracks aus. So sind auch die Texte immer um Effekte bemüht.

Die Streicher haben ein ähnliches Gewicht wie beim „Death Cult Armageddon“-Album, sind aber aufdringlicher, poppiger inszeniert. Die seltsame Atmosphäre aus mongolischer Steppe und altem Rom verlässt uns nie. Hinein in die Arena, Dreizack mit Netz gegen Kurzschwert, dann die Löwen, die Christen hinzu, Köpflein auf Spießen freundlich aneinandergereiht… Nur: man merkt IMMER, es ist ein Film, der hier abläuft, eigenwilligste Unterhaltung für den Feierabend, denn wirklich böse sind andere, wie wir wissen.

DIMMU BORGIR spielen munter, fröhlich, naiv. Im Song „Dimmu Borgir“ phrasiert Shagrath in der Mitte des (für DIMMU ungewöhnlichen) Songs dunkel-klar intonierend wie TOM WAITS, wenn er von seiner Geburt im Kornfeld singt. Selbiger erklärte ja einmal zur Überraschung seiner Fans, dass er gern einmal DARKTHRONE oder DIMMU höre. Die Musik der Norweger, das muss man sagen, ist aber auch seit langem kein Black Metal mehr, eher Symphonic Rock mit gemeinem Gesang.

Die etwas sterile Laboratoriumsatmosphäre, verursacht durch eine allzu klinische Produktion, welche die Vermutung erweckt, dass im magischen Elbenland sämtliche Bauten im Inneren von endlos anmutenden grün gekachelten Korridoren unter Neonlicht und davon abzweigenden weißgekalkten Kellern durchzogen sind, irritiert so manches Mal. Die Arrangements sind auf Kunstlicht getrimmt; eine etwas wärmere, organischere Ausrichtung wäre mir lieber. Auch die Drums dürften mal wieder von einem lebenden Menschen gespielt werden. Aber das ist nur meine Meinung…

7/10 (Stendahl)

Dimmu Borgir

Frisch aufgeblasen

Man mag zu DIMMU BORGIR stehen wie man will, ‚Ausverkauf‘ schreien oder von mir aus auch ‚Verräter des Black Metals’… ist alles völlig egal, denn erstens sollte es gerade im Metal keine Barrieren und Vorurteile geben (die Gegenwart lehrt uns leider etwas anderes, ich weiß) und zweitens darf eine Band immer noch selbst entscheiden, wohin sie der musikalische Weg führt.

„In Sorte Diaboli“ war meines erachtens ein Tiefpunkt in der Karriere DIMMU BORGIRs. Uninspiriert, unwirksam, Speed-mäßig zu langsam und insgesamt schlichtweg langweilig dödelten die Songs dahin und hinterließen zumindest bei mir keinen nennenswerten Eindruck. Umso größer war die Spannung, was wohl „Abrahadabra“ diesbezüglich bieten würde und unglücklicherweise auch die Erwartungshaltung an die Band, denn die Dunkelmetaller müssen (!) mit ihrem neuen Album punkten und zeigen, dass sie stark und kraftvoll zurück sind.
Gelungen? Na, ich weiß nicht…

Insgesamt gesehen schafft es „Abrahadabra“ zwar, „In Sorte Diaboli“ zu übertreffen und trotzdem ist es weit weg vom Prädikat ‚gut gelungen‘ oder ‚unbedingte Kaufempfehlung‘. Wie es zu erwarten war, haben die DIMMUs den orchestralen Anteil noch einmal in die Höhe geschraubt (THERION, ick hör‘ dir Trappsen) und die Durchschlagskraft zugunsten einer ausgeweiteten Melodiösität zurückgenommen. Gastspiele, wie der weibliche Gesang auf „Gateways“ bilden dabei eher einen kleinen Bonus, der mir persönlich zwar ganz gut gefällt und auch ins Gesamtbild passt, jedoch nicht wirklich etwas wesentliches zum Gelingen der Musik beiträgt.

Ich habe den Eindruck, dass DIMMU BORGIR ihre Musik mittlerweile so sehr mit allerlei Popanz vollstopfen, damit sie größer und majestätischer erscheint, dass die eigentliche Qualität des Songwritings in den Hintergrund tritt. Hier nämlich zeigen sich meines Erachtens wirkliche Schwächen auf, denn achtet man mal nicht auf diesem ganzen Zusatzkrimskrams, pendeln sich die Stücke in ziemlich belanglosem Herumgeriffe und langweiligem Midtempo-Getümmel ein. Hier und da gibt es den Pop-Appeal (man verzeihe mir dieses Wort), wenn Shaggi, ähm Shagrath hochtrabend wiederholende Schlagwörter in den Lyrics benutzt und auch dynamische Schwankungen, die jedoch so gut wie nie die Vorfreude des Gefühls ‚aha, jetzt aber!‘ erfüllen.

Nach meinem Geschmack dümpelt es zu sehr und wären diesen ganzen Gimmicks und das ganze Traraa mit dem Orchester nicht am Start, würde dieses Album sang- und klanglos im Nebel nichtssagender Musik untergehen.
Was hier so böse klingt (DIMMU BORGIR ist dies ja nicht gelungen), soll keineswegs eine komplette Absage an die Band sein, aber dennoch auch mehr als ein Warnschuss vor den Bug. „Abrahadabra“ hat seine kleinen Momente, hier und da auch eine nette Atmosphäre, insgesamt aber eher den Charme eines mit allerlei Spielzeug vollgestopften Plastikbechers. Wer’s mag…

6/10 (Sickman)

Dimmu Borgir

Durchwachsenes Album mit viel Füllmaterial und wenigen, aber herausragenden Höhepunkten

Ehrlich gesagt hatte ich an „Abrahadabra“, das neue Album der Symphonic Black Metal-Koriphäen DIMMU BORGIR, keinerlei Erwartungen, da sich die Norweger nach dem erstklassigen Debüt „For All Tid“ und den schlichtweg genialen „Stormblåst“ und „Enthrone Darkness Triumphant“ stilistisch immer weiter von meinem Geschmack entfernten und ich die Band für mich persönlich spätestens nach „In Sorte Diaboli“ abgehakt hatte. Die Neugierde zwang mich jedoch, auch bei „Abrahadabra“ mal reinzuhören und brachte mich so in einen ziemlichen Zwiespalt, denn so viel vorweg: Die Scheibe bestätigt einerseits meine schlimmsten Befürchtungen und vermag es andererseits doch, meine Begeisterung für DIMMU BORGIR neu zu entfachen.

Nach dem typischen bombastischen, orchestralen Intro „Xibir“ gehen die Norweger auch sofort ordentlich in die Vollen: Das stampfende „Born Treacherous“ wartet mit allem auf, was DIMMU BORGIR ausmacht. Simples, aber eindrucksvoll atmosphärisches, düsteres Riffing, unterlegt mit majestätischen Keaboard-Teppichen und hämmernden Drums, umfängt Shagraths charakteristisches, ausdrucksstarkes Gekeife und auch wenn der Song einige Durchläufe braucht, um richtig zu zünden, stellt er sich dann als eines der Highlights von „Abrahadabra“ heraus. Genauso verhält es sich mit dem folgenden „Gateways“, das neben den typischen Trademarks mit keifendem, befremdlichen Frauengesang aufwartet, an den sich die Ohren nur sehr langsam gewöhnen können, doch auch dieser Track mausert sich Stück für Stück zu einem Ohrwurm sondergleichen.

Nun allerdings hängt das Album das erste Mal durch. „Chess With The Abyss“ ist schlichtweg durchschnittlich, plätschert ohne nennenswerte Höhepunkte dahin und entfaltet so bei mir keinerlei Langzeitwirkung und „Dimmu Borgir“ ist für mich als Fan der Frühwerke der Norweger einfach unhörbar. THERION-artige, überkitschige, uninspirierte Instrumentalarbeit ohne jeden Biss und seichte, emotionslose Vocals sind einfach ganz und gar nicht das, was ich von DIMMU BORGIR hören möchte, Innovation hin oder her.

„Ritualist“ reißt „Abrahadabra“ anschließend wieder deutlich nach oben, besonders die erste Minute, die Akustik-Gitarre, das Kettenrasseln und die typische „Stormblåst“-Atmosphäre, da kann ich mich dem Hauptrezensenten nur anschließen, jagen mir eiskalte Schauer über den Rücken, doch auch die markanten cleanen Vocals von Snowy Shaw verleihen dem Song das gewisse Etwas, auch wenn mir persönlich ICS Vortex‘ cleaner Gesang enorm fehlt.

Ab jetzt geht es erneut bergab und „Abrahadabra“ gibt nur noch selten Gelegenheit zum Aufhorchen. „The Demiurge Molecule“ fällt wie schon „Chess With The Abyss“ in die Kategorie ganz nett, aber überflüssig, „A Jewel Traced Through Coal“ ist in einem Zuge mit „Dimmu Borgir“ zu nennen und bei mir somit Top-Kandidat für die Skip-Taste, „Renewal“ wartet zwar mit einem starken Refrain auf, bietet ansonsten jedoch wenig Raum für Lob und das abschließende „Endings And Continuations“ erinnert einmal zu oft an andere Stücke der Norweger, wie z.B. „Spellbound By The Devil“.

„Abrahadabra“ kann bei mir auf voller Länge punkten und mich seit langem wieder für DIMMU BORGIR begeistern und zwar immer in den Momenten, in denen sich das Trio auf die 90er zurück besinnt oder in denen die Norweger Mut zum Außergewöhnlichen beweisen, ohne sich zu sehr von ihren Wurzeln zu entfernen. Leider sind diese Momente auf „Abrahadabra“ relativ rar gesät, doch immerhin gibt es sie, was bei keinem der letzten DIMMU BORGIR-Alben der Fall war. Ansonsten enthält „Abrahadabra“ etwas zu viel Füllmaterial, zum Glück aber auch nur wenige Passagen, die sich mit meinem Bild von DIMMU BORGIR nicht vereinbaren lassen. Insgesamt bleibt also ein durchwachsenes, knapp überdurchschnittliches Album.

6/10 (Katharina)

Galerie mit 27 Bildern: Dimmu Borgir - Rockharz Open Air 2024
29.09.2010

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