Agrypnie
Listening-Session zum neuen Album "Aetas Cineris"
Special
Nach der letztjährigen „Asche EP“ legen AGRYPNIE nach – im Februar wird das neue Album „Aetas Cineris“ veröffentlicht. Natürlich ließen wir es uns nicht nehmen, der lieben Einladung seitens der Band sowie von Labelboss Robby Beyer zu folgen, um uns vorab einen ersten Eindruck des neuen Werkes zu verschaffen. Im Plattenladen von Supreme Chaos Records in Ludwigsburg fand die Listening Session für die Presse statt, anschließend wurde das Album ebenfalls noch 10 ausgesuchten, glücklichen Fans vorgestellt.
„Aetas Cineris“ besteht aus 8 Stücken und hat eine Spielzeit von 77:27 Minuten. Bandkopf Torsten hat wieder einmal sämtliche Texte und Musik geschrieben. Aufgenommen wurde erneut in den SU2 Studios von Phil Hillen (u. a. POWERWOLF, AUTUMNBLAZE), welcher auf dem Album auch den Bass eingespielt hat. Ca. 70% der Gitarrenparts wurden von Martin eingespielt. Und nun zu den Songs im Einzelnen:
1. Trümmer / Aetas Cineris
Langsame, getragene Keyboardklänge empfangen uns, der Anfang ist recht bombastisch und gleichzeitig entrückt, trostlos melancholisch gehalten ehe es sich ungemein steigert und in wieselflinke Blast Beats, Doublebass-Attacken und infernalisch sägenden Gitarren übergeht. Sehr flott geht es weiter, ein markerschütternder Schrei heißt den Black-Metal-Hörer willkommen. Treibend geht das Stück vorwärts, der sehr gute Doppelgesang frißt sich ins Herz. Es folgt ein Wechsel, offen angeschlagene Gitarren, es wird sehr melodisch und die Härte rausgenommen. Prägnante Melodien, wie wir sie an AGRYPNIE schätzen, und gleich beim ersten Hören hängenbleiben, sowie vertracktes Schlagzeugspiel und ein schönes, getragenes Soli folgen. Dazu gesellen sich rhythmische Gitarren, darüber feine Gitarrenleads, und letztendlich kerniger Kreischgesang. Zum Schluss kommen wieder knüppelnde Blast Beats, um plötzlich wieder das Tempo rauszunehmen, düster-schleppend geht es weiter, eine sich ständig fortsetzende Melodie, welche sich zusammen mit dem Schlagzeug steigert, erinnert an MY DYING BRIDE zu „The Angel And The Dark River“-Zeiten. Gänsehaut garantiert. Genial!
2. Dezember
Passend zum Titel gestaltet sich dieses Stück atmosphärisch kalt. Zu Anfang noch schleppend langsam mit verzerrt gedoppelt riffenden Gitarren, gesellen sich schwarzmetallisch sägende Klampfen dazu, es geht im Midtempo treibend mit Doublebass weiter, wobei sich gerade die Schlagzeugarbeit mit vielen Varianten immer stärker steigert. Es folgt ein Break mit sphärischem Keyboard, der charismatischen Stimme wird viel Raum gelassen, es herrscht absolut trostlose Atmosphäre, dann folgen rhythmische Riffs, der Song gewinnt wieder an Fahrt, prägnant grandiose Keyboardmelodien ertönen, die ausufernden Instrumentalpassagen werden weitergeführt mit abgehackten Stakkatorhythmen, vertrackten Rhythmen, womit „Dezember“ schon sehr progressiv wirkt, ohne jedoch an Eingängigkeit einzubüßen. Der extreme Kreischgesang zwischendurch verdeutlich nochmals prägnant, mit welcher Leidenschaft Torsten seine persönlichen Texte darzubieten weiß. Das Ende ist dann wieder sphärisch gehalten mit Akustikgitarre. „Dezember“ ist vor allem eines – ein episches Meisterwerk an melodischem, intelligentem Black Metal.
3. Zurück
Das Stück baut sich langsam und ruhig auf, schleppendes Schlagzeugspiel, cleane Gitarre. Mit einsetzendem Gesang kommen die klirrend sägenden Gitarren, es geht treibend vorwärts mit ordentlich Double Bass, und wieder kommen die vertrackten Rhythmen. Vom Keyboard hört man immer wieder einzelne Töne, hiermit werden gekonnt Akzente gesetzt. Für weitere Abwechslung sorgt der eingebaute Ruhepol mit relaxtem Schlagzeug, unverzerrten Gitarren, es wird immer leiser, ehe nur noch ganz dezent der Bass ertönt. Schlagzeug und Gitarren setzen wieder leise ein, das Ganze steigert sich wieder, um unvermittelt wieder rhythmisch hart zu werden. „Zurück“ lebt auch von langen rein instrumentalen Passagen, von vielen Breaks, der ausgefeilten Dynamik zwischen Ruhe und gewaltiger aggressiver Eruption. Einflüsse aus dem Post Rock schimmern durch, das ist definitiv keine musikalische Leichtkost, sondern intelligente Musik mit viel Seele.
4. Kosmos [Alpha]
Was bereits mit dem Album „16[485]“ begann, wird hier fortgesetzt: Die Zusammenarbeit mit Mathias Grassow. Auf der „Asche EP“ befand sich bereits ebenfalls eine Nummer namens „Kosmos [Omega]“ des Ambient Künstlers. Der Anfang vom Keyboard wirkt sakral, es wird beständig lauter, sphärische, düster-synthetische Klangwelten dominieren. Dazu gesellen sich dezent im Hintergrund gehaltene, leichte, kaum wahrnehmbare cleane Gitarren. Mit dem Auf- und Abschwellen der diffusen, tristen Keyboardklänge wirkt das Stück auf seine eigene Art und Weise seltsam entrückt. Plötzlich setzt treibendes Schlagzeugspiel ein, schneidende Gitarren zersägen das außerirdische wirkende Klanggewirr, walzen alles nieder, und ehe man sich versieht ist alles wieder vorbei. Ein Monster von einem Instrumentalstück!
5. Gnosis
Das Stück ist bereits auf der „Asche EP“ vertreten, hier wurde nun lediglich der Gitarrensound an das Gesamtklangbild von „Aetas Cineris“ angepasst. „Gnosis“ hat sich im Laufe der Zeit auf jeden Fall zu einem Highlight von AGRYPNIE entwickelt, ein wirklich starkes Lied, das sich mit seiner direkten Art vor allem Live als absoluter Brecher herausgestellt hat.
6. Erwachen
Auch dieser Song war auf der „Asche EP“ und wurde lediglich in Sachen Klang angepasst.
7. Sinnflut
Erneut langsamer Anfang mit dumpfen verhallenen, verträumt wirkenden Gitarrenklängen, ehe es flott weiter geht, der prägnante Gesang steht im Fokus. Das Stück wird zwischendurch immer mal wieder schneller und langsamer, präsentiert sich dabei rhythmisch eher einfach gestrickt. Für Akzente sorgen die kurzen Einspieler von der Akustikgitarre und die Keyboardklänge. Die Atmosphäre wirkt sehr verzweifelt, die Sinnflut bricht buchstäblich über den Hörer ein. Die letzten Minuten sind rein instrumental gehalten und sehr wechselhaft, der Sturm flaut ab und man bleibt alleine verlassen zurück.
8. Asche
Obwohl als „Asche EP“ benannt, befand sich dieses Stück dort eben nicht und feiert nun hier sein Debüt. Ursprünglich sollte das Album so heißen, jedoch wurde schließlich „Aetas Cineris“ als Albumtitel gewählt, um Verwechslungen zu vermeiden. Auch „Asche“ beginnt wieder sehr ruhig, mit dezenten Akustikgitarren, sphärischem Keyboard, verträumten Melodien. Teil des ungewöhnlich langen Intros sind auch die Chöre im Hintergrund, eingesungen von Bandmitglied Dave, sowie die zur Untermalung dienenden Samples. In wunderschönen, fast schon lieblichen Varianten setzt sich die epische Einleitung fort – doch dann setzt das Brett ein! Niederwalzend, verzerrt schleppend mit wuchtigem Schlagzeugspiel und wunderschöner Lead Gitarre, und auch Torstens Stimme ist wieder wütend bis verzweifelt zu vernehmen, der Refrain wird durch die einsetzende Double Bass noch drückender. Das sehr stimmige, fordernde, in sich geschlossene „Asche“ ist eher Post Metal denn Black Metal und definitiv eine weitere Bereicherung im Klanguniversum von AGRYPNIE.
Erneut ist es AGRYPNIE gelungen, ein in sich sehr stimmiges, abwechslungsreiches und spannendes Album aufzunehmen. Gänsehautmomente gibt es zuhauf, ebenso wie Überraschungsmomente zwischen den Black-Metal-Orkanen. „Aetas Cineris“ ist einerseits typisch AGRYPNIE, andererseits präsentiert sich hier allerdings eine nochmals gereifte, weiterentwickelte Band, welche das ohnehin immer schon zu enge Black-Metal-Korsett nunmehr noch stärker öffnet, um das zu machen, was sie am besten können – richtig gute, dynamische, mitreißende und fesselnde Songs zu produzieren, mit intelligenter Struktur, beseelter Leidenschaft und grandiosen Melodien, völlig Scheuklappenfrei und authentisch. Ihrem Stil sind sie treugeblieben, und haben diesen weiter perfektioniert. Möge die Wartezeit schnell vorübergehen.