Babymetal
Am Stammtisch zu "Metal Resistance"

Special

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Anton: Was meinst du mit Kunstprodukt?

Jan: Na, über ein Musical schimpft doch auch niemand? Da steckt aber auch ein Konzept und musikalischer Gedanke dahinter. Betrachtet man es aus der Warte, würde es Metal gar nicht betreffen usw.

Klaas: Jan, für mich liegt das Problem gar nicht beim Produkt selbst – und BABYMETAL sind zweifelsohne ein Produkt und kein Projekt, das aus musikalischem Schöpfergeist heraus entstanden ist. Eigentlich sind es letzten Endes doch all jene, die das Produkt am Ende kaufen, die das eigentliche Problem sind. Warum also kauft jemand BABYMETAL?

Fabi: Micha hat natürlich Recht. Dennoch stellt sich die Frage, warum BABYMETAL dann ganze Stadien füllen und Scharen an Fans an Land ziehen, wenn sie nichts Besonderes sind.

Anton: Weil sie die breite Masse ansprechen, schätze ich. Wobei: Haben die hier bei uns schon mal ein Stadion gefüllt? Das würde ich bezeifeln. In Japan, vielleicht.

Jenny: Vielleicht sieht die Masse etwas, was wir wohl nicht sehen oder sehen wollen. Bei den Japanern wundert es mich eigentlich schon gar nicht, dass sie auf BABYMETAL abfahren, nur bei uns im Westen kennt man so etwas gar nicht. Also: Was haben wir übersehen?

Jan: Das muss dir Fabi sagen, der hat die erste Platte doch abgefeiert. 😉

Fabi: Ey, die war ja auch nicht übel. Wenn man sich drauf eingelassen hat, blieben viele Songs im Ohr hängen.

Jenny: Ich finde das Debüt von den Mädels auch echt klasse. Nur sehe ich nicht, was daran den so stark übertriebenen Hype ausmacht.

Jan: @Klaas: Weil es eingängige Pop-Musik ist? Ich habe aber eine andere Theorie: Man kann damit so wunderbar den Leuten auf den Sack gehen und sich in einem neuen Extrem in der Außenseiterrolle fühlen. Siehs mal so: Du stößt deine Mama mit dunkler Kleidung vor den Kopp und den angehimmelten Metaller, der dich verschmäht hat, mit der Mucke – quasi die Emos des Jahres 2015 / 2016?

Fabi: Das denke ich persönlich nicht. Wenn man sich mal die “Attitüde” vieler Metalheads anschaut, würde doch niemand jemals vor seinen Kumpeln damit angeben, dass er BABYMETAL hört. Und ich denke auch nicht, dass bloße Pop-Fans BABYMETAL verehren. Dann stellt sich halt die Frage: Was sind das sonst für Leute, die die Band gut finden? Metaller? Normale Menschen, die darin einen Reiz sehen?

Jan: Dann schau mal in die Kommentarspalte oder bei Youtube. Da gibts irritierenderweise auch Metaller, die das toll finden. Wobei sich mir die Frage stellt, spielt das eine Rolle?

Klaas: Meiner Meinung nach liegt das Problem gar nicht bei BABYMETAL selbst, sondern – wie immer bei einem Hype – an der Community.

Anton: Ich denke auch. Dass es bei H&M Metal-Shirts zu kaufen gibt, ist auch so ein Phänomen. Metal ist irgendwie “in”. Zu hart sollte es dann aber doch nicht sein. Insofern passen BABYMETAL ja perfekt.

Fabi: Kann man da wirklich von einem Problem sprechen? Viele Leute finden die Band ätzend, das ist klar. Doch ist es nicht möglich, dass es Leute gibt, die die Musik WIRKLICH gut finden und diese auch nur aus eben diesem Anreiz hören? Ohne sich oder anderen damit etwas beweisen oder jemanden auf den Senkel gehen zu wollen?

Klaas: “Problem” ist vielleicht der falsche Ausdruck. Aber zumindest das eigentlich interessante und der Grund, warum BABYMETAL über die japanischen Grenzen hinaus so viel Aufmerksamkeit bekommen, ist doch sicher auch, dass sich die Leute die Köpfe darüber einschlagen, ob das überhaupt noch Metal ist. Einer der Leser hatte zur Review von “Metal Resistance” kommentiert: “Und zu denen die sagen das ist kein Metal sollte mal schauen wer in der „Support“ Band der Kami Band dabei ist. Das ist das „Who is Who“ der japanischen Metal Szene”, was meiner Meinung nach ein ziemlich oberflächliches Argument ist. Aber genau davon lebt dieser Hype.

Jan: Ich finde es eigentlich höchst amüsant. Wie etwas derart unwichtiges Leute in die Weißglut treibt. Ehrlich, bei so manchem Kommentar bin ich fast lachend vom Stuhl gekippt, wie man sich da so reinsteigern kann.

Fabi: @Klaas Das finde ich, ist auch einer der interessantesten Punkte daran. Da haben sich ja auch in unseren Kommentarspalten zwei Fronten gebildet. Die einen, die sagen, dass es BABYMETAL gar nicht geben dürfte – eben weil es kein Metal ist und nur Kommerz und am Reißbrett entworfen. Dann die andere Seite, die sagt, dass die Leute ihre Scheuklappen ablegen sollen und toleranter sein sollen. Das führt uns zur nächsten Frage. Was darf der Metal eigentlich? Gibt es Grenzen? Darf man diese überhaupt setzen oder ist das etwas völlig Subjektives?

Jenny: Steinigt mich bitte nicht, aber es erinnert mich sehr stark an die TOKIO HOTEL-Welle. Sie kamen aus dem nichts, alle haben sie hart abgefeiert und sie füllten unheimlich viele Stadien. Kurze Zeit später spaltete sich die Menge, und alle gingen sich an die Gurgel und nun hört man nichts mehr von denen. Vielleicht passiert es auch so mit BAYMETAL.

Jan: @Toni: H&M ist glaube ich dasselbe, da regen sich auch alle in lächerlicher Weise auf, als hätten sie nichts besseres zu tun. Mein Gott, früher hieß es von so vielen Seiten: Der Metal muss angesehener werden, er ist doch so viel besser, bla bla. Ich glaube das Problem liegt darin, dass sich einige Menschen komplett über ihre musikalische Leidenschaft definieren.

Jan: @Jenny: Naja TOKIO HOTEL wurden schon damals von Beginn an von vielen gehasst. Aber der Vergleich ist gar nicht so gewagt.

Jenny: So läuft es praktisch auch gerade mit BABYMETAL.

Fabi: TOKIO HOTEL haben halt auch die Leute genervt, schockiert und angekotzt. Damit kommen wir auf den Aspekt von eben zurück.

Klaas: Wir kommen gerade ein wenig vom Thema ab, oder? Fragen wir doch mal: WAS sehen die Fans in BABYMETAL? Abgesehen davon, dass es irgendwie schrullig ist und die Mädels “süß” sind (Geschmackssache).

Jenny: Ich denke auch mal, dass es damit zusammenhängt, dass sie noch sehr jung sind. Und es vielleicht in der japanischen “Metal-Szene” nicht so viele weibliche und junge Sängerinen gibt, die im Vordergrund stehen. Wie es im Underground aussieht, weiß ich nicht. Das könnte vielleicht sogar eine Rolle spielen. Auch ihre Bühnenshow scheint sehr spektakulär zu sein, samt ihrer Tänze und ihren niedlichen Kleidern. Und eben auch, dass sie nicht unbedingt von Tod und Verderben singen, sondern mal die Schokolade als Hauptthema nehmen.

Fabi: Ich denke, da müsste man jeden einzelnen Hörer befragen. Da wird wohl jeder seinen eigenen Antrieb haben. Ich kann nur für mich sprechen und ich finde, dass BABYMETAL einfach mal eine Abwechslung zum sonstigen Einerlei sind. Vielleicht ist die Musik nicht anspruchsvoll, vielleicht nicht weltbewegend oder meisterlich. Sie ist aber auf jeden Fall erfrischend und bietet Unterhaltungspotential auf eine andere Weise, als viele andere Metal-Platten. Ich würde mir die Alben auch nicht auf Dauerschleife anhören, dafür sind sie zu quietschig und aufgedreht, aber für zwischendurch? Warum nicht?

Anton: Metal, der nicht wehtut. Den man auch als Fachfremder seinem Kumpel mal im Auto vorspielen kann und sich einen Track lang über die lustigen Stimmen lustigmachen kann.

Klaas: Stimme Anton zu, aber solche harmlosen Bands gibt es ja zu Hauf. Vielleicht haben BABYMETAL einfach nur den Exotenbonus?

Jan:@Toni: Ich glaube mir fallen da eher Balladen ein, als dieser quirliege Haufen. Ich glaube mich würden selbst Freunde und Kollegen angucken, was ich mit dieser Kindermucke, die gut auf Bravo-Hits passen würde, will.

Anton: Vielleicht sind auch die “Kinder” an der “Kindermucke” der Clou? Die sind ja alle noch recht jung, ne? Vielleicht sind BABYMETAL in unserer Zeit einfach der perfekte Einstieg für die Kids.

Fabi: Dürften eigentlich alle um die 16, 17 sein. Ich denke, die Sängerin ist sogar volljährig.

Klaas: Und das Internet ist ja besessen von jungen Asiatinnen…

Fabi: @Anton: Dann stellt sich die Frage, warum auch viele Erwachsene BABYMETAL gut finden, wenn sie nur als Einstieg für die “Kids” fungieren.

Anton: Das sind deren Eltern. Ha! Ich habe es! Deswegen gehe da so viele hin! Die eine Hälfte sind die Kiddis, die andere die Erziehungsberechtigten, die mit zur Show müssen.

Jenny: HAHA! Du hast es erfasst!

Jan: @Fabi: Ich weiß nicht ob wir da alle Möglichkeiten erörtern sollten, warum Männer in den 40ern auf eine Teenie-Band stehen …

Fabi: Naja, du kannst aber auch nicht sagen, dass alle erwachsenen BABYMETAL-Hörer nur auf die Band stehen, weil sie auf die Mädels stehen. Damit stellst du ja eine riesige Gruppe unter Generalverdacht.

Jan: Mir ging es auch eher um den Diskussionspunkt an sich. Ich stelle hier niemanden unter Generalverdacht. Die Frage ist auch, macht es Sinn, das zu erörtern. Oder anders: Du bist ja auch keine 16 mehr: Was macht es denn für dich so faszinieren?

Klaas: @Fabi: Dann muss es aber irgendetwas geben, das diese Band abgesehen von ihrer Beschaffenheit ausmacht! Ist es diese überdreht japanische Art der “Ladies”, die viele als charmant wahrnehmen?

Fabi: @Jan: Ich habe nie behauptet, dass mich irgendetwas an der Band fasziniert. Ich finde ihr Auftreten selbst nichtmal so gediegen. Mir geht es halt wirklich um die Mucke. Die Mädels an sich sind mir eigentlich recht egal. @Klaas: Das kann natürlich ein Punkt sein. Aber das ist, wie eben schon erwähnt, ziemlich subjektiv. Ich kann ja hier nur für mich sprechen, und nicht als Vorsprecher aller BABYMETAL-Fans herhalten. 😛

Jan: Ich hab übrigens gerade noch mal reingehört. Ich versteh es nicht.

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07.06.2016

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4 Kommentare zu Babymetal - Am Stammtisch zu "Metal Resistance"

  1. Nylonathatep sagt:

    >Fabi: Ich denke, da müsste man jeden einzelnen Hörer befragen. Da wird wohl jeder seinen eigenen Antrieb haben. Ich kann nur für mich sprechen und ich finde, dass BABYMETAL einfach mal eine Abwechslung zum sonstigen Einerlei sind. Vielleicht ist die Musik nicht anspruchsvoll, vielleicht nicht weltbewegend oder meisterlich. Sie ist aber auf jeden Fall erfrischend und bietet Unterhaltungspotential auf eine andere Weise, als viele andere Metal-Platten. Ich würde mir die Alben auch nicht auf Dauerschleife anhören, dafür sind sie zu quietschig und aufgedreht, aber für zwischendurch? Warum nicht?<

    So einfach ist es. Nicht mehr, nicht weniger. Dafür braucht man keine 3 seitige Tiefenanalyse.

  2. hierdingsweisstschon sagt:

    „Klaas: Stimme zu, dass BABYMETAL einem einfach zu wenig geben, mit dem man arbeiten kann, oder über das man diskutieren kann.“ – sagte er nach drei Seiten Gruppendiskussion & dem drölften Artikel der versucht, Babymetal einzuordnen.

    Finds etwas schade, dass das ganze Gespräch eher öberflächlich bleibt. Zwar werden öfter mal interessante Ausgangsfragen gestellt („Was darf Metal“, „Warum die Leidenschaft bei Hörern“), aber irgendwie sind die Antworten meistens eher ernüchternd (kleine Mädchen & geile alte Säcke – seriously?). Dass nach 3+ Jahren immer noch mehr oder minder von außen über das „Phänomen Babymetal“ diskutiert wird, find ich etwas lame.

    Der m.E. spannendste Punkt wird auch kaum diskutiert, sonder nur ganz knapp von Jan angedeutet („Spannender finde ich schlicht die Vermarktung – wobei auch das spätestens auf den zweiten Blick ersichtlich wird“). Gerade die Bildung von Hype ist ein spannendes Thema, das sollte auch jeden interessieren, der gerade auf den Perturbator-Synth-Wave-Hype-Train aufspringt. Oder aber halt den nächsten Orthodox Post Crust „ganz allein entdeckt hat“. Oder aber man hätte schlicht mal genauer betrachten können, warum das neue Album so deutlich weniger gut als das erste ist. Aber ist ja auch n Stammtisch, nech.

    Und schade, dass Fabi teilweise so zurückrudert. You go girl!

  3. Sane sagt:

    Ja der hype der Fachpresse wurde hier leider nur angedeutet.ihr habt dem Debüt die gleiche Note verpasst wie nirvanas nevermind,die damals eine ganze Generation und die gesamte rockmusik nachhaltig beeinflusst hat.das hier ist nur der neueste Schrei,an den sich in 5 Jahren kein Hahn mehr erinnert.
    Denke und hoffe ich zumindest.wers geil findet solls einfach hören und fertig.aber hier geht’s eben mehr um Show und Marketing als um die Musik als solches und das ist auch der Grund warum es so erfolgreich ist.wieviele Bands verkleiden sich als Musketier,Pirat oder Zirkusclown einfach um einen Aufhänger zu haben,mit dem man sich schnell auf dem Markt positionieren und auch auch einen gewissen Erfolg haben kann.
    Dann gibt es wiederum Bands die aus purer Leidenschaft Musik machen ,weiter an sich arbeiten, auch richtig gut sind und trotzdem immer im underground rumfuhrwerken werden weil man sich einfach mehr mit Ihnen beschäftigen müsste.
    Deshalb nervt babymetal.

    1. Truhe sagt:

      Das „in fünf Jahren“ wird man noch sehen müssen: Immerhin ist die Band jetzt (Ende 2017) bereits seit 7 Jahren unterwegs.

      Bei dem dreiseitigem Gespräch amüsiert mich ein wenig, dass viele Faktoren genannt werden, diese aber nicht zusammen geführt werden:
      – Die Sängerin hat es wie kaum eine andere wirklich drauf. Große Stimmvielfalt, konstant gute Qualität, wenig hörbarer Vibrato, grandiose Präsenz – das alles trotz der Tanzerei. Da gibt es im Metal ansonsten wenig vergleichbares. Weibliche Fronter sind live ja gerne eher völlig schief.
      – Die Show ist eher wie ein Musical: Perfekt in Szene gesetzt, komplett durchchoreografiert und das alles in einer Massivität, nach der reguläre Shows sehr statisch wirken (samt dicker Bühnen, Feuerwerk, eingespielter Animationen, Bühnen mit riesiger Deko inkl. Statuen, nachgebauter Tempel, zerfallender Statuen…).
      – Absurde Background-Stories um die Fox God-Blödsinn. Wenn man aus der ganzen „XXX ist kein echter Metal“-Pubertätskacke raus gewachsen ist ein herrlicher Spaß.
      – Eingebettet in den ganzen japanischen Idol-Kram. Muss man nicht verstehen oder gut finden, aber synthetisch erzeugte Bands sind da normal. Die sind aber normalerweise nicht 7 Jahre unterwegs und machen derartige Auftritte mit echten Musikern, sondern hüpfen eher ein bisschen zu Retortenmusik umher. In jedem Interview mit Moa oder Su kann man deutlich erkennen, dass die auf den Kram wirklich Bock haben.
      – Die Musik ist nicht schlecht. Die Musik ist auch nicht wirklich eine Art entspannender Fahrstuhlmetal. Das verleiden einem schon die Stilbrüche, aber auch die Geschwindigkeit von Songs wie Road of Resistance. Das ist einfach sehr solide Musik, technisch auf hohem Niveau und live in ebensolcher Perfektion gespielt.
      – Management. Das Management ist grandios. Davon habe ich jetzt wenig, aber diese eher absurde Band zu planen, durchzuziehen und konstant am Leben zu halten, samt mehrerer weltweiter Touren (alleine 12.000 Leute in der SSE Wembley in London und parallel dazu 10.000 in Japan bei der Live-Übertragung), den mehreren 10.000 bei den Jahresendkonzerten in Japan, der Teilnahme an vielen internationalen Festivals, dem weltweiten Vorband-Marathon mit Guns n Roses, Red Hot Chili Peppers und Metallica: Faszinierend, wie das durchgezogen wird.
      – Klar ist: Das ist ein Kommerzwerk und wird so lange gemolken werden, wie es funktioniert. So wie das übrigens auch bei jeder anderen Band ist, die bei einer Plattenfirma unter Vertrag ist und raus geworfen wird, wenn das mal nicht so gut läuft.

      Mein Fazit: Für mich ist das ein Gesamtwerk. Es ist macht Spaß. Die Musik erzeugt Freude. Sie ist völlig absurd. Die Konzerte grandios. Wer’s nicht mag: Super, ist ok. Aber versucht nicht, das anderen madig zu machen. Diese ganze „ist kein Metal“-Diskussion könnte egaler nicht sein. Hört, was ihr wollt und habt Spaß dabei.