Cradle of Filth
Einhellige Begeisterung für "Godspeed On The Devil's Thunder"
Special
CRADLE OF FILTH dürften mit ihrem neuen Album „Godspeed On The Devil’s Thunder“ für einige Überraschungen sorgen, und dadurch fiel auch das Reibungspotential unter den Redakteuren beta, Sickman, Joneleth und Eckart erstaunlicherweise gering aus. Wer also durch das Review noch nicht gänzlich überzeugt ist, der kann hier drei weitere Meinungen zum zehnten Streich der Briten einholen.
Besinnung auf alte Stärken
Nach den meiner Meinung nach recht schwachen letzten Alben, wovon mir besonders „Thornography“ übel aufstößt, scheinen sich CRADLE OF FILTH auf ihrem neuen Album an alte Zeiten zu orientieren. Es gibt insgesamt wieder mehr Druck, mehr Speed und viel weniger schwülstige Arrangements. Auf „Godspeed On The Devil’s Thunder“ scheint wieder die Musik im Vordergrund zu stehen und nicht das Drumherum.
Nach einem eher unwichtigen, weil üblichen Intro, beginnt „Shat Out Of Hell“ erfrischend knüppelig und rast, untermalt von den hysterisch gekreischten Vocals Dani Filths, schön treibend und straight nach vorne gerichtet. Leider folgt gleich darauf mit „The Death Of Love“ ein Beispiel, wie man es nicht macht. Mal abgesehen vom ziemlich platten Titel trödelt sich das Lied mit langweilig laschen Beats, klarem Weibsgesang und einem grunzenden Dani durch eine viel zu lange Spielzeit von rund sieben Minuten. CRADLE OF FILTH verstehen es perfekt, wie man Akzente setzt, nämlich schwankend zwischen „richtig gut“ und „richtig Scheiße“…
Es folgen mit „The 13th Caesar“, dem Introtrack „Tiffauges“ und „Sweetest Maleficia“ ein paar durchaus nette Zwischenspielchen, denen jedoch trotzdem noch der letzte Biss fehlt. „Honey And Sulphur“ sowie „Midnight Shadows Crawl To Darken Counsel With Life“ zeugen dann wieder von den guten Qualitäten der Band und können mit Abwechslung und guten Melodien überzeugen.
Auch die restlichen Stücke können ein gesundes Maß an Qualität halten und dürften so manch einen überraschen, der CRADLE OF FILTH bereits abgeschrieben hat. „Darkness Incarnate“ kommt sogar mit erstaunlich modernen Parts rüber, die CRADLE OF FILTH erfrischend gut zu Gesicht stehen. Während „The Leagues Beneath Contempt“ eher ordentliche Stangenware darstellt, zeigt die Truppe mit dem Titelstück und dem abschließenden Outro nochmal genau jene Art Musik, die man seit „Dusk… And Her Embrace“ von ihnen kennt und mag. Große Arrangements, etwas Bombast und mitreißende Riffs.
Ohnehin orientieren sich CRADLE OF FILTH wieder hörbar an ihrem alten Material und wenn man das selten miese Coverartwork mal abrechnet, haben sie mit „Godspeed On The Devil’s Thunder“ einen deutlichen Schritt in die richtige Richtung vollzogen und sich ihrer Stärken besonnen. Gut so.
Sickman: 7 / 10
Das bisher beste Album seit „Damnation And A Day“ und „Midian“
CRADLE OF FILTH sind mittlerweile eine jener Bands, die sogar mich als Fan polarisieren. Nicht weil ich mich in die erschöpften Reihen der „untrue“-Schreier einreihen will, sondern weil die Truppe aus Sussex nun schon seit Jahren ein und dasselbe Album in verschiedenen Covern auf den Markt schmeißt. Schon der Schritt von der „Damnation And A Day“ zu „Nymphetamine“ war mir für meinen Geschmack viel zu klein, aber dann im folgenden gar keine Innovation mehr zeigen zu wollen, ist echt ein wenig dreist.
Und um es kurz zu machen: Fast genau zwei Jahre nach der letzten Platte kommen schon wieder 70 Minuten Musik aus England, die der „Thornography“ und „Nymphetamine“ wie ein umgedrehtes Kreuz dem anderen gleicht. Es macht schon gar keinen Spaß mehr Songtitel zu zitieren, so beliebig ist alles geworden. Unglücklicherweise ist aber auch ein Verriss nicht im Bereich des möglichen, weil die Hitdichte mal wieder groß wie nie ist. Nach dem klassisch-knüppelharten Opener „Shat Out Of Hell“, bei dem der gekalauerte Name noch das kreativste ist, folgen episch orchestrierte Düsterrockmeisterwerke die durchweg in allen Spiellängen funktionieren und für Schwelgerei auf hohem Niveau verantwortlich sind. Was das betrifft, würde ich sogar zur Superlative greifen, und behaupten dass wir mit „Godspeed On The Devil’s Thunder“ das bisher beste Album seit der „Damnation…“ und „Midian“ vor uns haben.
Ob ich mir die Platte aber selbst kaufen würde, bleibt fraglich. Für spaßiges CRADLE-Feeling hab ich noch genug andere Alben von der Truppe im Regal, und obendrein soll mir jetzt keiner weis machen, das Label würde „Godspeed…“ nachher nicht eh nochmal als Special Edition neu auflegen.
Joneleth: 8 / 10
Das beste Werk der Briten seit langem
Ehrlich gesagt habe ich in den letzten Jahren die Alben von CRADLE OF FILTH mit gemischten Gefühlen betrachtet, enthielten die zumeist überlangen CDs doch neben einigen Hits immer auch eine ganze Anzahl von Füllern, die uneingeschränkter Begeisterung meinerseits entgegenstanden. Insofern war ich auf das neue Album „Godspeed On The Devil’s Thunder“ gespannt, dessen Texte sich ausschließlich einem Thema widmen sollten und somit eine gewisse inhaltliche Geschlossenheit erwarten ließen. Und bereits im Vorfeld wurden Vergleiche mit dem CRADLE OF FILTH-Klassiker „Dusk And Her Embrace“ gezogen.
Welche Überraschung ist „Godspeed On The Devil’s Thunder“ trotz dieser Vorschusslorbeeren geworden! Na klar, das Songwriting geht stark in die Richtung des einstigen Referenzwerkes, aber was Dani Filth mit seiner Stimme anstellt und seine Kollegen instrumental abziehen, hätte ich so einfach nicht mehr erwartet. Da gibt es einfach von allem mehr: Mehr stimmliche Vielfalt, extremeres Kreischen als bislang, dunklere Melodiebögen, noch flottere Drumsalven und eine noch opulentere Ausstattung mit Chören und orchestralen Einlagen. Zudem ist einfach nicht zu überhören, dass die einzelnen Tracks tatsächlich in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen: Nicht nur durch die zwischen die Tracks eingeschobenen narrativen Passagen, sondern ebenso durch die Kompositionen.
Selten war ich in den letzten Jahren bei einer CRADLE OF FILTH-Platte so wenig geneigt die Skip-Taste des CD-Players zu bedienen. Ergo: „Godspeed On The Devil’s Thunder“ ist das beste Werk der Briten seit langem. Ach ja, und wer ganz ohne Hit nicht auskommt, sollte einfach mal „Shat Out Of Hell“ oder den Titeltrack antesten.
Eckart: 9 / 10