Dark Suns
European Tour 2005 (Tourtagebuch) - Teil 2
Special
European Tour 2005 (Tourtagebuch) – Teil 2
7) Day Off – Montag, 25.04.
Hier nur einige Stichpunkte: 12.00 Uhr Aufwachen; Finanzcheck nach Morgentoilette; Crèparie-Besuch Paris; Postkarten schreiben; Filme, Kassetten und Stativ gekauft; Nachmittags: Abfahrt Richtung Schweiz; unhöfliches Grenzpersonal (obwohl wir nicht gefilzt wurden); Ankunft vorm Club: 2.00 Uhr; Nudelkochaction; später hatten alle seltsame Träume
8) Pratteln (CH) / Z7 – Dienstag, 26.04.
Die heutigen Begebenheiten möchte ich gern in Stichpunkten festhalten:
11.00 Uhr: erschwertes Bergjogging der Läufer unter uns; Torte, Jan und ich räumen den Bus etwas auf; unser Labelchef Martin Koller ruft an und erkundigt sich nach der allg. Lage; gemütliches Einräumen gegen 13.00 Uhr; riesiger Club für etwa 1300 Leute; Festnetztelefon und Internet zur freien Verfügung vorhanden; Waschmaschine zum Klamotten reinigen; grandioser Cateringflur liebevoll zubereiteter Leckereien; freundliche, doch schüchterne Küchenchefin; wir frühstücken und nutzen dann die Dusche; POS checken schon, während wir meine Drums im hinteren Bühnenbereich aufbauen; anschließend gibt’s eine Art Drumworkshop zwischen Johan L. und mir; gemeinsam grooven wir dann schließlich den anfänglichen Progbeat von „Deus Nova“ und plaudern unter Anderem über die schwierigsten Parts von „Rope Ends“, kniffligen Splashs und der Notwendigkeit häufigen Übens; Jan filmt die komplette Aufbauphase der POS-Crew, um dieses Material später im Zeitraffer darstellen zu können; problemloser DS Soundcheck folgt, sehr eingespielte hauseigene Bühnentechniker, denen wir genialen Stagesound verdanken, obwohl deren wortkarges und beinahe zombie-ähnliches Auftreten anderes erwarten ließ; überall hängen Veranstaltungsplakate, Fotokollagen vergangener Events und ’ne Menge Autogrammkarten; Daniel informiert sich telefonisch über das Angebot, bei einer 6-wöchigen US-Festivalstour mit Megadeth, Dream Theater und Fear Factory mitmachen zu können und erfragt genauere Optionen; respektvoll schluckend sitze ich daneben und skrolle aufgewühlt unsere Gästebucheinträge auf und ab; Maik überarbeitet einige Interviewsachen; Rob und Jan errichten Merch.Stand; 18.00 Uhr: das beste Abendessen der gesamten Tour passiert unsere hungrigen Mäuler; superleckerer Fisch, wahlweise Schnitzel mit Ei überbacken, Kartoffeln od. Reis, 4 Sorten Gemüse, verschiedene Soßen, als Nachtisch: Tiramisukompott; anschließend begrüßen wir zwei unserer Kumpels aus der Heimat, die heute auch hergefahren sind, was uns sehr freut;
20.30 Uhr: wir spielen eine tolle Show vor leider nur um die 250 Nasen, die in diesem Mega-Saal natürlich recht putzig wirken, na ja egal; ich freue mich, wieder deutsch kommunizieren zu können; nach dem Gig ärgere ich mich etwas über den zwar recht progressiv getarnten, doch echt deutlichen Doppelfußpatzer zum Ende von „Patterns Of…“; doch die anderen Sonnen sind zufrieden; POS spielen ihr klasse 90min Set, heute jedoch mit vielleicht nur 80 prozentigem Spielwitz und ohne der detail-emotionalen 120%-Hingabe der Vortage, was der eher katatonisch veranlagten „Menge“ dennoch einige Beifallsstürme entlockt; nach „Dea Pecuniae“, bei dem Mr. Money heute sein Hemd verkehrtherum anhat und nach den bewährten Zugaben pilgert das Schweizer Publikum dann zum Verkaufsstand am anderen Ende der heute viel zu leeren Halle; dabei beobachten wir einen japan.Fan, der seine soeben käuflich erworbene BE-DVD plötzlich zu Rob zurückgibt, sein Geld einstreicht und anschließend, von genau diesem Geld unsere „Existence“ kauft; 😉 eine echt witzige Beobachtung; auf einem weiteren Plakat entdecken wir, dass Ivonne Catterfield morgen hier spielt; eine begeisterte Familie mit zwei kleinen Mädchen schwelgen noch immer vom DS Gig und bekommen natürlich unsere Unterschriften mit Widmung; danach erleben wir die ersten wahrhaften Aftershowmomente dieser Tour; oh Mann, was für ein cooler Abend; gemeinsam mit „de Paine“ wird dann also geplaudert, geflachst, getrunken und eine Unmenge an längst überfälligen Fragen (nicht nur unsererseits) losgelassen;
die zuvor weißgott respektvolle und sympathische, doch gegenseitig irgendwie begrenzt wirkende „Smalltalk-Kommunikation“ wird hier plötzlich ihres Distanzschleiers entraubt und entpuppt sich in absolut spaßiger Aura zu ungeahnter freundschaftlicher Herzlichkeit; so erfahren wir beispielsweise von der tödlichen Gefahr des Käses, der entwicklungsbedingten Dringlichkeit von Beavis und Butthead, der Begeisterung für Bud Spencer und Terence Hill sowie von den weit unterschätzten Konsumierungsgeflogenheiten Johans; jeder plaudert mit jedem: es geht um Sounds, POS Songparts, um die allegorische Bedeutung der Titel „Be“ und „Existence“, um Schweden, um Lebensgestaltung allg., um Organisationstalent, Spieltechnik und Sahnepudding, um panikmachende Italiener, denen schonmal ein Lichtmast entglitt, um Essgewohnheiten und um den bisherigen Tourverlauf ansich; alles sehr lockere Gespräche, die im Einklang mit der allgegenwärtigen Prise Komik und Heiterkeit im Catering-Flur ihre unbeschreibliche Herzlichkeit erhielten; Chris und Kristoffer bewerfen Daniel mit Nüssen, da dieser scherzhaft über Bassisten herzieht; Alfred, Rob und Dr.Deepfuck gesellen sich hinzu; der zu Beginn prall gefüllte Getränkekühlschrank verändert sein Inneres zusehens; irgendwie sind alle am feiern; Rasta-Vati Johan H. betont nochmals den Grund unseres Dabeiseins auf dieser Tour: „Wir wollten euch weil…, ihr ward die beste und interessanteste Anfrage; so einfach!“; da will man ja fast abheben vor Freude und glaubt, immer noch in diesem Traum festzuhängen; doch alles passiert wirklich und jetzt; so zum Beispiel auch die Ansage der POS Jungs, uns beim diesjährigen ProgPower Festival in Belgien vorschlagen zu wollen, wo sie selber Headliner sind; oh super, das wäre ja der Hammer; mal schaun was da geht!;
zum Glück haben wir einige dieser Momente auf Video; und das für immer! ich schalte die Kamera aus, da der Akku streikt. Danke für diesen unerwartet geilen, nächtlichen Ausklang bei Bier, Top-Essen und Pain Of Salvation 😉 Bis bald, Pratteln! Mailand, wir kommen!!!
9) Mailand (I) / Rainbow – Mittwoch, 27.04.
Autor: Teddy Taste
Die Ruhe sollte nicht lange währen. Gegen 9.00 Uhr setzte Berlusconi seine Policia-Schergen
auf uns ab, um uns zu verscheuchen. In einem wirren Sprachmix, in dem wohl alle linguistischen Zweige der Weltsprachen durchexerziert worden sind, nur nicht die uns verständlichen, machte die Policia uns klar, dass wir nicht auf einem Busbahnhof parken dürften. Torte durfte (musste) „Fuchur“ ca. 500m weiterfahren, um ihn direkt hinter dem POS-Bus ins Parkverbot zu stellen. Im wachsamen Halbschlaf dämmerten wir dann langhin, um das Startsignal zu erwarten. 12.00Uhr war es soweit, wir setzten unseren Tross in Bewegung, um zum 2 Blocks entfernten Club „Rolling Stone“ zu tuckern. Aus dem 5min-Weg wurden mal eben ein Chaos-ritt von ca. 45 Minuten durch Mailand. Die Städte-planer von Mailand meinen wohl, dass das verwinkelte System von Einbahnstraßen gespickt mit Straßenmärkten und falsch parkenden Fiats dem entspannten Verkehrsfluss zuträglich sei; da liegen sie sicherlich daneben. Nun gut, angesteckt von der wuseligen Atmosphäre Mailands erreichten wir unseren Club. Wir parkten sportliche 300 m entfernt vom Eingang und schauten uns den Club erstmal an.
Unsere Erwartungen an den Italien-Gig waren sowieso gesteigert. Erstens durch die
(noch unbestätigte) Annahme, wir hätten Fans in Italien, zweitens durch die Meldung, das wegen der großen Kartennachfrage das Konzert vom „Rainbow-Club“ in den wesentlich größeren „Rolling Stone“ umverlegt wurde. Wir waren also hoffnungsvoll gespannt.
Der Club war wirklich ziemlich groß, die Bühne riesig, das FOH-Pult digital (Yamaha DM2000) und die Catering-Frau indianisch. Doch bevor wir uns wirklich auf das Catering (bzw. die dazugehörige Frau) stürzen konnten, hieß es natürlich ersteinmal Equigment schleppen (besagte 300m!!!). Während der Ausräum-action gab’s nun auch den ersten Fan-kontakt: 3 verrückte Italiener laberten vorm Club erstmal Kristoffer G. an und kamen dann auf eine Geste seinerseits zu Maik und mir gesprintet. „Are you from Dark Suns?“ – „ähh, yes we are“. Da hatten diese Freaks wahrhaftig seit Mittag vorm Club gewartet, um ein Photo mit uns (und eben nicht mit POS) zu schießen, – feels good to be famous.
Die nächsten Stunden vergingen in geübter Langeweile; Duschen, Ciabatta-Brot mampfen und Aufbauen (Niko bekam zum ersten Mal auf Tour ein Drumpodest), mehr war nicht zu tun. Soundcheck lief von 18-19 Uhr. Unser Gig sollte 20 Uhr starten, also nutzten wir die verbleibende Stunde um das „Doors-open“ von unserer Empore mitzuerleben. Und ja, die Italiener haben wirklich einen Schuss. Die kamen hereingestürmt, als wär’s eine Weltmeisterschaft im Sprint. Wir schüttelten kollektiv unsere Köpfe, instruierten ein Mitlied der Club-Crew (zahnloser Charles Bronson – Typ), wie er unsere DV-Cam zu bedienen hätte und schlichen bei den ersten Klängen unseres Intros und einem fanatischen Willkommens-applaus von ca. 800 Besuchern auf die Bühne.
Was soll ich sagen, Sound gut, Bühnen-Sound fett, ordentliche Lichtshow und vor der Bühne
Dark Suns Fans aus Fleisch und Blut, die uns frenetisch feiern. Bei Patterns of Oblivion gab uns sogar Gildenlöw jun. die Ehre und bängte sich auf der VIP-Empore das Basser-Hirn aus dem Schädel. Nun, es war eine coole Show mit überragender Resonanz.
POS brachten den Club dann richtig zum Kochen und kitzelten das letzte Dezibel Lautstärke aus der Masse heraus. 116 dB, wie in Paris, wurden von Alfred gemessen, und da ja 100 Leute weniger da waren… And the winner is.: Mailand. Wir gingen derweil in einer schicken Pizzeria unser Warm-Catering einnehmen, während Jan unseren Merch-Stand bewachte. Gesättigt und angetrunken fanden wir uns kurz vor Ende der POS-Show wieder am Merch-stand ein, um – unwissend, was kommen wird – auf den Besucher-Strom zu warten.
Und was kam, war Chaos vom feinsten. Die Italiener (ich vermute, sie waren alle vollgekokst)
rannten uns fast unseren Merchstand ein, wollten Autogramme auf jede Art von Untergrund
(geknorkeltes Krepppapier, irgendwo abgerissene Papierschnitzel, Eintrittskarten usw.), ließen sich mit uns photographieren und versuchten zwischendurch, unser Zeug zu kaufen, was natürlich wieder bei Jan hängen blieb. Das komplette Chaos wurde noch durch eine miese Security angeheizt, welche durch Rumgebrülle der Menge zu verstehen gab, sie möge doch aus dem Club verschwinden, sonst gibt’s Dresche; echt miese Typen!
Nachdem unsere Beweihräucherung nun mehr oder weniger gewaltsam abgebrochen wurde, durften wir uns dem Einräumen „Fuchurs“ widmen. Mit Hilfe der mittlerweile durch unser Backstage-Bier völlig betrunkenen Haus-Crew und einigen hilfsbereiten Fans gelang dies überraschender Weise auch ohne Verlust von Equipment. Vor dem Club galt es dann zum Abschluss noch mal ein paar Autogramme zu verteilen und auf Fan-Polaroid gebannt zu werden. Bei dieser Gelegenheit wurden Chris und Torte auch gleich noch entjungfert; Ein rotbärtiger Dark Suns-Fan küsste sie, bevor sie sich wehren konnten. Feels good to be famous? Hat auch seine Schattenseiten.
1 Uhr war Abfahrt (Torte musste ans Steuer) und wir werteten diesen Wahnsinns-Abend während der Fahrt zur Nachtruhe (irgendwo bei Valencia) gemütlich aus. Nun denn, Gute Nacht!
10) Day Off – Donnerstag, 28.04.
Unser letzter „Frei-Tag“ ist anfangs geprägt von der hitzigen Mentalität der Italiener. Um 5 Uhr in der Früh werden wir abrupt aus unseren Rockstarträumen gerissen, als ein verrückter Rastplatzrestaurantangestellter sich von unserem „Fuchur“ genötigt fühlt, da er böswillig eine abgesenkte Bordsteinkante blockiert, die den Weg zum so geliebten Einzelparkplatz auf dem sonst völlig leeren Parkplatzbereich um uns herum ebnet. Wir, noch vollkommen benebelt, checken das nicht gleich und wollen aus Angst vor weiteren Verbalattacken (von denen wir natürlich kein einziges Wort verstehen) schon weiterfahren, was wir dann aber doch nur ein paar Meter tun und Herr Tortellini (politisch unkorrekt) ist zufrieden. Mittags ist dann das echte Aufstehen angesagt, immerhin haben wir noch ca. 800 km vor uns. Diese Strecke, am Steuer Torte und Jan, nervt nicht unbedingt durch die Weite, sondern viel mehr durch tausende Mautstellen; anhalten, Karte ziehen, fahren, anhalten, bezahlen, „can I have the bill, please?“, fahren, anhalten, Karte ziehen,… – nicht zu vergessen die Vignettenpflicht in Österreich und (viel) später Ungarn. Egal.
Im kurzen Zwischenstopp im Dreiländereck lassen wir noch mal das bisher Erlebte Revue passieren, Resultat: grenzwertiges Klarkommen! Wir beschließen ein gemeinsames gesundes Fast Food Abendbrot am nächsten goldenen M, soweit, so gut; Uhrzeit: ca. 18.00 Uhr. In den nächsten Stunden wird uns allen klar, dass wir sämtlichen Burgerketten dieser Welt verklagen werden, denn es gibt schlicht und ergreifend keine einzige Filiale dieser so wunderbaren Konzerne auf unserem kompletten Weg durch Österreich! Diese erschütternde Tatsache soll jedoch nicht die geilen visuellen Eindrücke – Berge überall (Alpen), Tunnel, Berge, Tunnel, Brücken überall. Hammer!!! – unserer Fahrt durch Mc Austria schmälern. Um Mitternacht etwa passieren wir die ungarische Grenze und unsere Gier nach etwas Essbarem wird schier unerträglich. Doch ca. 100 km vor Budapest hat Gott oder wer auch immer Gnade mit uns 6 Aposteln und schenkt uns endlich unser Abendmahl in gewünschter Form, welches wohl für alle 12 Jünger gereicht hätte – zwar mit schlechtem Eurokurs und miesem solchen an der Tankstelle zum (mal wieder) Vignettenerwerb; aber die Bäuche sind zufrieden und das hebt die Stimmung. Also Endspurt mit Maik und Bärtel als Chefdurchfrager – wir haben keine Ahnung, wo Schiff A-38 sein soll (okay: am Fluss!), der Routenplaner lässt genaue Erkenntnisse nicht zu. Irgendwie schaffen wir es nach nur 2 mal „Excuse me, we’re looking for…“ und finden Donau und fahren direkt am Ufer die Hauptstraße entlang, bis wir ein parkendes Schiff passieren mit fetter Aufschrift: A-38!! Sieht lustig aus und wir scherzen: …was? Auf dem Kutter sollen wir spielen? …“ Wir parken nicht weit davon, und kommen, jetzt schon von der Schönheit der Stadt begeistert, endlich zu etwas Schlaf. Gute Nacht um 5.30 Uhr!
11) Budapest (HU) / Schiff A-38 – Freitag, 29.04.
Was für eine Stadt!!! Als wir gegen Mittag unseren Van verlassen, ist in der geheimnisvollen, verträumten und riesig wirkenden Metropole das Leben längst in vollem Gange, Menschen überall! Wir machen einen kurzen Abstecher per pedes zum Schiff, der Red Car steht nun auch da und wir erkennen begeistert Frühstücksaktivitäten unserer Lieblingshauptband im Restaurant auf dem Oberdeck! Also „Fuchur“ schnell hinterm Nightliner geparkt (was unter Nichtberücksichtigung sämtlicher StVo-Gesetze auch flugs gelingt) und ran ans Buffet!! Echt krass: wir werden behandelt wie Könige, ein Hammer-Frühstück mit Kellnern, die, sobald irgendetwas zur Neige zu gehen droht, schon mit Nachschub bereit stehen. Das von außen eher Middleclass wirkende Schiff entpuppt sich als ziemlicher Edelkahn: ein echt nobles Restaurant, der Club unterdecks sieht echt schnucklig aus mit Riesenbar und Holzveredelung überall, Internet vor Ort für alle, Riesen-Backstagebereich und so weiter. Das wird fett heut Abend!!! Mit vollen Bäuchen geht das mittlerweile routinierte doch angenehme Aufbauen beider Bands los, wie immer „Cornflake Girl“ zum Anchecken der PA, Niko und Jan schrauben die Drums zusammen, die Gitarrenfraktion wechselt die Strippen und wir warten gemütlich den immer kürzer werdenden Soundcheck von Daniel & Co. ab. Heute Abend ist noch eine Band am Start, Wendigo. Ist wohl etwas lokales, aber bisher ist noch keiner da von den Leuten, also haben wir einen ausführlichen Soundcheck unsererseits und es wird wohl ein Spitzensound, denn der Raum hallt nicht und die Drums klingen noch geiler als bei den anderen Gigs. Jan und Maik verschwinden noch kurz Richtung Innenstadt und besorgen ein paar (tausend) Wechsel-Forint und neue Video-Tapes für die Kamera, heut wird noch mal mitgefilmt. Um 18.00 Uhr ist schon wieder Abendbrotzeit, wir haben seit Jahren nicht so gut gespeist, und wie selbstverständlich sitzen wir am Tisch mit Daniel, Fredrik und Espen (Guitartech) und erzählen über dies und das. Bärtel macht den folgenschweren Scherz und fragt Daniel, ob denn Niko nicht am morgigen letzten Tag in Krakow „Oblivion Ocean singen“ dürfte – nach kurzer Überlegung stimmt er zu!!!!! Aber das wäre wohl etwas zu viel des Guten und Niko (der Angsthase ? Anmerkg. der Band) zieht mit schlotternden Knien den Wunsch zurück. Doch irgendwie lenkt er dann das Gespräch doch noch mal auf Krakow, er könne sich vorstellen, die Drums zu „Undertow“ zu spielen!!! Daniel dreht sich kurz um zum Nachbartisch und quatscht kurz mit Schlagzeuger Johann, und meint dann zu Niko, grinsend:“ Eigentlich sind meine Leute dagegen, aber ich hab’s durchgesetzt!“ Niko kann nur noch lachen und spielt vermutlich in allen möglichen folgenden Augenblicken jede Sekunde das Lied gedanklich durch, spricht aber, wahrscheinlich etwas verunsichert durch den Scherz Daniels, kurze Zeit später noch mal mit Johann und fragt, ob es auch wirklich okay ist. Der bejaht dies und meint nur augenzwinkernd: „…hmm, maybe you also want to play ‚Rope Ends’ tomorrow?!“ Das ist wohl einer der schwersten Songs überhaupt auf “Remedy Lane” und Niko begnügt sich mit “Undertow” ?. Dann gibt’s noch ein Interview für uns mit irgendeinem serbischen Mag (sorry, Namen vergessen), Merchandise aufbauen und nun: Musik!!
Wendigo beginnen den Konzertabend mit ziemlich gutem Nevermore-artigen Groove-Metal, und die sehr zahlreichen Leute gehen gut mit, der „Saal“ ist heut wieder absolut voll mit 600 Gästen und die Leute sind in bester Stimmung! Nach schnellstem Umbau (danke Wendigo für die Hilfe!) startet „Zero“ und wir betreten voll motiviert die aufgrund tiefer Beleuchtung brütendheiße Bühne und spielen wieder unser C-Set – Hammerstimmung!!! Zwar ein paar Fuck-Ups, die niemand merkt, aber wir bemerken gleich die völlig andere Mentalität des Ostblocks an sich: nicht so wild hysterisch wie die Italiener, lockerer als die Deutschen, eine ganz andere Art von Partylaune, schwer zu beschreiben…einfach ansteckend! Wir gehen nach einem geilen abschließenden „Patterns of Oblivion“ und lustigem Versprecher Nikos – „..it was an honour for you!“ – glücklich verschwitzt von der Bühne. Torte ist zwar anfangs etwas mies drauf, weil er so sehr von einem Scheinwerfer mit Helligkeit vergewaltigt wurde, dass er einfach nichts (Floorboard, Griffbrett, Bandkollegen) mehr gesehen hat und seiner Meinung nach ein paar Schnitzer zuviel hatte, aber wir überzeugen ihn davon, dass dem nicht so war – es ist schon seltsam, wie unterschiedlich die persönlichen Meinungen eines Gigs auseinanderdriften können, hatten wir doch verschiedene Situationen auf Tour, in denen dies der Fall war – guter Bühnensound, angenehmes Licht, die Leute, welche direkt vor dir stehen, Applaus und so weiter… das alles wirkt mit Sicherheit zusammen und entscheidet gerade in den ersten Minuten über das Feeling auf der Bühne.
Wir verdrücken uns in den Maschineraum, der mit Bar ausgestattet einen echt krassen Backstagebereich abgibt, der sich über den gesamten vorderen Bereich des Schiffes ausdehnt, und stoßen dann wie immer (wenn es doch für immer wäre! ?) zum Jan an den Merchandise-Stand. POS, was soll man sagen? Tolle Show, geile Stimmung, das übliche…*g* Niko filmt dann noch den Zugabenblock vom Backstagebereich aus inklusive „Undertow“, zum Üben… Heute lassen sich alle viel Zeit mit dem Abbauen und nach diversen bierhaltigen Getränken, sich-in-die-Jacken-Frau-verlieben (nur die, die’s dürfen ?), POS-Autogrammstunde direkt vor unserem „Fuchur“, quatschen mit ein paar Ungarn über Mucke bis zum Rausschmiss aus dem Barbereich und der leichten traurigen Gewissheit, dem Ende der Tour nun schon sehr nah zu sein geht es dann etwa 2.00 Uhr los mit Maik am Steuer und Niko als „Steuer-Berater“ (was für ein Wortspiel!) Es ist ziemlich knifflig, den richtigen Weg zu finden, wenn man den richtigen Weg nicht weiß und so irren wir Irren über eine Stunde durchs nächtliche Budapest und kommen doch noch zu unserem, wenn auch nun ungewollten, Sightseeing. Die vor uns liegende Strecke von knapp 400 km wird uns über 8 Stunden Fahrt, Bruderstreit wegen Müdigkeit und viel Sprit kosten, denn unser Weg nach Krakow führt uns gänzlich autobahnlos nach Norden durch die Slowakei, deren Infrastruktur – mild ausgedrückt – noch nicht ganz so toll ist und die Fahrt durch die Hohe Tatra (Außentemperatur bei Pinkelpause : 1°C!) mit unzähligen Serpentinen erschwert und das Herz „Fuchurs“ etwas strapaziert. POS brauchen, wie wir am nächsten Tag erfahren, 13 Stunden und André starke Nerven, aber wir erreichen dann gegen 10 Uhr bei schönstem Sonnenschein Krakow und ’ne halbe Stunde später auch den „Rotunda Club“ nach anfänglichem Falschfahren. Es lebe die Kommunikation, wer braucht schon einen Routenplaner *g* ?! Maik haut sich zum Pennen auf die Riesenwiese, Chris und Torte erkunden (später auch mit Bärtel) das Gelände und in uns erwacht jetzt schon große Trauer … … Finale!!!
12) Krakau (POL) / Rotunda – Samstag, 30.04.
…und da wären wir! Heute ist der letzte Tag einer – das wissen wir jetzt schon – fantastischen Tour mit fantastischen Menschen und dieser Samstag soll auch einen krönenden Abschluss bringen, aber bleiben wir vorerst chronologisch:
Da die letzte Nacht für Niko und Maik ziemlich gänzlich schlaflos von statten ging, übernehmen die anderen kumpel-like das Ausladen der Technik und auch das Aufbauen der Drums; danke, Leute! Der „Rotunda-Club“ liegt etwas außerhalb des Zentrums auf – so scheint es – einer Art Campusgelände. Ab und an marschiert ein Trupp junger Uniformierter beider Geschlechter vorüber; wahrscheinlich gibt es hier auch irgendwo ein Ausbildungscamp – um uns herum ist viel Grün und ganz in der Nähe laden Karussel, Bratapfel und Zuckerwatte zum Rummel ein. Lustig! Jedenfalls stoßen um etwa halb vier die verschlafenen Brüder hinzu. Der sehr schöne Club erinnert teils an einen Mehrzwecksaal mit Platz für ca. 600 Besucher, die heute Abend auch vertreten sein werden. Wir checken den zwar kleinen aber angenehmen Backstagebereich und erwecken unsere wichtigsten Körperfunktionen mit Kaffee und Cola zum Leben. In den ersten Stunden wirken auch POS und Crew etwas lethargisch, wahrscheinlich (und wahrhaftig) drückt das nahe Ende bei jedem von uns etwas die Stimmung. Wir bekommen wieder genug Zeit und können in Ruhe unser Programm durchziehen, also auf ein Letztes:“… Niko, Basedrum bitte…“ Matt richtet zum letzten Mal diverse Scheinwerfer neu und testet die Scanner, POS sind hier und da und Espen ist heut irgendwie seltsam präsent bei unserem Souncheck,…egal. Kurz vorm „Doors Open“ (das ist kein Tribute-Konzert für Jim Morrison & Co. *g*) lassen wir von der gesamten Crew und POS diverse Plakate signieren, zum Angeben und Verschenken in der Heimat, was auch alle gern tun und erste Sentimentalitätsanflüge besetzen zwischenzeitlich unsere Köpfe, aber die nahe Show erfüllt uns mehr und mehr mit Lust zum Rocken und Noch-mal-alles-geben! Wir verschwinden backstage und als wir unser Hand-Ritual zu den ersten Klängen „Zero’s“ vollziehen, sind auf einmal auch Kristoffer und Espen mit in der Runde, klatschen mit ab und wünschen uns ’ne feine Show, denn der Club hat sich innerhalb weniger Minuten bis in die letzten Reihen gefüllt – gute Voraussetzungen für emotionale 45 Minuten ?! Dass ihre Anwesenheit mehr Schadenfreude war, bemerken wir, als wir die Bühne betreten: Als Maik seine Gitarre nehmen will, hat er plötzlich Tortes in der Hand – kurze Panik, verbunden mit liebbösartigen Gedanken wie „..aha, Ihr Schweine!!…“ , aber das Tauschen ist schnell erledigt. Wir checken nochmal schnell Ampsound und Tuning, wer weiß, was sich die liebe POS-Crew noch so ausgedacht hat, um die Vorband wie (aha!) üblich beim letzten Gig ein wenig zu ärgern, finden aber glücklicherweise nichts. Doch ein Blick zu Niko verrät uns, was noch so alles eingebaut wurde: Niko, Platz genommen am Kit, greift seine Sticks und – was??? Hält ein paar eiserne Knüppel in der Hand, hihi :-0 !!! Okay, nehmen wir halt die Ersatzsticks von der Basedrum – schade nur, dass diese vorn und hinten zusammengeklebt sind!!! In Windeseile und laufendem Intro (noch 30 Sekunden etwa…!!!) bekommt er sie auseinander und versucht noch, das zweite Reservepaar zu entknebeln (ja, auch das ist zugetaped!!), was ihm aber nicht mehr gelingt – danke, Espen, dass du Mitleid hast und Niko Johanns Sticks im letzten Moment durchreichst, .. „3, 2, 1 und… los!!!….) puuuh…so sind wir emotional schon genug aufgewühlt und die amüsierten Leute in den ersten Reihen danken es uns mit größter Zustimmung nach dem eröffnenden „Euphoric Sense“ – es wird ein Spitzenauftritt: die Fans gehen alle mit, Riesenbeifall – ein paar singen sogar mit und wir sind echt ergriffen! Der Sound stimmt, und die Polen entpuppen sich als klatschbesessenes Volk und verschönern jeden ruhigen Part mit ihrem Rhythmus – wenn auch manchmal nicht gaaanz so klickfest, was Maik beim Gitarrenintro vom endenden „Patterns…“ etwas verwirrt, denn alle klatschen auf irgendwelchen synkopenartigen Zählzeiten ? – gar nicht so einfach, haha! Wir beschließen den Song mit dem üblichen doch immer wieder tollen Jeder-macht-was-er-will-Teil und die jubelnde Menge beginnt mit Zugabebekundungen, die unseren letzten Gig noch mal zu einem echten Highlight veredeln und bewertungstechnisch gleich hinter Paris platzieren; grenzwertig!!! So wirft Niko zum ersten Mal seine Sticks in die Masse und wir unsere Gitarren,…ääh nein, die Pleckis müssen reichen ? ! Wahnsinnsgefühl, das wars.
Das Abbauen geht auch flugs mit netter Hilfe der lokalen Crew und die Polen zwingen uns quasi, nur das leichte Equipment zu nehmen – cool! Wir „verstauen“ das Drumkit und den halben Rest in unserem Backstageraum, der damit unbegehbar wird, aber egal, wir wollen und müssen eh zum Merchstand und eine letzte POS-Show abfeiern, die fast ausgefallen wäre, da sich Daniel mittlerweile doch ziemlich erkältet hat und anfangs canceln wollte – zum Glück hat er dies nicht getan, denn das Publikum feiert auf fanatische Art und Weise die Schweden und kennt jegliche Songtexte; Daniel & Co. danken es sichtlich ergriffen mit einer nochmals absolut energiegeladenen Show. Überhaupt muss an dieser Stelle gesagt werden, dass die Menschen an diesem Abend so herzlich waren, das haben wir noch bei keinem Gig erlebt – klasse! Pain Of Salvation spielen ihr Zweistunden-Set mit hundert Zugaben, und Niko und Bärtel sind ja heute Gastmusiker! Bärtel entert bei „Ashes“ die Bühne und teilt sich mit Fredrik die Keys, bängt sich mit Kristoffer die Seele aus dem Körper und lässt sich einfach mal feiern, denn die Polen erhöhen noch mal und auch später bei Nikos „Undertow“-Rolle die Beifallsstürme. Es ist der erste Song der Zugabe und Daniels „..we have a guest on the drums…“ wird sich ewig in unseren Gehirnwindungen festsetzen – auf Video haben wirs natürlich auch, Jan hat alles fleißig mitgefilmt! Nach dem dann wirklich finalen „Foreword!“, wo die Menge noch mal volle Kanne mitrockt, passiert dann das Coolste überhaupt: Nach diversen Danksagungen an das geniale Publikum ruft uns Mister Gildenlöw aus:“…are the members of Dark Suns here? Please enter the stage, Dark Suns!!! So gibt es eine fette Verabschiedung Arm in Arm mit POS und Crew und unsere 12Mann-Kette erntet ohrenbetäubenden Beifall des begeisterten Publikums. Dieser Moment war magisch!
Ähnlich sind schön auch die Minuten am Merchstand nach der POS-Show, hier wird gequatscht, fotografiert, gelacht, signiert, was das Zeug hält und mit vollen Bäuchen teilen wir die tödlich großen Pizzastücke unseres After-Show Caterings mit ein paar Pizzaliebhabern, alles so harmonisch! Doch mit der Gewissheit, das „de Paine“ heute relativ schnell abreisen müssen, da Eskilstuna halt doch etwas weiter weg ist und in Holland noch mal Zwischenstopp sein wird (Kristoffer lebt mittlerweile dort) – also ein letztes Mal „Fuchur“ beladen und auf zur kollektiven Verabschiedung. Wir bekommen als Dankeschön ein signiertes Snare-Fell von Johann mit ein paar netten Sprüchen und revanchieren uns mit einmal DS-Shirts für alle, inkl. Crew; die für die Band haben wir noch mal mit ein paar persönlichen Worten versehen, Übergabe vorm „Red Car“ als wir uns alle noch mal fürs heimische Fotoalbum knipsen lassen, was ein paar Fans auch sehr gern für uns übernehmen. Nun heißt es Tschüss sagen, und eine wirklich emotionale Verabschiedung inklusive Umarmung mit jedem und Kontakt-Pflege-Versprechen aller steigert unsere glückliche Traurigkeit; Espen und Alfred stimmen lauthals ein schwedisch/deutsches „O Tannenbaum,…“ an! Und ein letztes Mal passt der „Spruch der Tour“ hier am besten: Grenzwertiges Klarkommen!….
20 Minuten später: wir machen halt an der Tankstelle und füllen „Fuchur“ mit Diesel und uns mit Kaffee, als Chris’ Handy klingelt. Es ist Rob, mit den Worten: „Aber Hallo, wo ist mein T-Shirt?“ – wie peinlich!!! Haben wir doch glatt vergessen, dem besten Tourmanager der Welt ebenfalls eine Klamotte von uns zu schenken! Lachend versprechen wir, dies umgehend nachzuholen und wünschen uns gegenseitig gute Fahrt. Die Nacht verbringen wir auf einem Rastplatz, um am Sonntag bei bestem Wetter und verdächtig weniger Unterhaltung während der Fahrt die Heimat anzusteuern.
17 Uhr: wir biegen ins Hupfeldt-Center ein, niemand sagt ein Wort. Wir sitzen noch ca. 2 Minuten nach Motorstopp im Van und lauschen den letzten Noten von „Martius/Nauticus II“
Leipzig hat uns wieder, aber irgendwie finden wir das gerade gar nicht toll und räumen schweigend den Bus aus, stapeln unsere Sachen quer über dem Hof und beginnen mit der depressivsten Säuberungsaktion ever – das wars, Leute! Doch am Abend besuchen uns Freunde + Freundinnen und bei ein paar Getränken und tausend Gesprächen berichten wir mit leuchtenden Augen von den letzten zwei Wochen, die – da sind wir uns einig – das Größte waren, was wir bisher als Band, als auch als Menschen erleben durften. Im Hinterkopf bei uns allen ist beim „Runterkommen“ in den nächsten Tagen und wohl heute noch (und morgen) eine Sache: nach der Krakow-Show haben POS uns versprochen, sich dafür einzusetzen, dass Dark Suns beim zweiten Teil der Tour im September auch dabei sein können, da alles so gut gelaufen ist, das musikalische Package stimmte und, ja – schön war! So werden auch wir alles versuchen, unsere schwedischen Freunde noch in diesem Jahr wieder zu sehen, und wie meinte Rob doch in den letzten Tagen per Email: „So who knows what will happen in the future… 🙂 🙂 🙂
Ganz am Ende noch mal ein Riesendankeschön an Jan, der einen maßgeblichen Anteil am Gelingen dieser Tour hatte und uns mit genialem Sound, Merch-Fleiß, Fahrtüchtigkeit,… …und einfach als Mensch erfreut hat – you guy really rock!!!
karolina: Es bleibt also nur, auf den zweiten Block der Tour im September zu hoffen, den Dunklen Sonnen dafür ganz fest die Daumen zu drücken und, wenn es so weit ist, sich selber für diese eindrucksvolle Reise bereit zu machen, sie zu erleben und… zu genießen.
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