Amorphis
"The Beginning Of Times" - Das meint die Redaktion

Special

„The Beginning Of Times“, das neue Album der finnischen Melancholic Rocker AMORPHIS, stößt zwar bei unserem Hauptrezensenten auf enorme Begeisterung, innerhalb der Redaktion ist man allerdings eher geteilter Meinung. Lest hier, was ein Teil von metal.de über das Werk denkt:

 

Es ist keine große Überraschung, dass AMORPHIS ihr Erfolgsrezept des letzten Albums „Skyforger“ weiterführen und sogar noch eine Spur weiter ausreizen. Die Melodien sind noch eingängiger, die Songstrukturen noch gezielter auf den Punkt gebracht und die Herzensschwere im Gesang klarer und hervorstechender. Der Keyboardanteil ist ebenfalls prägnanter und drückt sich häufig sympathisch in den Vordergrund, selbst wenn es ab und an etwas zu kitschig klingt, während die Gitarren eher songdienlich und brav die Basis halten. In diesem Falle ist die etwas abgedroschene Erklärung „die Band hat sich weiterentwickelt“ also tatsächlich angebracht, wenn auch nur im Detail.

Besonders in den Hauptteilen der Lieder fällt auf, dass AMORPHIS deutlich leichter zugänglich sein wollen und hier offenbar einiges an Mühe und Zeit investiert haben. Dieser Umstand spiegelt sich zudem im Gesang wieder, der durch Wechsel von Growls hin zum leidenschaftlichem Klargesang klare Akzente und Unterschiede zwischen den Parts setzt. Leider ist das Hitpotential nicht sehr hoch und ich als Hörer bin genötigt zwischen zuviel Klischee und der Anerkennung von durchaus guten Ansätzen hin und her zu pendeln. Irgendwie wäre hier doch noch mehr drin gewesen oder?!

Soundtechnisch ist natürlich alles in trockenen Tüchern und es gibt nichts zu bemängeln. Der Klang ist vollmundig, schwer und transparent. „The Beginning Of Times“ sollte für Anhänger der älteren Ergüsse der Band eine Enttäuschung, wenn nicht sogar Abschreckung darstellen, weil es mittlerweile weit weg von dem ist, wofür AMORPHIS einmal standen. Die jüngere Garde hingegen dürfte mit einem weißen Veilchen bewaffnet amtlich feiern gehen, und für manch einen wird es sicherlich sogar das bislang beste Album der Truppe darstellen. Ich allerdings verbleibe mit gemischten Gefühlen.

Matthias O. (6/10)

 

„The Beginning Of Times“ stellt für mich als Fan der ersten Stunde den ersten Kontakt zu AMORPHIS seit ihrem 2003er-Album „Far From The Sun“ dar. Damals hatte meine Begeisterung für die rockigere Ausrichtung der späteren Werke schon stark abgenommen, wenngleich ja die Nachfolgealben mit Tomi Joutsen hochgelobt wurden. Und außerdem entwickelt man sich ja auch weiter. Daher ist es sicherlich nicht verkehrt, mal wieder einen Versuch mit AMORPHIS zu wagen – vielleicht können mich die Finnen ja mit ihrem neuen Stoff überzeugen. Und überdies hat diese Herangehensweise einen nicht zun unterschätzenden Vorteil: Ich kann die Frage außen vor lassen, ob jetzt „The Beginning Of Times“ die Vorgängeralben „Silent Waters“ oder „Skyforger“ in die Tasche steckt oder eher blass aussieht.

Zunächst fällt die Eingängigkeit des neuen Materials auf: Rockig ist es nach wie vor, Tomi Joutsen beherrscht die sanften Töne genauso wie Todesgrunzer, und das klingt beim dritten Track „My Enemy“ auch gleich ziemlich vollmundig. Der Opener „Battle For Light“ sowie das mit weiblichen Harmony-Vocals veredelte „Mermaid“ sind eingängig und geradezu prädestiniert als Aushängeschilder bzw. Singles. Die gibt es natürlich, allerdings fiel die Wahl auf den verhalten rockenden Track „You I Need“. Auch nicht schlecht. Und an dieser Stelle ist zu konstatieren, dass die Gitarrenarbeit und Keyboardmelodien und Klangfarben nicht unerheblich an die Frühwerke der Band erinnern, wenngleich eben auf einem rockigen Fundament. „Song Of The Troubled…“, pardon „Song Of The Sage“ ähnelt seinem Namensvetter vom „Elegy“-Album nicht unerheblich, fährt auch die schicken Moog-Sounds von ehedem auf, packt Akustikgitarren und Flötenklänge mit dazu, fertig! Bei diesen Parallelen fällt es leicht, sich nach wie vor im Klanguniversum von AMORPHIS zurechtzufinden.

Aber wo wir gerade beim Vergleich sind: Wo AMORPHIS in früheren Zeiten die ganz großen Gesten gezeigt haben, die tiefste Melancholie und die verträumtesten Gefühle hervorgerufen haben, wirkt heute alles kontrollierter, verhaltener, ja schon etwas schaumgebremst. Sicherlich – Tomi Joutsen ist genau der richtige Sänger für diese Art rockiger Musik, aber manchmal wünschte man sich, er würde zupackender agieren – und mit ihm seine Mitstreiter. Bei meiner oben beschriebenen Sozialisation ist es sicher kein Zufall, dass mir die großartigen BARREN EARTH weitaus mehr zusagen. Und trotzdem: „The Beginning Of Times“ ist ein gutes Album mit guten und nachvollziehbaren Songs. Wer also auf die rockigere Richtung der heutigen AMORPHIS abfährt, wird gewiss nicht enttäuscht werden.

Eckart (7/10)

 

„Skyforger“ ist ein Album ganz nach meinem Geschmack: Melodische Passagen wechseln sich nahezu gleichberechtigt mit harten ab und das Album als Ganzes entfaltet ein riesengroßes Suchtpotential, das mich immer wieder gern zu dieser CD greifen und in andere Welten transportieren lässt. Natürlich ist es unheimlich schwer, solche Songs, die ausnahmslos mitreißen, irgendwie noch zu toppen oder auch nur auf gleichem Niveau zu erschaffen. Und so ist eine Hälfte der Songs auf „The Beginning Of Times“ – hier kann eine Parallele zu „Silent Waters“ gezogen werden – leider wenig überzeugend und nichtssagend (z.B. „Battle For Light“, „You I Need“, „Soothayer“), während die andere Hälfte (z.B. „Mermaid“, „My Enemy“, „Three Words“) unglaublich rockt oder zumindest aufhorchen lässt. Vielleicht ist „The Beginning Of Times“ auch einfach nur völlig falsch konzipiert oder produziert, denn allein beim Titel entstehen in meinem Kopf Welten, die alles andere als diese übermäßig ruhigen Songs zu bieten haben. Viel eher hätte „The Beginning Of Times“ der direkte Nachfolger von „Silent Waters“ sein können; nach dem großartigen „Skyforger“ aber wirkt dieses Album so, als ob AMORPHIS die Ideen abhanden gekommen sind und die Band forciert auf Schmusekurs zu gehen versucht. Trotz meiner Kritik ist „The Beginning Of Times“ für Fans trotzdem ein Muss, und mir bleibt die Hoffnung, das nach jedem durchschnittlichen Album erneut eine Glanztat folgt.

Jens (5/10)

 

17.05.2011
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