Dead Alone
Die Songs von "Ad Infinitum": Ein Track-by-Track-Gespräch mit Sänger und Bassist Florian und Gitarrist Fred

Special

 

Dead Alone

„Downwards“

Gut, da hätten wir dann schon wieder einen Kontrast, denn „Downwards“ beginnt ja mit einem leicht disharmonischen Gitarrenspiel.

Florian: Ja, genau.

Der Song ist auch insgesamt sehr düster-melodisch, aber auch emotional, obwohl wir wieder einen relativ eingängigen Midtempo-Groover haben.

Florian: Düster, emotional, ja, das ist er, und auch bitterböse. Und wir haben grandiose Gastvocals von Mick von DESTINITY spendiert bekommen. Beim ersten Verse, beim ersten Chorus, … also, querbeet ist er dabei. Ich weiß es gar nicht mehr, haha. Man muss dazusagen, irgendwann haben wir gemerkt, ach, Mensch, so unterschiedlich sind unsere Stimmen ja doch nicht, Scheiße, haha.

Fred: Liegt vielleicht aber auch daran, dass er sich schon auch an Flos Art und Weise zu singen angepasst hat.

Florian: Geile Band übrigens. Nette Jungs. Richtig gut drauf.

Fred: Und vertragen trotzdem einiges, haha.

Okay, jetzt müsst ihr auch die dazugehörigen Geschichten raushauen …

Fred [zögerlich]: Ähm … nein, haha.

Florian: Einfach das Tourvideo aus dem letzten Jahr anschauen, das sagt alles …
Also, sie haben hier ja letztes Jahr mal auf dem Dark Side Of Munich mitgespielt und kurz vorher hatte ich sie schon in Stuttgart kennengelernt. Und naja, vor der Show habe ich ihn einfach mal angesprochen, wie’s denn mit Vocals aussähe und er meinte gleich: „Ja, klar, sofort, mache ich gern.“ So hat sich dann relativ schnell ergeben, dass er’s machen wird, und der Song war dann eigentlich auch gleich klar, weil das der ist, der am besten zu dem passt, was DESTINITY machen. Also, bei einem Song wie „Prayer“ hätt’s nicht funktioniert.

Dann hatte ich mir noch aufgeschrieben, dass man den Song vielleicht als … oh Gott, das klingt jetzt super negativ, ist aber nicht so gemeint, als den unauffälligsten Song auf der Platte bezeichnen könnte. Dadurch, dass eben sehr viel darin als „typischer“ Midtempo-Groove gespielt ist.

Fred: Dadurch vielleicht ja. Ich finde, dass der Song am Anfang eigentlich noch relativ schnell ist, dann aber erst in dieses Midtempo mehr oder weniger abdriftet. Aber dass er am unauffälligsten ist, macht ihn vielleicht schon wieder am auffälligsten.

Ja, könnte man vielleicht so sagen.

Fred: Ich persönlich finde ihn aber weniger auffällig, spielerisch eher mit am interessantesten. Dadurch, dass der Song am Anfang für unsere Verhältnisse recht schnell gespielt ist, haben wir uns spielerisch schon gut reinhängen müssen, dass der auch passt. Speziell an den Seiten, also Martin und ich, haben wir viel daran gearbeitet.

Florian: Für mich ist es eigentlich der Song, der am längsten braucht, bis er endlich zündet. So ist es mir persönlich ergangen, schon während der ganzen Songwriting-Phase und auch im Studio, das hat ewig gedauert, bis ich den Song dringehabt habe. Da habe ich mit den Vocals ewig lang herumprobiert, was kann man da machen, wie kann man das und das machen, der hat da am meisten Zeit gefressen, weil ich mir damit ziemlich unsicher war. Vielleicht geht’s dir da ja ähnlich, dass er einfach noch ein bisschen braucht.

Gut, habe ihn ja jetzt auch nur einmal gehört …

Florian: Gib ihm 200 Durchläufe, vielleicht … haha.

Also, wie gesagt, ich habe das auch absolut nicht negativ gemeint. Vom Klangbild passt der sich einfach ins Album ein, sag ich mal so, er steht dazwischen und fällt mir persönlich nicht groß auf.

Fred: Ja, okay. Mag sein, dass es jetzt vielleicht bei diesen Songs so wirkt, aber vom Songmaterial … wenn wir den zum Beispiel zur Zeit der „Vitium“ geschrieben hätten, da wäre es dann fraglich, wie er wiederum da gewirkt hätte. Das ist immer so … vielleicht macht das schon einen Unterschied, ob man das Album als Ganzes hört oder die Songs einzeln, das wird mit Sicherheit auch einiges ausmachen.

Florian: Bei der nächsten Platte machen wir eine Dubstep-Version … die sticht dann raus.

[Allgemeines Gelächter.]

Fred: Das ist jetzt ziemlich witzig, da Martin und ich schon mal am Intro des Songs herumgespielt haben, kurz nachdem die „Vitium“ heraus war und letztlich war’s mit der letzte Song, der fertig wurde.

Florian: Ja, der Vorletzte.

Fred: Der Vorletzte, genau.

Und der letzte war … ?

Florian: „Silhouette Empire“.

Ah, gut. Top Übergang, kommen wir zu „Silhouette Empire“.

Dead Alone

„Silhouette Empire“

Ja, wenn „Downwards“ für mich der unauffälligste Song war, wäre „Silhouette Empire“ eigentlich der auffälligste auf dem Album. Mit einem sehr ruhigen Beginn, wieder einem untypischen Solo, insgesamt ein sehr epischer Song, der dann im Mittelteil – vielleicht hasst ihr mich, wenn ich das sage, aber ich hab’s mir so aufgeschrieben, weil’s für mich danach klang – ja, der wird dann im Mittelteil ziemlich AMON-AMARTH-alike.

Fred: Ja, definitiv. Wenn auch ungewollt …

Florian [der sich bei Freds Versuch zu reden halb totgelacht hat]: Total geil, dass du das sagst, da muss ich dir zu 100 Prozent rechtgeben.

Fred: Ja, doch schon, gerade im längeren Solo, womit es dann auf’s Ende zugeht, da muss ich definitiv jedes Mal an AMON AMARTH denken, haha. Das ist ein ungewollter Effekt, aber es ist so. Der ganze Song ist eben auch, wie du schon sagst, sehr untypisch. Da habe ich recht viel mit Jazzakkorden gespielt – also mit zweien eigentlich nur, das war’s dann schon, haha – und Flo meinte dann, dass es vielleicht nicht schlecht wäre, wenn wir da noch etwas Emotionales mitreinbringen, so à la GHOST BRIGADE, woran wir uns durchaus auch orientiert haben.

Florian: Also, den hier würde ich fast als skandinavischsten Song von allen bezeichnen.

Fred: Ja, durchaus.

Florian: Also gerade auch von der Atmosphäre her.

Ja, denke ich auch, atmosphärisch ist er auf jeden Fall.

Florian: Dieser Song war auch … ja … also, das war schon so ’ne Geburt.

Fred: Das war wirklich eine schwere Geburt. Ich glaube aber, mit dem jetzigen Line-up ist es das experimentellste, was wir bisher abgezogen haben.

Florian: Und das ging Gott sei Dank nicht einmal in die Hose.

Nee. Also, mir hat dieser Song so beim ersten Mal definitiv schon sehr gut gefallen, ich könnte mir vorstellen, dass er sich mit zwei, drei Durchläufen auch noch ein bisschen mehr entfaltet. Sehr eigenständige Sache, die sich vom relativ ruhigen, melancholischen Beginn an immer weiter zuspitzt und dann sehr episch endet … an sich könnte man diesen Song also schon fast progressiv nennen.

Florian: Ja, das ist unser Frauensong.

Fred: Der Muschiknacker. [Wieder Gelächter.] Ob du das jetzt so übernimmst, ist deine Sache, haha.

Florian: „Downwards“ ist für die Männer, „Empire“ für die Frauen, haha. Oh, und der Chorus …

Fred: … der Chorus …

Florian: … der Chorus, wie ich ihn hasse.

Wieso?

Florian: Ach, da gibt’s noch so eine Anekdote aus dem Studio. „Silhouette Empire“ haben wir genau an dem Tag fertiggemacht, als wir die Promofotos für die neue Platte geschossen haben. Beziehungsweise, fertiggemacht haben wir ihn an dem Tag gar nicht …

Fred: Der Song hat dich fertiggemacht, haha.

Florian: Also, der Chorus, ich habe keine Ahnung, wie oft ich den eingesungen habe und der Basti, unser Produzent, nur dasaß und sagte: „Nochmal.“ – „Das geht intensiver.“ – „Nochmal.“ – „Das war gut, aber geht noch besser. Nochmal.“ Und so weiter und so fort. Das Ende vom Lied war dann, dass ich das Mikrophon vom Ständer abgebaut und nur in den Händen festgeklammert habe. Ich habe dann am Boden gelegen und habe diesen Song halt gebrüllt, mit Tränen in den Augen – und dann sind die Mädels gekommen, um mich zum Photoshooting abzuholen und haben sich bepisst vor Lachen, wie ich da am Boden gelegen und geschrien und mir die Seele aus dem Leib gekotzt habe, haha. Ich war danach so fertig, ich hab nicht einmal mehr eine Zigarette geraucht. Ja, also, der Song hat mich richtig gefickt. Schlimmer als alles anderen.

Aber: Sehr emotionaler Song, also das Ergebnis …

Fred: Flo, das musst du dann ab jetzt immer so machen, haha. Nee, emotional ist das definitiv.

Florian: Der Song hat übrigens auch das beste Solo auf der Platte.

Fred: Unserer Meinung nach. Also, zumindest hat er das ausschweifendste, sagen wir’s mal so, haha. Ob es das beste ist, muss jeder, der die Platte hört, für sich selbst entscheiden. Aber eben sehr ausschweifend.

Aber auch das passt ja zum Song, der auch insgesamt sehr ausschweifend und dabei schön rund ist.

Dead Alone

„A Dying Sun“

Joa, dann würde ich zu „A Dying Sun“ kommen wollen.

Florian: Ja …

Ja? Haha …

Florian: Haha, wir waren vorhin in Stockholm, jetzt sind wir in Göteborg.

Ja, könnte man wohl so sagen … joa, sehr melodisch, auch wenn er eher Death-Metal-klassisch beginnt, würde ich sagen. In der ersten Halbzeit trotzdem insgesamt sehr melodisch, später stampft er dann eher … also, im Grunde ein „Nackenbrecher“, habe ich mir aufgeschrieben.

Florian: Hmh.

Aber ja, erzählt mal, Göteborg? Haha.

Florian: Also, ich würde ihn als den ersten vom Göteborg Death Metal beeinflussten Song bezeichnen, den wir bisher generell geschrieben haben. Also, er enthält schon sehr, sehr viele Anspielungen an die alten IN FLAMES, DARK TRANQUILLITY und so weiter. Wenn ich ihn mir anhöre, muss ich auf jeden Fall oft an Schweden denken.

Gut, wenn ich mir hier so dein CD-Regal angucke, ist das ja auch durchaus vertreten …

Florian: Ja, ich habe bei dem Song aber gar nichts mit dem Schreiben zu tun gehabt. Das war ein Alleingang von Martin, den Song hat er zu 80 bis 90 Prozent fertiggemacht. War auch ziemlich lustig, als wir uns angehört haben, was dabei herausgekommen ist. Er sagte, er hätte einen neuen Song – und gut, klingt geil, nehmen wir, haha. Das Lead im Chorus hat uns ziemlich überzeugt.

Fred: Ja, das auf jeden Fall. Ziemlich geiler Lead, den er da gebastelt hat. Hat er schön gemacht.

Ja, ich würde auch sagen, er ist definitiv aus Göteborg beeinflusst worden. Also, ich habe mir nur „schwedisch“ aufgeschrieben, aber ja … wenn „The Way Of The Damned“ Stockholm war, ist „A Dying Sun“ der Göteborg-Song, würde ich auch so sagen. Sonst habe ich mir dazu gar nicht viel aufgeschrieben. Also, ist ein schöner, runder Song, sticht halt durch seine vielen Melodien ein bisschen raus. Was ich an dem Song besonders geil fand, war eben dieser stampfende Nackenbrecher-Part.

Florian: Am Schluss, dieser dr-dr-dr …

Genau.

Florian: Ja, das bringt einen schönen Kontrast in den Rest des Songs, damit bricht er nochmal so ein bisschen aus. Gerade auch zu den Lyrics sehr passend, wo es um Alkoholsucht geht. Zum Schluss wird es damit eben nochmal richtig stampfend-boshaft. Das passte schon.

Joa … dann würde ich mal zu „Pilgrim“ übergehen.

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20.09.2012

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