Die 10 ...
Gründe, Obituary zu lieben

Special

OBITUARY waren mal die größte Band im Death Metal. Vor einem Vierteljahrhundert. Und bei so einigen gehören sie auch heute noch ganz weit nach vorne. Das zehnte Album der Gang heißt wie sie selbst „Obituary“, ist stark und bei Weitem nicht der einzige Grund, die Bande aus Tampa, Florida zu lieben. Denn OBITUARY sind OBITUARY sind OBITUARY …

1. Das perfekte Rezept

Ihr Motto sei „keep it simple“, hält Donald Tardy im Interview mit metal.de fest. Gar nicht so einfach, sollen dabei 30 Jahre lang Stücke herauskommen, für die sich jemand interessiert. Denn so einfach gestrickt ist die Gemeinde Metal nicht, dass Stümperei nicht durch Liebesentzug sanktioniert würde. Und dann wären wir rein aus Trotz schneller bei Mathcore, WATCHTOWER oder Denker-Jazz, als uns lieb ist. OBITUARY indes haben ihr Rezept aus wuchtig-schleifendem CELTIC-FROST-Riff, griffigem Beat, Deluxe-Gebrüll und gelegentlicher Attacke schon auf ihrem Debüt mehr oder weniger perfektioniert und seither – von kleineren Wacklern vor der Jahrtausendwende abgesehen – über Jahrzehnte erfolgreich konserviert.
Geöffnet wird sich im Hause OBITUARY nicht, das bleibt das (nicht narkotisierte) Privileg diverser Körperteile ihrer lyrisch verewigten zahlreichen Opfer. Und statt neuer Einflüsse wird lieber das Innere Genannter verarbeitet.
Das ist auf Dauer sehr wohl langweilig? Pfff…

2. Die Stimme

Mama, Papa, Dieter Bohlen: „Das ist ja a) gar kein Gesang und b) kann das doch wohl jeder.“
Death Metal Maniacs: „Das ist a) wohl Gesang. Und das kann b) überhaupt nicht jeder. Genau genommen können das nur sehr wenige – und Mr. John Tardy kann das am besten.“

Kam Lee von MASSACRE mag das Growlen erfunden haben, OBITUARYs Sänger ist der König der Schreihälse. Niemand verbindet die bedrohlichsten der Sounds of the Animal Kingdom mit dem Edelsten aus Zombie-Zirkus und Schlachterei so eindrücklich wie er. Das ist seit dem Eröffnungsschrei von „Internal Bleeding“ auf „Slowly We Rot“ von ’89 klar. Besonderer Kniff: John Tardy taucht wie kein zweiter verständliche und damit mitschreibare Schlüsselwörter bzw. Refrains („You’re chopped in haalf!“ „Infected“!) in einen giftig sprudelnden See an vollkommen unverständlichen Lauten. So hat man beides: Röchelwürgaaargghh (ohne Asthma, Krümelmonster und Spülkasten-Gurgeln) und Rock’n’Roll. Anfangs wird konsequenterweise um feste Textpassagen herum sogar teilweise improvisiert. Und: Tardy kann besser „Ugh!“ als Tom Warrior selbst. Besser geht es nicht.

3. Die Marschall-Arts

Man kann sich das Bild ausmalen: OBITUARYs Drittgeborene „The End Complete“ zetert, heult, schmeißt sich in die nächstbeste stinkende Pfütze und trommelt mit den fauligen Fäusten auf den Boden: „ICH ZIEHE NICHT SOLCHE KLAMOTTEN AN WIE DIE KINDER VON RUNNING WILD UND BLIND GUARDIAN! NIEMALS! DANN BLEIBE ICH LIEBER NACKT! DAS KÖNNT IHR NICHT ERNST MEINEN! HÄTTET IHR MICH DOCH BLOSS WEGEN DROGEN ODER KÜNSTLERISCHER DIFFERENZEN ODER ‚NEM RICHTIGEN JOB NIEMALS AUFGENOMMEN! ICH HASSE EUCH, DAS IST EUER ENDE!“ Ganz ruhig: SODOM und KREATOR gehen mit den Kleinen zum gleichen Ausstatter. IMMOLATION auch. Alles wird gut.

Cover von OBITUARYs „The End Complete“

4. „Threatening Skies“

OBITUARY go Punk Rock. Oder so. Aber wer bei der Nummer nicht den unbezähmbaren Drang verspürt, wild und unkontrolliert gewalttätig, dabei aber auf wundersame Weise anmutig zu „tanzen“, dessen Todesanzeige sollte bereits einige Tage auf dem Buckel haben. „Threatening Skies“ veredelt sogar „Back From The Dead“ und ist die perfekte Eröffnung eines jeden Mixta… einer jeden Spotify-Playlist.

5. Die Innereien-Inhalte

OBITUARY hatten Mitte der Neunziger eine kleine Unpässlichkeit in Richtung Umweltschutz, zugegeben. Aber selbst auf „World Demise“ sind die Herren dem Kernthema der Band erfreulich zugetan geblieben: dem Ableben in seinen unterschiedlichen Varianten. Trevor Peres ist (nach Peter Tägtgren) zwar augenscheinlich DER Lord Of The Rings im Metal-Genre – bei OBITUARY gibt es allerdings keine Drachen, keine Hobbits. Wenig Satan. Keine Antikosmik. Und innere Zerrissenheit nur im wörtlichen Sinne. Es ist dies eine Wohltat. Froh und heiter durch Gedärm und Eiter.

6. Der Groove

Was nervt? Nachdenken müssen, um Musik geil zu finden (JungeJunge, können die spielen! Boah, welch transparente/räumliche/naturidentische/in den Mitten herrlich ausdifferenzierte etc. Produktion! Die Platte braucht Zeit zum Wachsen! Mal sehen, was das Ding um Mitternacht hoffentlich kann!).
Was cool ist? Die Riffs direkt übers Reptilienhirn in den Nacken zu integrieren. Sich engagiert rhythmisch zu verrenken, weil man es muss, nicht, weil man es will. Kurz: den Groove zu spüren. OBITUARY sind innerhalb des Death Metal auch hier die Könige. Überprüft werden kann diese These an beliebigen Songs. Der Titelsong ihres Hit-Albums funktioniert allerdings besonders gut: „The End Complete“, Damen und Herren …

7. Der Klassiker-Hattrick zum Start

„Slowly We Rot“ (’89), „Cause Of Death“ (’90) und „The End Complete“ (’92) sind ein lupenreiner Hattrick zum Beginn. Drei Klassiker. Drei Wegweiser. Drei Genre-Säulen im Kanon des atemberaubenden Geschmacks. Die Parallele zu beispielsweise IRON MAIDEN und vor allem METALLICA ist schlagend und geht bis ins Detail: Zwischen dem ungehobelten, revolutionären Debüt und dem Weltherrschafts-Drittwerk funkelt das von vielen am meisten verehrte Zweitgeborene besonders anziehend.

8. Meathook Seed

Okay, MEATHOOK SEED sind das Baby von Mitch Harris. Donald Tardy und Trevor Peres waren (neben Shane Embury und weiteren Helden) 1993 nur Gäste auf „Embedded“. Aber dessen industriell kalter Metal kann durchaus was – und unabhängig davon: Wie lässig ist das bitte: OBITUARY und NAPALM DEATH vereint im Krach? Antwort: sehr lässig.

Cover von MEATHOOK SEEDs „Embedded“

9. Blut ist dicker als Wasser

Die RAMONES, (die echten) SEPULTURA, VAN HALEN, SICK OF IT ALL: alle cool. OBITUARY und die TARDY BROTHERS also auch. (Wobei „Bloodline“ von 2009, das tatsächlich unter dem Familiennamen erschien, schon etwas wie OBITUARY light wirkt – was andererseits immer noch stark genug ist.)

10. Der Name

OBITUARY. Ein Wort. Schwarzen Rand drum und fertig. Das sitzt. No goats, no christslaughter, no bullshit. Amen.

OBITUARY – Logo
17.03.2017
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