Blind Guardian
Der Diskographie-Check!

Special

Blind Guardian

Wer hat nicht diese nervigen Lücken im CD-Regal? KORN? HELLOWEEN? MACHINE HEAD? Klar, sollte man kennen. Aber mit welchen Alben fängt man an zu sammeln, wenn eine Band-Diskographie schon im zweistelligen Bereich angekommen ist?

Dafür gibt es jetzt uns! Wir widmen uns einer kompletten Diskographie und erklären hochsubjektiv, welche Alben sich heute noch lohnen, welche das Genre revolutioniert haben, und bei welchen allein das Artwork Substanz hat. Für diejenigen, deren Metalsammlung nur noch aus MP3s besteht, gibt es außerdem zu jedem Album zwei Songs, die man unbedingt kennen sollte.

Nach unserem Diskographie-Check zu RHAPSODY OF FIRE machen wir weiter mit BLIND GUARDIAN! Wollten die Krefelder auf ihren ersten Demos unter dem Namen LUCIFER’s HERITAGE noch nach populären Thrashmetalbands klingen, entwickelten sie ab den 90ern das Genre des Power Metals in unterschiedliche Richtungen weiter, und wurden dafür unter anderem mit ihrem eigenen Festival belohnt. Sie waren außerdem kurz davor, sich für den Soundtrack der Herr der Ringe Trilogie zu bewerben, und hatten einen Auftritt im 2008 veröffentlichten PC-Spiel „Sacred 2“.

Nicht beachtet werden wie immer Best Of’s, Livealben und die 1996 erschienene B-Seiten-Sammlung „The Forgotten Tales“. Wer sich dafür interessiert, sei auf ein lesenswertes Special von Colin hingewiesen, in dem er Anfang des Jahres anlässlich des „A Travelers Guide To Space And Time“ Boxsets die Geschichte der Band anhand der Alben bis „A Night At The Opera“ zusammenfasste, sowie ein Interview von Florian, in dem er mit Hansi Kürsch die Geschichte der Band Revue passieren ließ.

Wir bedanken uns außerdem für die positive Resonanz, die unser erster Diskographie-Check ausgelöst hat. Auch was BLIND GUARDIAN angeht, freuen wir uns über eure Meinung und Kommentare!


Den Anfang macht BLIND GUARDIAN – Battalions Of Fear (1988)!

 

 

Battalions Of Fear (1988)

Die ersten beiden BLIND GUARDIAN Alben „Battalions Of Fear“ und „Follow The Blind“ sind aus heutiger Sicht die vernachlässigbarsten. Wer sie zum ersten Mal hört, wundert sich über einen starken 80er-Thrashmetal-Einfluss und räudigen Undergroundcharme. Doch selbst Gitarristen können die minutenlangen Soli nicht darüber hinwegtrösten, dass Songdramaturgien noch nicht richtig funktionieren und Riffs wenig einprägsam sind. Überzeugen kann immerhin der zu Recht immer noch live gespielte Opener „Majesty“, sowie das auf Ohrwurm getrimmte „Run For The Night“.

Zwei Lieder, die man kennen muss: „Majesty“, „Run For The Night“

Sammlungswürdig: Nein

Hier geht’s zum Review von BLIND GUARDIAN – Battalions Of Fear

 

Zum nächsten Album: BLIND GUARDIAN – Follow The Blind (1989)

 

 

Follow The Blind (1989)

„Follow The Blind“ ist ein stilistisch uneinheitliches Album mit etlichen Lückenfüllern und wenigen nach oben ausbrechenden Schaufenstersongs. Diese haben es aber in sich. Gerade die Livegranate „Valhalla“ würde man auf den ersten Blick nicht in eine derart frühe Phase der Band einordnen. Speed-Metal-Ohrwürmer wie „Banish From Sanctuary“ oder Cover wie „Barbara Ann“ konnten BLIND GUARDIAN auch schon immer. Der Rest ist nicht der Rede wert.

Zwei Lieder, die man kennen muss: „Banish From Sanctuary“, „Valhalla“

Sammlungswürdig: Nein

Hier geht’s zum Review von BLIND GUARDIAN – Follow The Blind

 

Zum nächsten Album: BLIND GUARDIAN – Tales From The Twilight World (1990)

 

 

Tales From The Twilight World (1990)

„Tales From The Twilight World“ ist ein ohrwurmiges Speed-Metal-Album ohne großes Beiwerk. Sowas altert nicht. BLIND GUARDIAN orientieren sich hier nicht mehr an 80er Thrashmetal, sondern an deutschen Powermetalbands wie HELLOWEEN, prägen aber einen eigenen Stil, was Melodieführung und Songdramaturgie angeht. Nichtsdestotrotz nutzt sich das Album schneller ab, als seine vielschichtigeren Nachfolger.

„Tales From The Twilight World“ definiert mit den Folgealben „Somewhere Far Beyond“ und „Imaginations From The Other Side“ den eingängigen Sound der „alten“ BLIND GUARDIAN, zu dem Schlagzeuger Thomen Stauch mit seiner 2005 gegründeten Band SAVAGE CIRCUS zurückkehren sollte.

Zwei Lieder, die man kennen muss: „Traveler In Time“, „Goodbye My Friend“

Sammlungswürdig: Mittlerweile durch das Spätwerk der Band überholt

Hier geht’s zum Review von BLIND GUARDIAN – Tales From The Twilight World

 

Zum nächsten Album: BLIND GUARDIAN – Somewhere Far Beyond (1992)


 

 

Somewhere Far Beyond (1992)

„Somewhere Far Beyond“ erweitert den in „Tales From The Twilight World“ etablierten Sound durch erzählerisch komplexere Songdramaturgien. Lieder wie „Time What Is Time“ oder „Journey Through The Dark“  gehen nicht nur pfeilschnell nach vorne ab, sondern vermitteln auch Geschichten von zerrissenen Persönlichkeiten, die sich musikalisch durch eine gestiegene Härte und Dynamik auswirken. Seinen Höhepunkt findet das im achtminütigen Titeltrack, der immer noch gelegentlich live gespielt wird. Einen Kultfaktor hat „Somewhere Far Beyond“ auch durch die Akustikballade „The Bards Song – In The Forest“. Nichtsdestotrotz ist der Nachfolger das bessere Album aus dieser Bandära.

Zwei Lieder, die man kennen muss: „Somewhere Far Beyond“, „Time What Is Time“

Sammlungswürdig: Wie auch der Vorgänger heute nicht mehr so groß wie damals

Hier geht’s zum Review von BLIND GUARDIAN – Somewhere Far Beyond

 

Zum nächsten Album: BLIND GUARDIAN – Imaginations From The Other Side (1995)

 

 

Imaginations From The Other Side (1995)

„Imaginations From The Other Side“ markiert den Übergang der „alten“ BLIND GUARDIAN, die noch eingängig straighten Powermetal gespielt haben, zu der aktuellen Ausprägung der Band, welche deutlich mehr mit klassischer Musik kokettiert. Gleichzeitig ist es geprägt durch eine Abmischung, die so wuchtig und druckvoll ist, dass sie einem schon im Laufe des Openers die komplette Wohnung zerlegt. Das funktioniert, weil die orchestrale Tiefe nicht wie auf Folgealben durch hohe Soli und Chöre erzeugt wird, die Streicher imitieren, sondern durch drückende Keyboard- und Gitarrenwände, die sich homogen in die starken Riffs einfügen.

Anders formuliert: „Imaginations From The Other Side“ klingt wie eine Liveversion späterer Studioalben, bei der 200 Spuren auf 5 runtergekürzt werden. Das war damals großartig und ist es heute immer noch. Der Titelsong ist ein gravitätisch-düsteres Monstrum, „Another Holy War“ ein bemerkenswerter Nackenbrecher, und „Mordred’s Song“ eine Akustikfolklore in Moll, die fließend in einen krachenden Metalsong übergeht. Dieses Album ist so gut, dass die Band es auf aktuellen Songs immer noch musikalisch zitiert.

Zwei Lieder, die man kennen muss: „Imaginations From The Other Side“, „Mordred’s Song“

Sammlungswürdig: Absolut

Hier geht’s zum Review von BLIND GUARDIAN – Imaginations From The Other Side

 

Zum nächsten Album: BLIND GUARDIAN – Nightfall in Middle-Earth (1998)

 

 

Nightfall in Middle-Earth (1998)

Seit ihrem Debütalbum haben sich BLIND GUARDIAN immer schon als große Tolkien-Kenner ausgezeichnet. „Nightfall in Middle-Earth“, ein Konzeptalbum über das Silmarillion, hebt sich dennoch spürbar von allen bisher veröffentlichten Songs ab. Es zelebriert eine rastlos-melancholische Atmosphäre, die mal kammerspielartig, und mal in großen Elegien herausgelassen wird. Typischere BLIND GUARDIAN Songs wie „Into The Storm“ oder „Mirror Mirror“ gibt es zwar auch, bleiben aber Inseln. Zumal auch die druckvolle Abmischung des Vorgängers komplett verloren gegangen ist: Wuchtige Gitarrenriffs treten in den Hintergrund für Chöre, Soli und dezente Keyboardunterstützung.

„Nightfall in Middle-Earth“ gilt zu Recht als das zweite große Meisterwerk der Band. Durch seine ungewöhnliche Grundstimmung, die bis zum Ende ständig durch neue Facetten erweitert wird, ist es außerdem einzigartig sowohl in der Diskographie, als auch im Powermetal insgesamt. Gleichzeitig werden alle klassischen BLIND GUARDIAN Trademarks sinnbringend in das neue Konzept übertragen: Rasante Licks und Soli, komplexen Songstrukturen, sowie Anleihen aus der klassischen Musik und Minstrel-Folklore.

Zwei Lieder, die man kennen muss: „Mirror Mirror“, „Nightfall“

Sammlungswürdig: Unbedingt

Hier geht’s zum Review von BLIND GUARDIAN – Nightfall in Middle-Earth

 

Zum nächsten Album: BLIND GUARDIAN – A Night At The Opera (2002)

 

 

A Night At The Opera (2002)

Über „A Night At The Opera“ kann man gespaltener Meinung sein. Vorwürfe zahlreicher Fans, es sei hoffnungslos überproduziert, sind vollkommen berechtigt. Gleichzeitig ist das ein Ausdruck davon, wie einmalig ambitioniert BLIND GUARDIAN auf diesem Album waren. Geschichten wie „Prescious Jerusalem“ oder „Punishment Divine“ sind sowohl inhaltlich als auch musikalisch eine Zierde für den Metal als Gesamtgenre. Und eingängigere Lieder wie „Battlefield“, „Sadly Sings Destiny“ und „Under The Ice“ haben heute nichts an Reiz verloren.

Und dann gibt es noch „And Then There Was Silence“. Den 14minütige Rausschmeißer kompliziert zu nennen, wäre eine grobe Untertreibung. Die metaltypische Abmischung von 2002, die nur laut und leise kennt, ist außerdem vollkommen überfordert, die vielen verschiedenen Nuancen des Epos abzubilden. Davon abgesehen ist es bis heute der Höhepunkt der BLIND GUARDIAN-Diskographie, was Einzelsongs angeht. Es sticht aus dem Gesamtwerk heraus wie ICED EARTH’s „Gettysburg“-Trilogie oder RHAPSODYs „Gargoyles – Angels Of Darkness“.

Zwei Lieder, die man kennen muss: „And Then There Was Silence“, „Punishment Divine“

Sammlungswürdig: Eines der großen Alben der Band, obwohl es kaum am Stück zu hören ist

Hier geht’s zum Review von BLIND GUARDIAN – A Night At The Opera

 

Zum nächsten Album: BLIND GUARDIAN – A Twist In The Myth (2006)

 

 

A Twist In The Myth (2006)

Für BLIND GUARDIAN-Verhältnisse ist „A Twist In The Myth“ ein recht konservatives Album. Die Kompositionen sind eingängiger und liedhafter als auf den Vorgängern, gleichzeitig sorgen markante Thrashriffs für neue Akzente. Zu diesem Zeitpunkt war die Band längst nicht mehr in der Lage, ein Album zu schreiben, das schlechter als großartig ist. Aber trotz vieler Ohrwürmer vermisst man ein wenig die großen Geschichten und Innovationen. Die Abmischung ist außerdem unangenehm muffig. Der Nachfolger spielt denselben Stil ausgereifter.

Zwei Lieder, die man kennen muss: „This Will Never End“, „Skalds And Shadows“

Sammlungswürdig: Starkes Album, wenn auch kein Ausnahmewerk

Hier geht’s zum Review von BLIND GUARDIAN – A Twist In The Myth

 

Zum nächsten Album: BLIND GUARDIAN – At The Edge Of Time (2010)

 

 

At The Edge Of Time (2010)

Das derzeit letzte Album BLIND GUARDIANs fühlt sich wie ein Übergangsalbum an. Klassische Power-Metal-Songs wie „Tanelorn (Into The Void)“ oder „Valkyries“ funktionieren zwar großartig, hätten aber in der Form auch schon auf vergangenen Alben stehen können. Neue Akzente werden vor allem durch Elemente gesetzt, die aus dem Genre hinausführen. So wie die erstmalige Nutzung eines echten Orchesters in „Sacred Worlds“ und „Wheel Of Time“ oder die gelungene Steptanzeinlage in „Curse My Name“. Ebenso wie der Vorgänger fühlt es sich ein wenig unambitioniert an, ist aber musikalisch erstklassig. Trotzdem wäre es wünschenswert, würden sich BLIND GUARDIAN auf kommenden Alben wieder das Ziel setzen, dem Genre etwas substanziell Neues zu geben.

Zwei Lieder, die man kennen muss: „Sacred Worlds“, „Wheel Of Time“

Sammlungswürdig: Kein Meilenstein, aber ein großer Vertreter des Genres


Hier geht’s zum Review von BLIND GUARDIAN – At The Edge Of Time

 

18.09.2013
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