Arktis
Arktis - Unter die Lupe genommen...
Special
ARKTIS, das klingt nach Kälte, Eisbären und Eisschollen. In diesem Fall geht es aber und den hoffnungsvollen Neustart der Gitarristen Kenji und Fabi, dem Bassisten Lars, Schlagzeuger Kim und dem in Personalunion für hart und weiche Töne verantwortlichen Sänger Benny. Metalcore mit deutschen Texten spielen die Herren. So weit, so gähn? Was sich vor anderthalb Jahren aus der Asche der alten Band von Fabi und Kim bildete, begann mit dem Song „Scheinriese“. In einer Art Testlauf versuchten es ARKTIS mit einem deutschen Text, einfach weil es ihnen leicht von der Hand ging. Manchmal kommt der Geschmack auch beim Essen, für Kim war es lange Zeit vollkommen ausgeschlossen deutschsprachige Musik zu machen. Doch im Falle von ARKTIS ließ er sich eines Besseren belehren: „Sicherlich ist englisch massentauglicher, aber die Kombination aus deutschen Texten und unserer Musik hat sofort ein ganz anderes Bild auf die Musik geworfen, sie irgendwie auch ein Stück erwachsener wirken lassen. Daher war es weniger eine Entscheidung gegen englisch als eine Entscheidung für deutsch.“
„Wir stehen ganz am Anfang und da ist noch viel Luft nach oben, die wir nutzen wollen!“
Nun sind ARKTIS in der Position, sich mit ihrem Debüt beweisen zu dürfen, erste Festivalauftritte wurden bereits erfolgreich absolviert. Eine lockere Phase, wie uns Schlagzeuger Kim verriet: „Da wir – gerade als Newcomer- weit davon entfernt sind, von der Musik leben zu können, steht der Spaß an der Sache ganz vorn – so oder so wäre es sinnlos, wenn wir nicht genießen würden, was wir tun. Allerdings ist es auch ab einem gewissen Punkt, selbst als Newcomer, eine Art Lebensstil, für den man sich entscheidet. Dabei greift eins ins andere: Die Dinge, die Spaß machen und schöne Erinnerungen hinterlassen sind Konzerte, als Band unterwegs sein, Studio, Videos drehen und viele andere Dinge. Um diese Dinge zu ermöglichen, können wir mittlerweile glücklicherweise auf ein Netzwerk von Menschen zurückgreifen, die uns dabei unterstützen, müssen aber nichtsdestotrotz fleißig sein und uns in einer Szene behaupten, die sich häufig auf hohem technischen und musikalischen Niveau befindet. Das bedeutet auch viel Arbeit abseits des Proberaums, sodass im Grunde sämtliche Zeit, die neben Uni und Arbeit bleibt, in die Band investiert wird. Unser Ziel dabei ist, immer einen nächsten Schritt zu gehen und uns zu entwickeln: Unsere Liveshow ausbauen, unser Songwriting verbessern, die nächsten Aufnahmen oder das nächste Video besser machen als die Vorgänger… Wir stehen ganz am Anfang und da ist noch viel Luft nach oben, die wir nutzen wollen!“
Während Schlagzeuger Kim sich mit 11 Jahren, schlicht aus Ermangelung an Ideen, zu Weihnachten eine Gitarre wünschte und dadurch seine generelle Leidenschaft für Musik entdeckte, wurde Benny im Alter von 5 Jahren von seiner Mutter unwissend zum Klavierunterricht gezerrt. Der Spaß kam bei beiden also von alleine und während Kim sich motiviert durch andere Bands zeigt: „Heute sind es vor allem gute Konzerte, die mich wünschen lassen, sofort selbst auf der Bühne zu stehen!“, ist sich Sänger Benny sogar sicher:“Irgendwie geht’s heute auch ohne Musik nicht mehr.“ Der Sänger zeigt sich auch für die Texte verantwortlich, direkte Vorbilder hat er dafür nicht und bezeichnet sich selbst als typischen Tagebuch-Texter, der direkt aufschreibt was gerade in ihm vorgeht: „Aber es gibt natürlich Affinitäten. Aktuell finde ich die Texte von FJØRT ziemlich super, die ersten Alben von CASPER hab ich auch viel gehört. Ab und an mal einen Roman lesen bietet auch viel Inspiration.“ Meistens setzt er sich dann, angetrieben von seinen eigenen Erfahrungen oder tagesaktuellen Nachrichten, abends hin und lässt seinen Gedanken freien Lauf. Was beim Hörer ankommt, sind also ziemlich persönliche Gedanken an bestimmte Personen oder einschneidende Erlebnisse.
„Meta“ von ARKTIS ist ein Doppelalbum, die Eigenkompositionen entstanden im Zeitraum von knapp 6 Monaten und besonders auffällig ist die gelungene Kombination von harten und soften Elementen. Kim gibt Einblicke in das Vorgehen der Band: „Beim Songwriting ist für uns vor allem sehr wichtig, dass einzelne Teile gut und logisch ineinander übergehen und nicht einfach nur willkürlich aneinandergereiht sind. Der Flow und die Schlüssigkeit eines Lieds bekommen viel Bedeutung beigemessen. Daher ist es häufig so, dass wir von einer grundlegenden Idee ausgehend überlegen, wie das jeweilige Lied sich für uns sinnvoll entwickeln könnte. Allerdings ist eben auch eine unserer Stärken, ausladende, melodische Teile zu schreiben, sodass solche Elemente mehr oder weniger automatisch immer wieder ihren Weg in unsere Lieder finden.“
ARKTIS haben ihre Chance genutzt, wenn man schon im Studio ist, und neben ihren eigenen 10 Songs noch eine CD mit 10 vollwertigen Coversongs aktueller Hits und diversen Künstlern obendrauf gepackt. Kim erzählt uns, wie es dazu kam und welche Erfahrungen ARKTIS dadurch sammeln konnte: „Die Idee entstand, nachdem wir gesehen haben, wie gut unser Cover von MARK FORSTER ankam. Viele sind schnell mit dem Urteil daher, dass man „nur“ covert, um auf der Bekanntheit eines anderen Künstlers zu surfen. So ganz lässt sich das natürlich nicht von der Hand weisen, denn ein Coversong erzeugt immer eine gewisse Aufmerksamkeit. Allerdings hatten wir von vornherein den Anspruch, eben nicht nur verzerrte Gitarren und Shouts auf bestehende Lieder zu packen, sondern kreativ an die Sache heranzugehen und uns musikalisch auszutoben, sodass die Instrumentals der Coversongs oft gar nicht mehr an die Originale erinnern und nur das Grundgerüst enthalten, das rechtlich vorgegeben ist. Das musikalische und akustische Konzept, das wir für „Meta“ abgesteckt haben, war beim Coveralbum komplett aufgehoben. So konnten wir auch mal mit Elementen spielen, die wir zwar geil finden, aber für unser eigenes Album vielleicht nicht passend gefunden hätten.“
Reaktion von KOLLEGAH erwünscht, denn niemand will den Boss verärgern
Wertvolle Erfahrungen, die ARKTIS also aus dem 5-wöchigen Aufnahmeprozess mit Christoph Wieczorek von ANNISOKAY mitnehmen konnten. Das Ergebnis selbst, fassen ARTKIS wie folgt zusammen: „Wütend, hoffnungsvoll, nachdenklich, auf dem Boden geblieben.“ Das dazu passende Coverartwork, gezeichnet von Matthias von Season Zero, entstand inspiriert durch eine Zeile aus dem Titelsong – „Im freien Fall, aus allen Wolken, seh‘ ich die Antwort klar“.
Die Auswahl der gecoverten Künstler darf man als gewagt bezeichnen. KOLLEGAH oder K.I.Z. sind sicherlich penible Kritiker, wenn sich jemand an ihrer Werken vergreift und Fans von CRO sind ebenfalls gnadenlos. Richtig böse Kritik gab es an ARKTIS bisher nicht: „Ich bin bekennender Fan von KOLLEGAH und würde total gern wissen, wie er unsere Version von „King“ findet. Vor allem, weil das einer der Songs war, die ich unbedingt machen wollte. Natürlich hoffe ich, dass es ihm gefällt. Niemand will den Boss verärgern. Eine Reaktion gab es bislang allerdings nur von MARK FORSTER, der unser Video zu „Flash Mich“ auf seiner Facebookseite geteilt hat. Das war auf jeden Fall abgefahren zu sehen!“ An der selbst gestellten Aufgabe zweifelt ARKTIS teilweise: „Es hätten noch durchaus erfolgreichere Songs zur Auswahl gestanden, deren Interpretation wir aber nicht mit uns vereinbart bekommen hätten. Es gab auch ehrlich gesagt einige Momente, in denen ich die ganze Idee verflucht habe und mir dachte, dass es schlichtweg unmöglich ist, diesen Song hörbar zu machen. Auch unsere Produzenten haben einige Male die Augenbrauen hochgezogen, als sie die Auswahl gesehen haben.“ gibt Kim offen zu. Letztendlich wurden ARKTIS vom Ehrgeiz angetrieben und entsprechend belohnt:“Am Ende haben sich die kompliziertesten Lieder als regelrechte Perlen entpuppt und wir haben teilweise gestaunt, was draus geworden ist. Vor allem aber sollte man die Aktion nicht todernst nehmen und Spaß an der Musik generell nicht vergessen.“
Auf die Frage nach persönlichen Zielen, antwortet Kim eher bescheiden: „Egal was? Dann sage ich, dass ich alles geschafft habe, wenn ARKTIS mal die komplette Warped Tour spielt.“ ARKTIS, das kann klappen, wir drücken euch die Daumen.
Weiss
Benny: Unser Opener. Langes Intro, ein paar Zeilen und ein fettes Ri?. Irgendwie steht der Song für unsere Position als Band: Vor uns das Meer, die Anker gelichtet, das Blatt weiß und noch unbeschrieben, alles ist möglich.
Gold
Benny: ‚Was man liebt lässt man frei‘ sagt das Lied, glaube ich. Ich will ja nicht zu viel Deutung vorgeben. Einer meiner Favoriten vom Album! Das ist auch unser erster verö?entlichter Song, damit ging alles los. Das Video haben wir in Eigenregie produziert, in anstrengenden, aber unvergesslichen Tagen und Nächten in St. Peter-Ording!
Süchtig
Benny: Behandelt unseren Alltag und Zwiespalt zwischen einem analogen, echten Leben und dem digitalen, was wir parallel führen. Wobei sich doch beide Welten auf viele Weisen bedingen. Ich wollte den Text extra ambivalent halten: Also nicht einfach sagen: ‚Man muss wieder mehr im ‚echten‘ Leben leben‘ oder ‚das Internet ist doof’. Ich wollte die Komplexität mal beleuchten, weil beide Leben ja irgendwie echt sind und viele Menschen mittlerweile konstant in beiden Welten agieren. Am liebsten mag ich aber den letzten Breakdown, in dem gar kein Text mehr kommt, haha!
Herz
Benny: Eigentlich ein simples Plädoyer dafür, mehr mit dem Herzen zu denken: Mit warmer Empathie, statt kühler Rationalität.
Scheinriese
Benny: Oh, bei diesem Song habe ich mich von dem Scheinriesen Tur-Tur in Lukas der Lokomotivführer inspirieren lassen. Der sieht von weitem so groß aus, aber je näher man kommt, desto kleiner wird er. Das hielt ich für eine gute Metapher um manche Leute zu beschreiben, die gern einen auf dicke Hose machen, aber bei näherer Betrachtung gar nicht mal so viel Substanz zu bieten haben!
Schwarz
Benny: Manchmal blickt man auf vergangene Freundschaften oder Beziehungen zurück und fragt sich was aus einer bestimmten Person wohl geworden ist. Wenn man sich einst so nahe stand und dann plötzlich gar nicht mehr weiß, wie es der Person geht, was sie macht… Wenn das Weiß im Song „Weiß“ für ein gutes Nichts steht, weil es für alle noch o?enen Möglichkeiten steht, repräsentiert das Schwarz in diesem Song ein schlechtes Nichts – ein Nichts, was sich zwischen zwei Personen erstreckt, die sich einst gut kannten, die nun nichts mehr verbindet: „Was uns trennt ist das Schwarz, was uns eint ist das War.“
Nekrolog
Benny: Einer meiner Lieblingssongs auf der Platte! Der Nekrolog – also ein Nachruf oder ein Abschiedswort – geht quasi raus an all den Ballast, den man aus dem Alltag mit sich trägt. Den Mist kann man sich bei diesem Song gut abschütteln! Bei dem Songtitel mag eine Assoziation mit dem Tod aufkommen – in diesem Fall steht er für etwas Gutes, weil jeder Tod ja auch ein Neuanfang ist!
Fragmente
Benny: Mal ehrlich, den Song haben wir nur, damit sich unsere Instrumentalisten mal richtig austoben und posen konnten! Ich singe da ja fast nichts. Haben die Jungs aber gut gemacht, das Ding ist komplex und trotzdem gut zu hören, ?nde ich. Wenn der läuft, muss ich immer Luftschlagzeug oder Luftgitarre spielen.
Meta
Benny: Das Wort Meta steht ja für den übergeordneten Zusammenhang – und die Suche danach zieht sich durch das ganze Album. Das ist so die Frage nach dem Sinn von Dingen. Aber gerade in diesem Song versuche ich zu sagen, dass man manchmal diesen Zusammenhang ?ndet, manchmal aber bei der Suche den Überblick verliert, und dass das auch völlig okay ist. Es ist völlig okay, mal Sachen unüberlegt und aus dem Bauch heraus zu machen!
Enigma
Benny: Es gibt Leute, die sind feindselig, extra tough oder arrogant, weil sie innerlich unsicher sind. Ich bin, glaub‘ ich, manchmal auch so. Die Aussage des Songs ist, dass man diese Attitüden, äußerlichen Codes eigentlich mal ablegen kann, und dass sowas gut tut.
Kim: Mein persönlicher Liebling auf dem Album. Vor allem der Endteil, in dem sich die ganze Hektik des Lieds auflöst und dem Album nochmal ein abschließender Stempel aufgedrückt wird. Das ist dann meistens auch die Stelle, bei der ich live komplett ausraste.