Der Weg Einer Freiheit
Russland-Tourblog
Special
Teil 3
Nach dem Aufstehen kurz die Beine vertreten, ein paar Kleinigkeiten im Supermarkt neben dem Hostel gekauft und dann ging es auch schon weiter nach Arzamas, was nur 100 km von Nizhny Novgorod entfernt ist. Trotzdem benötigten wir für diese Strecke gute zwei Stunden, da die Straßen hier einfach nicht mehr als 70 km/h hergeben. Den Lastwagenfahrern scheinen die unzähligen Schlaglöcher aber nicht so viel auszumachen und so werden wir des Öfteren von russischen Monster-LKWs mit ihren 100 Sachen überholt. Nach der für diese Tour verhältnismäßig kurzen Fahrt kamen wir also am „Uran“ in Arzamas an und Jury parkte den Bus mitten auf der Kreuzung vor dem Club. Dmitry hatte uns schon vorgewarnt, dass es wohl die kleinste, engste und abgefuckteste Location der Tour sein wird, dass die Stadt aber über eine gute Szene verfügt und die Leute immer sehr dankbar sind, wenn ab und zu mal eine Band hier auftaucht. Der Konzertraum befand sich im ersten Stock eines kleinen runden Gebäudes und nebenan gab es einen russischen Tante-Emma-Laden inkl. Imbiss. Hinter dem Club empfingen uns vier Männer in Jogginganzug, die bei ca. fünf Grad und Sonnenschein Steaks grillten. Wir betraten den Club, die enge Treppe hoch und trafen auf den lokalen Techniker, der im Gegensatz zu dem in Nizhny Novgorod und Moskau nicht bekifft und grantig, sondern sehr nett und hilfsbereit war und sogar ein bisschen Englisch sprechen konnte.
Vor unserem Soundcheck gab es Suppe, Fleisch, Brot und frisch gegrilltes Steak von den netten Herren und es fanden sich schon die ersten Gäste ein, die sich Bier aus 2-Liter-Plastikflaschen mitgebracht haben und schon munter am Trinken waren. Während der ersten Band gab es bereits den einen oder anderen Wodka und Cognac für uns, den man hier in Verbindung mit Fisch, Kraut oder Birnen trinkt, damit der Alkohol nicht so brennt. Funktioniert sogar, nur stinkt man danach halt nach Fisch, schade. Zum Glück gab es weder saubere Toiletten, geschweige denn Duschen und nur ein versifftes Waschbecken mit eiskaltem Wasser. Trotzdem war uns dieser Ort und die Leute sofort sympathisch, wir wurden sehr herzlich empfangen und jeder hatte seinen Spaß. Im ca. fünf Quadratmeter großen Backstageraum fanden sich allerlei Utensilien, wie eine Schweißerbrille, ein Plastikmaschinengewehr, Gasmasken usw., die sich nach und nach unter die immer betrunkener werdenden Leute mischten. Es bot sich uns kurz vor unserem Auftritt ein sehr amüsantes Bild aus Bier und Wodka trinkenden Menschen von 14 bis schätzungsweise 60 Jahren, die Stimmung war schon fast am Überkochen. Nach einem kurzen Umbau bestiegen wir also die Bühne bzw. den kleinen Absatz am Raumende und ich startete das Intro. Was dann passierte, ist schwer in Worte zu fassen, aber ich denke das Bild sagt alles, haha!
Als Giuli beim letzten Song „Zeichen“ sein Hemd ins Publikum pfefferte und nun Oberkörperfrei und mit Schweißerbrille auf dem Kopf seinen Bass bediente, war alles zu spät. Das Maschinengewehr hat man mir um den Mikroständer gehängt und so spielten wir nach einer guten Stunde den letzten Ton an diesem Abend. Wir wurden sofort runter an die Bar gezerrt, wo es wieder weiter ging mit Wodka, Cognac und Fisch. Selbst die Barfrauen, die den gesamten Ausschank vorher noch im Laden nebenan eingekauft hatten, waren am Trinken und so ließen wir eines der verrücktesten und lustigsten Konzerte ordentlich ausklingen. Da aber gute zwölf Stunden Fahrt nach Tolyatti vor uns lagen, mussten wir es leider schon bald packen, beluden unseren Bus und Jury fuhr uns sicher durch die Nacht. Bei den russischen Straßen- und Alkoholverhältnissen wirklich nicht einfach, aber der Mann zieht das neben seiner Bassisten-Position bei Drauggard absolut diszipliniert durch und hat dafür unseren vollen Respekt! Wann ich eingeschlafen bin, weiß ich gar nicht mehr, nur dass ich mit einem nicht unerheblichen Kater wieder aufgewacht bin und der ganze Bus nach Fisch stank. Alles in allem war dieser Abend ein absolutes Highlight!
Text: Nikita (Gesang, Gitarre)
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Stile | Black Metal |
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Schöner Tourbericht bisher! Sehr interessant ist der Hunger der Fans nach der Musik. Hier ist man ja leider zu häufig allzu satt und kann nur noch schwer die Leidenschaft empfinden, die einen irgendwann mal zu dieser Musik gebracht hat – bin gespannt was es noch zu erzählen gibt.
Was für eine Tour!! Wann kommt der Film zur Tour in die Kinos??
Aber im Ernst: Super Bericht zu einem super spannenden Projekt. Wir brauchen mehr Pioniere wie euch, die mit ihrer schwarzen Kunst Basisarbeit leisten. Und der Wodka als Lohn sei euch gegönnt!
Haut rein, weiter so!
Danke für den super-interessanten und kurzweiligen Tourbericht. Ich musste schon ab und zu schmunzeln.