Der erste Schuss
Mit welchen Bands hat alles angefangen?
Special
Nadine Schmidt – Cradle Of Filth
Erster Schuss?:
Auslöser war der Song „Unbridled At Dusk„ vom 1993er Demo „Total Fucking Darkness„. Nachdem ich diesen Song bei einem Freund gehört hatte, bat ich ihn sofort mir die Musik auf eine bereits mehrfach überspielte MC zu kopieren. In diesem Alter war ich zwar alles andere, als „ungezügelt in der Abenddämmerung…“ sondern eher „ready for bed in der Abenddämmerung“, aber trotzdem umgehend fasziniert. Die miese Aufnahme und der unterirdische Demo-Sound hielten mich nicht davon ab, die knappen 25 Minuten immer und immer wieder zu hören. Rückblickend gesehen war der Keyboard-Einsatz unfassbar schlecht, besonders im Vergleich zu den bombastischen Arrangements, die die Briten heute auffahren. Aber der Bruch zwischen Schreien und (in meinen Ohren damals) weichen, harmonischen Tönen, nahm mich sofort gefangen. Der Gesang war hölzern auf böse und düster getrimmt und klang so dumpf, als würde man CRADLE OF FILTH heute vor und nicht im Konzertsaal hören. Als dann das erste vollwertige Album kam, gab es kein Halten mehr! „The Principle of Evil Made Flesh„ ließ mich zu kreativer Höchstform auflaufen – das Bandlogo wurde stundenlang akribisch abgezeichnet, wackelige Pentagramme auf jeden Fitzel Papier gekritzelt und mein Äußeres intensiv auf „dunkelschwarz„ getrimmt, wovon mein erwachsenes Umfeld natürlich hellauf begeistert waren. Mit den orchestralen Instrumentalstücken versuchte ich jeden von der Musik zu überzeugen, manches Mal sogar mit Erfolg bei Nicht-Metalfans. Nachdem die CD gefühlte fünftausend Mal gelaufen war, hatte ich Hunger auf mehr und der Weg für „For All Tid„ von DIMMU BORGIR und „Fear, Emptiness, Despair„ von NAPALM DEATH (das Cover war ansprechend, geschrien wurde auch und Genre-Zickereien gab es damals noch nicht…)war geebnet. Von da an führt eines zum anderen und die Leidenschaft zu Metal lässt mich bis heute nicht los.
Was hat dich an der Band fasziniert?
Eigentlich war es gar nicht so sehr die Optik, da diese mir beim Kontakt mit dem Demo „Total Fucking Darkness“ und ohne Internet auch noch nicht wirklich geläufig war, sondern tatsächlich die Musik. Bis heute ist es bemerkenswert welche verwinkelten Songstrukturen die Briten erschaffen, wie die Stücke ganz anders enden als sie begannen und wie Dani Filth es geschafft hat, dieses permanente, hohe Gekreische salonfähig zu machen. Ja – auch Rob Halford singt enorm hoch, doch im Vergleich mit Dani Filth ist dies schon fast als Bariton zu bezeichnen. Noch dazu war mir bis dato keine derart atmosphärische Musik untergekommmen und dies, obwohl ich in einem musikalisch überragend gut ausgestatteten Haushalt aufgewachsen bin. PINK FLOYD (das Blinken der Platte „Pulse„ verfolgt mich bis heute), IRON MAIDEN, SCORPIONS und DIRE STRAITS hätten mir ebenso den Weg gen Metal weisen können. Aber es waren CRADLE OF FILTH, die meinen Ehrgeiz zur Eroberung kitzelten und den Hörer bis heute keine musikalischen Happen für „im Vorbeigehen„ bieten, sondern Zeit und Aufmerksamkeit fordern. Für Fans, die später zu CRADLE OF FILTH gestoßen sind, dürfte auch das ständige Kokettieren mit Sexualität ein Anreiz gewesen sein. Barbusige, verblutete Frauen und diverse Stöhnanfälle als Intro, Outro oder auch einfach mal mitten im Song – sowas hat auf Pubertierende schon seinen Reiz und stimuliert Auge, Ohr und….na ja, andere Dinge eben auch noch.
Kann man die Band heute noch hören?
Es gab Zeiten, da war ich der Meinung, dass CRADLE OF FILTH nicht mehr der Rede wert sind. Glücklicherweise sind diese überwunden, das Durchhaltevermögen der Band ist unglaublich. Bei der Band von einem Must-know im Metalbereich zu sprechen, ist keinen Hauch übertrieben und, dass die Briten einen einzigartigen Sound haben, dürfte ebenfalls unbestritten sein. Wenn ich heute die alten Songs höre oder die alten DVDs schaue, bin ich stellenweise sogar überrascht wie gut das Songwriting schon im Anfangsstadium war. Über manchen Dani-Schrei muss ich natürlich mittlerweile herzhaft lachen, aber schämen muss man sich für CRADLE OF FILTH sicherlich nicht und bei der Wahl meiner ersten E-Gitarre, war von Anfang an intuitiv klar, dass es die PRS von Paul Allender sein muss (lila und nicht im hässlichen aktuellen „Ghost Burst„-Style!). Die Briten scheinen auch einigermaßen stolz zu sein auf ihren erfolgreichen Extreme-Metal-Export, kommt die Band doch sogar in einer meiner Lieblingsserien, der IT-Crowd, vor. Vor kurzem durfte die Band sogar expemplarisch für das Böse in der Lindenstraße stehen… Das Schaffen von CRADLE OF FILTH habe ich immer verfolgt und versuche weiterhin, so nah wie möglich an der Band dranzubleiben. Und kurz vor der Fertigstellung dieses Specials, kam auch noch die freudige Nachricht rein: Besagtes „Total Fucking Darkness-Demo“ wird wiederveröffentlich, wenn das mal kein Omen ist!
Und – ja, zugegeben – die Promo-Bilder zu „The Manticore And Other Horrors“ war schon eher so…man könnte sagen…wenn man es jetzt ganz krass ausdrücken würden…Muahahahaaaa, voll peinlich und ich habe Tränen gelacht, als ich es zum ersten Mal gesehen habe! Dani, weiß-blond ist definitiv nicht deine Farbe…
Welchen Song der Band würdest du Metal-Rookies für den Einstieg empfehlen?
Meine Initialzündung „Unbridled At Dusk„ wäre nicht mehr die erste Wahl, zumal die Band ja mittlerweile eine umfangreiche Diskografie vorweisen kann. „The Forest Whispers My Name„ ist ein Lied, das eigentliche alle auf Anhieb gut finden und zur Vorführung der Stärken von CRADLE OF FILTH gut geeignet ist. Noch dazu gibt es davon zwei Album-Versionen, nämlich auf „„The Principle of Evil Made Flesh„ und „Vempire„.
Persönliche Anekdote
Wegen eines CRADLE OF FILTH-Konzert habe ich im Vorraum /EC-Kartenbereich einer Sparkassen-Filiale übernachtet. Da wir uns keine Unterkunft leisten konnten, wurde die erste EC-Karte also bis auf‚s Maximum ausgenutzt. Neben der kostenlosen Übernachtung gab es einen Piepton für mehrere Tage, die ersten Nackenschmerzen vom Bangen und einige Spritzer Kunstblut auf den Klamotten.
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