Coronavirus
Was wird aus dem Festivalsommer 2020?

Special

Es gibt derzeit wirklich wichtigere Dinge, als über den Festivalsommer 2020 zu spekulieren. Dennoch werden, gerade in den Social-Media-Kanälen, die Fragen nach einem Stattfinden häufig gestellt. Das Problem: Die Antwort kann derzeit niemand geben. Damit könnte dieser Artikel quasi Enden. Wir können nur auf Basis der aktuellen Sachlage berichten, denn die Situation ist sehr dynamisch und Prognosen sind nicht seriös zu treffen. Ebenso ergeht es den vielen Festivalveranstaltern, die kaum verlässlich planen können

Einen informativen Stand der Dinge möchten wir Euch deshalb nicht vorenthalten. Zu diesem Zweck haben wir in den vergangenen Tagen mit Alex Härtel und Roman Hilser vom SUMMER BREEZE Open Air, Thorsten Kohlrausch vom ROCKHARZ Open Air und Mario „Mieze“ Flicke vom PARTY.SAN Metal Open Air gesprochen. Selbstverständlich ausschließlich per Email und Telefon.

Der aktuelle Stand bei Festivals

Es wäre verantwortungslos, sich nicht auf verschiedene Szenarien einzustellen, aber optimistisch weiter zu arbeiten ist dennoch das Gebot der Stunde. So verfolgt das Party.San beispielsweise „mehrere Strategien. Davon ist die Wichtigste, dass das Party.San Metal Open Air wie geplant stattfindet. Über die anderen möchte ich derzeit nicht sprechen.“ Ähnliches ist auch von anderen Stellen zu hören. „Wir werden immer nach der besten Lösung für unsere Gäste und das Festival suchen. Wir klären derzeit alle ‚was wäre wenn‘-Situationen.“ heißt es vom SUMMER BREEZE.

Auch beim ROCKHARZ gehen die Veranstalter von einem Stattfinden aus: „Wir gehen momentan davon aus, dass das ROCKHARZ 2020 wie geplant stattfinden kann. Es sind noch circa 16 Wochen, sprich vier Monate bis zum Anreisebeginn. Wir nehmen an, dass sich die Situation bis dahin wieder entspannt und Veranstaltungen wieder normal möglich sind. Der Austausch mit den entsprechenden Behörden in der Vorplanung des Festivals ist sehr eng, und wir beobachten selbstverständlich auch die allgemeine Nachrichtenlage. Sollte es zu Änderungen der Situation kommen, die unsere Veranstaltung berührt, werden wir darüber in unseren News und über unsere Social-Media-Kanäle informieren“, heißt es in einem auf der Website veröffentlichten Statement.

Dabei ist in der aktuell sehr dynamischen Phase immer zu beachten, dass sich die Nachrichtenlage quasi stündlich ändern kann. Doch der Status Quo bleibt von Seiten der Veranstalter einheitlich: Die Festivals sollen Stand Heute stattfinden. Gleichermaßen, und das darf alle Ticketinhaber beruhigen, werden alle anderen Szenarien geprüft. Denn kein Festival wird die Gesundheit seiner Gäste aufs Spiel setzen wollen. Die Kommunikation mit den Behörden läuft zwar, aber verständlicherweise ist diese aktuell nur sehr eingeschränkt möglich.

Sind Einschränkungen und Maßnahmen seitens der Behörden zu erwarten?

Eines der Kernprobleme von Covid-19 ist derzeit die rasant ansteigende Infektionsrate. Für genauere Informationen verweisen wir an dieser Stelle an das Robert Koch Institut. Das Ergebnis sind deutliche Einschränkungen im Alltag und im öffentlichen Leben. Wann diese wieder gelockert werden, können wir derzeit nicht beantworten. Relativ klar dürfte aber sein, WENN sich die Lage bis zum Sommer nicht verbessert, werden auch dort größere Menschenansammlungen nicht erlaubt sein. Ein Szenario, dass Festivals quasi ausschließt – dazu bedarf es keiner Glaskugel.

Ebenso wenig dürfte sich das Infektionsrisiko auf Veranstaltungsseite durch Auflagen der Behörden eingrenzen lassen. Aber das ist nur eine Vermutung, die auch Mieze (Party.San) teilt: „Soweit ich die Sachlage als Laie einschätzen kann, wird es keine Freigabe für Veranstaltungen geben, wenn die Gefährdungslage weiter besteht. In den behördlichen Genehmigungen werden gegebenenfalls Auflagen auftauchen. Wie diese aussehen sollen, ist im Moment nicht einschätzbar.“

Dementsprechend wird es vermutlich auf ein eindeutiges „ja, Veranstaltungen dürfen wieder stattfinden“ oder auf erneut zahlreiche Absagen und Verlegungen hinauslaufen.

Kann COVID-19 Einfluss auf die Festival-Billings haben?

Die Antwort ist ganz klar: Ja. Selbst wenn hierzulande die Lage wieder im Griff ist und die Open-Air-Saison wie geplant stattfindet, dürften Änderungen kaum zu vermeiden sein. Vorausgesetzt, aber auch hier der Verweis auf Behördeninformationen, es wird bis dahin ein weltweit verfügbarer Impfstoff beziehungsweise verfügbares Medikament erhältlich sein. Andernfalls muss auch im Sommer weiterhin mit Reisebeschränkungen gerechnet werden. Dies könnte zur Folge haben, dass je nach der Lage im Herkunftsland der Band, diese ihren Slot nicht erfüllen kann.

Wann wird bekanntgegeben, ob ein Festival abgesagt oder verschoben wird?


In der aktuellen Situation haben wir es bereits erlebt: Zwischen einem „wir finden auf jeden Fall statt“ und der Absage/Verschiebung lagen mitunter nur wenige Stunden oder Tage. Hier ist erneut die Dynamik der Situation anzuführen. Allerdings könnte sich dieses Szenario auch im Sommer wiederholen. Der Hintergrund liegt unter anderem in den Erstattungs- beziehungsweise Versicherungsfällen begründet. Mitunter stehen hier komplexe Verträge dahinter, die Veranstaltungsausfälle absichern können. Teils aber auch nur dann, wenn die Absage behördlicherseits erfolgt und nicht durch den Veranstalter. Gleichzeitig gilt es aber auch, den Betrieb am Laufenden zu halten. Gerade größere Events sind Wirtschaftsunternehmen mit Mitarbeitern und ganzen Branchen (Merchandise, Gastronomie, Security und vielen mehr), die daran hängen. Wird eine Veranstaltung quasi jetzt abgesagt und es fordern alle Besucher Ihre Tickets zurück, könnte dies zu Liquiditätsproblemen oder schlimmer noch, Insolvenzen führen.

Gibt es Ticketerstattungen bei Absagen/Verschiebungen?

Die Antwort ist eindeutig: „Ja“. Wer sein Ticket bei einer Absage erstattet haben möchte, wird sein Geld in der Regel zurückbekommen. Ist der Veranstalter allerdings pleite, wird es auch kein Geld geben. Das ist der aktuelle Stand. Ob und wenn ja, wie Corona Einfluss auf die Gesetzgebung haben wird, um Branchen zu schützen, ist derzeit nicht abzusehen. In Italien gibt es diesbezüglich bereits Änderungen, dass nicht der Kaufpreis erstattet sondern in Form eines befristeten Gutscheins seitens des Veranstalters zu kompensieren ist.

Unser Tipp: Nach aktuellem Stand kann niemand einschätzen, was mit dem Festivalsommer geschieht. Wer sein Lieblingsfestival unterstützen möchte, sollte sein Ticket behalten. Die Veranstalter beschäftigen sich mit der Situation und werden sicher Kompensationsmöglichkeiten bieten. Solltet ihr den Eintrittspreis erstatten haben wollen, wozu ihr selbstverständlich bei einer Absage jedes Recht habt, solltet ihr euch aber zumindest in Geduld üben. Denn bei einer Absage gibt es viele Dinge, die seitens des Veranstalters geklärt werden müssen und drängelnde Fragen nach Erstattungen blockieren in der Regel eher, als dass ihr schneller euer Geld zurück habt.

Welche Auswirkungen auf die Branche wird ein Sommer ohne Festivals haben?

„Bitte schickt uns Denjenigen, der uns das ausreichend beantworten kann. Leider ist unsere Kristallkugel kaputt gegangen“, sagte uns Mieze (Party.San). Würden wir gerne, können wir aber nicht. Schlussendlich ist es eher ein Blick in den berühmten Kaffeesatz als in die Kristallkugel – denn eine zuverlässige Prognose gibt es nicht. Aber unter Absagen würden viele Branchen und nicht nur die Musikbranche leiden. Ausgefallene Gagen sind bei Bands das eine, ausbleibende Gewinne bei Veranstaltern das anderen. Obendrein, wie bereits erwähnt, hängen auch viele andere Branchen an den Festivals. Die Gastronomie und Hotellerie, die bereits jetzt enorme Einbußen haben, sowie Designer für Merchandise, Druckereien, Security-Unternehmen, die unzähligen Food- und Noonfood-Stände, die auf den Festivals zugegen sind und noch viele mehr. Es wäre in jedem Fall ein einschneidendes Ereignis für die Branche.

Was können Besucher jetzt schon tun, um den Festivalsommer zu retten?

Die erste Frage ist schnell beantwortet und diese Aussage kann vermutlich niemand mehr hören. Sie ist aber essentiell: Bleibt zu Hause und haltet euch an die Vorgaben der Behörden. Wird sich bis zum Sommer an der Situation nicht drastisch etwas ändern, sind Festivals unwahrscheinlich.

Hoffnung gibt es aber dennoch: Es wird an einer Strategie gearbeitet, dass öffentliche Leben wiederherzustellen. In welchem Umfang das gelingt, ist allerdings offen. Aktuell arbeitet die Wissenschaft daran, einen Impfstoff sowie Medikamente zu entwickeln. Ob diese rechtzeitig fertiggestellt sind, um einen „gewohnten“ Sommer zu gewährleisten, ist aber nicht zu beantworten. Sollten die jetzigen Maßnahmen sich als erfolgreich erweisen, ist der Faktor Zeit entscheidend. Je früher die Situation in den Griff zu bekommen ist, desto höher sind die Chancen, dass wir im Sommer vor den Bühnen unsere Lieblingsacts feiern können.

Denn wie das ROCKHARZ treffend feststellt: „Die Metalszene lebt von den Zusammenkünften der Fans auf Konzerten in besonderem Maße. Für viele von uns machen diese Konzerte einen großen Teil ihres Lebens und ihres Lebensgefühls aus. Möglichst bald wollen wir live dargebotene Musik im Kreise unserer Freunde wieder ungehindert genießen können. Alles andere ist nicht vorstellbar! Diese Zeit ist daher die Richtige, um zusammenzustehen und alle gemeinsam Anstrengungen zu unternehmen, wie wir auf möglichst solidarische Art und Weise mit dieser so noch nie dagewesenen Situation umgehen können, und wie wir persönlich die Verbreitung dieses Erregers verlangsamen oder verhindern können, um möglichst bald zur Normalität zurückkehren zu können.“

Wie unterstütze ich mein Lieblingsfestival?

Kollege Sven Lattemann hat in seinem Artikel „Zusammenhalt in Zeiten des Coronavirus“ schon einige Ideen aufgezeigt. Doch insbesondere Geduld mit den Veranstaltern, Zuspruch und Unterstützung in Form von Ticketkäufen oder Merchandise kann helfen. Letzteres hilft unter anderem auch zahlreichen weiteren Menschen wie Designern und Druckereien. Aber auch einfache Dinge, wie eine Nachricht, kann den vielen Teams, die derzeit an Ihren Festivals arbeiten eine Motivationsstütze sein, was Roman Hilser (Summer Breeze) unterstreicht: „Wir freuen uns, wenn Leute in Kontakt treten und freuen uns sehr über den Zuspruch von unseren Gästen in diesen unsicheren Zeiten, die wir bereits bekommen haben. Dafür möchten wir uns bedanken, auch für die Solidarität, die unsere Gäste ausstrahlen, weil sie Bock auf das Festival haben.“

23.03.2020

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11 Kommentare zu Coronavirus - Was wird aus dem Festivalsommer 2020?

  1. Steppenwolf sagt:

    Selbst wenn man das in den nächsten Wochen mehr oder weniger in den griff kriegen sollte… solange es kein Impfstoff gibt, halte ich es für relativ ungluck dieses Jahr überhaupt noch an sowas zu denken. Es sind soviele Menschen (in Deutschland leben mehr als 82 Millionen, erkrankt sich inoffiziell um die 100.000 und offiziell ein bisschen was über 20.000 Menschen) die sich mit dem Virus noch anstecken können, auch in den nächsten Monaten noch. Das beste ist man lässt das Jahr konplett ins Wasser fallen und holt das 2021 nach, meine Meinung.

  2. Cynot sagt:

    Sollten die Festivals dieses Jahr ausfallen, wird es 2021 einige davon vielleicht nicht mehr geben (je nach finanzieller Absicherung).

    1. hypnos sagt:

      was trotzdem ein kleineres Übel wäre als weitere unnötige Tote

      1. Cynot sagt:

        Das ist richtig. Ich frage mich eher wie lange wir das gesamtwirtschaftlich durchhalten, bevor man in Kauf nimmt, dass die Bevölkerung sich infiziert und ggf. einige sterben.

      2. hypnos sagt:

        gesamtwirtschaftlich stehen Festivals und deren Veranstalter eher am Ende der Notwendigkeitsliste, verglichen mit produzierenden Betrieben, Dienstleistern, Restaurants etc
        Selbst wenn wir dann in paar Monaten langsam zur Normalität zurückkehren werden Großveranstaltungen, die eigentlich nur zur Bespaßung dienen, noch eine lange Zeit untersagt bleiben
        Den Veranstaltern, von zb einem Summerbreeze oder ähnlichen Festivals, bleibt zb die Möglichkeit von Crowdfunding, um dieses Jahr zu überbrücken

      3. Cynot sagt:

        Ich meinte jetzt auch keine Festivals oder andere Spaßveranstaltungen. Das die vermutlich als letztes wieder in Betrieb gehen werden, ist klar. Wobei hier auch ein ganzer Rattenschwanz an weiteren (kleineren) Unternehmen dran hängt und nicht nur bspw. der Fußballverein an sich (Security, Fressbuden etc.).

        Aber was ist mit Großbetrieben, die aktuell still stehen, z.B. die Autoindustrie und ihre Zulieferer? Wie lange wird man hier sagen können, dass deren Werke nicht laufen dürfen?

      4. Steppenwolf sagt:

        Man sollte versuchen, den schaden so klein wie möglich zu halten. Heißt im übertragenen Sinn, versuchen die Ausbreitung einzudämmen (mit harten Maßnahmen, wenns sein muss) und das innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes. Ziel sollte sein in ein paar Wochen das öffentliche leben wieder soweit herzustellen das auch Geschäfte, Kleinunternehmer wieder öffnen bzw ihre Tätigkeit nachgehen können.
        Ich finde man sollte eben auch die Vereine (die ja mehr als genug kohle haben) in die Pflicht nehmen. Jeder redet von den Fans die Tickets gekauft haben und aus Solidarität auf die Rückgabe verzichten sollen… aber was ist denn mit den Musikern die Millionen auf ihren Konto haben und auf einzelne Veranstaltungen nicht angewiesen sind? Der Starke sollte jetzt den Schwachen in diesen schweren Zeiten zur Seite stehen und gegebenenfalls unter die Arme greifen. Der eine kann diese Krise besser verkraften als der andere dem seine Existenzgrundlage unter den Füßen weggezogen wird.

      5. nili68 sagt:

        >Der Starke sollte jetzt den Schwachen in diesen schweren Zeiten zur Seite stehen und gegebenenfalls unter die Arme greifen.<

        Du hast dich noch nicht so wirklich mit der Menschheit beschäftigt, oder? 😀 Hast aber aber natürlich recht, sollte..
        Das Coronavirus wird das zwar nicht bewerkstelligen, aber von mir aus kann die Menschheit, intellektuell gesehen (weil damn Selbsterhaltungstrieb), ruhig aussterben. Grund: Epic Fail. Wenn ich so Berichte lese und aus eigener Beobachtung sehe, wie die Leute sich jetzt verhalten, kann es eigentlich keine andere Lösung als Kopfschuss geben..

      6. Cynot sagt:

        Das (Fußball-)Vereine mehr als genug Geld haben, ist halt auch nur die halbe Wahrheit. Das gilt vielleicht noch für Vereine in der ersten Liga. In den Ligen darunter sind das dann eher mittelständische Betriebe, die nicht sooo viel Geld auf der hohen Kante haben. Bei Handball und Eishockey wirds dann noch trauriger. Solidarische Aktionen gibt es ja inzwischen in einigen Bereichen, dass wird aber nicht alle retten. Wenn sich die Pandemie übrigens weiter so ungebremst ausbreitet, wird der Death Count noch ordentlich steigen. Ich sag nur Flüchtlingscamps… Achja und Britannien und die USA mit ihren miesen Gesundheitssystemen werden wohl auch kollabieren.

  3. Steppenwolf sagt:

    Sehe ich ähnlich, selbe gilt übrigens auch für Fussballspiele.
    Und tut mir leid, aber wenn einmal Ausfall Bankrott bedeutet ist doch auch irgendetwas falsch gelaufen. Das kann auch ohne Corona Pandemie passieren, das eine Veranstaltung abgesagt werden muss.

  4. nili68 sagt:

    Ich hab‘ ’nen lustigen Youtube-Kommentar gelesen. Nicht analysieren, einfach lustig finden..

    Mankind: – We rule this planet
    Planet: – Ya think? Try this

    LOL