Berni Meyer
Black Mandel
Special
Nachdem Mandel und „Siggi“ Singer im ersten Teil von Berni Meyers Krimi-Serie noch im heimischen Berlin unterwegs waren, geht es in „Black Mandel“ nach Norwegen, genauer nach Bergen. Wie der Titel, Cover und auch der Ort des Geschehens erwarten lässt, finden sich die beiden Ex-Musikjournalisten und jetzigen Detektive diesmal mitten in der Black Metal-Szene wieder.
Erneut sind es vor allem die Kenntnisse über die Abläufe und Hintergründe im Musik-Business, die für Unterhaltung sorgen – zumindest auf meiner Seite. Denn Mandel und Singer schlittern, als gerade Flaute in ihrer Detektei herrscht, aus heiteren Himmel in ihrem nächsten Fall. Aufgrund einer Konzerteinladung, die, wie das bei Presseverteilern häufig üblich ist, bei längst nicht mehr aktiven Journalisten eintrudelt, folgen die beiden dem verlockenden Ruf zur Reunion-Show der fiktiven Black Metal Band Dark Reich. Dass sie das Konzert bei einigen Bieren recht flott verpassen, ist beinahe obligatorisch, ähnlich vorhersehbar verhält es sich mit dem plötzlichen Verschwinden eines Musikers der Band. Viele Zufälle ebnen den Weg hin zu einem neuen Fall und einer ganzen Arie von Nebenschauplätzen, die das Geschehen in den besten Fällen auflockern, zeitweise aber auch unnötig in die Länge ziehen. Auf dem Zettel steht nicht nur die nächste Frau, die den beiden den Kopf verdreht, sondern auch Kirchenbrandstiftung (welch Überraschung), skurril anmutende Musiker und eine Nahtoderfahrung. Dabei treffen Mandel und Singer auf vielerlei Protagonisten, die ihre Vorlage in der Realität wiederfinden, neben einem Techno-Platten auflegendem Drummer finden sich auch Varg Vikernes sowie Euronymous in abgewandelter Form im Roman wieder. Das führt zu einigen Verwirrungen, gerade weil einige der Bands tatsächlich mit realen Namen wieder auftauchen. Auch die Schauplätze wurden möglich realitätsnah ausgelegt, neben dem Massaker (das Äquivalent zum Helvete) darf auch die Fantoft-Stabkirche nicht fehlen. Kenntnisse der Geschehnisse der damaligen Zeit sind also vorhanden.
„Black Mandel“ wird meist auf humoristische Weise erzählt, bietet amüsante Dialoge und viele wahnwitzige Begebenheiten, die für kurzweilige Unterhaltung sorgen, aber die Hauptgeschichte, die Suche nach dem verschwundenen Baalberith, beinahe in Vergessenheit geraten lassen. Als sich nach der nervenaufreibenden Suche am Ende, sofern noch verfügbar (und nicht etwa verhaftet) alle Charaktere zum Showdown im Massaker zur Klärung des Falls einfinden, gibt es ein überraschendes Ende, mit dem ich in der Form nicht gerechnet habe, es an dieser Stelle aber natürlich nicht vorweg nehmen möchte.
„Black Mandel“ verlockt sicher nicht zum zwanghaften Durchlesen in einer Nacht, entwickelt aber recht flott soviel Spannung, dass man das Ende auch tatsächlich erleben möchte. Sieht man von den vielen Klischees über die Black Metal-Szene ab, macht gerade die teils humorvolle, teils offen kritische Auseinandersetzung mit der Szene und ihren vielen komplexen Diskussionsschauplätzen (Kriminalität, homosexuelle Musiker – Gaahl lässt auch in „Black Mandel“ grüßen – und rebellischer Satanismus/Paganismus) seinen Reiz aus. Natürlich sollte hier niemand eine Dokumentation über Black Metal erwarten, aber die teils recht verschwommene Grenze aus Fiktion und Realität kann leicht irreführend sein und hat mich zeitweise zusätzlich verwirrt. Den teils arg klischeehaften Geschehnissen stehen aber glücklicherweise etwas tiefgründigere Zeichnungen der einzelnen Personen gegenüber, die ein wenig der Oberflächlichkeit, mit der auch hier dem Thema Black Metal begegnet wird, entgegenstehen. Rein auf den Kriminalroman, der es nun mal ist, reduziert, bietet das Detektiv-Duo aber doch wieder einen charmanten Eindruck, der durch manch sprachliche Merkwürdigkeiten (die Artikel vor Vornamen sind immer noch nicht verschwunden) durchaus kurzweilige Unterhaltung, die in Anbetracht der Fülle (auch hier lässt die Musik-Branche grüßen) an veröffentlichten Bücher keinesfalls zur Pflichtlektüre gehört, dazu fehlt Meyer in den entscheidenden Momenten etwas das Fingerspitzengefühl oder die gute Idee, um aus einer potenziell spannenden Geschichte eine wirklich nervenzehrende zu machen. Nett, aber ohne Suchtpotenzial.
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