metal.de-Redaktion
Die 50 besten Alben des Jahres 2022
Special
Das Jahr 2022 hat in der Metalszene eher wegen der Auswirkungen auf die Konzertlandschaft Eindruck gemacht: So kamen das Comeback der Livekonzerte und die Krise der Veranstaltungsbranche zeitgleich und werden wohl noch die nächsten Jahre prägen. Doch es wurden in diesem Jahr auch viele hochkarätige Alben veröffentlicht, auf die es sich lohnt, nochmal einen Blick zu werfen. Deshalb haben wir in der Redaktion unsere Schwarmintelligenz zum obligatorischen Ranking bemüht.
Zur Erstellung der Liste waren alle Redakteur:innen aufgefordert, dieses Jahr erschiene Alben auf unserer Punkteskala zu bewerten. Aus den Wertungen haben wir den Durchschnitt ermittelt. Als Tiebreaker fungierten die Anzahl der abgegebenen Wertungen, Wertung der Einzelreview und der Durchschnitt der Soundcheckpunkte, so dass fast alle Platten eine eigene Platzierung haben. In einem Countdown bis Weihnachten enthüllen wir unsere Liste.
Die Veröffentlichungsreihenfolge unserer Top 50 ist wie folgt geplant:
17. Dezember: Plätze 50 – 41
18. Dezember: Plätze 40 – 31
19. Dezember: Plätze 30 – 21
20. Dezember: Plätze 20 – 11
21. Dezember: Plätze 10 – 4
22. Dezember: Platz 3
23. Dezember: Platz 2
24. Dezember: Platz 1
Wir wünschen euch viel Spaß mit den Alben!
50. KORN – Requiem
Die Komposition eines Requiems hängt in der Regel mit dem Tod einer Person zusammen, in diesem Fall geht es jedoch um die Wiedergeburt von KORN. Die pandemiebedingte Pause seit dem Erscheinen von “The Nothing” hat die Nu-Metal-Legende genutzt, um sich weiterzuentwickeln. So fällt das nunmehr 14. Studioalbum luftiger aus und bewegt sich sicher zwischen Brutalität und Melodie. Erwartungsgemäß halten sich die neuen Impulse in Grenzen, doch die Kalifornier demonstrieren ihre wiederentdeckte Liebe zum Detail.
(Philipp Gravenhorst)
49. ARCH ENEMY – Deceivers
Einige ungläubige Augen wird wohl das verhältnismäßig frühe Auftauchen der neuen Platte von ARCH ENEMY hervorrufen. Denn auch wenn “Deceivers” einmal mehr sowohl das gesangliche Können von Alissa White-Gluz als auch die musikalische Finesse der Instrumentalfraktion offenlegt, so hat man mittlerweile doch das Gefühl, die Band würde bei ihrer Formel einen Hauch zu sehr auf Nummer sicher gehen. Spätestens seit Jeff Loomis’ Einstieg könnten sie doch etwas mehr in den Prog ausbrechen, Alissa könnte mehr Klargesang einsetzen, oder, oder. Trotzdem ist es natürlich ein gutes Album geworden.
(Jannik Kleemann)
48. WUCAN – Heretic Tongues
Die Dresdner:innen WUCAN haben sich von sämtlichen Referenzen oder Schubladen der Vergangenheit emanzipiert und verlassen sich in geradezu blinder, traumwandlerischer Sicherheit auf das, was sie am besten können: erdige, klassische Rock Musik, die geschichtsbewusst ihre Einflüsse demonstriert, aber dennoch vollkommen frisch und eigenständig klingt. Wie bei den besten Bands der Siebziger – sagen wir einfach mal LED ZEPPELIN oder RUSH – liegt das Geheimnis von WUCAN darin, dass alle Beteiligten für sich genommen hervorragende Musiker:innen mit einem eigenen Charakter sind, die stumpfes Plagiieren gar nicht nötig haben. Ihren Eigensinn untermauern sie mit dem Quasi-Anti-Heimatlied “Fette Deutsche” und dem sehr passenden Ostrockcover “Zwischen Liebe und Zorn” (im Original von RENFT). Ach und: Ist Sängerin Francis Tobolsky nicht langsam so etwas wie die Janis Joplin unserer Generation?
(Johannes Werner)
47. DE PROFUNDIS – The Corruption Of Virtue
Die Londoner liefern vier Jahre nach “The Blinding Light Of Faith” etwas, was thematisch und musikalisch als die nahtlose Fortsetzung besagten Vorgängers beschrieben werden kann. DE PROFUNDIS unterfüttern ihren recht old-schooligen Death Metal mit mehr Heaviness, einem höheren Melodieanteil und höherem Technik-Anspruch. Das Ergebnis lässt jedoch nichts an der viszeralen Klasse seines Vorgängers vermissen, sondern baut folgerichtig auf dessen Stärken auf. “The Corruption Of Virtue” ist düster, angepisst und geht gut ins Blut.
(Michael Klaas)
46. BIPOLAR ARCHITECTURE – Depressionland
BIPOLAR ARCHITECTURE aus Berlin und Istanbul haben mit ihrem Debütalbum “Depressionland” einen kleinen Überraschungshit im Black-Metal- und Shoegaze-Bereich abgeliefert. Die neun Songs der Platte sind abwechslungsreich, atmosphärisch und hochemotional. Fans alteingesessener Shoegaze-Interpreten wie ALCEST, die einen Schuss mehr Schwarzmetall in ihrem Genre haben möchten, sollten sich diese kleine Perle nicht entgehen lassen. Anspieltipp ist das Instrumental “If Words Were Swords”, welches trotz oder gerade wegen der fehlenden Vocals eine besonders intensive Atmosphäre ausstrahlt.
(Jannik Kleemann)
45. QUEENSRYCHE – Digital Noise Alliance
„Digital Noise Alliance“ ist die vierte Scheibe von QUEENSRŸCHE mit Todd La Torre am Mikrofon und knüpft an den Vorgänger „The Verdict“ an. La Torre hat die Spuren von Geoff Tate hinter sich gelassen und prägt Songs, wie zum Beispiel „Behind The Walls“ oder „In Extremis“. Eingängig, aber nicht langweilig, progressiv, aber nicht verkopft, lässt sich der Output 2022 zusammenfassen. QUEENSRŸCHE liefern ein starkes progressives US-Metal-Album, welches zeigt, dass das Quintett noch lange nicht zum alten Eisen gehört.
(Jürgen Fenske)
44. SATAN – Earth Infernal
SATAN, die 1983 mit “Court In The Act” ein Stück der NWoBHM mitgeschrieben haben und in genau dieser Bandbesetzung 2022 aktiv sind, liefern mit „Earth Infernal“ die bekannten nicht-satanistischen Themen. Die Menschheit steht am Pranger, welche den Planeten mehr und mehr kaputt macht und den Lebensraum für zukünftige Generationen vernichtet. So aktuell die Themen, so traditionell die Musik: SATAN stehen anno 2022 für ungefilterten NWoBHM der alten Schule ohne unnötigen Klangspielereien.
(Jürgen Fenske)
43. OZZY OSBOURNE – Patient Nr. 9
„Patient Nr. 9“ wirkt beim Durchhören wie eine gemeinsame Party der Rocklegenden. OZZY OSBOURNE und sein Produzent Andrew Watt vereinen auf dem Album eine aberwitzige Menge an Gästen. Tony Iommi, Robert Trujillo, Duff McKagan, Eric Clapton, Jeff Beck, und Chad Smith sind nur einige der illustren Namen, die sich auf der Platte wiederfinden. Das verleiht „Pantient Nr. 9“ beinahe Sampler-Charakter. OZZY OSBOURNEs Gesang ist das zusammenhaltende Element. Wer sich darauf einlassen kann, erlebt ein frisch klingendes Album des Madman.
(Dominik Rothe)
42. MEGADETH – The Sick, The Dying … And The Dead!
Nach den sechs Jahren seit dem gefeierten Vorgänger “Dystopia”, in denen Mustaine mit seinem Kehlkopfkrebs zu kämpfen hatte, ist es nicht weiter verwunderlich, dass mit “The Sick, The Dying … And The Dead!” ein persönliches Album auf dem Plattenteller liegt. Es ist langsamer und softer. Mustaine ist nicht allein, sondern wird durch seine begabten Mitmusiker gestützt. Mit Krachern wie „Soldier On!“ und „This Planet’s On Fire (Burn In Hell)“ demonstriert das Quartett, dass die Band noch immer extrem vital ist.
(Philipp Gravenhorst)
41. CANDLEMASS – Sweet Evil Sun
Wo CANDLEMASS drauf steht, da ist auch CANDLEMASS drin. Auf dem zweiten Album nach der Reunion mit Ur-Sänger Johan Lanquist spielt die Doom Metal Band ein weiteres Mal ihren ganz ureigenen Sound runter und hat sichtlich Spaß dabei. Auch, wenn die Scheibe kein großer Klassiker werden wird, wie es die Frühwerke oder das selbstbetitelte Reunionwerk von 2005 (oder die gnadenlos unterschätzte “Death Magic Doom”) mittlerweile sind, so geht sie doch gut ins Ohr und zeigt, dass CANDLEMASS noch nicht zum alten Doom-Eisen gehören.
(Jannik Kleemann)
40. MACHINE HEAD – Of Kingdom And Crown
Nach dem zerfahrenen, richtungslosen „Catharsis“ brauchten MACHINE HEAD dringend eine Frischzellenkur. Der Besetzungswechsel im Anschluss an das Album bringt genau diese mit sich. Denn mit „Of Kingdom And Crown“ schließt die Band qualitativ endlich an „Unto The Locust“ an. Das beweist allein der Opener „Slaughter The Martyr“, der mit seiner epischen Laufzeit in der Tradition von Songs wie „I Am Hell“ oder „Clenching The Fists Of Dissent“ steht. Anschließend liefern MACHINE HEAD alles, was sich ihre Fans nur wünschen können.
(Dominik Rothe)
39. GOSPELHEIM – Ritual & Repetition
Mit “Ritual & Repetition” haben GOSPELHEIM nicht nur ein grandioses Debüt hingelegt. Sie waren auch eine DER Überraschungen im Jahr 2022. Quasi aus dem Nichts und ohne Demo oder EP vorab haben sich GOSPELHEIM in unsere Herzen gespielt. Da sliegt vor allem an der ungewöhnlichen, aber hochkarätig präsentieren Mischung aus 80er Jahre Darkwave und dem Spiel mit Elementen aus Doom und Black Metal. Das Ganze garnieren GOSPELHEIM dann noch mit einer deftigen Prise aus Stummfilm-Gothic-Chic.
(Tim Otterbeck)
38. BESVÄRJELSEN – Atlas
Den Schweden BESVÄRJELSEN, die aus dem Umfeld von GREENLEAF stammen, ist mit “Atlas”, ihrem zweiten Full-Length-Album, ein kleiner Leckerbissen für Stoner-Doom-Fans gelungen, die es gerne etwas feinfühliger und zurückhaltender mögen. Die Schweden setzen auf Eingängigkeit statt Komplexität und haben mit Lea Amling Alazam genau das richtige Sprachrohr für den Job ans Mikrofon gestellt. Die Dame liefert großartige Hooks über durchaus heavy gespielte, meist aber zweckdienlich aufgeräumte Songs, die von klassischen SABBATH-Standards hin zu echten Gänsehaut-Hymnen zum Niederknien reichen.
(Michael Klaas)
37. DESOLATE SHRINE – Fires Of The Dying World
Wie kann man die immer mehr im Chaos versinkende Gesellschaft besser in Szene setzen als mit wüstem Death Metal? Das muss man dem finnischen Trio DESOLATE SHRINE glücklicherweise nicht zweimal sagen, denn die Herren haben mit “Fires Of The Dying World” erneut einen finsteren Riffklumpen voller Hass und Wut auf die Welt losgelassen, der nix von finnischer Melancholie wissen möchte. Der Mix aus Black und Death Metal mit dem gewissen Extra an Doom passt 2022 vielleicht mehr denn je wie die metaphorische Faust aufs Auge und die Produktion tut ihr übriges, um dieses Album richtig monströs klingen zu lassen. Wer seinen Death Metal hässlich bevorzugt, kommt an “Fires Of The Dying World” also kaum vorbei.
(Michael Klaas)
36. THRESHOLD – Dividing Lines
THRESHOLD sind eine dieser Bands, die jedes Mal aufs Neue einen Zankapfel in die Prog-Metal-Community hinein werfen. Ist es nun Prog oder nicht? Die einen insistieren, dass die Herren um Karl Groom das Beste sind, was es im britischen Prog gibt. Die anderen haben mindestens einmal von den Prog-Erzeugnissen britischer Machart aus den Siebzigern gehört. Fakt aber ist: Als Metal-Band mit Arena-Appeal haben THRESHOLD anno 2022 mit “Dividing Lines” wieder ein wunderbares Album mit der richtigen Menge an überlebensgroßen AOR-Gesten auf die Welt losgelassen, das seine Hörerschaft mit der gelungenen Mischung aus Melancholie, Pathos und Hooks, die Glynn Morgan souverän liefert, einmal mehr für sich einnehmen wird, an den rechten Stellen aber durch progressive Schlenker gewinnbringend aufgebrochen wird.
(Michael Klaas)
35. SONJA – Loud Arriver
Nach dem Rauswurf bei ABSU (“There is no place for a woman in this band…”) in Folge ihrer Geschlechtstransition konnte Melissa Moore alle sich dadurch freisetzenden Energien in ihr bereits vorher existierendes Projekt SONJA stecken. Und Energie spürt man bei diesem exzellenten Debütalbum ohne jegliche Missverständnisse. In klassischer Power-Trio-Besetzung zieht die Band aus Philadelphia völlig unbeirrt ihren eigenen Stiefel aus Classic Rock/Metal, Gothic und Post Punk auf traditioneller Schallplattenspielzeit durch und erschafft so eine intensive dreiviertel Stunde ohne Füller und Langeweile. Die Band agiert unverschämt eingängig (“Wanting Me Dead”, “Fuck, Then Die”, “Nylon Nights”) ohne Plattitüden zu bedienen und fährt zudem eine absolut hochklassige State-of-the-Art-Produktion, die keine Wünsche offen lässt. Hier folgt hoffentlich sehr bald nicht nur eine Europa-Tour in kleinen Underground-Clubs, sondern auch ein zweites Album.
(Johannes Werner)
34. BOMBER – Nocturnal Creatures
Mit dem Debütalbum bei einem Major Label und ein Auftritt beim Sweden Rock 2022. Wovon fast jeder Newcomer träumt, dass gelingt BOMBER aus der Region Skåne in Schweden mit „Nocturnal Creatures“. Musikalisch wildern die Jungspunde in den 70ern und 80ern und erinnern an DEF LEPPARD oder THIN LIZZY. Intensive Melodien laden die Menschen zum Mitsingen ein und lassen die späten 70er Jahre aufleben. Die Truppe klingt weder altbacken noch kitschig und dürfte der Anhängerschaft von 70er und 80er Jahre Hard Rock beziehungsweise Classic Rock munden.
(Jürgen Fenske)
33. GAUPA – Myriad
Wer sich einmal gefragt hat, wie es wohl wäre, wenn die isländische Grande Dame des Pops Björk in den Metal einsteigen würde, hat mit GAUPA aus Schweden seine Antwort gefunden. Auf ihrem zweiten Album “Myriad” perfektionieren sie ihren Sound noch einmal mehr. Alles wirkt hier wie aus einem Guss und es fällt verdammt schwer, sich der Mischung aus Stoner Metal, Blues und Psychedelic Rock zu entziehen. Wem BLUES PILLS und GHOST zu edgy ist, sollte GAUPA lieb gewinnen.
(Tim Otterbeck)
32. AGATHODAIMON – The Seven
Acht Jahre haben die Mainzer auf ein neues, musikalisches Lebenszeichen warten lassen. Nun kehren sie mit “The Seven”, einem Konzeptwerk über die sieben Todsünden, zurück. Ihren Dark Metal spielen sie wie auch beim Vorgänger wieder nah am Black Metal gebaut, auch wenn sie sehr viel Variation in ihre zehn Songs hineinbringen. Und sie machen in praktisch allen Lagen eine gute Figur. Seien es aggressive Cuts oder langsamere, mehr vom Keyboard getragene Stücke. AGATHODAIMON zeigen, dass sie einmal mehr in guter Form sind, “The Seven” ist somit jede Sünde wert.
(Michael Klaas)
31. DESTRUCTION – Diabolical
DESTRUCTION standen bei „Diabolical“ vor einer Mammutaufgabe. Schließlich muss die Platte beweisen, dass es für die Thrasher ohne den Gitarristen und Gründungsmitglied Mike Sifringer weitergeht. Der hatte die Band während der Songwritingphase verlassen. Doch Frontmann Schmier und seine Mannschaft lassen sich davon nicht beirren. „Diabolical“ liefert genau die messerscharfen Riffs, die Fans der Band erwarten. Den Hitfaktor des Vorgängers, „Born To Perish“, erreichen DESTRUCTION zwar nicht. Aber eine rundum gelungene Thrash-Granate legen sie trotzdem vor.
(Dominik Rothe)
30. IBARAKI – Rashomon
Was passiert, wenn Matthew K. Heafy von TRIVIUM auf einmal Black Metal mit Ihsahn von EMPEROR macht? Dann kommt „Rashomon“ dabei heraus: Ein lange in der Mache gewesenes, hochspannendes Album, das Einflüsse der Hauptbands beider Künstler vereint, wodurch die Scheibe sehr heterogen wird. Besonderer Anspieltipp ist das neunminütige “Ronin”, auf welchem die Screams von Gerard Way (MY CHEMICAL ROMANCE) stammen. Dass gerade dieser einmal diverse Schwarzmetall-Fronter an die Wand keifen würde, hätte bis vor der Veröffentlichung von “Rashomon” auch keiner gedacht.
(Jannik Kleemann)
29. DESERTED FEAR – Doomsday
Wie bei vielen Bands zwang die Pandemie auch DESERTED FEAR in die Inaktivität, zumindest was Live-Shows anging. Und ebenso wie viele andere Bands nutzten die Jenaer die Zeit, um neues Material auszuarbeiten. Gesagt, getan: “Doomsday” ist erneut ein ausgesprochen eingängiger, melodischer Death-Metal-Reigen, der sich großzügig bei der Göteborger Schule bedient und schlichtweg gefallen möchte. Neu hinzugekommen ist hier und da ein Hauch Gothic, was Vergleiche mit EDGE OF SANITY zulässt. Doch egal wie man es dreht und wendet, DESERTED FEAR lassen ihre Fans nicht im Stich und liefern.
(Michael Klaas)
28. AETERNAM – Heir Of The Rising Sun
AETERNAM intonieren den Fall Konstantinopels auf ihrem neuen Album “Heir Of The Rising Sun”. So etwas schreit förmlich nach einer monumentalen Umsetzung, welche die Kanadier souverän liefern. Weiterhin sind orientalische Elemente im Sound vorhanden, die durch großen, orchestralen Bombast sekundiert werden. Auch der Härtegrad ist angezogen worden. Damit stinken die Kanadier locker gegen Größen wie SEPTICFLESH an, kochen aber dennoch ausreichend ihr eigenes Süppchen auf “Heir Of The Rising Sun”, dessen eine Schwäche nur die ist, dass die showstoppende Nummer vergeblich auf sich warten lässt. Dennoch ist das Album stark genug, um sich seinen Platz in dieser Liste redlich verdient zu haben.
(Michael Klaas)
27. EVERGREY – A Heartless Portrait (The Orphean Testament)
Irgendwie gestalten sich Rezensionen zu EVERGREY-Alben ein wenig schwierig, da man beim ersten Hören denkt: Ja, EVERGREY halt. Die Feinheiten im progressiv angehauchten melodischen Metal der Göteborger zeigen sich oft erst später. Die Frage, wie die Platte am Ende im Katalog der Releases einzuordnen ist, lässt sich meistens erst nach Wochen beantworten. Der Zahn der Zeit hat es aber mittlerweile gezeigt: „A Heartless Portrait (The Orphean Testament)“ hat zwar einen sperrigen Titel, enthält aber eine Menge Hits, die nachhaltig im Kopf bleiben und auch atmosphärisch ist die Scheibe erstaunlich dicht geraten, was gerade in der dunklen Jahreszeit dazu einlädt, ihr wieder einige Rotationen auf dem heimischen Plattenspieler zu gewähren. EVERGREY bewegen sich mit „A Heartless Portrait (The Orphean Testament)“ auf konstant hohem Niveau und übertreffen den direkten Vorgänger „Escape Of The Phoenix“ deutlich.
(Mirko Pidde)
26. SANHEDRIN – Lights On
Erica Stoltz und ihre beiden Kampfgefährten machen unter dem Banner SANHEDRIN vereint auf “Lights On” vor allem eines: Sie bannen ihre benzinschwangere Live-Energie auf ihre dritte Langspielplatte und lassen sich dabei kaum einen Durchhänger zu Schulden kommen. Vom rauen Heavy Metal mit einem Hauch IRON MAIDEN im eröffnenden “Correction” über einen dank Stoltzs tiefer aber dennoch feminer Stimme distinktiv gotisch angefärbten Schunkler in Form von “Lost At Sea” hin zu regelrechten, stadionreifen Hard-Rock-Hymnen vom Schlage eines “Code Blue” fahren die New Yorker eine unterhaltsame Palette auf, die dank ihres rohen Sounds sympathisch und direkt rüberkommt.
(Michael Klaas)
24. AUDREY HORNE – Devil’s Bell
„Devil’s Bell“, das neue Album von AUDREY HORNE, klingt ungewöhnlich düster und nachdenklich. Das liegt vor allem an den finstereren Texten, welche Bezug auf die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen nehmen. Die Musik ist auch härter ausgefallen, enthält aber nach wie vor alle lieb gewonnen Trademarks der norwegischen Hitmaschine. So bündeln AUDREY HORNE einerseits ihre Stärken, zeigen aber auch eine etwas ungewohnte Seite von sich, was sehr erfrischend ist.
(Markus Endres)
24. SOILWORK – Övergivenheten
Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass NIGHT FLIGHT ORCHESTRA immer stärker auf Björn Strids Hauptspielwiese SOILWORK abfärbt. Das manifestiert sich auf “Övergivenheten” vielleicht mehr denn je, immerhin ist dies das Album, auf dem sich die Schweden stärker denn je vom Melodic Death Metal wegbewegen und mehr zu einer Modern-Metal-Band avancieren, wenn sie das vorher nicht schon längst gewesen sind. Aber das Ergebnis spricht für sich: “Övergivenheten” ist trotz kleinerer, struktureller Schwächen erneut ein starkes, hörenswertes Album geworden, das dann später allerdings auch durch den tragischen Tod von Gitarrist David Andersson überschattet worden ist.
(Michael Klaas)
23. MESSA – Close
Schon auf ihren letzten beiden Alben “Belfry” und “Feast For Water” haben MESSA bewiesen, dass sie zu einer der stärksten Stimmen der aktuellen Doom-Metal-Strömung gehören. Doch was MESSA auf “Close” abgeliefert haben, übertraf bei weitem alle Erwartungen. Der traditionelle Doom wurde offen gelassen, um neuen Elementen Raum zu geben. Und so verschmelzen MESSA auf “Close” wie keine andere Band Einflüsse aus Jazz, Psychedelic und orientalischer Folkloristik zu einem gigantischen Klangkosmos. Dieses Album wird noch lange nachhallen.
(Tim Otterbeck)
22. MANTAR – Pain Is Forever And This Is The End
MANTAR zählen ohne Zweifel zu den wichtigsten deutschen Metalbands der letzten zehn Jahre und so ist es etwas verwunderlich, dass “Pain Is Forever And This Is The End” so stark von ihrem Coveralbum „Grungetown Hooligans II“ geprägt ist, auf dem sich das norddeutsche Duo dem Alternative Rock der Neunziger Jahre widmete. Es geht glatter, mitunter sogar poppiger als auf den früheren Platten vonstatten. So ist dieses Album letztlich ein Weg zu mehr Eigenständigkeit, die bei früheren Werken zu vermissen war.
(Philipp Gravenhorst)
21. BEHEMOTH – Opvs Contra Natvram
Nach den zwei komplett abgefeierten Alben “The Satanist” und “I Loved You At Your Darkest” waren die Erwartungen an “Opvs Contra Natvram” natürlich gigantisch. Insofern ist der 21. Platz im Jahrespoll vielleicht etwas überraschend, was aber auch daran liegt, dass das Album etwas weniger überraschend als die Vorgänger ist. Eine Übersingle wie “Wolves Ov Siberia” oder “Blow Your Trumpets, Gabriel” findet sich darauf nicht, dafür eine Dreiviertelstunde rohere und ungezügeltere Gewalt als noch auf den Vorgängern. Live knallt das Ganze natürlich vorzüglichst.
(Jannik Kleemann)
20. AMORPHIS – Halo
AMORPHIS schaffen es seit gefühlten Jahrzehnten immer wieder, in regelmäßigen Abständen neue Alben zu veröffentlichen, die immer unverkennbar nach AMORPHIS klingen und alle Trademarks beinhalten, gleichzeitig aber im Detail Unterschiede aufweisen und dadurch frisch bleiben. Und das Ganze auch noch beständig auf hohem Niveau. „Halo“, das 14. Album, setzt auch da wieder auf Kontinuität und zeigt AMORPHIS gewohnt melodieverliebt und melancholisch in ihrem Stilmix aus Progressive-, Melodic Death- und Folk Metal. Verglichen mit dem Vorgänger „Queen Of Time“ ist „Halo“ etwas reduzierter, weniger episch bombastisch ausgefallen, dafür etwas aggressiver. AMORPHIS zählen zu den originellsten Vertretern ihrer Zunft, sind und bleiben in ihrer ureigenen, unverkennbaren Nische, da macht „Halo“ keine Ausnahme.
(Markus Endres)
19. LORNA SHORE – Pain Remains
“Pain Remains” ist das eine Extrem-Metal-Album, über das über die Grenzen des Metals hinaus gefühlt jeder in diesem Jahr gesprochen hat, speziell hinsichtlich des dreiteiligen Titeltracks, der im Netz Wellen geschlagen hat. Will Ramos konnte sich dank der EP “… And I Return To Nothingness” ja zügig als neuer Sänger von LORNA SHORE etablieren und nun mit dem Full-Length-Album “Pain Remains” ist seine Rolle im Lineup der Ausnahme-Deathcore-Formation in Stein gemeißelt. Dabei setzen die US-Amerikaner auf das Gebot des Maximalismus – Subtilität wird schließlich überbewertet – und haben damit die Fanschar begeistern können.
(Michael Klaas)
18. TÓMARÚM – Ash In Realms Of Stone Icons
Wer sich vom geschmackvollen Mariusz Lewandowski-Cover des Full-Length-Debüts “Ash In Realms Of Stone Icons” der US-Amerikaner TÓMARÚM hat locken lassen, der entdeckt hierhinter ein Album, das mit einer straffen Death-Metal-Note und vereinzelten Tech-Schwüngen ausgestattet ist, im Kern jedoch klar als Black-Metal-Album erkennbar ist. Und was für eines es geworden ist: Das Duo jongliert gekonnt Atmosphäre und Härte auf einem immerhin einstündigen Album, das jedoch einen derartigen Sog generiert, dass man das Ding locker in einer Sitzung weghören kann. Elemente des isländischen Black Metals gehören ja heuer ebenfalls zum guten Ton, sodass MISÞYRMING-Fans hiermit eingeladen sind, dieses Ding anzutesten, sollte es noch nicht geschehen sein.
(Michael Klaas)
17. CRISIX – Full HD
CRISIX legen auf „Full HD“ eine Kurskorrektur hin. Natürlich gibt es bei den Spaniern immer noch geradlinigen Thrash. Doch fahren sie den Crossover-Anteil ebenso zurück wie den Party-Faktor. Dafür machen sich Death-Metal-Vibes in den Songs des Albums breit und die Atmosphäre ist überwiegend düster, passend zur heutigen Zeit. In Songs wie „W.N.M. United“ oder „Macarena Mosh“ kommen die Wurzeln der Band aber mehr als deutlich durch. So gelingt CRISIX ein gelungener Spagat zwischen Weiterentwicklung und sich selbst treu bleiben.
(Dominik Rothe)
16. PORCUPINE TREE – Closure/Continuation
Nach 13 Jahren ein neues PORCUPINE TREE-Album in Händen zu halten – so intensiv, wie Steven Wilson seine Solopfade in der Zwischenzeit bestritten hat, könnte man fast meinen, dass seine einstige Hauptband zum Nebenprojekt geworden ist. Dass da überhaupt noch was gekommen ist, diesmal natürlich ohne Colin Edwin, der sich mit O.R.K. impulsiverem, spannendem Rock widmet, ist fast ein Wunder. Was ebenfalls wundert, ist, wie wenig sich die Briten in der Zwischenzeit klanglich verändert haben. Die größte Überraschung dürfte sein, dass Wilson Edwins Bass tatsächlich durch seinen eigenen, kompetenten Einsatz am Viersaiter ersetzt hat. Wilson und Co. gönnen sich hier definitiv ein Album mit Wiedererkennungswert, denn warum etwas reparieren, wenn es nicht kaputt ist?
(Michael Klaas)
15. THE HALO EFFECT – Days Of the Lost
Sind wir mal ehrlich, was kann da schon schief gehen, wenn Göteborg-Urgesteine wie Niclas Engelin, Jesper Strömblad und Mikael Stanne eine neue Band gründen und dabei versuchen, ein wenig den Spirit ihrer frühen Tage einzufangen? Klingt das wie IN FLAMES oder DARK TRANQUILLITY zu ihren vorgeblich stärksten Zeiten Mitte der Neunziger? Sicherlich nicht. Aber THE HALO EFFECT liefern mit „Days Of The Lost“ eines der besten, wenn nicht gar das beste Melodic-Death-Album des Jahres ab und schaffen es dabei, die unbedarfte „alles kann, nichts muss“-Atmosphäre der Aufnahmen festzuhalten. Egal ob es ordentlich auf die Zwölf gibt oder die ganz großen Melodien ausgepackt werden, Schwächen gibt es hier kaum – und wenn die Herren Fridén und Gelotte sich dank THE HALO EFFECT dazu veranlasst sahen auch mit IN FLAMES endlich wieder in Richtung Todesstahl abzubiegen, um so besser!
(Mirko Pidde)
14. WILDERUN – Epigone
Die Markenzeichen, welche die Bostoner WILDERUN auf ihrem weithin als Magnum Opus angesehen Drittwerk “Veil Of Imagination” etabliert haben, sind auch auf dem neuen Album “Epigone” vertreten. Das erste direkt über Century Media Records veröffentlichte Werk der US-Amerikaner – “Veil Of Imagination” wurde dort “nur” wiederveröffentlicht zur Feier des durchaus denkwürdigen Signings – vollendet die Entwicklung, die der Vorgänger schon aufgezeigt hat. Weg führt der Weg von den Folk-lastigen Anfängen und hin zu einem stringenteren Prog-Metal-Sound voller Bombast, Dramatik und Eklektik. Das hat man durchaus vielfach anderweitig gehört, aber selten derartig pedantisch und bis ins kleinste Details durcharrangiert in Szene gesetzt wie hier. Und trotz alledem bewahren sich WILDERUN diese fantastische Lebhaftigkeit, die ihren Sound letztendlich so souverän aufblühen lässt.
(Michael Klaas)
13. FJØRT – Nichts
Nach jahrelanger Stille auf allen Kanälen stand bereits die Befürchtung im Raume, das Aachener Post-Hardcore-Trio von FJØRT habe in dieser Form die Pandemie nicht überdauert. Aber nein, fünf Jahre nach dem euphorisch besprochenen “Couleur” melden sich die Jungs wie aus dem “nichts” zurück. Album Nummer vier klingt desillusionierter, düsterer und härter – und passt damit ziemlich gut in die Zeit. Eine Neuerfindung ist es glücklicherweise nicht. Ihren mächtigen Sound entwickeln FJØRT nur punktuell gekonnt weiter. Ein stimmigeres, mitreißenderes Gesamtpaket bietet in diesem Genre hierzulande sonst niemand.
(Tobias Kreutzer)
12. SKULL FIST – Paid In Full
Vier Jahre nach dem durchwachsenen „Way Of The Road“ legen SKULL FIST mit „Paid In Full“ einen Nachfolger vor, auf dem sie endlich wieder all ihre Stärken vereinen. Eingängige Melodien, rasende Gitarrensoli, griffige Riffs und das alles voll auf die zwölf. Noch dazu sorgt die Band für deutlich mehr Abwechslung als früher, was sich in Stampfern wie „Crush, Kill, Destroy“ oder den Flamenco-Einflüssen in „Blackout“ äußert. Einzig die kurze Laufzeit verbleibt als kleiner Wehmutstropfen. Hier möchte man einfach mehr von.
(Dominik Rothe)
11. CARPENTER BRUT – Leather Terror
Eine erneute Synthwave-Extravaganza ist Franck Hueso a.k.a. CARPENTER BRUT mit der “Leder”-Trilogie zweiter Teil “Leather Terror” gelungen, die ebenso wie der Vorgänger “Leather Terror” eine ganze Reihe von gastierenden Sängern und Sängerinnen beherbergt. Die Ergebnisse sind ebenso wie die Ursprünge der Partners in Crime vielfältig, sodass “Leather Terror” in mannigfaltiger Manier aufblüht. Zwischen klassischen Synthwave-Bangern der Marke “The Widow Maker” (feat. GUNSHIP), einer melancholischen ULVER-Verneigung in Form von “… Good Night, Good Bye” mit freundlicher Unterstützung von Wiederholungstäter Kristoffer Rygg und einem erstaunlich großartigen Disco-Track á la “Lipstick Masquerade” (feat. Persha) bleibt dennoch Zeit für klassische, instrumentale CARPENTER BRUT-Tracks, die vermutlich irgendwie auch Platz auf einer der drei legendären, durchnummerierten EPs des Franzosen finden könnten. Es wächst mit der Zeit, aber “Leather Terror” wird dem Hype gerecht.
(Michael Klaas)
10. GHOST – Impera
Einen Nachfolger zu einem nahezu perfekten Album zu kreieren, ist keine leichte Aufgabe. Vor genau dieser Aufgabe stehen GHOST im Anschluss an „Prequelle“. Doch Tobias Forge wäre nicht Tobias Forge, wenn er daran verzweifeln würde. Er nimmt die Herausforderung an – und meistert sie auf „Impera“ mit Bravour. Die düstere Atmosphäre von „Call Me Little Sunshine“ lässt die „Meliora“-Tage wiederaufleben, in „Kaisarion“ wagt sich Forge erstmalig an Dur-Harmonien und „Darkness At The Heart Of My Love“ ist eine wahnsinnig schöne, unkitschige Ballade. Damit nicht genug, fräst sich der Refrain von „Griftwood“ nach nur einem Durchlauf in die Gehörgänge, während „Spillways“ zum Tanzen aufruft. Eine astreine Produktion krönt das musikalische Treiben. Besseren Melodic Rock gibt es aktuell nirgendwo.
(Dominik Rothe)
9. CULT OF LUNA – The Long Road North
Sie leben ganz bewusst den Moment, lassen sich emotional und instinktiv von den Songs leiten, wohin die Reise musikalisch und inhaltlich geht. CULT OF LUNA zelebrieren auch mit „The Long Road North“ ihre ureigene Definition des Postcore, in dynamischen, cineastischen und intensiv atmosphärischen Klanglandschaften, beständig auf der Suche nach neuen Akzenten, um den Sound zu neuen Dimensionen zu führen. CULT OF LUNA bleiben Meister ihres Fachs, das unterstreicht „The Long Road North“ noch einmal eindrucksvoll.
(Markus Endres)
8. MESHUGGAH – Immutable
Nomen est omen: “Immutable” zeigt auf, dass die Schweden MESHUGGAH um Tomas Haake nicht gewillt sind, ihren Stil in irgendeiner Weise abzuwandeln, sondern die Pfade zu bestreiten, die sie am sichersten gehen und die ihre Fans auch am liebsten hören möchten. Große Experimente, zumindest im Klangkosmos der Schweden, sind also nicht zu erwarten. MESHUGGAH liefern einmal mehr polyrhythmischen Metal der extremeren Art mit all seinen zyklischen, nie zu melodischen Riffs, denen man die Vaterschaft des Djents jederzeit anmerkt. Das Wort “klinisch” wird ja oft als Schimpfwort gebraucht, wenn es um Musik geht. Aber MESHUGGAH intonieren ihren ikonischen Sound nun mal klinisch und präzise – und nicht weniger erwartet die hungrige Meute von ihnen.
(Michael Klaas)
7. ZEAL & ARDOR – Zeal & Ardor
ZEAL & ARDOR benennen ihr drittes Album kurzum nach sich selbst und veröffentlichen Songs, bei denen man vergebens nach Nachteilen oder Ausreißern sucht. Unkonventionell und experimentell unterwegs lässt die Band, deren Hauptmerkmale aus (Post) Black Metal und Blues bestehen, weitere Spektren zu. Die Mischung aus sphärischen Klängen bedient sich ebenso grungigen als auch rockigen Fragmenten, bleibt aber stetig in dem Bereich des Einklangs miteinander, welches eine absolute Stärke von ZEAL & ARDOR darstellt. Der kreative Output der Schweizer legt mit diesem Release eine erneute Punktlandung hin.
(Jeanette Grönecke-Preuss)
6. REVOCATION – Netherheaven
Die frisch zum Trio geschrumpften REVOCATION um Chef und Brüllwürfel David Davidson haben mit “Netherheaven” so etwas wie einen Befreiungsschlag gewagt. Vier Jahre nach dem Vorgänger “The Outer Ones” haben REVOCATION nicht nur Dan Gargiulo als zweiten Gitarrist, sondern auch eine ganze Menge ihrer Thrash-Elemente vom Sound subtrahiert. Das Ergebnis ist ein gediegenes Death-Metal-Album, auf dem die viszeralen Gitarren Davidsons endlich wieder so richtig schön ins Mark gehen und die Songs mit Druck voranbringen. Dennoch gibt es ausreichend Griffbrett-Akrobatik zu bewundern (“Lessons In Occult Theft”!), sodass es schön unterhaltsam und hinreichend anspruchsvoll bleibt. Es gelingt den US-Amerikanern einfach, Impulsivität und kompositorisches Feingefühl in Einklang zu bringen.
(Michael Klaas)
5. SEPTICFLESH – Modern Primitive
Auf die Frage, wie viel Epicness, Symphonie und Brutalität SEPTICFLESH auf ihr neues Album packen wollen, hat die griechische Band vermutlich einfach “Ja!” geantwortet. “Modern Primitive” ist alles andere als primitiv, produktionstechnisch natürlich verdammt modern wie druckvoll und perfektioniert den Musikstil der Symphonic-Death-Metal-Band. Es gibt in den einzelnen Songs so viel zu entdecken, dass man das Gefühl hat, es läuft gerade ein ganz persönlicher Monumentalfilm im Kopf ab. Trotzdem vergessen SEPTICFLESH dabei Wiedererkennungswert und für ihre Verhältnisse eingängige Hooks nicht. Sollte die Gruppe mal mit FLESHGOD APOCALYPSE und EX DEO zusammen touren, keine:r der Besucher:innen könnte danach für drei Tage noch geradeaus hören.
(Jannik Kleemann)
4. DISILLUSION – Ayam
Rein an der musikalischen Qualität gemessen, sollten DISILLUSION schon seit ihrem Debütalbum die großen Hallen füllen. Die zehnjährige Pause zwischen “Gloria” und der “Alea”-Single trugen wohl ihren Teil dazu bei, dass dem nicht so ist. Umso schöner, dass auf “The Liberation” nun mit “Ayam” ein weiteres Werk folgt, das zeigt, dass “Back To Times Of Splendor” 2004 nicht nur ein Glücksgriff war. “Ayam” vereint alle alten und neuen Stärken von DISILLUSION und garniert sie mit weiteren Aspekten, die wir so von der Band noch nicht gehört haben. Dieses Album wird sicherlich nicht nur bei uns ganz weit oben auf den Jahresbestenlisten stehen und das zu Recht.
(Jannik Kleemann)
3. KREATOR – Hate Über Alles
Seit „Violent Revolution“ aus dem Jahr 2001 haben KREATOR einen Lauf, der seinesgleichen sucht. „Hate über alles“ ist das sechste Meistwerk der Teutonen-Thrasher in Folge. Das liegt zum einen daran, dass die Band ihren Wurzeln treu bleibt, wie etwa der pfeilschnelle Titelsong beweist. Zum anderen gehen KREATOR mit jedem Album einen Schritt nach vorne. Auf „Hate über alles“ kommt der Blick zurück dazu. Das äußert sich lyrisch in „Become Immortal“, wenn Frontmann Mille Petrozza die Anfangstage der Band rekapituliert. Musikalisch greift die Band in „Midnight Sun“ die Gothic-Einflüsse der „Endorama“-Phase auf. Das epische „Conquer And Destroy“ wiederum ist der vielleicht melodischste Song im Schaffen von KREATOR. In „Dying Planet“ scheint gegen Ende der Doom Metal durch. So vielseitig kann Thrash 2022 sein.
(Dominik Rothe)
2. WIEGEDOOD – There’s Always Blood At The End Of The Road
WIEGEDOOD haben ihre Trilogie abgeschlossen und sich damit von dessen klanglichen Korsett befreit. Was nun? Auf „There’s Always Blood At The End Of The Road“ scheint die Devise, ihrem Ärger mal richtig Luft zu machen. Denn die Klänge, welche die Belgier aus dem Church of Ra-Umfeld hier anschlagen, sind wüst, chaotisch und hochenergetisch – wenn sie nicht gerade einige ihrer akustischen Zwischenspiele, Ambient-Passagen und dergleichen Bekömmlichkeiten mehr einstreuen. Eine neue musikalische Freiheit macht sich im ruppigeren Anteil des Sounds der Belgier bemerkbar, sicher ein Stück weit auch durch die Pandemie verschuldet, im Rahmen derer sich eine Menge Energie angestaut haben muss.
Diese Energie fördert eine neue Kompromisslosigkeit ans Tageslicht, welche die vorigen Werke vermutlich unter sich begraben hätte, hier jedoch hervorragend funktioniert. Es herrscht eine geradezu punkige Ruppigkeit vor, die man den Belgiern sofort abnimmt. Fragmente des alten, vergleichsweise wohlklingenden Black Metals der Herren ploppen zwar hier und da immer mal wieder auf, doch der Kern ist eine neue Aggressivität, die sich WIEGEDOOD vollkommen zueigen machen und damit ein furioses Statement im Black-Metal-Jahr 2022 setzen.
(Michael Klaas)
1. BLIND GUARDIAN – The God Machine
Mit acht Punkten die höchste Durchschnittswertung im metal.de-Soundcheck ever und viel Vorschusslorbeeren für die veröffentlichten Singles, kann es auch bei uns nur ein Album des Jahres 2022 geben und das ist die neue Langrille der Krefelder Institution BLIND GUARDIAN. Deutlich reduzierter und mehr 90s-Spirit versprühend als auf den letzten beiden Alben ist “The God Machine” schön, straight und kompakt, was sich auch an der Spielzeit von 50 Minuten bemerkbar macht. Nichtsdestotrotz ist es keine reine Vergangenheitskopie, sondern eine fast perfekte Symbiose aus alten und neuen BLIND GUARDIAN. Auch, wenn die Wartezeit auf ein neues Album der Band einem immer ewig vorkommt, so hat es sich doch ein weiteres Mal gelohnt.
(Jannik Kleemann)