Die 10 ...
der besten Coversongs
Special
Es ist sicher kein Geheimnis, dass auch im Rock und Metal fleißig gecovert wird. Oft werden mit solchen Coversongs die Bonustrack-Slots gefüllt, manchmal werden diese Tracks aber auch sinnvoll in die Trackliste integriert – umso beeindruckender, wenn es im Albumkontext sogar noch Sinn ergibt. Die Voraussetzung dafür ist natürlich, dass der entsprechende Künstler bzw. die entsprechende Band eine gute Version des Originals einspielt. Es zählen dabei viele Qualitäten, um eine Cover-Version gut zu machen. Und nicht immer ist es die beste Idee, so originalgetreu wie möglich zu spielen. Teilweise werden Bands sogar richtig kreativ und interpretieren das Quellmaterial in überraschender Art und Weise.
Hier kommen die 10 der besten Coversongs aus Rock und Metal
Kunst kommt natürlich von Können, und so kann selbst der kreativste Ansatz den Bach runter gehen, wenn die musikalischen Fertigkeiten nicht mitmachen. Schlimmer noch, wenn man vollkommen übers Ziel hinaus schießt. Das sollte bei der folgenden Auswahl an Coversongs jedoch nicht der Fall sein. Anstoß für dieses Special war der Release der beiden AT THE MOVIES-Platten „Soundtrack Of Your Life Vol. 1“ und „Vol. 2“, auf denen Pop-Klassiker, die in den Achtzigern („Vol. 1“) oder in den Neunzigern („Vol. 2“) in diversen Film-Soundtracks vorgekommen sind, in AOR-Versionen umgemodelt haben. Dabei sind die Herren und die Dame weitestgehend originalgetreu geblieben, was aber auch nicht immer schlecht sein muss.
Es ist also gar nicht mal so leicht, zu sagen, wann ein Cover funktioniert und wann nicht, und größtenteils Geschmackssache. Wir möchten in diesem Special aber mal eine Auswahl an zehn Tracks beleuchten, bei denen es geklappt hat, sei es durch die kunstvolle Neuinterpretation, das beherzte Nachspielen oder gar etwas, was sich auf dem Papier wie ein dummer Witz liest, in der Praxis jedoch so absurd ist, dass es nur funktionieren konnte. Natürlich ist bei zehn Beiträgen nicht genügend Platz, um dieses Thema allumfassend zu ergründen, weshalb ihr Ergänzungen wie immer gerne in die Kommentarspalte einfügen dürft.
Und wo wir es gerade von AT THE MOVIES hatten: Fangen wir mit denen doch einfach mal an.
AT THE MOVIES – Waiting For A Star To Fall
Original: BOY MEETS GIRL (1988)
Originaltreue: Sehr kraftvoll und doch feinfühlig nachgespielt, erzielt seine Wirkung durch pure Präsenz.
Die stark mit PRETTY MAIDS-DNA durchsetzte All-Star-Band AT THE MOVIES ist ein weiteres Projekt, bei dem Björn Strid seine gesanglichen Finger im Spiel hat. Im Gegensatz zum Nachtflugorchester entsteht hier jedoch kein Originalmaterial, sondern AOR-Interpretationen von bekannten Pop-Klassikern, die irgendwie irgendwo mal auf dem Soundtrack diverser Filme zu hören waren.
Zwei Alben hat das schwedische Kollektiv veröffentlicht, namentlich „Soundtrack Of You Life Vol. 1“ und „Vol. 2“, wobei gesagt werden muss, dass speziell letzteres vergleichsweise wenig Musik aus dem thematisierten Jahrzehnt (die Neunziger) enthält. Aber dennoch steht „Vol. 2“ dem ersten, den Achtzigern gewidmeten Teil in Nichts nach, ist die Songauswahl hier schließlich sehr geschmackvoll ausgefallen. Zudem gefällt die stärkere Einbindung von Sängerin Linnéa Vikström Egg (u. a. THERION). Beispiel gefällig? Hier der BOY MEETS GIRL-Hit „Waiting For A Star To Fall“ als Stadion-Rock-Hymne:
VOIVOD – Astronomy Domine
Original: PINK FLOYD
Originaltreue: PINK FLOYD werden durch den VOIVOD assimiliert!
Wenn man den Sound von VOIVOD vor dem geistigen Ohr hat, kommt psychedelische Atmosphäre möglicherweise nicht unbedingt in den Sinn. Und doch haben VOIVOD auf ihrem 1989 erschienenen Album „Nothingface“ das PINK FLOYD-Cover „Astronomy Domine“ platziert, das sich die Kanadier richtig zueigen gemacht haben. Der Song ist so passend intoniert worden, dass er auf dem ansonsten eher komplex und mitunter wilder ausgefallenen Rest der Platte kaum negativ hervorsticht, sondern sich im Gegenteil sogar richtig geschmeidig einfügt. Noch ein positiver Nebeneffekt: Die Band konnte damit ordentlich Airplay auf MTV einfahren.
WARREL DANE – Lucretia My Reflection
Original: THE SISTERS OF MERCY
Originaltreue: Recht nah am Original gehalten, nur eben metallischer und mit Danes einzigartiger Stimme versehen.
Lucretia war eine Adelige aus dem alten Rom, deren Vergewaltigung durch den Sohn Sextus Tarquinius des Tyrannen Tarquinius Superbus und anschließenden Suizid, so die gemeine Überlieferung, mit zum Fall des römischen Königreichs und der Installation der Republik beigetragen habe. Doch nicht nur sie inspirierte den SISTERS OF MERCY-Klassiker „Lucretia My Reflection“, ein Song über den Fall eines Reiches. Auch Lucrezia Borgia diente als lyrische Inspiration für den Song (tatsächlich habe Andrew Eldrich die damalige Bassistin Patricia Morrison als „Lucrezia-artig“ eingeschätzt und den Song über sie geschrieben). Wiederum haben sich mehrere Künstler, darunter KREATOR, an dem Song versucht. Doch kraft seiner einzigartigen Stimme gelang dem leider viel zu früh verstorbenen Warrel Dane eine ziemlich eindringliche Version des Songs.
IGNITE – Sunday Bloody Sunday
Original: U2
Originaltreue: Aus dem thematisch und subtil instrumentierten Song wurde eine lauthals protestierende Hardcore-Punk-Hymne.
„Sunday Bloody Sunday“ ist einer der politischeren Tracks der irischen Band U2, mit denen sie früh in ihrer Karriere ein breites Publikum ansprechend konnte. Der Song thematisiert den Nordirlandkonflikt, spezifisch die Ereignisse des Bloody Sunday in Derry 1972, bei dem britische Truppen unbewaffnete Protestanten erschossen haben. Mit derartigem, politischen Ballast daherkommend ist das gewiss kein Lied, das von jeder Band einfach so gecovert werden kann. Die Hardcore-Urgesteine IGNITE haben es aber nicht nur getan, sondern in einen hymnischen Punker umgewandelt, der das musikalische Quellmaterial vielleicht nicht unbedingt thematisch getreu einfängt, in das Œuvre der Band aber hervorragend reinpasst. Und Zoltán Téglás‘ Gesangsdarbietung ist ohnehin über alle Zweifel erhaben.
NAPALM DEATH – Riot Of Violence
Orignal: KREATOR
Originaltreue: NAPALM DEATH drücken den Essener Thrashern schon ihren Stempel auf, halten sich aber dennoch ans Original.
Die britischen Grindcore-Vorreiter NAPALM DEATH nahmen nicht einfach nur eine Cover-EP namens „Leaders Not Followers“ auf, sondern stellten dieser auch noch ein Vollzeitbrüderchen mit dem konsequenten Titel „Leaders Not Followers: Part 2“ zur Seite. Hierauf huldigen die Briten ihrer Mitstreiter, Zeitgenossen und Idole, die aus der Hardcore- oder Extrem-Metal-Szene stammen.
Im Grunde könnte hier jeder Song dieser beiden Platten stehen, da NAPALM DEATH diese zwar größtenteils einigermaßen originalgetreu eingetrümmert haben, dem Quellmaterial ihren Stempel dabei jedoch unmissverständlich aufgedrückt haben. Die Wahl ist auf den KREATOR-Brecher „Riot Of Violence“ gefallen, weil die Essener bekanntermaßen ja endlich wieder ein neues Album im Anschlag haben, was natürlich redaktionsintern wieder für freudige Zuckungen sorgt. Und zu dieser Version lässt sich’s auch wunderbar mitzucken:
FAITH NO MORE – War Pigs
Original: BLACK SABBATH
Originaltreue: BLACK SABBATH.
Was wäre eine Rubrik über Cover-Versionen in einem Metal-Magazin ohne Inklusion eines BLACK SABBATH-Songs? Glücklicherweise eine rhetorische Frage. Die Auswahl fällt hier durchaus ein bisschen schwer, da es sehr viele sehr gute Cover von BLACK SABBATH-Songs gibt, aus denen man vermutlich eine eigene Liste basteln könnte. Ich war sogar am Überlegen, als kleinen Scherz für zwischendurch die BLÜMCHEN-Intonation von „Paranoid“, die J.B.O. als Skit auf „Meister der Musik“ eingebaut haben, einzubinden, aber dachte dann, dass wir vielleicht doch etwas Ernsthaftigkeit bewahren sollten, zumal man DEN Proto-Metal-Göttern schlechthin auch mit dem nötigen Respekt begegnen sollte. Hier also eines der besten Cover von „War Pigs“, eingespielt von FAITH NO MORE:
BENT KNEE – [You Are My] Sunshine
Original: umstritten, aber eine frühe Version stammt beispielsweise von Jimmie Davis
Originaltreue: Die Bostoner haben den Song praktisch in etwas komplett Einzigartiges transformiert.
„You Are My Sunshine“ ist ein Song mit umstrittener Herkunft, der zu einem Evergreen avanciert und von unzähligen Künstlern bereits neu interpretiert worden ist. Eine der frühesten, veröffentlichten Versionen datiert ins Jahr 1940 zurück und stammt von Jimmie Davis. Von dessen recht zeittypischer Interpretation haben sich die Bostoner Art Rocker BENT KNEE komplett losgelöst und den Track in einen bombastischen, sich langsam zum explosiven Finale hin entwickelnden Prog-Kracher umgewandelt, bei dem Frontfrau Courtney Swain einmal mehr zeigt, was für eine wahnsinnig vielseitige Sängerin sie ist, da die gefühlvoll gehauchten Linien einfach genau so gut sitzen wie der Part am Ende, bei dem sie sich die Seele aus dem Leib schreit.
SHINING (NOR) – 21st Century Schizoid Man
Original: KING CRIMSON
Originaltreue: Die Norweger bringen zur Pflicht als Kür natürlich eine jazzige, improvisatorische Kante mit, aber auch ein beachtliches Mehr an Heaviness und Aggression.
Noch so ein Track, der gefühlt schon tausendmal gecovert worden ist. Der Eröffnungstrack des KING CRIMSON-Debüts „In The Court Of The Crimson King“, „21st Century Schizoid Man“ (oder auch „21st Century Schizoid Man (Including „Mirrors“)“, um ihm seinen vollen Namen zu geben) ist aber auch einer der besten Prog-Songs aller Zeiten und zurecht ein Klassiker, zu dem viele Bands – auch aus dem Metal-Bereich – aufschauen. Zu den prominenteren Coversongs zählen u. a. die Versionen von VOIVOD, Ozzy Osbourne und BAD RELIGION, wobei auch weniger bekannte Bands wie WE HUNT BUFFALO sich an diesem Meilenstein versuchten. Richtig wild gestaltet sich aber die Version der norwegischen Blackjazzer SHINING, die das Ding in einen tonnenschweren Brecher umgemünzt haben.
SPIDER GOD – [I] Want [It That Way]
Original: BACKSTREET BOYS
Originaltreue: LOL.
„Hey, hey, hey! Wie wäre es hiermit: Die BACKSTREET BOYS schminken sich mit Corpsepaint und spielen Black Metal!“ *brüll* *kicher* *lach* Man möchte meinen, dass irgendwer diesen dummen Witz vor dem britischen Ein-Mann-Projekt SPIDER GOD ein oder zwei Mal zu oft gemacht hat, denn der anonyme Brite hierhinter hat sich daraufhin scheinbar gedacht: „Ja, warum eigentlich nicht“.
Gesagt, getan: Der Herr hat mit dem programmatisch betitelten „Black Renditions“ gleich mal ein dutzend solcher Pop-Klassiker wie auch „Genie In A Bottle“ von Christina Aguilera oder „Baby One More Time“ von Britney Spears in melodischen Black Metal irgendwo zwischen CATAMENIA und KVAEN umgemodelt. Selbst die POINTER SISTERS und Whitney Houston sind nicht verschont geblieben. Das Ergebnis klingt dabei erstaunlicherweise gar nicht mal so blöd, wie man es sich angesichts dieses dämlichen Konzepts vorstellen mag. Tatsächlich klingt das sogar erschreckend gut …
NORTHERN KINGS – Rebel Yell
Original: Billy Idol
Originaltreue: Aus Rock wird Doom!
Na, habt ihr mal Lust, die legendäre Refrainzeile „In the midnight hour | she cried more more more“ auf Symphonic Metal mitzugrölen? In Zeitlupe? Na dann habt ihr ein Glück, denn das finnische Goldkehlchen-Programm NORTHERN KINGS, bestehend aus Marco Hietala (TAROT, ex-NIGHTWISH), Tony Kakko (SONATA ARCTICA), Juha-Pekka Leppäluoto (ex-CHARON) und Jarkko Ahola, hat den Billy Idol-Hit in einen bombastischen Doom-Brecher mit zwischenzeitlichem Uptempo-Galopp umgewandelt, fast so, als hätte man beim Adaptieren den selbstbetitelten BLACK SABBATH-Klassiker als Blaupause verwendet.
Bei vier starken Stimmen besteht die Gefahr, dass natürlich alles in Grund und Boden gekrischen wird, siehe THE THREE TREMORS. Aber die NORTHERN KINGS zügelten sich dahingehend, dass üblicherweise nur einer der Protagonisten innerhalb eines Songs die leitende Stimme darstellte, in dem Falle JP Leppäluoto, dessen dunkle Stimmfarbe dem Klassiker etwas fast Gothic-artiges verleiht.