Celtic Frost
Noise Records bringt Re-Releases auf den Markt
Special
CELTIC FROST gehören zweifelsfrei zu den einflussreichsten Bands des Genres. Sei es musikalisch, ästhetisch oder intellektuell – wenige Künstler haben den zeitgenössischen Metal – von Black Metal über Gothic bis Death Metal – so grundlegend beeinflusst und geprägt wie die Schweizer Formation. Und sicherlich gehören CELTIC FROST auch zu den Bands, die ihre Kunst stets streitbar und differenziert vertreten (haben) und die für sich ein hohes Maß an Eigenständigkeit und Integrität in Anspruch nehmen dürfen. Mit der Neu-Veröffentlichung eines zentralen Teils der Diskographie der Band hat sich Noise Records nun der Mammutaufgabe gewidmet, einen zusammenhängenden, überarbeiteten Zugang zum Katalog der Band zu ermöglichen. Herausgekommen sind dabei vier Alben, die neben den eigentlichen Werken auch seltenes und wenig bekanntes Zusatzmaterial enthalten, sowie ein Best-Of Album, das einen kompakten Überblick über das Schaffen der Band von 1984 – 1990 erlaubt.
Kontroverse Sicht auf die aktuellen Veröffentlichungen
Erwähnenswert ist aber sicherlich noch die Geschichte hinter diesen Veröffentlichungen – und damit zunächst etwas Historie: Noise Records übernahm seinerzeit den Plattenvertrag der aufgelösten HELLHAMMER nach deren Auflösung 1984, die als Vorgänger-Band von CELTIC FROST gelten können. Im Rahmen der folgenden Zusammenarbeit kam es seinerzeit zwischen Label und Band wiederholt zu Differenzen (deren gesamten Umfang Tom G. Warrior in seinem Blog dargestellt hat), die wesentlich mit dieser ursprünglichen Vertragsgestaltung einhergingen. Über diverse Wechsel der Labeleigentümer landeten die Rechte für die frühen Werke von CELTIC FROST nun schließlich bei BMG – die nun unter dem wiederbelebten Label Noise Records diese neu veröffentlichen. War zu Beginn die Beteiligung von Tom G. Warrior an dem Projekt gegeben, so zog sich der Mastermind und Bandkopf im Laufe des Projektes jedoch aus diesem zurück – ein Schritt, der im wesentlich in Differenzen über die beigefügten Liner-Notes und die Bezugnahme auf eben jene Streitigkeiten in den 1980er-Jahren zwischen Label und Band begründet zu sein scheint (hier liefert der Blog-Eintrag von Tom G. Warrior ebenfalls erhellende Details). Letztlich führte dies dazu, dass Tom (und auch Martin Ain) diese Releases nicht als „offiziell“ ansehen, da sie nicht die Wünsche und Vorstellungen der Band in Gänze erfüllen und nicht final abgenommen wurden. Auch ein Statement hinsichtlich der Labelsticker auf den Neuveröffentlichungen wurde von Tom G. Warrior abgegeben, das deren Inhalt als „gebeugte Wahrheit“ bezeichnet. Welche Schlüsse man nun als Fan hinsichtlich des Charakters dieser Veröffentlichungen daraus ziehen kann, bleibt jedem selbst überlassen.
Unbestreitbar ist allerdings die Qualität der vorliegenden Re-Releases und insbesondere deren Inhalte – Werke, die Musikgeschichte geschrieben haben und die auch 30 Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung so faszinierend und mitreißend sind wie am ersten Tag. Werfen wir also gemeinsam einen Blick auf die CELTIC FROST–Re-Releases:
„Morbid Tales“ (1984)
Das Debütalbum „Morbid Tales“ der Schweizer CELTIC FROST, die Tom G. Warrior und Martin Ain aus der Asche der Vorgängerband HELLHAMMER erschaffen haben, hat eigentlich nur eine Spielzeit von weniger als einer halben Stunde. Aber diese hat es wahrlich in sich: Energiegeladener, progressiver Thrash/ Proto-Black Metal mit schwerem Suchtfaktor: „Morbid Tales“ kündigt bereits Großes an. Der groovende Titeltrack oder das schleppende „Procreation (Of The Wicked)“ sind Titel, die in den Kanon der extremen Musik gehören. „Danse Macabre“ trägt gar theatralische, ja groteske Züge. Dabei sind CELTIC FORST eigentlich gar nicht so extrem, was die musikalische Ausrichtung angeht– sei es im Hinblick auf Geschwindigkeit, Texte oder Songwriting. Aber es gelingt der Band, ein Unbehagen zu erschaffen, ein tiefes Grollen, das apokalyptische Ausmaße annimmt und verstörend, aber trotzdem gleichzeitig mitreißend wirkt.
Die EP (oder Mini-LP) wird um Probeaufnahmen von „Morbid Tales“, „Procreation (Of The Wicked“) und „Nocturnal Fear“ als Bonustracks ergänzt, enthalten ist auch der HELLHAMMER-Titel „Messiah“. Das Ganze kommt als Doppel-Album mit neuem Artwork und remastert.
„To Mega Therion“ (1985)
Bereits der orchestrale Opener „Innocence And Wrath“ kündigt das Unheil und die Düsternis an, die „To Mega Therion“ über vierzig Minuten verbreiten wird. An diesem Album stimmt einfach alles: Die Energie, die Dramatik, der hohe Unterhaltungswert. Hinzu kommen die speziellen Merkmale, die CELTIC FROST generell einmalig machen: Das ikonische Coverartwork von H.R. Giger, der rohe, aber jederzeit transparente Sound und nicht zuletzt die mitreißende Gesangsleistung von Frontmann Tom G. Warrior. „To Mega Therion“ klingt dabei opulenter, bombastischer als der Vorgänger „Morbid Tales“ – und hat mit „Circle Of The Tyrants“ und „Dawn Of Meggido“ zwei legendäre Stück im Programm. „To Mega Therion“ ist ein zeitloses Werk, vielleicht DAS Werk von CELTIC FROST.
Die vorliegende Veröffentlichung beinhaltet neben dem dem Album „To Mega Therion“ aus die „Emperor’s Return“-EP und die Bonustracks „Visual Agression“ im Remix und „Return To The Eve“. Das Ganze kommt als Doppel-Album mit neuem Artwork und natürlich remastert.
„Into The Pandemonium“ (1987)
„Into The Pandemonium“ – ein Album, an dem sich die Geister scheiden. CELTIC FROST kehren hier die ihre avantgardistischen Ansätze deutlich nach vorne, verabschieden sich von dem doch recht durchgängigen und gradlinigen Stil der Vorgängeralben.
Schon allein die Idee, mit einem Coversong in ein Album einzusteigen und dann auch noch ein Titel von der New Wave-Band WALL OF VOODOO – deutlicher kann man den eigenen Anspruch nicht untermauern, neue Wege beschreiten zu wollen. Und genau dies ist „Into The Pandemonium“: Ein verworrener Pfad, ein Trip ins Ungewisse, ein Stilmix aus Progressive Metal, Pop, Thrash und Wave – grenzenlos, spannend und herausfordernd. Und damit nicht zuletzt provokativ: Natürlich gegenüber der eigenen Fanschar, aber auch gegenüber jeder Erwartungshaltung, die CELTIC FROST bis dahin einigermaßen zu kategorisieren versucht hatte – „Into The Pandemonium“ fordert: Wie große Kunst es eben sollte.
Als Bonus enthält „Into The Pandemonium“ vier Session-Tracks, sowie die Cover-Version „In The Chapel In The Moonlight“ – im Original von Dean Martin (1954) (!). Das Album kommt als Doppel-Album mit neuem Artwork und remastert.
„Vanity/ Nemesis“ (1990)
Nähern wir uns der Neuzeit: „Vanity/ Nemesis“. Ein Album, das in der streitbaren Diskographie von CELTIC FROST gern vergessen wird und nichtsdestotrotz Beachtung verdient hat. Dieses Werk von 1990 fällt deutlich weniger experimentell aus als „Into The Pandemonium“, aber auch lange nicht so heavy und erschütternd wie „To Mega Therion“. Es ist vielmehr ein mehr als ordentliches Thrash-Metal-Album, das ein wenig die Seele der Fans streichelt, die zähneknirschend „Into The Pandemonium“ gefolgt sind, aber bei „Cold Lake“ endgültig ausgestiegen waren. Es ist zudem das letzte Album, bevor die Band sich erneut auflöste – um dann mit dem mächtigen „Monotheist“ 2006 zurückzukehren.
Die Neufassung enthält als Bonus die beiden Titel „Heroes“ (DAVID BOWIE-Cover) und „A Descent To Babylon“ der „A Wine In My Hand“-EP, die im Vorfeld dieses Albums veröffentlicht wurde. Das Album kommt ebenfalls als Doppel-Album mit neuem Artwork und remastert.
„Innocence And Wrath“ (Best-Of)
Bleibt das weiter oben angekündigte Best-Of von CELTIC FROST: „Innocence And Wrath“. Letztlich ist dieses Album eine Werkschau der vorher beschriebenen Alben und eine Zusammenfassung des Schaffens der Band von 1984 bis 1990. Insofern bietet „Innocence And Wrath“ nichts zusätzlich Neues und ist somit für diejenigen interessant, die die alle vorgenannten Alben bereits besitzen und auf der Suche nach einer Best-Of sind oder den Einstieg in das Universum von CELTIC FROST wagen wollen – wobei eine ausgedehnte Hör-Session und chronologische Abarbeitung der Alben in Gänze sicherlich mehr Sinn ergibt und Spaß macht.
Das Album kommt ebenfalls als Doppel-Album mit neuem Artwork und remastert.
Damit schließen wir die Vorstellung der Re-Releases von CELTIC FROSTs „klassischen“ Alben ab. Nicht unter den vorliegenden Neuveröffentlichung ist das 1988er-Werk „Cold Lake“, das in Stil und Aufmachung auch nicht recht in die Gesamtdiskographie passen mag.
Wie bereits erwähnt: Ob man diese Werke in seinem Plattenschrank haben möchte, sollte jeder für dich selbst bewerten. Aber sicherlich hat Tom G. Warrior recht, wenn er schreibt, dass eine ultimative und von der Band freigegebene Re-Issue-Kollektion in absehbarer Zeit das Licht der Welt wohl nicht erblicken wird – so bedauerlich das auch ist.
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