Black Sabbath
Das Debüt auf dem Seziertisch
Special
Freitag, der 13. ist als Unglückstag bekannt und das auch völlig zu Recht. An Freitag, den 13. Februar 1970, also genau heute vor 50 Jahren, ist das unbetitelte Debüt von BLACK SABBATH erschienen, das erste Album, welches über metallische Ansätze hinaus geht. Dabei wurde es damals von der Kritik abgestraft: Rezensenten-Legende Lester Bings verglich das Quartett um Ozzy Osbourne mit CREAM, bloß seien diese wesentlich besser. Trotzdem konnte das Entstehen des Metals nicht mehr verhindert werden. Heute, 50 Jahre später, nehmen verschiedene Redakteure das Album auseinander und erklären die Faszination der einzelnen Songs.
1. Black Sabbath (Iommi, Ward Butler, Osbourne) – 6:21
BLACK SABBATH eröffnen „Black Sabbath“ mit „Black Sabbath“ – ein Song, der zugleich Doom-Blaupause und ein Verweis der Ursprünge der Band im Blues Rock ist. Und zugleich auch ein Statement dessen, was die Band darstellt, schließlich sind selbstbetitelte Werke oft selbstreferentiell und drücken eine gewisse Definition des Selbst aus, auch angesichts eines sechsminütigen Songs, der keinen Refrain als solchen enthält. An Selbstbewusstsein mangelte es der Band also ganz sicher nicht. Und rückblickend ist dieses Selbstbewusstsein auch berechtigt, wenn man bedenkt, welchen Einfluss dieses Werk im Gesamten heute immer noch hat.
Nach dem durch Glockenschlägen, Donner und Regen bestimmten Intro setzt eines der berühmtesten Tritonus-Riffs der Rock-Geschichte abrupt ein, das ein jeder Zeitlupen-Kuttenträger im Schlaf erkennen sollte. Repetition und Laut-Leise-Dynamik bestimmen den längeren, ersten Abschnitt des Stückes, während Ozzy Osbourne in den leiseren Parts seine klagende Stimme erhebt. Schließlich brechen die Blues-Wurzeln der Band im zweiten, kürzeren Abschnitt hindurch und bestimmen den etwas flotteren, triolischen Solo-Part, mit dem der Song auch zum Ende kommt. Der Übergang ist harmonisch geschickt gelöst und hervorragend umgesetzt, sodass hier rein gar nichts ins Stolpern gerät. Selbst dahingehend haben BLACK SABBATH schon damals die Vorarbeit geleistet.
(Michael Klaas)
2. The Wizard (Iommi, Ward, Butler, Osbourne) – 4:24
Wie so viele Bands durchliefen auch BLACK SABBATH einige Namenswechsel. Am Anfang ihrer Namensfindung stand POLKA TULK BLUES BAND. Zugegeben, mit dieser sperrigen Wortkonstruktion hielt sich das Quartett nicht lange auf. Doch enthält sie mit dem Blues das Genre, welches die Basis für den dämonischen Sound von BLACK SABBATH bildet. Und kein Song auf ihrem Debüt macht das so deutlich wie „The Wizard“. Verantwortlich dafür ist Tony Iommis Einsatz der Slidegitarre und das fantastische Mundharmonikaspiel von Ozzy Osbourne. Mit lyrischen Querverweisen auf „Der Herr der Ringe“ etabliert die Band außerdem eine der wichtigsten Inspirationsquellen für Metal-Texter aller Generationen.
(Dominik Rothe)
3. Behind The Wall Of Sleep (Iommi, Ward, Butler, Osbourne) – 3:37
Der Titel dieses Songs ist angelehnt an die Kurzgeschichte „Beyond the Wall of Sleep“ von H.P. Lovecraft. Mit deren Inhalt hat die Geschichte, die dieses Lied sowohl musikalisch als auch lyrisch erzählt, allerdings nur bedingt zu tun. „Behind the Wall of Sleep“ nimmt die Zuhörer mit auf eine Reise durch einen Traum, der zum Alptraum wird, schließlich aber mit einem erleichterten Aufwachen endet.
Der Songs selbst bildet diesen kleinen Trip konsequent ab, beginnt mit einer fröhlichen Melodie und einem erhebenden Riff. Doch mit dem Einsetzen von Ozzys Gesang schlägt die Stimmung um, als würden Wolken einen zuvor sonnigen Himmel verdunkeln. Es folgt die Steigerung zu einem treibenden Beat, der dank der Texte fast schon beklemmend wirkt, wird doch die Angst vor dem endlosen Schlaf dargestellt. Seine Zuspitzung erlebt dieses Lied in einem kurzen Gitarrensolo, das dank des knarzenden Basses eine düstere Klangfärbung behält.
Wenn der Song am Ende schließlich wieder an den Anfang anknüpft, mag sich trotz der gleichen Töne nicht wieder die ursprüngliche Unbekümmertheit einstellen. Die Angst aus dem Traum begleitet den Erwachenden in den Tag. Ein schönes Beispiel dafür, wie ein Song eine Geschichte erzählen kann, deren Stimmung sich in der Musik wiederfindet.
(Marc Thorbrügge)
4. N.I.B. (Iommi,Ward,Butler,Osbourne) – 6:18
Bei BLACK SABBATH übersieht man gerne, dass es sich dort um drei extrem begabte Musiker handelt. In ‚N.I.B.‘ kann Geezer Butler dies mit einem einleitenden Solo unter Beweis stellen. Iommis repetitives Spiel und leise Passagen stechen da ins Ohr. Ansonsten geht es vermehrt um Textuntermalung. In dem Text versucht ein lyrisches Ich, welches sich als Luzifer zu erkennen gibt, eine Frau mit Objekten außerhalb des menschlichen Fähigkeiten wie die Himmelskörper oder die Unsterblichkeit zu verführen. Die Ausflucht der BLACK-SABBATH-Mitglieder, dass der Okkultismus von außen herein getragen wurde, wirkt gerade bei diesem Text ziemlich albern.
(Philipp Gravenhorst)
5. Evil Woman (Wiegand, Wiegand, Wagner) – 3:22
Der Manager von BLACK SABBATH bleibt knallhart bei seiner Meinung. Die Jungs sollen einen Hit aus den US-Charts covern, damit es auch zum Erfolg in Übersee kommt. Die Wahl fällt auf den CROW-Song „Evil Woman“, der zwischenzeitlich auf Platz 19 der Charts aufgestiegen ist. Die Band willigt schließlich ein und nimmt den bluesigen Rock-Song auf.
Im Vergleich zum Original werden die Blasinstrumente gestrichen. Deren Sound übernimmt komplett Gitarrist Tony Iommi, der sich schließlich auch richtig austobt und den Song mit einem knackigen Solo aufpeppt. Auch Bassist Geezer Butler motzt die ohnehin schon ordentlichen Bassläufe des Originals gehörig auf. Ozzy hingegen klingt am Mikro eher lustlos, wenngleich seine markante Stimme dem Song eine eigene Note verleiht. Auch Schlagzeuger Bill Ward bleibt nahe beim Original.
„Evil Woman“ kann mit seinem eingängigen Refrain zwar für einige Ohrwürmer sorgen, bleibt aber jedoch eine Nummer, wie es sie damals zuhauf gibt. Der eigene Stil von BLACK SABBATH kommt zu kurz. Folgerichtig floppt die Single, die der Band in den USA den Weg ebnen soll. Da importieren die Fans der ersten Stunde lieber die UK-Version, bei der „Evil Woman“ nur die B-Seite ist und „The Wizard“ zeigt, was die Jungs aus Birmingham eigentlich draufhaben. Als die US-Version des Albums im Juni 1970 auf den Markt kommt, fehlt der Song schließlich auf der LP und wird durch „Wicked World“ ersetzt – wider auf Anraten des Managements, das sich danach nur noch wenige Fehlgriffe leistete.
(Marc Thorbrügge)
6. Sleeping Village (Iommi, Ward, Butler, Osbourne) – 3:48
Es braucht nicht immer viele Worte, gerade wenn man, wie BLACK SABBATH, äußerst begabte Musiker in der Band hat. Das schwere Riff am Anfang deutet zunächst auf einen ähnlichen Doom-Brecher wie der Titeltrack hin. Doch ‚Sleeping Village‘ zeichnet sich durch seinen Jam-Charakter aus. Iommi soliert über eine Minute und spielt das, wofür es in den anderen Song keine Zeit gibt. Letztendlich hat dieses Stück zwar nur eine einleitende Funktion für das zehneinhalbminütige ‚The Warning‘, aber als solches macht es ziemlich heiß.
(Philipp Gravenhorst)
7. The Warning (Dunbar, Moreshed, Dmochowski, Hickling) – 10:34
Seien wir mal ehrlich: Laut Experten handelt es sich zwar bereits beim Opener „Black Sabbath“ um den ersten Doom-Song, so richtig doom-doom-doomig wird’s dann aber erst bei „Warning“. Die Nummer ist nicht nur ein akustischer Drogenrausch, sondern donnert mit wuchtigen Gitarren und dem wabernd-ausurfenden Solo dermaßen urgewaltig davon, dass man sich ernsthaft fragen muss, ob da nicht doch der Teufel seine Finger im Spiel hatte. Ozzys markante Vocals, der eingängige Text und vor allem die unterstützende Rythmusfraktion tun ihr Übriges. „Warning“ ist damit der vielleicht innovativste SABBATH-Song aller Zeiten.
(Jonas Erbas)