Agalloch
Das meint die Redaktion zu "The Serpent & The Sphere"
Special
Dass AGALLOCH in den 19 Jahren seit Bandgründung gerade einmal fünf Alben in voller Länge veröffentlicht haben, lässt vermuten, dass es die Herren aus Portland, Oregon generell ein wenig langsamer angehen lassen. Das ist ja aber keine Schande, wenn denn dabei so hervorragende Alben herauskommen wie zuletzt „Ashes Against The Grain“ oder „Marrow Of The Spirit“. Oder aktuell das fünfte Werk der Band – meint zumindest unser Kollege Sven Lattemann in seiner Review zu „The Serpent & The Sphere“, der aus dem Loben gar nicht mehr herauskommt.
Doch schon die Kommentare unter der Review deuten an, dass AGALLOCH nach „Marrow Of The Spirit“ erneut ein Album aufgenommen haben, das ein wenig polarisieren wird. Und so ist es natürlich eine klare Sache, dass wir nochmal ein paar Leute am Lagerfeuer im Wald versammelt und Eindrücke niederschreiben haben lassen – das meint die Redaktion zu AGALLOCHs neuem Album „The Serpent & The Sphere“:
Qualität braucht nunmal seine Zeit. Vier Jahre haben sich AGALLOCH für „The Serpent & The Sphere“ genommen, mal wieder eine Geduldsprobe. Wer nun ein Album erwartet hat, das schnell ins Ohr springt, sollte sich genau auf das Gegenteil gefasst machen. Denn das neue Album entpuppt sich als Herausforderung … und das selbst für AGALLOCH-Hörer. Der Gesang auf ein Minimum reduziert, viele durch die Luft flirrende Melodien und eine ganze Menge vertrackter Arrangements, die beim ersten Eindruck wie übermütiges Prog-Gefrickel wirken.
Die Versuchung, lieber zu Klassikern der Bandhistorie zu greifen, ist an dieser Stelle des Hörstadiums groß – ja „The Mantle“ wirkt sogar verdammt verlockend. Aber das wäre ein Fehler, denn auf lange Sicht belohnen AGALLOCH die Geduld. „The Serpent & The Sphere“ entpuppt sich als atmosphärisch sehr dichtes Album, das zwar vielfältig und anspruchsvoll arrangiert ist, dadurch aber auch nach und nach eine packende Tiefe an den Tag legt. Vor allem in den ruhigen Passagen schaffen es AGALLOCH, mich zu verzaubern. „Dark Matter Gods“, oder „Plateau Of The Ages“ jagen mir in mehr als nur einem Moment einen Schauder über den Rücken. Ja, „The Serpent & The Sphere“ ist sicher nicht DAS AGALLOCH-Album überhaupt, aber erneut ein starkes. Nehmt euch die Zeit, die es braucht!
(Jan Wischkowski | 8/10 Punkten)
Ich muss zugeben, dass ich bisher nur das Vorgängerwerk „Marrow Of The Spirit“ und die „WhiteDivisionGrey“-Compilation der Amis kannte. Auf beides stieß ich eher durch Zufall, als ich die WOLVES IN THE TRHONE ROOM-Scheiben totgehört hatte und nach passenden Alternativen suchte.
Schon damals war ich von dieser neuen Richtung des Black Metals völlig begeistert – weit abseits des üblichen Rumpelsounds, aufgesetzt-aufgezwungenen Images und lächerlichen Parolen. Für mich hatte Black Metal schon lange nichts Rebellisches und Spannendes mehr zu bieten – schon gar nicht konnte und wollte ich die hinter dem ewig gleichen Corpsepaint versteckten Fratzen mit oft zweifelhaften Weltanschauungen voneinander unterscheiden.
Was für eine Wohltat war es dann, auf AGALLOCH und ihren völlig eigenständigen Sound zu stoßen! Hier habe ich vermutlich zum ersten Mal wahre Naturverbundenheit gehört, die man dem Black Metal so oft nachsagt – und das nicht nur wegen derwunderschönen Samples. Und so ist auch die neue Scheibe ein Ausflug in den inneren Ort (ja, man muss schon einen Hang zu Melancholie mitbringen, wenn man sich auf diese Band einlassen möchte) der Ruhe, Gelassenheit, aber auch Kraft und Leidenschaft. Völlig unwichtig, wie man die Musik kategorisieren möchte (mit Black Metal im trueschem Sinne hat „The Serpent & The Sphere“ wahrscheinlich die wenigsten Berührungspunkte).
Die größte Stärke von ALGALLOCH ist für mich der Balanceakt zwischen Eingängigkeit (ja, das Album kann auch gut im Hintergrund laufen) und Detailverliebtheit und Tiefe, die dazu führen, dass man beim intensiven Hören immer wieder etwas Neues für sich entdeckt. Das erste Mal lief das Werk über meine Kopfhörer, während ich am Rhein entlangradelte und ganz ehrlich – selten wurde ich dermaßen angenehm weggebeamt. Die rohe Natur passt nun mal am besten zu dieser Musik, bei der sich eruptive Gefühlsausbrüche mit dahinplätschernden Passagen (im positiven Sinne) abwechseln, vereinen und wieder auseinanderdriften. Völlig unnötig, einzelne Songs herauszustellen – „The Serpent & The Sphere“ funktioniert am besten am Stück und ohne Unterbrechungen.
Wer die Band mochte, wird auch von diesem Album begeistert sein. Der Rest sollte es vielleicht nochmal versuchen – hier wurde ein wunderschönes Stück Musik komponiert, das genreübergreifend gefallen sollte. Außer man steht auf Kindergarten mit Nieten und Satan.
(Eugen Lyubavskyy | 9/10 Punkten)
Was war ich froh, als die ersten paar Minuten von „The Serpent & The Sphere“ vermuten ließen, dass AGALLOCH wieder etwas packender und mit mehr bzw. besser zugespitzter atmosphärischer Tiefe zu Werke gehen als zuletzt. Um das klar zu stellen: Ich habe eigentlich weder was gegen das letzte Full-Length-Album „Marrow Of The Spirit“ noch gegen die „Faustian Echoes“-EP – ich halte sie einfach für nicht ganz so großartig wie noch „The Mantle“ und „Ashes Against The Grain“.
Umso schöner finde ich es natürlich, dass AGALLOCH auf „The Serpent & The Sphere“ stilistisch wieder etwas mehr der genannten Alben Nummer zwei und drei im Gepäck haben. Das soll nicht heißen, dass sie einen Rückschritt gemacht haben, nein, im Gegenteil: Das Album vereint das Beste der letzten drei Platten und ist sich auch nicht zu schade, noch ein wenig über den Tellerrand hinauszuschauen und mal wieder ein bisschen die Entwicklung des eigenen Stils voranzutreiben.
Und das klappt überwiegend ganz wunderbar – die Kollegen Eugen und Jan haben schon ganz richtig gesagt, dass „The Serpent & The Sphere“ durchaus ein paar Durchläufe mehr brauchen kann, um seine Wirkung vollends zu entfalten. Allerdings funktioniert das Album bei mir auch schon auf den ersten Horch, die von Jan bereits genannten „Dark Matter Gods“ und „Plateau Of The Ages“ gehören sicherlich auf Anhieb zu den besseren Songs von AGALLOCH, aber zum Beispiel auch der Opener „Birth And Death Of The Pillars Of Creation“ kann direkt mit seiner tollen Atmosphäre fesseln.
Allerdings werde ich auch den Eindruck nicht los, dass AGALLOCH trotz allem in ihren frühen Tagen etwas besser wussten, ihre Atmosphäre auszubreiten und die Spannung ihrer Songs und Alben auf den Punkt zu treiben. Dieses grandiose Gefühl, wenn man „The Mantle“ oder „Ashes Against The Grain“ anmacht und sich eine gute Stunde später erst wieder losreißen kann, das kann „The Serpent & The Sphere“ leider wie sein direkter Vorgänger nicht bieten – mir zumindest nicht. Ein hervorragendes Album ist’s trotzdem geworden.
(Stephan Möller | 8/10 Punkten)