Special
Black-Metal-Bands Polen
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Dass die Polen wissen, wie der Böller zündet und der Hase (um sein Leben) läuft, sollte nicht erst seit gestern bekannt sein: Die schlagkräftigsten, skurrilsten und atmosphärischsten Bands stellen wir euch hier vor! Das Special zu Black Metal aus Polen könnt ihr hier finden.
Wenn wir noch ein weiteres Kleinod aus dem Untergrund vergessen haben, gern in die Kommentare damit!
Viel Spaß mit den folgenden Bands!
CHRIST AGONY
CHRIST AGONY sind eigentlich schon so etwas wie die Opas der Szene, die niemand kennt. Seit 1990 unterwegs und somit ein Jahr älter als andere Krachkapellen wie BEHEMOTH oder HATE, die wesentlich bekannter geworden sind. Mangelnde Qualität kann man CHRIST AGONY nicht als Grund für ihre relative Unbekanntheit bis heute vorwerfen: Trotz bereits ab den Frühwerken wie „Unholyunion“(1993), „Daemonseeth – Act II“(1994) und „Moonblood – Act III“ (1996) inkorporierten, recht progressiven Einflüssen (akustische Gitarre, Ambient-Sounds, abwechslungsreiches Songwriting für die Zeit), bleibt der Kern der Band doch stets eingängige, aggressive und spieltechnisch höchste Düsterkunst!
DEUS MORTEM
DEUS MORTEM spielen seit 2011 aggressiven, rumpeligen Black Metal. Das Debüt „Emanations Of The Black Light“ (2013, wurde laut Inlay sogar Trondr Nefas von URGEHAL gewidmet) schlug schon ziemlich ein, eine EP namens „Demons Of Matter And The Shells Of The Dead“ folgte 2016. Seitdem ist es still geworden um die Satansbraten. Wer auf URGEHAL, alte MARDUK und ähnliche Konsorten kann, sollte mal reinhören.
WĘDRUJĄCY WIATR
Diese Band existiert noch nicht so lang (Gründung 2011), konnte aber schon bei eingeweihten Leuten einige Aufmerksamkeit erreichen. Es wird lo-fi Black Metal gespielt, allerdings in der atmosphärischen, naturverbundenen Variante. Denkt zurück zu den Frühwerken von WOVLES IN THE THRONE ROOM, auch was die Länge der Songs angeht – in diese Richtung kann man WĘDRUJĄCY WIATR einordnen. Der Name bedeutet so viel wie „wandernder Wind“, auch textlich widmet man sich der Natur und polnischer Folklore. Es sind zwei Langspieler draußen,
das Erstwerk „Tam gdzie miesiąc opłakuje świt“ (2013) und das neueste Album „O turniach, jeziorach i nocnych szlakach“ (2016). Als weitere Referenzen seien DRUDKH, SAOR und NEGURĂ BUNGET genannt, auch wenn WĘDRUJĄCY WIATR vielleicht nicht ganz deren Epik so ausspielen und auch nicht ganz dieselbe Qualität erreichen. Trotzdem unbedingt empfehlenswert!
NON OPUS DEI
Zugegeben, NON OPUS DEI sind nicht allzu gut weggekommen bei uns, was Punkte angeht (siehe Reviews zu „Eternal Circle“ 2010 und „The Quintessence“ 2006). Das mag an ihrer ziemlichen Sperrigkeit liegen. Während auf den Erstwerken noch ziemlich traditioneller Black Metal gezockt wurde, wenn auch hin und wieder mit folkigen oder cleanen Passagen durchzogen, sind auf den nachfolgenden Alben längere Songs mit schrägen Riffs, exotischen Instrumenten wie Violine, Bozuki und mehr untergekommen, während auf den neueren Alben eine gewisse Death-Metal-Schlagseite festzustellen ist. Das ist teilweise gefährlich nahe an BEHEMOTH, aber degeneriert glücklicherweise nicht zur Kopie. Gebt somit den nicht göttlichen Handwerkern mal eine Chance.
SACRILEGIUM
SACRILEGIUM sind eher von der langsamen Sorte… bereits seit 1993 existent, konnte man es neben den obligatorischen Demos, EP’s und Compilation Beiträgen gerade mal auf zwei Alben bringen: „Wicher“ (1996) und ganze zwanzig Jahre später „Anima Lucifera“ (2016). Während das Erstwerk sich noch hauptsächlich in primitivem, aber bereits damals schon symphonisch unterstütztem und recht mystisch daherkommendem Black Metal bewegte (und mich teilweise auch an SARGEIST erinnert), hat auf dem Zweitwerk der orthodoxe Black Metal neben einer zeitgemäßen Produktion Einzug erhalten. Alle die Bands im Fahrwasser von LVX CAELIS und HETROERTZEN, also relativ melodischen, okkult beeinflussten Black Metal mögen, können ruhig mal reinhören.
KRIEGSMASCHINE
Wenn man so will ist KRIEGSMASCHINE das kleine Nebenprojekt von den zwei MGŁA Haupt-Mitgliedern Maciej und Mikołaj (oder eher anders herum?). 2001 gegründet, wurde 2003 ein erstes Demo veröffentlicht. Trotz späterer Gründung gab es somit erst Musik von KRIEGSMASCHINE und dann von MGŁA. Im Gegensatz zu den Kapuzenmännern, die relativ straighten Black Metal spielen, sind sie ausladender, weniger minimalistisch, dafür martialischer und gleichzeitig anspruchsvoller. „Altered States of Divinity“ (2005) schlug im Untergrund mit seiner rabiaten, aber dennoch technisch ausgefeilten Herangehensweise an, während das Zweitwerk „Enemy Of Man“ (2014) wesentlich sperriger, schwerfälliger und moderner unterwegs war. Still und heimlich haben KRIEGSMASCHINE mittlerweile auch ihr neues Album „Apocalypticists“ veröffentlicht, was die Marschrichtung von „Enemy Of Man“ fortsetzt. Definitiv (komplett hier) aus checken!
BLAZE OF PERDITION
Während für mich BLAZE OF PERDITION bis zu „The Hierophant“ (2011) lediglich eine mehr oder weniger gute WATAIN-Kopie waren, haben die letzten beiden Alben „Near Death Revelations“ (2015) und „Conscious Darkness“ (2017), die ganz im Schatten des schrecklichen Tourunfalls in Österreich 2013 folgten (bei welcher Bassist Wojciech „23“ Janus verstarb und Sänger Sonneillon und Drummer Vizun schwer verletzt wurden), die Band definitiv in die Champions League des Black Metal befördert: Songwriting-technisch ausgereifter, progressiver geworden, eine neu gefundene Emotionalität in der Musik, packende Songs, was wünscht man sich mehr? So will man modernen Black Metal hören!
OUTRE
OUTRE sind relativ neu (Gründung 2012) und können auf zwei EPs und ihre erste Full-Length „Ghost Chants“ (2015), welche ganz gut von Fans und Kritikern aufgenommen wurde, zurückblicken. Auf der ersten EP „Tranquility“ (2013) wurde noch äußerst avantgardistisch und ausladend vorgegangen – manche sprechen von Post-Black Metal, was ich allerdings nicht ganz unterschreiben würde. Heute spielt die Band durchaus modernen Black Metal, mit dissonanten Anlehnungen, weswegen sie oft mit DEATHSPELL OMEGA verglichen wurden. Ganz so ausladend und orthodox wie die Franzosen geht man dann doch nicht zu Werke.
Bestes Alleinstellungsmerkmal sind eigentlich die genialen Vocals von Fronter Stawrogin, der von typischen Growls und Screams spielerisch zu beschwörendem Flüstern und leidendem Wimmern gehen kann. Die letzte Scheibe „Hollow Earth“ kam vor kurzem heraus (und bei uns nicht ganz so gut weg), ein Austesten sind OUTRE aber allemal wert. Alleine schon um die Evolution von „Tranquility“ zum neuen Material zu hören.
CULTES DES GHOULES
Manchmal hat man bei Black-Metal-Bands ausgefeilte lyrische Konzepte, manchmal nur billigen „Hail Satan!“-Scheiß. CULTES DES GHOULES überzeugen mit ersterem: „Coven, Or Evil Ways Instead Of Love“ (2016) ist beinahe so etwas wie eine Black-Metal-Operette mit kultig-oldschooliger, aber auch in Teilen progressiver Herangehensweise. Die Reaktion auf Kritiker, die ihre Songs als zu lang auf den auch schon im Untergrund sehr gefeuerten Frühwerken „Häxan“ (2008) und „Henbane“ (2013) bezeichneten? Ein ausgestreckter Mittelfinger und das Versprechen, auf dem nächsten Album einfach noch längere Songs zu komponieren (was auch erfüllt wurde). Vor kurzem wurde das neue Album „Sinister“ veröffentlicht, was auch die Kritiker und Fans gleichermaßen überzeugen konnte. All Hail dem GHOULES-Kult!
MOROWE
Für MOROWE aus dem Let the World Burn-Umfeld zeigt sich kein geringerer als das Mastermind Nihil, der auch bei FURIA aktiv ist, verantwortlich. Oft ins Post-Black-Metal-Eck gestellt, sind MOROWE aber doch um einiges aggressiver und oppressiver. Statt innig gerichteter Melancholie gibt es viel mehr die ganze Verzweiflung und den Dreck, die Hässlichkeit des modernen Lebens entgegengeschleudert. Eines ist sicher: Viel besser als auf „Piekło.Labirynty.Diabły“ kann man modernen Black Metal nicht zelebrieren. Gerade die abwechslungsreichen und emotional höchst ansprechenden Vocals tragen viel zu der dichten Atmosphäre bei. Auch die Riffs schielen beim neuesten Album „S“ teilweise eher bei NEUROSIS und ISIS vorbei als DARKTHRONE und Co. Definitiv ein interessanter Genre-Mix!
IPERYT
IPERYT kann man nur als Terrorgruppe bezeichnen: Ihr garstiger Black Metal, der mit Industrial und Terrorcore (das ist in etwa so wie das Gabberzeug, das man aus einer berühmten HDR-Parodie oder von niederländischen Raves kennt, nur noch schlimmer) vermischt wird, bläst zarter besaiteten Individuen schnell die Lichter aus. Freaks suhlen sich hingegen im akustischen Dauersperrfeuer. Ein sehr schwarzer Humor scheint bei ihnen ebenfalls durch, in Titeln, Albencovern und Lyrics. Das Gesamtpaket konnte uns nicht wirklich überzeugen, „No State of Grace“ (2011) und „The Patchwork Gehinnom“ (2017) fuhren nicht gerade hohe Punktzahlen ein. Für auditorische Extremisten.
VESANIA
Bei VESANIA haben wir es mit einer symphonischen Black Metal Band zu tun, in der ein gewisser Orion, besser bekannt als Bassist bei BEHEMOTH, hier nun die Gitarre bedient und Vocals beisteuert. Über die Jahre hat sich eigentlich nicht viel verändert: Im Sound durchaus auch von Death Metal beeinflusst, mit einer recht klaren Produktion für Black Metal Verhältnisse und symphonischen Einsprengseln wurde über alle Jahre mal straighter (so das Debüt „Firefrost Arcanum“ und „God The Lux“), mal kommerziell orientierter musiziert (die letzten beiden Alben „Distractive Killusions“, „Deux Ex Machina“): Aggressiv, bombastisch, aber niemals stumpf unterwegs, sind VESANIA so etwas wie DIMMU BORGIR’s kleiner, weniger bekannter Bruder.
MEDICO PESTE
Der „Pestarzt“ verschreibt seine Medizin seit 2011 und konnte ein Jahr später mit „א: Tremendum et Fascinatio“ dann schon sich Gehör verschaffen. Hier sind gestandene Musiker am Werk, die unter anderem auch in anderen Bands wie BESTIAL RAIDS oder MORD’A’STIGMATA spielen. Es wird sehr midtempo-lastiger, aufgrund der Riffs aber auch sehr garstiger Black Metal gespielt. Ähnlich wie bei den Isländern SVARTIDAUƉI scheint die Taktik weniger im Frontalangriff und mehr in der schleichenden Agitation zu liegen. Bis auf die folgende EP „Herzogian Darkness“ im letzten Jahr ist es sonst sehr still geblieben um die Truppe.
ARKONA
Es gibt in den Metal Archives genau vier Bands mit dem Namen Arkona (ich hatte sogar mit noch mehr gerechnet): eine aus Polen, eine aus Tschechien und zwei aus Russland. Die russischen Folk-Metaller ARKONA sind wahrscheinlich am bekanntesten, aber auch die polnischen ARKONA sind ein Reinhören wert. ARKONA ist der Name eines Kaps auf einer Insel in der baltischen See, die heute zu Deutschland gehört, damals aber noch von einem slawischen Stamm besetzt war: Rügen! Anstatt historischen Geschichten befassen sich die polnischen ARKONA aber eher mit dem Deibel und heidnischen Themen, wenn auch ausschließlich auf polnisch.
Seit 1994 unterwegs und mit einem großen musikalischem Output gesegnet (6 Alben, 3 Demos, 7 Split- und EP-Beiträge), wurde bei uns bislang nur deren letztes Album „Lunaris“ (2016) unter die Lupe genommen. Während die alten Werke noch im primitiven und rauen Black Metal Marke DARKTHRONE und BURZUM im Hinblick auf Songwriting und Soundqualität einzuordnen sind, wurden die letzten Werke ab „Chaos.Fire.Ice“ (2014) relativ modern produziert und inkorporieren viele Einflüsse: Filmmusik-Synthies, epische Melodien, Groove und Midtempo sind darauf zu finden.
THAW
THAW, die ebenfalls „jungen“ Schlesier (Gründung 2010) können eine hohe Arbeitsmoral vorweisen: In knapp acht Jahren hat man es auf vier Alben, einige Demos und Splitbeiträge gebracht. Der Sound ist auf dem Bandfoto schon ganz gut mit eingefangen: Zäh und schwer durchdringbar, so wildern THAW doch gerne in Ambient und Noise und sind somit etwas anders unterwegs als die „normale“ Black-Metal-Band. Auch Drone- und Doom-Einflüsse finden sich in ihrer Musik wieder. Das kommt nicht bei allen immer gut an, ihr letztes Werk „Grains“ (2017) kam bei uns weniger gut weg als Vorvorgänger „Earth Ground“ (2014), was vielleicht auch an etwas zu großer Orientierung an den un-metallischen Einflüssen liegt. THAW sind aber ein Reinhören definitiv wert, vor allem für Leute die ein wenig über den „Standard“ Black Metal hinaus schauen wollen.
VOIDHANGER
VOIDHANGER rekrutiert sich aus INFERNAL WAR- und MASSEMORD-Mitgliedern, sind rein musikalisch aber weder bei der einen noch anderen Band zu Hause. Neben proletarischer Aggression in Form von Zornesgebeten (Debüt „Wrathprayer“, 2011), über ihre Selbstdefinition als „Working Class Misanthropy“ (2014) , wird bei den Schlesiern mit Einflüssen aus Thrash, Death und selbst stumpfen Hardcore-Anleihen aber ebenfalls zünftig Gaudi geboten, auch auf dem letzten Album „Dark Days Of The Soul“ (2017).
Stellt euch einen Bastard aus alten THE CROWN (oder vielleicht auch LEGION OF THE DAMNED) und AURA NOIR, also recht angeschwärzten Thrash vor, mit einer Pulle Black Metal aufgezogen. Heraus kommt ein Balg, was niemand mag, ordentlich austeilt und beinahe schon seine Schöpfer ausnocken könnte. Angepisst genug dazu sind VOIDHANGER allemal. Verständlich, ist ja auch langweilig die ganze Zeit im Void abzuhängen. Hätten die Linken VOIDHANGER als Musik für die abgehängte Unterschicht in ihrem Angebot, vielleicht würde das mit der Revolution von unten tatsächlich klappen. Wird aufgrund der Bandvergangenheit einiger Mitglieder aber eher schwierig werden.
LVX OCCCULTA
Als die „polnischen ULVER“ von manchen bezeichnet, haben LVX OCCULTA tatsächlich eine ähnliche Entwicklung zu den Norwegern durchgemacht: Während die Erstwerke auch noch weitgehend im klassischen Black Metal verwurzelt waren, wurde spätestens seit „My Guardian Anger“ (1999) tief in die musikalische Trickkiste gegriffen: Arabische Skalen, Flamenco-Zitate, Keys & Synthies. Auch spätere Werke wie „The Mother And The Enemy“ und „Kołysanki“ lösten sich fast vollständig von den Black-Metal-Wurzeln und bauten Industrial, Ambient und Noisecollagen mit in den Sound ein, was nicht bei allen Fans der ersten Stunde auf Gegenliebe stieß. Faszinierend, eigen und verstörend sind LVX OCCULTA jedoch geblieben.
AZARATH
Und ein weiteres bekanntes Gesicht aus BEHEMOTH: Inferno hat ebenfalls mit diversen Nebenprojekten Vorlieb genommen. Auch wenn er als einziges Gründungsmitglied übrig geblieben ist, Mastermind hinter den letzten AZARATH-Platten ist eigentlich Necrosodom (Gitarre und Gesang) gewesen, der letztes Jahr aber auch gehen musste. Trotz rotierendem Besetzungskarussell bleibt die Band äußerst beständig. Man mag mokieren, dass AZARATH eigentlich eher in die Death-Sparte gehört, aber ich habe mich entschieden sie trotzdem mit hineinzunehmen, da definitiv Einflüsse und eine gewisse „Giftigkeit“ aus dem Black Metal hier mit drin steckt, von den Texten mal ganz zu schweigen. Und mehr Inferno ist schließlich nie verkehrt, oder? „Blasphemers Maledictions“ (2011) oder „In Extremis“ (2017) blasten fix und mit Klasse durchs Unterholz!
FURIA
Mit der Band um die beiden Masterminds Nihil (Gitarre, Vocals) und Namtar (Drums, Vocals bei MASSEMORD) gibt es in dieser Liste einen weiteren Hochkaräter: Black Metal bildet das Fundament, aber sowohl Post-Anklänge, von Folk beeinflusste Passagen und eine gewisse polnische Art, die auch über Lyrics, Coverartworks und Sound Einzug findet, macht FURIA zu mehr als der Summe der Teile. Somit ist auch die Selbstbezeichnung als „Necrofolk“, die sich nicht auf Black Metal beschränkt, einleuchtend.
Ob das nun atmosphärischer Black Metal wie auf dem Debüt und dem Zweit- und Drittwerk war („Martwa Polska Jesień“ 2007, „Grudzien za Grudniem“ 2009, „Marzannie, Królowej Polski“ 2012) oder aber experimentelleres wie auf den letzten Alben ( „Księżyc milczy luty“ 2016, „Nocel“ 2014): Es steht immer Qualität ins Haus. Auch live sind FURIA immer wieder ein Genuss. Mittlerweile kann die Band sogar auf einen kulturellen Ritterschlag zurückblicken: Für das Theaterstück „Wesele“ (basierend auf einem Drama des Poeten Stanislaw Wyspianski) im berühmten Stary Theater in Krakau durften sie Musik beisteuern. Immer auf der Suche nach der nächsten künstlerischen Herausforderung.
BESTIAL RAIDS
War Metal ist im Sparten-Genre Black Metal noch einmal eine kleinere Sparte… absolute Bosheit und Dunkelheit wird hier mehr über die gerade noch so wahrnehmbaren Gitarren der Kellerproduktion und meist unnachgiebiges akustisches Sperrfeuer des Schlagzeugs erzeugt. Dass dementsprechend wenig Leute drauf abfahren, ist klar. Während in den skandinavischen Ländern durchaus viele War-Black-Metal-Bands verkehren, ist in Polen neben BESTIAL RAIDS nicht viel zu finden, was ihnen einen kleinen Sonderstatus einräumt. Trotz der primitiven Herangehensweise konnten sie den Kollegen Möller mit dem neuesten Album „Master Satan’s Witchery“ (2017) überzeugen. Die Band rekrutiert sich im übrigen aus CULTES DES GHOULES und MOROWE Mitgliedern.
ODRAZA
Allein mit dem Cover ihres Debüts haben ODRAZA (passend zum Namen, denn auf Deutsch steht er für Ekel) für mich schon den Vogel abgeschossen und verständlich gemacht, was folgen wird: Der Ekel, die Conditio Humana, nach der wir auch nichts weiter als stinkende, fette Haufen Fleisch sind. Misanthropie, Nihilismus, Verachtung, all das findet man auf „Esperalem Tkane“ (2014). Alkohol- und Drogenmissbrauch, die menschliche Vergänglichkeit, das sind die Themen mit denen man auf diesem Album konfrontiert wird. In welche Metal-Postille man auch schaute: Es hagelte gute Noten. ODRAZA sind relativ neu (gegründet 2014) und müssten uns eigentlich mit einem neuen Werk in Zukunft „beglücken“. Ich mein, wo findet man auch sonst Jazz-Standards und experimentelle Passagen neben keiferndem Black Metal, der einen wie ein tollwütiger Köter anspringt?
BESATT
Als eine schon sehr lange im polnischen Untergrund herumlärmende Band (Gründung 1991) haben BESATT sich ihren Platz in dieser Liste definitiv verdient. Mit einem ungewöhnlichen Namen (ähnlich OUTRE) versehen (BESATT ist schwedisch/norwegisch für „Besessen“), spielen sie allerdings recht einfach gehaltenen, traditionellen Black Metal. Das gilt allerdings nicht für die Qualität, die erstaunlich hoch ist: BESATT scheinen die polnische Arbeitsmentalität verinnerlicht zu haben, so gibt es beinahe kaum ein Jahr in ihrer über 25-jährigen Karriere, in dem NICHT eine Veröffentlichung, wenn auch nur in Form von EP oder neu aufgelegtem Demo, heraus kam. Soundtechnisch wesentlich näher an ihren skandinavischen Brüdern der zweiten Welle zu Zeiten der Frühwerke (etwa „Black Mass“), heute ebenfalls mit moderner Produktion und einem Sound unterwegs, der auch andere Einflüsse nicht scheut. Empfehlenswert für Leute, die neues Futter im Stil von DARKTHRONE, GORGOROTH und Co. suchen.
BIESY
Da Marcin (Drums) und Stawrogin (Vocals, auch Gitarre bei MASSEMORD und praktisch alle Instrumente bei ODRAZA) von OUTRE scheinbar immer noch kreativen Rest-Überschuss haben, war im Jahr 2014 BIESY (polnisch für Biest, Dämon) geboren. Bis zur ersten Veröffentlichung „Noc lekkich obyczajów“ (2017) dauerte es dann aber noch einmal drei Jahre. Ihre Herangehensweise ist sehr viel moderner, es werden die dunklen Aspekte der Zivilisation und des Stadtlebens beleuchtet, Post-Einflüsse treffen auf herunter gestimmte Gitarren, eine breite Schippe dissonanten Death-Metal-Einflusses, wie ihn ZHRINE oder ULCERATE haben und introvertierte Instrumentalabfahrten. Nicht ganz leicht verdaulich, aber äußerst verstörend und depressiv. Definitiv eine sehr interessante Band, deren weitere Entwicklung ich spannend verfolge.
MORD’A’STIGMATA
Obwohl man den Sound von MORD’A’STIGMATA durchaus als Post-/Avantgarde bezeichnen könnte, den kalten und fiesen Kern des Black Metals hat man sich bewahrt. Großzügig ausgelegte Song-Längen und wild ausufernde Songs sind nichts Fremdes für die Band um unter anderem ehemalige BLAZE OF PERDITION-, MEDICO PESTE- und MOROWE-Mitglieder.
Die neuesten Veröffentlichungen, die EP „Our Hearts Slow Down“ (2015) und das Album „Hope“ (2017) sind nicht sonderlich gut bei uns weggekommen. Der Hauptkritikpunkt war eine geringe Zugänglichkeit und unentschiedene Kompositionen, die zwischen träumerischen Post-Passagen und orthodoxer Düsternis hin und her schwankten, ohne einen roten Faden zu haben. Das haben andere Kritiker und vor allem Fans durchaus anders gesehen. Alle Fans von Bands aus dem „Let the World Burn“-Umfeld, aber auch von BLAZE OF PERDITION oder MGŁA können gern mal reinhören.
MASSEMORD
Wie schon bekannt, setzt sich MASSEMORD (nicht zu verwechseln mit der norwegischen Band selben Namens) als eine Art Supergroup von Mitgliedern aus FURIA und ODRAZA (respektive MOROWE) zusammen: Namtar, Nihil, Stawrogin, Priest und Sars haben auf ihrem Debüt „Let The World Burn“ (was später auch Name für das Musiker-Kollektiv werden sollte) noch garstige Überschallblasts im Geiste von MARDUK dem geneigten Hörer entgegen gepfeffert, auf späteren Alben hat man sich dann künstlerisch weiter aufgestellt.
Das Magnum Opus ist bei Fans und Kritikern wohl das garstige und gleichzeitig anspruchsvolle „A Life-giving Power of Devastation“ (2013), aber auch der Vorgänger „The Madness Tongue Devouring Juices Of Livid Hope“ (2011), der Post-Black und Sludge-Einflüsse mit in den Sound einwob und aus nur einem Song besteht, ist ein Reinhören wert. Aggressiv, seltsam andersartig, mit einer fast narkotischen Atmosphäre und irgendwo dann wieder auch ziemlich abgefuckt… MASSEMORD sind ein Phänomen, was man mal getestet haben muss. Um anschließend zu wissen, wo die persönliche Grenze liegt.
Bonus:
EVILFEAST – Alt und traditionell
EVILFEAST dürften besonders Liebhabern der alten skandinavischen 90er im Black-Metal ein Begriff sein. Falls nicht, sind EVILFEAST es jetzt. Als Ein-Mann Projekt von Jakub Grzywacz, besser bekannt unter dem Alter Ego GrimSpirit, konnte seit Gründung 2002 bereits ordentlich Futter produziert werden: Fünf Alben und eine Handvoll EP’s und Split-Beiträge sind auf der Habenseite. Dabei kamen das 2011er Werk „Wintermoon Enchantment“ und auch das letzte Album „Elegies Of The Stellar Wind“ (2017) speziell beim Kollegen Möller schon sehr gut weg.
Ähnlich wie BESATT geht man traditionell, „grim und frostbitten“ zu Werke, womit man sich für eine polnische Band nicht allzu sehr mit eigenen Merkmalen abhebt, aber durchaus qualitativen Schwarzstahl vorweisen kann. Wenn trotz allem Konservatismus Vergleiche zu BURZUM’schen Frühwerken oder LUNAR AURORA nicht weit sind, schnalzt der Gourmet-Liebhaber schon mit der Zunge.
SEAGULLS INSANE AND SWANS DECEASED MINING OUT THE VOID – neu und abgefahren
Mit ihrem gleichnamigen Debüt (2011) konnte diese Band mit dem abgefahrenen Namen, von denen wahrscheinlich die wenigsten bisher gehört haben dürften, in ganz kleinen Kreisen im Untergrund von sich reden machen. Dabei stecken auch hier keine Unbekannten hinter: Umtriebiges Mastermind Nihil (auch FURIA und MASSEMORD) hat hier seine Liebe zu akustischen Experimenten auf die Spitze getrieben. Betitelt von I-V, musikalisch zwischen Drone, Ambient, Samples, Synthies, reduziertem Minimalismus und noisigen Eskapaden wird hier sein ganz eigenes Süppchen gekocht. Schmeckt nicht jedem, ist aber definitiv verstörend.