Carcass
Track By Track zu "Surgical Steel"

Special

Carcass

Die britischen Grind- und Death-Doktoren CARCASS haben durch ihre Auflösung im Jahre 1996 einige enttäuschte Fans zurückgelassen. Manchen war dies angesichts eines polarisierenden Albums wie „Swansong“ fast schon egal, andere sahen ihre Helden beerdigt, wollten im Laufe der Totenstarre die Hoffnung auf eine kraftvolle Wiederauferstehung jedoch nicht aufgeben. Nun ist es soweit! Bereits 2007 spielte die Band ein paar Konzerte und gab kurz darauf bekannt, dass das Feuer wieder da ist und neue Musik bereits zusammengenäht wird, um der Metal-Welt das zu geben, was sie braucht: Das richtige Rezept zum Abgehen.
„Surgical Steel“ wurde im Operationssaal unter Schmerz, Schweiß und Blut geboren.
Am 13.09.2013 wird das Baby über Nuclear Blast Records der Öffentlichkeit präsentiert.

Gitarrist Bill Steer sowie Sänger und Bassist Jeff Walker haben Ur-Drummer Ken Owen, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr spielfähig ist, durch den TRIGGER-THE-BLOODSHED- und Ex-ABORTED-Schlagwerker Daniel Wilding ersetzt. Welche Wahl hätte besser sein können? Wilding hat sich hörbar am Drumming von Owen orientiert, baut in den Feinheiten jedoch auch seine eigene Note ein. Ken Owen, der seiner Band immer noch sehr nahe steht, hat auf „Surgical Steel“ übrigens Background Vocals beigesteuert und findet somit auch noch den Weg in die CARCASS-Reunion.

Metal.de durfte „Surgical Steel“ superexklusiv hören, was natürlich der beste Anlass für ein Track-By-Track-Special ist.
Leute, CARCASS sind wieder da! Werft den grünen Kittel um und holt das Skalpel raus, denn hier und jetzt wird „Surgical Steel“ schonmal vorab seziert…

„1985“
Mit den ersten Tönen des Intros fühlt man sich ein wenig in die 1980er Jahre zurückversetzt, denn die Melodien surgerieren zunächst klassischen Metal, was natürlich eine ebenso klassische Fehleinschätzung ist, da der Name CARCASS auf dem Album steht. Es wird anders kommen…

„Thrasher’s Abattoir“
Das Stück ist dann genau das, was sich der CARCASSS-Fan der härteren Klänge (also „Swansong“ ausgeklammert), wünscht. Wie der Titel bereits vorgibt, handelt es sich um einen flotten Uptempo-Kinnhaken, wobei Blastbeats (noch) lediglich als kleine Steigerung genutzt werden. Mit seinen nicht ganz zwei Minuten ein guter Einstieg in die regulären Tracks und somit der eigentliche Opener nach dem Introtrack.

„Cadaver Pouch Conveyor System“
Das neumelodische Feeling des Intro-Openers wird fortgesetzt und kombiniert dies mit dem Thrash-Feeling des vorigen Tracks. CARCASS arbeiten sich also langsam voran und zeigen dem Hörer erstmal das, was die Band anno 2013 bereichern soll und worauf er sich im weiteren Verlauf des Albums einzustellen hat. Die Gesangsparts erinnern besonders in den wiederkehrenden Stellen richtig an alte CARCASS. Jeff Walkers fieser Gesang wird hier nach langem wieder von Bill Steer mit tiefer Stimme ergänzt. Das sehr melodische Gitarrenspiel ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, passt aber sehr gut zum Sound der Band.

„A Congealed Clot Of Blood“
Hier werden schnell starke Erinnerungen an „Swansong“ wach. Melodische Gitarren, danach kantige Riffs und treibendes Drumming. In Sachen Speed insgesamt ein eher zurückhaltendes Stück, das mit Groove und coolen Headbang-Melodien glänzt.

„The Master Butcher’s Apron“
Jetzt gibt es erstmals richtig auf die Mütze. Ein kurzer Auftakt und die Blast-Sau wird rausgelassen. Schnelle Riffs, hämmerndes Drumming und zwischendurch ein wenig schwerer Groove machen aus dem Stück ein traditionelles CARCASS-Lied. Jeff Walker kriescht sich am Mikro schön aus und auch Gitarren-Bill kann sich in Sachen Riffing wunderbar austoben. Kein Zweifel: Das sind CARCASS!

„Noncompliance To ASTM F 899-12 Standard“
Zu Beginn kehrt wieder der 80er Metal ein, bevor er durch einen coolen, durchgezogenen Blastbeat inklusive schnellem Gitarrenlauf ersetzt wird. Wirklich grandios, wie die Band hier den Wechsel zwischen klassischen Melodien und hartem Death-Grind hinkriegt. Neben Walker ist wieder Steer mit dunkler Stimme zu hören, die zwar nicht mehr so garstig tief wie noch auf „Symphonies Of Sickness“ klingt, dafür aber trotzdem eine wichtige Facette in den Sound CARCASS‘ zurück bringt. Apropos „Symphonies Of Sickness“: In der Mitte des Stücks gibt es einen Rhythmuspart (worüber ein Solo gespielt wird), der eindeutig auch auf genanntem Album hätte stehen können. Durch ausgewogene Wechsel aus Groove, Melodie und schnellem Blast-Gedonner zeigt die Band hier das, was sie 2013 als ihren Sound definieren bzw. wie man sie wohl definieren sollte.

„The Granulating Dark Satanic Mills“
Klassische Heavy-Metal-Melodien und „Swansong“, so könnte man den Einstieg sowie den weiteren Verlauf des Tracks beschreiben. Auch der Gesang bzw. seine Phrasierung ist ganz klar im Schwan einzuordnen und weißt fast schon sowas wie, man verzeihe mir, eingängiges Hitpotential auf. Beibt schnell hängen, besitzt Groove. Wacken, macht euch auf was gefasst!

„Unfit For Human Consumption“
Das Anfangsriff legt dich ein wenig herein. Denkt, man, dass gleich die Luzi abgehen wird, brechen die Musiker den treibenden Auftakt und wechseln zu einem Groovepart, der mit schön krankem Gesang belegt ist. Walker und Steer in Bestform! Die versteckte Eingängigkeit des Vorgängers wird beibehalten und wenn hier vom Uptempo-Thrashpart zum Grindblast übergegangen wird, fühlt man sich um viele Jahre in der Zeit zurückversetzt. Lediglich die vielen (tollen) Melodien und der kernige Sound bringen einen wieder in die Gegenwart zurück.

„316 L Grade Surgical Steel“
Erneut wird, ähnlich wie beim vorigen Stück, treibend angeheizt und dann in einen Midtempo-Groove übergegangen. Langsam baut sich das Teil auf, wird schneller und steigert sich in einen melodischen Grindblast, der die Erlösung des aufgestauten musikalischen Drucks darstellt. Im Mittelstück glänzt Bill Steer mit einem fantastischen Solo, wonach dann im Midtempo das Stück seinen Ausklang findet.

„Captive Bolt Pistol“
Kurz vor Ende des Albums knüppelt die Band uns nochmal einen klassischen CARCASS-Hammer um die Ohren. Es gibt schnelle Gitarrenläufe, starke Melodien sowie kranken zweistimmigen Gesang, der auch ans zweite Album zurückerinnert. Saftiges Uptempo bis hin zum Blastbeat macht amtlich Druck und sehr deutlich, dass mit dieser Band zukünftig wieder absolut zu rechnen ist.

„Mount Of Execution“
Zum Abschluss ihres Comeback-Albums kredenzen uns CARCASS ein über acht Minuten langes Riffmonster, in dem abschließend alles vereint wird, was sie an Melodie und Groove zu bieten haben. Mit stellenweise überraschend gefühlvollen Parts, Akustikgitarre und durchweg gedrosselter Geschwindigkeit beenden sie ihr erstes neues Album seit 1995 mit einer großen Komposition.

Bleibt nicht mehr viel zu sagen, außer dass CARCASS mit „Surgical Steel“ weder in der Vergangenheit hängen geblieben sind, sich aber trotzdem auch nicht nur an der Moderne orientieren. Von allem etwas lautet die Devise, was ebenfalls bedeutet, dass es zu jedem Album aus ihrer Diskografie kleinere oder größere Parallelen gibt, vom Debüt vielleicht einmal abgesehen. Ein wenig „Swansong“ hier, etwas „Heartwork“ da und natürlich auch ein wenig ‚Nekrotische Symphonien‘. Was will das Doktorenherz mehr?

23.07.2013
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