Candlemass
Listening Session zum Comeback-Album "Candlemass"
Special
CANDLEMASS: 20 Jahre und kein bisschen leise
Was viele für unmöglich hielten, wird nun tatsächlich Wirklichkeit. Die Doomlegende CANDLEMASS veröffentlicht ein neues Album, und das in Originalbesetzung! Nachdem sich die Band letzten Mai aufgelöst hatte, verwirklicht sich nun das, woran wohl niemand mehr geglaubt hat. Die Schweden scheinen für einige Überraschungen gut zu sein, denn ihr neues, selbstbetiteltes Opus präsentiert die Kapelle in nahezu historischer Frische und knüpft hier und da gar an das klassische „Nightfall“ an. Anlässlich dessen lud Nuclear Blast zur Listening Session, wo Leif und der zur Band zurückgekehrte Messiah der in großer Erwartung herbeigepilgerten Journalistenschar das neue Testament verkünden sollten.
Bis es allerdings soweit war, sollte noch etwas Zeit ins Land gehen. Nachdem der erste Flug der beiden gecancelt worden war, verspätete sich auch der Ersatzflug derart, dass sie erst zweieinhalb Stunden nach dem angesetzten Termin im NB Hauptquartier eintrudelten. Zwar war in der Zwischenzeit mit einem köstlichen Imbiss, reichlich Freibier und der „Documents Of Doom“ DVD auf der Großleinwand im legendären Funroom der Donzdorfer Labelzentrale für ausreichend Ablenkung gesorgt, doch konnte man nicht nur aus den Gesprächen der Anwesenden entnehmen, dass die Spannung hoch war. Ich habe bisher noch keine Listening Session erlebt, auf der so viele Shirts der präsentierenden Band vertreten waren, wie an diesem Samstag! Um kurz nach 18 Uhr war es dann endlich soweit: Leif und Messiah trafen ein und der Höhepunkt des Tages konnte angegangen werden! Im mit diversen Goldenen Schallplatten und anderen Auszeichnungen dekorierten Büro von Labelchef Markus Staiger präsentierten die schwedischen Doom Pioniere ihr neues Werk im druckvollen Sound der fetten Anlage. Doch lest selbst, was Euch diesen Mai erwarten wird.
01. Enemy (Intro)
Sehr kurz und eigentlich nicht der Rede wert: ein Meteorit scheint auf der Erde einzuschlagen und aus seinem Krater erwächst…
02. Black Dwarf
Der Zwerg springt geschwind aus dem Trichter, den der Einschlag in die Erde gerissen hat, und entwickelt sich zu einem flotten Rocker, der mit seinem groovigen Rhythmus, den fetten Gitarren und Messiahs Gesang schnell ins Ohr geht. Die Gitarren bilden ein konstantes Fundament, über das der sympathische Schwede in der Mönchskutte die Melodie spinnt. Nach einem frühen Solo entfaltet sich die gesamte Epik des Songs, sodass einem dieser Track bis zum Ende in Erinnerung bleiben soll. Saustarker Auftakt!
03. Seven Silver Keys
Das Einleitungsriff erinnert ein wenig an das klagende „Solitude“ vom „Epicus Doomicus Metallicus“ Klassiker, mündet jedoch gleich in einen schleppenden, schweren Rhythmus, der mit atmosphärischen Keys verziert ist. Der Chorus ist sehr melodisch gehalten und ist von der catchy Melodie her mit dem Chorus-Riff in AMORPHIS’ „Drowned Maid“ vom „Tales …“ Album vergleichbar.
Wohl aufgrund übermäßiger Hingabe zu Cola und Gratisimbiss fand der kleine Mann, der mir am Tisch gegenübersaß und offensichtlich mit seinem Papa zugegen war, welcher eigentlich die neue CANDLEMASS genießen wollte, die ganze Situation sprichwörtlich zum Kotzen. Ganz auf die Musik konzentriert bemerkte ich das Malheur glücklicherweise trotzdem noch rechtzeitig, bevor sich der flüssige Mageninhalt des Kleinen über meine Notizen ergoss. Messiahs cooler Kommentar, dass er auch mit solchen Reaktionen gerechnet habe, sollte im Laufe der Platte glücklicherweise aber kein zweites mal bemüht werden.
04. Assassin Of The Light
Nach diesen beiden fast schon „poppig“ zu nennenden Tracks, was allerdings keinesfalls abwertend gemeint ist, bricht mit „Assassin Of The Light“ ein sehr ursprünglicher Song über den Hörer herein, der sehr an BLACK SABBATH erinnert. Episch alternierende Melodiebogen entwickeln das Stück, bis es nach einem ebenso epischen Break zum Anfangsthema zurückkehrt und das Licht, passend zum Titel, im Fade-Out Ende erstickt.
05. Copernicus
„Copernicus“ beginnt mit stampfender, voluminöser Doublebass, bevor es total unvermittelt still wird und lediglich der Bass Messiahs Gesang begleitet. Zu diesem überraschenden Break gesellen sich vorsichtig Gitarre und zurückhaltende sphärische Synthieklänge, bevor die gesamte Wucht des Dooms wieder über einen hereinbricht. Die Strophen gewinnen von mal zu mal an Intensität und bauen eine klassische Dramaturgie auf, die sich bis zum epischen Klimax hin steigert, um sich danach wieder zurückzuziehen. Faszinierend und experimentell!
06. The Man Who Fell From The Sky
Vom Titel her irgendwie zum Vorgänger passend, wird dieses schleppende Instrumental auch musikalisch an „Copernicus“ angekoppelt, indem es durch sein Fade-In und Fade-Out wie ein Epilog zum Sternenepos wirkt.
07. Witches
„Witches“ ist in einer Demo Version bereits von der „Essential Doom“ Compilation her bekannt und fällt besonders durch sein Tapping und die häufigen Rhythmuswechsel auf, durch die der Song immer intensiver, härter und grooviger wird. Schöne (Twinguitar) Soli verschönern auch diesen Track!
EPICUS DOOMICUS NICOTINUS
08. Born In A Tank
… ist wieder ein schnellerer Song, der auch wieder mit einer bestimmten Dramaturgie aufwartet: ein schönes Twinguitar-Break, das sich zu einem Solo verjüngt, bildet in der Mitte des Tracks eine Ruheinsel, nach der sich der Rest des Songs quasi spiegelbildlich entwickelt und durch sein abruptes Ende eine globale musikalische Symmetrie entstehen lässt.
09. Spellbreaker
Kontrastierend zu seinem Vorgänger entpuppt sich „Spellbreaker“ als langsamer Song, der besonders durch sein hypnotisierendes Riff während der Strophen auffällt, das im Chorus durch ein catchy, von der Harmonie her schon fast Black Metal artiges Riff abgelöst wird. Mit einem markanten „the mother of life is a whore“ endet diese weitere Lektion in Sachen Doom.
10. The Day And The Night
… beschließt die offizielle Tracklist des Albums als schweres, träges, düsteres Doombrett. Die schleppenden Soli, auch wieder teilweise mit beiden Gitarren vorgetragen, tragen dabei deutliche 70ies Zitate in sich, wodurch auch dieser Song an BLACK SABBATH erinnert. Musikalisch scheint der im Titel erwähnte Tag ausgespart zu bleiben, da sich der Song sehr langsam und düster über den Hörer ergießt. Ein prächtiger Ausklang für ein hervorragendes Album!
11. Mars And Volcanos
Nachdem der Applaus der sichtlich geplätteten Schreiberlinge schon eingesetzt hatte, überraschte uns mit “Mars And Volcanos” noch der Bonustrack, der wohl auf der limitierten Auflage des Albums zu finden sein wird. Der Song reiht sich noch einmal in die schnelleren Vertreter der Scheibe ein und fällt vor allem durch das Drumsolo auf, das den Track und somit die gesamte Scheibe endgültig abschließt.
Die Wartezeit bis Mai lohnt sich, denn der Band ist mit diesem Album wirklich eine Perle geglückt, die zurecht den ehrwürdigen Bandnamen trägt. Wait to be doomed!