Albert Mudrian
Choosing Death - Die unglaubliche Geschichte von Death Metal und Grindcore geht weiter...

Special

Die unglaubliche Geschichte von Death Metal und Grindcore geht weiter… mit einem Klassiker: „Choosing Death“ des amerikanischen Journalisten und Autors ALBERT MUDRIAN wurde eine erweiterte Neuauflage in aufwendigerer Verpackung spendiert. Zeit also, ein weiteres Mal in die Welt der extremsten Musik der Achtziger und Neunziger Jahre einzutauchen. In die Welt des D-Beat. Und in die Welt von Nicholas Bullen & Co., die vom kleinen Örtchen Meriden aus ihren Fußabdruck in der Musikgeschichte hinterlassen haben.

Okay, Nicholas Bullen war in der Szene ja eher ein Vorreiter, dessen Name weitestgehend vergessen wäre, wenn ihn ALBERT MUDRIAN in seinem Buch nicht noch einmal zum Protagonisten gemacht hätte. Aber ohne ihn hätte es eben NAPALM DEATH nicht gegeben, und die Entwicklung von Grindcore und Death Metal wäre gewiss ein wenig anders verlaufen.

Vom D-Beat zur Reunion-Welle

Aber egal, was gewesen wäre… was war ist spannend genug. Vor allem, wenn ALBERT MUDRIAN diese Geschichte erzählt. Sein Überblick über die sich entwickelnden Szenen in Großbritannien, den USA, in den Niederlanden, Schweden und Finnland ist lebhaft, an den handelnden Personen orientiert und wirklich flott geschrieben. Der Mann hat im Vorfeld unzählige Interviews geführt (für die Neuausgabe sind es nun über 200), sich mit den aktuellen und ehemaligen Protagonisten der Szene getroffen, bestechend gut recherchiert. Und er hat ein Händchen dafür, diese Informationsfülle so zu kanalisieren, dass daraus ein spannendes und fesselndes Buch herauskommt. Aber das weiß der geneigte Death-Metal-Fan ja sowieso: „Choosing Death“ gehört neben dem ebenfalls empfehlenswerten „Swedish Death Metal“-Wälzer von Daniel Ekeroth schließlich zur Standardlektüre.

Da gibt es dann Geschichten, Anekdoten und Geständnisse, die man vielleicht immer so vermutet hat, hier aber schwarz auf weiß bestätigt findet. So bekundet beispielsweise Richard Brunelle (ex-MORBID ANGEL), dass er und Trey Azagthoth „total auf Okkultismus und Splatter-Filme“ abfuhren. Tompa Lindberg und GROTESQUE wiederum spielten anfangs hauptsächlich BATHORY-Songs nach. Nicht weniger erhellend ist die Anekdote, wonach Glen Benton bei Monte Conner vorstellig wird und ihm sein Demo-Tape mit den Worten „Nimm uns unter Vertrag, du verdammtes Arschloch!“ auf den Schreibtisch knallte. ALBERT MUDRIAN lässt in seinem Buch eigentlich jeden zu Wort kommen. Und teilweise kann er auch unterschiedliche Darstellungen von Sachverhalten gegenüberstellen. Das Buch ist zwar teilweise zwanzig Jahre nach den Geschehnissen geschrieben worden, lässt diese aber so lebendig erscheinen, als wären sie erst gestern geschehen.

„Nimm uns unter Vertrag, du verdammtes Arschloch!“

Neu im Buch ist ein Kapitel über die holländische und die finnische Szene, die in der Originalausgabe mehr oder weniger links liegen gelassen wurden. Lesenswert, auch wenn man eigentlich über jede dieser Mikroszenen ein eigenes Buch schreiben müsste. Hinzugekommen snd auch zwei Kapitel, die sich mit der Jetztzeit im weiteren Sinne und dem Reunion-Boom der letzten Jahre auseinandersetzen. Diese sind vielleicht nicht ganz so dicht geschrieben und nicht ganz so gespickt mit Anekdoten und Erinnerungen, was natürlich auch der Professionalisierung der Szene geschuldet ist. Und die Musiker müssen ja noch eine aktuelle Sache verkaufen.

„Choosing Death“ hat aber natürlich nichts von seiner Faszination eingebüßt, nichts von seiner Detailfülle und nichts von seiner Klasse. Gegenüber der Erstauflage kommt das Buch jetzt als Hardcover mit neuem und stilechtem Artwork daher. Der Druck ist jedoch nicht ganz so gestochen scharf wie noch in der vorigen Auflage, was gerade bei den Fotos und Abbildungen schade ist. Im Zuge der Ausweitung des Buches um drei Kapitel wurde die stimmige und flockige Übersetzung noch einmal moderat überarbeitet. Ob man jetzt den Stil von Mike Borrink (Originalübersetzung) oder den von Andreas Schiffmann (Neuausgabe) vorzieht, ist Geschmackssache. Nicht jedoch die Feststellung, dass „Choosing Death“ in jede Death-Metal-Sammlung gehört – gleich neben „Swedish Death Metal“ und in Reichweite von „Left Hand Path“, „Altars Of Madness“ und „Nespithe“.

Albert Mudrian – „Choosing Death. Die unglaubliche Geschichte von Death Metal und Grindcore geht weiter…“
(Iron Pages Books. Hardcover, 376 Seiten. VÖ: 19.09.2016)

16.12.2016

- Dreaming in Red -

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