Die 10 ...
besten und wichtigsten Alben der NWoBHM
Special
Ende der 1970er- bis Anfang der 1980er-Jahre erlebte der britische Heavy Metal seine Blütezeit, als sich zahlreiche neue, junge Bands von der Insel aufmachten, um die Musik von Pionierbands wie BLACK SABBATH oder DEEP PURPLE weiterzuentwickeln und mit einer ordentlichen Portion Punk zu garnieren. Inspiration gab es reichlich: Neben den bereits etablierten Hardrock- und Metal-Bands der 1970er-Jahre zählten auch britische Punkrock-Bands wie die SEX PISTOLS, THE CLASH und viele andere zu den Einflüssen dieser musikalischen Woge. All dies entsprach auch dem damaligen rebellischen Zeitgeist einer Jugend, die unter wirtschaftlichem Niedergang und hoher Arbeitslosigkeit im Land litt.
Passenderweise wurde diese musikalische und kulturelle Strömung respektvoll auf den Namen „New Wave of British Heavy Metal“ – kurz: NWoBHM – getauft. Der Sound war rau und energisch, das Image der Bands authentisch: In der einschlägigen Phase der NWoBHM wurden die Grundsteine für die spätere Entwicklung dessen gelegt, was sich heute – wenn auch etwas grobkörnig – als „Classic Metal“ etikettieren lässt. Die Anzahl der Bands, die die Aufbruchsstimmung nutzten und im Kielwasser dieser euphorisierten Dynamik aus dem Underground der Pubs und Hinterhöfe emporkamen, lässt sich nicht annähernd benennen. Nur die wenigsten waren wirklich bedeutsam oder sind heute noch aktiv und erfolgreich.
Ist NWoBHM gleich NWoBHM?
Eines der Phänomene jener Zeit – an die sich viele der damaligen Protagonisten und Fans sicher noch gerne zurückerinnern – bestand darin, dass sich die Zuordbarkeit zur NWoBHM nicht nur auf die Vertreter im engeren Sinne wie das Szene-Flaggschiff IRON MAIDEN, SAXON, PRAYING MANTIS, ANGEL WITCH oder DEF LEPPARD beschränkte, sondern auch solche Bands miteinbezogen wurden, die schon etwas länger im Geschäft waren und sich bereits vorher einen Namen gemacht hatten. Hier wären insbesondere JUDAS PRIEST, MOTÖRHEAD oder OZZY OSBOURNE zu nennen, die mit hochklassigen und heute legendären Alben maßgeblich an der Erfolgsstory der NWoBHM beteiligt waren. Demnach ist es sachlich wohl nicht falsch, auch deren unverzichtbare Werke in das vorliegende Ranking einfließen zu lassen, zumal es hier primär um Alben gehen soll und nur am Rande um die jeweiligen Bands.
Jede Bestenliste ist subjektiv
Dass jedwedes Ranking unserer „Die 10 besten …“-Reihe bei allem Objektivitätsanspruch durch das Einfließen persönlicher Präferenzen auch Subjektivität abformt, lässt sich kaum vermeiden. Am Sinnvollsten erscheint daher eine Melange aus den Beurteilungssegmenten musikalische Qualität, Kultstatus, Einfluss auf andere Bands und die Bedeutung für die NWoBHM allgemein. Doch auch weitere Details wie das jeweilige Cover-Artwork oder der Sound haben Berücksichtigung gefunden. Man möge also bitte nicht gleich die imaginären Messer wetzen oder das metal.de-Abo kündigen, falls die nachfolgende Listung der „10 besten und wichtigsten Alben der NWoBHM“ nicht in jedem Fall auf individuelle Akzeptanz trifft.
In diesem Sinne: Lasset die Spiele beginnen!
10. DEF LEPPARD – High ’n‘ Dry (1981)
Auch wenn „High ’n‘ Dry“ nicht das Album mit der größten Hitdichte der „tauben Leoparden“ aus Sheffield war, wirbelte deren zweite Platte ordentlich Staub auf. Nachdem schon das bemerkenswerte Debüt „On Through The Night“ im März 1980 zu den Initialzündern der NWoBHM gehörte, schlug der im Juli 1981 veröffentlichte Nachfolger „High ’n‘ Dry“ mit seinem unwiderstehlichen Gitarrenrock in dieselbe Kerbe. Die Musik von DEF LEPPARD, die später mit den kommerziell orientierten und zigmillionenfach verkauften Alben „Pyromania“ und „Hysteria“ in Richtung glattproduzierter Hard Rock/Glam Metal abdriften sollte, hatte in der Hochphase der NWoBHM noch jenen ungehobelten und rockigen Sound, der an AC/DC erinnerte.
Kein Wunder, denn für die Produktion von „High ’n‘ Dry“ zeichnete sich kein Geringerer als Robert „Mutt“ Lange verantwortlich, der vorher schon AC/DCs „Highway To Hell“ und „Back In Black“ fabriziert hatte. Auch „High ’n‘ Dry“ erhielt positive Kritiken und erreichte einen respektablen 26. Platz in den britischen Album-Charts. Bis heute ging die Scheibe über zwei Millionen Mal über die Ladentheke.
Ein konstant starkes Album ohne Ausfälle
Musikalisch bot „High ’n‘ Dry“ ein Mosaik aus kernigem, gitarrenlastigem Metalsound und melodischen, mehrstimmigen Refrains. Die rasanten Gitarrensoli klingelten ordentlich in den Gehörgängen – selbst nach heutigen Standards. Das war schon großes Kino, was „High ’n‘ Dry“ in puncto Songmaterial und handwerklicher Realisierung hier ablieferte.
„Let It Go“, „High ’n‘ Dry (Saturday Night)“, „No No No“ sowie die als Single ausgekoppelte Powerballade „Bringin‘ On The Heartbreak“ lassen sich definitiv den Highlights der Platte zuordnen. Auch das bockstarke, von genialen Gitarrenläufen getragene Instrumental „Switch 625“ sollte man kennen. Jedwede Ausfälle sind Fehlanzeige – das nennt man wohl konstant hohes Niveau.
Wer die großen Momente der NWoBHM Revue passieren lassen will, wird an diesem Meilenstein nicht vorbeikommen.
9. TYGERS OF PAN TANG – Spellbound (1981)
Die 1978 im nordenglischen Whitley Bay gegründete Band mit dem coolen Namen TYGERS OF PAN TANG (aus dem Roman „Stormbringer“ von Michael Moorcock) hatte schon 1980 mit dem Debütalbum „Wild Cat“ den ersten Wirkungstreffer gelandet. Etwas über ein halbes Jahr später – im April 1981 – wurde die Latte mit dem Nachfolger „Spellbound“ noch etwas höher gelegt. Das von Star-Producer Chris Tsangarides (THIN LIZZY, JUDAS PRIEST, HELLOWEEN u. a.) fertig modellierte Album bestand neben dem heute etwas billig wirkenden, dennoch kultigen Cover-Artwork aus zehn griffigen Songs, die der geneigten Hörerschaft ordentlich das Trommelfell versohlten.
Ein besonderes Segment von „Spellbound“ war zweifelsohne die mit Bravour bestandene Feuertaufe von Gitarrist John Sykes, der später bei THIN LIZZY und WHITESNAKE die Axt schwingen sollte. Musikalisch bestach das Album mit herausragender Gitarrenarbeit in Form von energischen, brodelnden Riffs und fetten Soli. Hinzu kamen eingängige Hooklines, treibende Bässe und natürlich der powervolle Gesang von Shouter Jon Deverill, der hier ebenfalls debütierte. Dass Deverill auch die höheren Töne beherrschte und hier und da dämonisches Gelächter untermischte, konnte dem Gesamtkonzept der TYGERS nur zu Gute kommen.
Ein Album ohne die ganz großen Hits, aber ein Referenzwerk der NWoBHM
Klassiker vom Kaliber „Run To The Hills“, „Breaking The Law“ oder „Ace Of Spades“ sucht man auf dem Zweitling von TYGERS OF PAN TANG wahrscheinlich vergeblich, doch wer mit Perlen wie „Hellbound“, „Take It“, „Silver And Gold“, „Blackjack“ und nicht zuletzt dem aggressiven „Gangland“ – 1987 von KREATOR gecovert – nichts anzufangen weiß, kann unmöglich ein Herz aus Stahl besitzen. Und dass die TYGERS auch Powerballaden konnten, beweist „Mirror“. Ein letztes Highlight ist der zugängliche Rausschmeißer „Don’t Stop By“, ebenfalls ein solide verarbeitetes Stück Metall.
Am Rande sei erwähnt, dass die Band nach einigen Trennungen und Reunions noch immer aktiv ist: Das letzte Album „Ambush“ erblickte 2020 das Licht der Welt. Dennoch werden die TYGERS wohl auf ewig ihren Ahnenplatz in der Galerie der NWoBHM innehaben – und das mit Recht.
8. IRON MAIDEN – Iron Maiden (1980)
Bereits Ende 1975 gegründet, brachten die Jungfrauen ihren selbstbetitelten Erstling erst 1980 in die Läden. Und wie: Der Debüt-Longplayer schlug ein wie eine Bombe und legte den Grundstein für den Erfolg einer Band, die noch über 40 Jahre später zu den Dinosauriern des Heavy Metals zählt.
Zwar wurde 1978 schon die EP „Soundhouse Tapes“ veröffentlicht, die aber noch relativ unbeachtet blieb. „Iron Maiden“ erschien über EMI im April 1980, also zu einer Zeit, als die NWoBHM-Strömung gerade im Begriff war, richtig Fahrt aufzunehmen. Darüber hinaus machte die Band Schlagzeilen mit einer fast neuartigen visuellen Selbstdarstellung in Form eines zombiehaften Monsters, das vornehmlich nachts auf die Pirsch ging („Prowler“) und dabei auch vor der damaligen Premierministerin Margret Thatcher nicht haltmachte. Jedenfalls stellt „Eddie The Head“ noch heute die Gallionsfigur der Band dar und besitzt zweifelsohne Kultstatus in der gesamten Metal-Szene.
Von Streunern, Phantomen, Prostituierten und Folterwerkzeugen
Die 40-minütige, acht Songs umfassende Platte wirkte thematisch etwas zusammengewürfelt, bot jedoch erstklassiges Songmaterial und einen Sound, der in seiner Rohheit stark an den Punkrock erinnerte. Hinzu kamen knüppelharte Riffs, technisch bemerkenswerte Soli und eingängige, ohrwurmverdächtige Melodien. Ergänzt wurde das alles mit der wiedererkennungsfähigen, mal kraftvoll-punkig, mal sanft und zerbrechlich wirkenden Stimme Paul Di’Annos, der mit den ersten beiden MAIDEN-Alben sein Lebenswerk ablieferte und später umso tiefer fiel.
Unsterbliche Klassiker wie „Prowler“, „Remember Tomorrow“, „Running Free“ oder „Charlotte The Harlot“ gehören heute quasi zum Heavy-Metal-Inventar. Das Highlight der Scheibe ist wohl das eindrucksvolle, über siebenminütige „Phantom Of The Opera“, mit dem die Jungfrauen ihr musikalisches Talent für melodischen, epischen Metal mehr als nur andeuteten. Geschlossen wurde das Werk passenderweise mit dem Titeltrack „Iron Maiden“, einem quirligen, bösartig anmutenden Song über die „Eiserne Jungfrau“, einem mittelalterlichen Folterwerkzeug, nach dem die Band benannt worden war.
Es ist sicher keine Übertreibung, die Debütscheibe von IRON MAIDEN zu den qualitativ hochwertigsten und einflussreichsten Metal-Alben zu zählen, die je auf Vinyl gepresst wurden – ganz egal, wie man heute zu der weiteren musikalischen Entwicklung der Band stehen mag.
7. SAMSON – Shock Tactics (1981)
Dass es innerhalb der NWoBHM-Bewegung natürlich auch Rivalitäten und ein Buhlen um die besten Musiker gab, versteht sich von selbst. Jedenfalls hatte es sich in der Szene herumgesprochen, dass die Londoner Heavy-Metal-Band SAMSON über einen außerordentlich guten und talentierten Sänger verfügte, der unter dem Künstlernamen „Bruce Bruce“ bei SAMSON das Mikro schwang. Nachdem dieser auf dem dritten Album „Shock Tactics“ zu dem Gesangsstil gefunden hatte, der ihn später zur singenden Legende machen sollte, wurden IRON MAIDEN auf ihn aufmerksam. Als sich die Jungfräuleins Ende 1981 von Paul Di’Anno getrennt hatten, schlugen sie zu: „Bruce Bruce“ (Dickinson) wurde der neue Sänger. Der Rest ist bekannt …
Doch der Reihe nach: „Shock Tactics“, SAMSONs dritte Langrille, erschien im Mai 1981, nachdem es (zufällig?) in denselben Studios aufgenommen worden war, in denen auch MAIDENs „Killers“ kurz zuvor eingespielt wurde. Wie dem auch sei: Das von Tony Platt – bekannt für seine Arbeiten mit AC/DC, MOTÖRHEAD oder TESTAMENT – produzierte Werk erhielt starke Kritiken und beförderte SAMSON unter die wichtigsten Vertreter der NWoBHM.
Dickinsons letzter Streich bei SAMSON
Die neun Songs der Platte lassen sich auch nach heutigen Maßstäben in die Schatztruhe mit den bemerkenswertesten NWoBHM-Meisterleistungen jener Zeit einsortieren. Dickinsons einzigartiger Gesang – eine Mixtur aus charakteristischen Tonfolgen und deftigen Shouts – trug die eingängige, krawallig-rifflastige Musik, und das nicht zu knapp: Der perfekte Opener „Riding With The Angels“, das hymnenhafte „Earth Mother“, aber auch das melodische Ohrwürmchen „Bright Lights“ ragten besonders heraus. Zudem sind das eher untypische, sechsminütige „Blood Lust“ sowie der moderate Finisher „Communion“ sehr zu empfehlen. Letzteres stellte Mr. Dickinsons Stimme besonders nachdrücklich ins Schaufenster.
Was SAMSONs letztes Album mit Bruce Dickinson so besonders machte, war nicht etwa diese Tatsache alleine. Vielmehr ist hier die Rede von einem Album, das musikalisch richtig Staub aufwirbelte und vollkommen zu Recht noch heute zu den Maßeinheiten der NWoBHM zählt. Bandgründer und –namensgeber Paul Samson starb übrigens 2002 an Krebs.
6. ANGEL WITCH – Angel Witch (1980)
Zu den bedeutendsten und populärsten Vertretern der NWoBHM zählte zweifellos die 1977 in London gegründete Band ANGEL WITCH – auch wenn der große Durchbruch nie so recht gelingen sollte. Deren gleichnamiges Debütalbum wurde im Dezember 1980 veröffentlicht. Kommerziell wurde die von Martin Smith produzierte Platte kaum zur Kenntnis genommen, von der britischen Presse gar verrissen. Womöglich sprechen wir hier über das unterbewertetste Album dieser Zeit.
Musikalisch spiegelte „Angel Witch“ aber genau das wider, was die NWoBHM ausmachte: Kurze, robuste, energiegeladene Stücke ohne Pomp und Gloria, denen aber eine eingängige Harmonik und Melodik nicht abzusprechen war. Insbesondere die Gitarrenarbeit erinnerte inklusive satter Riffs und Highspeed-Soli an die Konkurrenz von IRON MAIDEN, wobei auch Einflüsse von BLACK SABBATH oder JUDAS PRIEST identifizierbar waren. Inhaltlich wurden Themen aufgegriffen, die sich mit Magie, Hexenkult und Esoterik auseinandersetzten, weswegen dem Trio um Sänger und Gitarrist Kevin Heybourne eine Nähe zu BLACK SABBATH nachgesagt wurde.
Musikalisch inspiriert und handwerklich hervorragend ausgearbeitet
Demnach handelte es sich um ein eher düsteres, aber in hohem Maß inspiriertes Werk, das konstant auf bemerkenswertem Niveau blieb. Ausgelegt wurde ein charakteristischer, satter Soundteppich, auf dem es Perlen wie „White Witch“, „Confused“ oder „Atlantis“ zu entdecken gab. Gehört haben sollte man auch das mit dröhnenden Riffs und dezenten Keyboards unterlegte „Angel Of Death“ sowie das temporeiche „Sweet Danger“. Der Star der Langrille war aber das leicht verdauliche Titelstück „Angel Witch“, der wohl bekannteste Song der Band und eine Mitgröl-Hymne par excellence.
Geht es um klassische Pionierarbeit für die NWoBHM, so kommt man an ANGEL WITCH und deren einschlägigen Erstling nicht vorbei. Wer „Angel Witch“ qualitativ auf einer Stufe mit dem Debütalbum von IRON MAIDEN sieht, hat womöglich nicht ganz unrecht. Noch am Rande sei erwähnt, dass es die Band heute noch gibt: Das letzte Album „Angel Of Light“ erschien 2019.
5. SAXON – Wheels Of Steel
Sobald das Stichwort NWoBHM fällt, denkt der fachkundige Metalhead reflexartig an IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST, DEF LEPPARD und einige andere Urgesteine. Es wäre unverzeihlich, die Frühwerke der 1979 in Yorkshire ins Leben gerufenen Band SAXON außen vor zu lassen. Die fünfköpfige Truppe um Shouter Peter „Biff“ Byford darf man wohl bedenkenlos zu den Ursuppenköchen der NWoBHM rechnen, was nicht zuletzt auf deren zweites Album „Wheels Of Steel“ zurückzuführen ist. Heute nur von einem „Klassiker“ zu sprechen, würde wahrscheinlich an Blasphemie grenzen.
Das von Pete Hinton produzierte „Wheels Of Steel“ wurde im April 1980 fast zeitgleich mit IRON MAIDENs Debütalbum und „British Steel“ von JUDAS PRIEST in die Regale gestellt und enterte die britischen Albumcharts auf Platz fünf – Goldstatus inklusive. Die scheibenzerberstenden Riffs, treibenden Rhythmen und Byfords unverwechselbares Organ gaben dem Album jenen urtypischen, roh und ungezügelt wirkenden Anstrich, der viele NWoBHM-Erzeugnisse so signifikant machte.
Ein Album, das heute noch zum Inventar des Heavy Metals zählt
Mit den Single-Auskopplungen „Wheels Of Steel“ und „747 (Strangers In The Night)“ sowie den Abrissbirnen „Motorcycle Man“, „Stand Up And Be Counted“ und „Machine Gun“ wurde das Album auf hohem Niveau justiert. Das melodische „See The Light Shining“ und das gemäßigte „Suzie Hold On“ waren zudem Indizien für die musikalische Flexibilität der Band. Zwar fehlten kompositorische Geniestreiche wie diese bereits von IRON MAIDEN oder DEF LEPPARD vorgeführt wurden, aber dennoch verkörperte „Wheels Of Steel“ den stilprägenden Charakter der NWoBHM punktgenau.
Logo, dass einige Songs dieses Monumentalwerks noch heute zum Live-Repertoire von SAXON gehören. Das Cover-Artwork mutet heute ein wenig antiquiert an, hat aber nichts von seinem kultigen Nimbus eingebüßt. Dieses NWoBHM-Referenzwerk gehört in jedes gut sortierte CD-Regal oder noch besser: in die Vinylsammlung, aus Nostalgiegründen.
4. IRON MAIDEN – Killers (1981)
Nach dem einschlägigen Erfolg des Erstlings wurde der Nachfolger „Killers“ – der ganze zehn Monate nach „Iron Maiden“ erschien – schon durch Vorbestellungen zum Hit. Bei der Produktion von „Killers“ trat erstmals der renommierte Martin Birch (R.I.P.) in Erscheinung, der IRON MAIDEN bis 1992 begleiten sollte.
Das legendäre Cover-Artwork der Platte – ja, Platte, das waren noch Zeiten! – kennt wohl jedes Kind. Gut möglich, dass das „Kill ’Em All“-Cover von METALLICA hier Inspiration fand – zumindest inoffiziell. Musikalisch ging es nicht weniger kompromisslos zur Sache.
Paul Di’Annos zweiter Streich
Eines der damaligen Markenzeichen der Jungfrauen war zweifellos die Stimme von Paul Di‘Anno, der nicht nur powervoll im Stimmgewand des Punkrocks singen konnte, sondern auch sanftere Töne draufhatte. Dem Debütalbum kam dies schon sehr zu Gute, doch „Killers“ legte hier noch einen drauf: Als Paradebeispiel lässt sich „Prodigal Son“ zitieren, womöglich einer der unterbewertetsten Songs der frühen MAIDEN-Ära schlechthin.
„Killers“ bestach aber nicht nur mit Paul Di’Annos stimmlichen Attributen, sondern auch mit herausragendem Songmaterial, das wie aus einem Guss klang. Angefangen bei dem als Opener fungierenden Doppelschlag „The Ides Of March“ und „Wrathchild“, wobei letzteres fortan zu einer Art Live-Dauerbrenner mutierte. Das krawallige „Murders In The Rue Morgue“ hinterließ ebenso Spuren wie das eigentlich als Filler konzipierte Highspeed-Instrumental „Genghis Khan“. Das unterschätzte „Innocent Exile“, das schon angesprochene „Prodigal Son“ und „Purgatory“ qualifizierten sich musikalisch aber nicht minder. Ein weiteres Glanzstück vor dem Herrn war natürlich das schaurig-fiese Titelstück „Killers“, das in puncto Speed und Aggressivität brillierte. Interessant ist, dass die damalige Single-Auskopplung „Twilight Zone“ zunächst nur auf der US-Version des Albums erschien.
Niemand, der nur halbwegs bei klarem (Metal-) Sachverstand ist, wird abstreiten, dass „Killers“ zu den stärksten und prägendsten Scheiben gehört, die aus der NWoBHM hervorgingen. Howgh!
3. MOTÖRHEAD – Ace Of Spades (1980)
MOTÖRHEAD erarbeiteten sich schon früh den Titel „lauteste und dreckigste Band der Welt“ – und das mit Recht. Zudem konnte die legendäre Kapelle um Warzenmann Lemmy Kilmister (R.I.P.) auch Rock ’n‘ Roll – und das mit einem bis dahin wohl nie dagewesenen Potpourri aus kompromissloser Härte, urknalliger Lautstärke und einem Sänger, der so klang, als hätte er einen Eimer Reißnägel gefrühstückt. Der musikalische Stil der Band war dennoch nie richtig greifbar: Heavy Metal, Hardrock, Bluesrock, Rock ’n‘ Roll? Die Göttergabe „Overkill“ vom gleichnamigen Album wurde ansatzweise sogar dem Speed Metal untergejubelt.
Waren die beiden Vorgänger-Alben „Overkill“ und „Bomber“ anno 1979 schon musikalische Volltreffer, so wurden sie von dem Nachfolge-Vinyl „Ace Of Spades“, das im November 1980 erschien, noch übertroffen. In den britischen Charts erklomm die von Vic Maile produzierte Kult-Scheibe Platz vier, in den deutschen Album-Charts Platz zehn. Überflüssig zu erwähnen, dass „Ace Of Spades“ in seiner ganzen Spannweite auch aus der NWoBHM nicht wegzudenken war.
Mehr als nur ein As im Ärmel
„Ace Of Spades“ überrollte die Hörer mit zwölf kurzen Tracks – nicht wenige von nur zwei Minuten Länge –, so dass sich die Spielzeit auf gerade einmal 36 Minuten belief. Da Rock ’n‘ Roll aber nicht nach mathematischen Gesichtspunkten funktioniert, dürfte das der Fangemeinde herzlich egal gewesen sein, zumal sie vom Opener – dem Titelstück – bis hin zum Rausschmeißer „The Hammer“ mit einer Brachialgewalt durchgeschüttelt wurde, dass selbst der anschließende Tinnitus freudig in Kauf genommen wurde.
Die besten Songs aus einem Klassiker-Album herauszupicken ist manchmal nicht einfach, aber das legendäre, bei Live-Auftritten stets unverzichtbare „Ace Of Spades“ sowie „Love Me Like A Reptile“, „Shoot You In The Back“, „Fast And Loose“ und natürlich „The Chase Is Better Than The Catch“ sind definitiv zu nennen. Nicht zuletzt überzeugt das Werk auch noch 40 Jahre später mit seinem ureigenen Charme, dem unverkennbaren MOTÖRHEAD-Sound und einer musikalischen Geschlossenheit, die jeden Song zu einem nahezu gleichwertigen Bestandteil der Platte macht.
2. JUDAS PRIEST – British Steel (1980)
Studioalbum Nummer sechs der britischen Metal-Urgesteine JUDAS PRIEST wurde – wohl auch im Fahrwasser der NWoBHM – zum gewaltigen Hit. „British Steel“ enthielt gefühlte 100 Zentner besten Schwermetalls und belegte in den britischen Charts einen formidablen vierten Platz.
Dröhnende Riffs, der ungehobelte Metal-Sound und (logo!) die vor Wiedererkennungswert strotzende Stimme Rob Halfords, des Mannes, der sich im Laufe seiner weiteren Karriere das Prädikat „Metal God“ redlich verdienen sollte. Zudem gab der 2018 verstorbene Schlagzeuger Dave Holland sein PRIEST-Debüt auf „British Steel“. Den Feinschliff erhielt das Album von Tom Allom, der einige namhafte Alben der NWoBHM produziert hatte.
„British Steel“ ist Heavy Metal mit Ewigkeitsgarantie
Mit einer Länge von knackigen 36 Minuten (neun Songs) ist das höchst einflussreiche Werk zwar recht übersichtlich bestückt, doch getreu dem Motto „in der Kürze liegt die Würze“ wurde auf „British Steel“ nicht eine Sekunde vergeudet. So reiht sich Klassiker an Klassiker: Der Metal-Fan, dem bei Titeln wie „Metal Gods“, „Breaking The Law“, „Living After Midnight“, „Rapid Fire“ oder der Hymne „United“ nicht das Herzchen aufgeht, muss wohl noch geboren werden.
Welchen Stellenwert „British Steel“ besaß, wird unter anderem am Beispiel der US-Band STEELER deutlich, die sich nach dem gleichnamigen Song von „British Steel“ benannte. Zudem trafen Titel und Cover-Artwork des Albums genau den Zeitgeist und die Attitüde einer heranwachsenden Generation von britischen Bands, die sich mit der NWoBHM identifizierte und sich von diesem Meilenstein des Heavy Metals inspirieren ließen.
Auch wenn JUDAS PRIEST nicht zu den direkten Mitbegründern zählten, war „British Steel“ dennoch unverzichtbar für die weitere Dynamik der NWoBHM.
1. IRON MAIDEN – The Number Of The Beast (1982)
Auch wenn die enthusiastische Aufbruchsstimmung der NWoBHM ihren Zenit schon leicht überschritten hatte, kroch am 22. März 1982 – also vor ziemlich genau 40 Jahren – ein wahrhaft teuflisches (und teuflisch gutes!) Werk aus den Abgründen der musikalischen Hölle empor. Es ist zu unterstellen, dass damals wohl noch niemand ahnte, welchen Stellenwert die Platte in der Metal-Szene und bei ganzen Folgegenerationen des metallschaffenden Gewerbes einnehmen würde. Nur von einem Klassiker oder einem Meilenstein zu sprechen wäre eine Beleidigung für diesen tonnenschweren Meteoriten, der heutzutage fast schon zur musikalischen Allgemeinbildung gehört.
Erneut von Producer-Legende Martin Birch feingeschliffen, katapultierte die „Number“ die NWoBHM-Vorreiter IRON MAIDEN endgültig an die Spitze der Szene, inklusive Platz eins der britischen Albumcharts. Ein Kunststück, das nie zuvor eine Heavy-Metal-Band vollbracht hatte.
Beispiellose Klassikerdichte und eine Luftschutzsirene als neuen Sänger
Vom musikalischen Standpunkt aus besteht die Stärke der Scheibe schlicht und ergreifend darin, dass man wohl nicht viele vergleichbare Alben finden wird, die mit einer derartigen Klassikerdichte ausgestattet sind: „Children Of The Damned“, „The Prisoner“, „22 Acacia Avenue“, „Run To The Hills“, „The Number Of The Beast“ und natürlich das schauerliche Monumentalwerk „Hallowed Be Thy Name“, das zweifellos einen Platz unter den besten und einflussreichsten Metal-Stücken, die je zu Papier gebracht wurden, innehat. Selbst der maßlos unterschätzte, reichlich punkige Opener „Invaders“ sowie das nicht minder unterbewertete „Gangland“ sind musikalisch erste Sahne. Aufgrund der limitierten Spielzeit der LP wurde „Total Eclipse“ zunächst außen vor gelassen; erst bei der Neuauflage des Albums im Jahr 1998 wurde dies korrigiert.
Eine weitere Attraktion der „Number“ bestand in der Personalie des neuen Sängers. Kurz nachdem Paul Di’Anno aufgrund von dessen Drogenproblemen entlassen worden war, holten die Jungfern den talentierten Bruce Dickinson von der Konkurrenzband SAMSON. Dickinson verfügte gesangstechnisch über ein wesentlich höheres Spektrum als Di’Anno, was ihm den Spitznamen „Air Raid Siren“ bescherte und ihn zum perfekten Sänger für „The Number Of The Beast“ und darüber hinaus machte.