Behemoth
Das meint die Redaktion zu "The Satanist"
Special
Es ist nicht so, als hätte ich alles scheiße gefunden, was BEHEMOTH in den Zweitausendern bisher so aufgenommen hätten – diese einzige Schlagzeug-Wuchtbrumme, die sich anfühlt wie eine Wand aus Stahlbeton, der man mit Tempo 180 begegnet, die ultraharschen Effektvocals von Frontmann Nergal, all das hat natürlich etwas für sich. „Demigod“ zum Beispiel ist immer noch das perfekte „Guten Morgen, aus dem Bett, du Arsch“-Album, einen besseren Kaffee-Ersatz wird es wohl kaum geben. Und trotzdem haben die neueren Werke der Band nie so viel Wirkung auf mich gehabt wie die ungleich dynamischeren und noch deutlich Black-Metal-lastigeren Neunzigeralben. Und zu diesen kehren BEHEMOTH mit „The Satanist“ zumindest stilistisch ein Stück weit zurück. So ist das neue Werk der Polen nicht nur mit dem Namen an das 99er-Werk „Satanica“ angelehnt, auch der erste Vorabeindruck „Ora Pro Nobis Lucifer“ ließ den Blick deutlich in dessen Richtung schweifen und machte schon klar: Junge, da geht’s aber finster zu.
Und ja: BEHEMOTH nehmen sich auf „The Satanist“ in Sachen Tempo, Gewalt und auch (oberflächlicher) Eingängigkeit ein Stück zurück, stattdessen regieren Atmosphäre und Dynamik, vielschichtige Songs, die mit jedem Mal wachsen, und eine Detaildichte, die die Band in dieser Form wohl noch nie hatte. Sei es der fette Opener „Blow Your Trumpets Gabriel“, sei es „Messe Noire“ oder der grandiose Rausschmeißer „O Father O Satan O Sun“, BEHEMOTH ist anno 2014 ein ganz, ganz fettes Werk geglückt. In die 10/10-Begeisterungsstürme meiner Kollegen will ich nicht einstimmen, denn in jeglicher Hinsicht perfekt finde ich „The Satanist“ nicht (der Sound zum Beispiel ist zwar der beste seit mehreren Alben, aber das ginge noch finsterer). Trotzdem ist „The Satanist“ das beste BEHEMOTH-Album seit „Satanica“ und endlich mal wieder ein definitiver Meilenstein in der Geschichte dieser Band.
Stephan Möller | 9/10 Punkten
Selten habe ich mich mit einem Album so genau auseinandersetzen müssen, wie mit diesem Wurf BEHEMOTHs. Und selten lag mein Ersteindruck so weit abseits des letztendlichen Fazits. Denn beim ersten Durchhören war ich geradezu schockiert. Schon die ersten beiden Singles hatten einen sehr durchwachsenen Eindruck hinterlassen – bis auf das fantastische Video blieb nichts hängen. Eines vorab – die Polen zählen zu meinen absoluten Lieblingen. Alles, was nach „Grom“ kam und speziell die letzten drei Alben sind absolute Meisterwerke in Sachen atmosphärischer Death Metal. Und genau das ist „The Satanist“ eben nicht. Kein eingängiges Riffing, keine Hochglanzproduktion, keine Walzennackenbrecher.
Was die Band stattdessen auftischt, ist eine Anknüpfung an die frühe Black-Metal-Zeit – nur mit einigen Jahrzehnten Erfahrung mehr. Das Album wächst von einem Durchlauf zum nächsten – diese zähe Entwicklung ist schon beinahe gruselig. Denn ob man will oder nicht – man wird in Nergals Bann gezogen. Vor allem auf Kopfhörern breitet sich nach und nach die ganze Palette an Vielschichtigkeit aus, die beim ungenauen Hinhören kaum auszumachen ist. Wo früher Riffgewalt regierte, ist jetzt Platz für Klangteppiche. Bläser, Streicher, Chöre fräsen sich nach und nach ins Bewusstsein – jedoch weit abseits des DIMMU BORGIRschen Bombastes. Die Songs bahnen sich lavastromartig ihren Weg zur Perfektion. Und auf all dem thront Nergals Stimme, deren Paraphrasierung mal wieder fantastisch ist.
Es ist zweifelsohne irre, welchen Weg BEHEMOTH hier einschlagen. Sie kehren sich so ziemlich komplett von der Spitze ihres Schaffens („The Apostasy“) ab und kreieren eine Art akustischer Vertonung der satanischen Bibel. „The Satanist“ kann nur als ganzes Album genossen werden – erst dann stellen sich die Häärchen bei dem epochalen Finale „O Father O Satan O Sun!“ auf. Einzelne Songs funktionieren ohne den Rahmen kaum. Darin liegt für mich auch die Stärke dieses Werks – eine faszinierende Einheit. Schwer zugängig und unglaublich integrierend. Die auf den ersten Blick einfachen Melodien entfalten sich nach vier bis fünf Durchläufen als fantastische Ohrwürmer. Die faden Singles werden im Gesamtkontext plötzlich zu unverzichtbaren Bausteinen.
Trotzdem – „The Satanist“ ist für mich nicht das Meisterwerk, als das es momentan von allen Seiten angepriesen wird. Natürlich passt der rohe Sound viel besser in dieses neue Konzept, als die getriggerte Überproduktion eines „Evangelion“. Und natürlich entkommt die Band damit einer Sackgasse, auf die sie sich bei Beibehaltung des alten Kurses hätte zubewegen können (obwohl ich da so meine Zweifel habe). Die Simplizität (und mag sie auch so bewusst gesetzt sein), die stellenweise immer wieder auftaucht, bleibt aber Geschmackssache. Genau wie der Schlagzeugsound. Organisch hin oder her – die Toms bei „Amen“ (nur als Beispiel) klingen einfach merkwürdig. Auch die eher rockigen bis bluesigen Soli passen nicht immer zu der sonst dominierenden Diabolik. Doch das alles ist nach dem ersten Schock leicht zu verkraften. Denn BEHEMOTH schaffen es, ihre Zuhörer zu fordern – und diese Anstrengung dann zu belohnen. Und dafür muss man ihnen dankbar sein. Ich freue mich jetzt schon sehr auf die Live-Umsetzung dieser fantastischen Band.
Eugen Lyubavskyy | 8/10 Punkten
Das neue BEHEMOTH-Werk hat mich hin- und hergerissen. Nach einem guten Ersteindruck kam die Verwirrung und sie führte ein Gefühl von Enttäuschung an der Hand, das glücklicherweise in den Kinderschuhen steckenblieb. Die vielen positiven Worte, die ich zum Neuling im Hause Nergal und Co. schon gehört hatte, nährten meine Irritation aber zunächst. Weil sich der immense Facettenreichtum als musikalischer Irrgarten präsentierte. Ich geriet ins Straucheln: Ist die neue BEHEMOTH-Platte eine ebenso unausgegorene Entwicklungsleitersprosse wie bei WATAIN – mit einigen Stärken und ärgerlichen Schwächen? Doch plötzlich kristallisierten sich Elemente aus der Vielschichtigkeit heraus, die mich aufhorchen und dann aufatmen ließen. Die Elemente fügten sich zusammen, ergänzten sich, stachen hervor, bildeten ein Ganzes. „The Satanist„ hat mich in seinem Bann. Welch ein berauschend blasphemisches Hörerlebnis!
Auf dem Weg zur Perfektion lassen BEHEMOTH kaum etwas aus. Das beginnt mit dem Albumtitel, der in seiner angenehmen Prägnanz und als Spiegel der Ideologie vollends überzeugt. Nergal klingt anno 2014 um einige diabolische Nuancen energischer. Man lausche nur dem „I believe in Satan“, wenn er die Stimme in „Messe Noire“ erhebt. Apropos: Im selbigen Lied überrascht, überzeugt und überragt die traditionelle wie epische Soloarbeit im Ausklang – ein Beispiel für die erwähnten Elemente, die besonderen Momente von „The Satanist„. Zwei andere: das erhabene Ende von „Blow Your Trumpets Gabriel“ und der sich aufbauende Übergang im Anlauf von „Ora Pro Nobis Lucifer“. Die schwarze Magie zeigt sich sowohl in den Details als auch in längeren Passagen. In zweifacher Hinsicht hat man einen Fortschritt durch Rückschritt erzielt. Der Drum-Sound ist organischer (die Gitarren klingen nach wie vor zu glatt). Als größte Überraschung – und als größtes Geschenk – entpuppt sich jedoch die musikalische Ausrichtung im Allgemeinen. BEHEMOTH lassen ihre Schwärze nicht mehr nur in die Attitüde, sondern auch wieder in die Riffs fließen. Black Metal. „The Satanist„ ist noch kein Meisterwerk, aber ich bin auch noch nicht durch mit dem Album – der Bann ist stark, rabenschwarz und monumental …
André Gabriel | 9/10 Punkten
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Stile | Black Metal, Death Metal |
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