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Zeitreise zum 25. Todestag von Kurt Donald Cobain

Special

1994 – ein Jahr voller Ereignisse, die weltweit in Erinnerung bleiben sollten: Nelson Mandela wurde zum ersten schwarzafrikanischen Präsidenten Südafrikas gewählt, Michael Schumacher gewann als erster Deutscher die Weltmeisterschaft in der Formel 1, die Passagierfähre ‚Estonia‘ sank in der Ostsee und war mit 852 Opfern das schwerste europäische Schiffsunglück der Nachkriegszeit. In Japan kam die erste Playstation auf den Markt, während in Berlin die ersten MTV Europe Music Awards verliehen wurden. Es war das Gründungsjahr von Bands wie RAMMSTEIN und LIMP BIZKIT, während SOUNDGARDEN mit ihrem Album „Superunknown“ einen musikalischen Meilenstein veröffentlichten. Und einer, der unlängst Musikgeschichte geschrieben hatte, starb mit nur 27 Jahren in einem ehemaligen Gewächshaus in Seattle: Kurt Cobain. Zum 25. Todestag des Frontmanns von NIRVANA am 5. April 1994 erinnern wir uns mit einem Special zurück an die Zeit, als der Grunge seine Ikone verlor.

Presseberichte zum Tod von Kurt Cobain

Autor: Susann Klose

Foto-Credit Titelbild: Charles Peterson und Universal Music

Hilfe bei Depressionen bietet die Telefonseelsorge unter der kostenlosen Rufnummer: 0800/111 0 111


Vor 25 Jahren steckte das Internet für die breite Öffentlichkeit noch in den Kinderschuhen. Journalisten schrieben ihre Artikel üblicherweise noch auf Schreibmaschinen und Papier, zeichneten Interviews mit Audiokassetten auf, Telefone waren noch verkabelt. Fotos mussten erst von Filmen entwickelt werden und überhaupt tickten die Uhren damals sprichwörtlich noch wesentlich langsamer. Dies alles erklärt, warum sich der Tod von Kurt Cobain nicht – wie es heute der Fall sein würde – innerhalb weniger Sekunden um den gesamten Erdball verbreitete. Laut diverser Medienberichte brach der Sänger, Songwriter und Gitarrist den Aufenthalt in einer Entzugsklinik in Kalifornien vorzeitig ab und blieb angeblich mehrere Tage verschwunden, bis ihn ein Elektriker am 8. April 1994 in besagtem Gebäude auf seinem Grundstück am Lake Washington Boulevard in Seattle fand. Fälschlicherweise wird jener Tag in diversen Berichten als Todestag angegeben, tatsächlich soll Cobain jedoch bereits am 5. April verstorben sein. Offizielle Todesursache: Suizid durch Kopfschuss mit einer Schrotflinte.

NIRVANA – EP Cover „Hormoaning“, VÖ 05.02.1992 nur in Australien und Japan, Label: Geffen Records, signiert von Dave Grohl

In diesem Special soll weder die komplette Bandgeschichte NIRVANAs noch das Leben und Sterben von Kurt Cobain zum hunderttausendsten Mal auf’s Neue erzählt werden. Wir alle kennen die Alben „Bleach„, „Nevermind„, „Incesticide“ und „In Utero“ und Welthits wie „Smells Like Teen Spirit“, „Come As You Are“ oder „Heart-Shaped Box“ sowie das legendäre MTV Unplugged Konzert. Unzählige Informationen über das Trio aus Seattle und die Vita Cobains findet man heute mit einem Klick detailliert im World Wide Web.

Auch möchte ich mir nicht anmaßen, etwas über die allgemeine Psyche, die damalige seelische Verfassung des häufig als ‚Godfather des Grunge‘ oder ‚Leaders der Generation X‘ betitelten Frontmanns, seine Ehe mit der HOLE-Sängerin und Gitarristin Courtney Love, seine Drogensucht oder sonst irgendetwas zu beurteilen. In dem seinerzeit vielfach veröffentlichten Brief, den Ermittlungsbeamte in der Nähe seiner Leiche fanden, schrieb Cobain, er wolle niemandem etwas vormachen. Ich habe Cobain leider nie persönlich kennengelernt und somit erspare ich mir und Euch hier an dieser Stelle jegliche Behauptungen oder Mutmaßungen. Vielmehr will ich Euch hier mitnehmen ins Jahr 1994, in dem viele unserer Leser entweder noch nicht geboren oder zu jung waren, um sich an die damalige Stimmung, die kollektive Trauer, den Hype sowie die Hysterie nach dem Tod Cobains zu erinnern.


Autor: Susann Klose

Foto-Credit Titelbild: Charles Peterson und Universal Music

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Kurzer Rückblick zum Verständnis der damaligen Situation: NIRVANA spielten ihr letztes Konzert am 1. März in München, bevor Kurt bekanntlich wenige Tage später in Rom ins Koma fiel, Tage später wieder aufwachte und alle Tourdates zunächst in den April verschoben wurden. Was in Italien passierte, war den meisten Medien hier gerade eine kurze Meldung wert. Die Fans von Drummer Dave Grohl, Bassist Krist Novoselić und des 27-jährigen Frontmanns waren kurzfristig in Sorge, dann erleichtert. Ich freute mich also auf ein Interview vor der Show am 22. April in Hamburg.

NIRVANA – Von Dave Grohl signierte offizielle Split Single, VÖ 15.02.1993, Label: Touch and Go Records

Sonntag, 10. April 1994, norddeutsches Schmuddelwetter bei 7°C – das, was man einen trüben Tag im Frühling nennt. Wie ausgesprochen trüb er tatsächlich noch für mich werden sollte, stellte sich erst nach der Lektüre der Sonntagsausgabe der Bremer Tageszeitung heraus. „NIRVANA-Boss tot“ stand über einem kurzen Zehnzeiler auf der ersten Seite. Im Innenteil fand sich ein dpa-Bericht mit der Überschrift „Kurt Cobain von der US-Rockgruppe NIRVANA tot aufgefunden“ und darunter in großen Lettern „Polizei vermutet Selbstmord“, daneben eine bekanntes Pressefoto von Kurt aus dem Jahr 1993 in Schwarzweiß, grinsend und rauchend. So erfuhr ich vom Tod eines meiner Lieblingsmusiker, alleine an meinem Küchen-Bartisch stehend und mit einem Kloß im Hals in den Regen starrend.

Derweil versammelten sich in Seattle etwa 5.000 NIRVANA-Anhänger bei der Space Needle auf dem ehemaligen Weltausstellungsgelände, um sich von ihrem Idol zu verabschieden. Die Fernsehsender MTV und VIVA hatten nur noch ein Thema und sendeten quasi alles, was zu diesem Ereignis überhaupt zu senden war. Wieder und wieder lief der Auftritt von Courtney Love mit der 19 Monate alten gemeinsamen Tochter Frances Bean auf dem Arm. Love hatte Teile aus der Abschiedsbotschaft ihres Mannes auf Band gesprochen, spielte diese vor den Fans ab, unterbrach jedoch immer wieder mit Statements wie „Was für ein Arschloch!“ und forderte die Menge auf, ebenfalls im Chor „Arschloch!“ zu rufen, was zweifellos nicht bei allen ankam, die da heulend, verzweifelt und mit unzähligen Kurt- und NIRVANA-Devotionalien bestückt, geschockt trauerten. Die amerikanischen Medien rotierten bereits auf Hochtouren mit immer neuen Meldungen über Details, als sich ein NIRVANA-Fan nach der Teilnahme an der inoffiziellen Trauerfeier erschoss. Daraufhin machte sich geradezu eine Hysterie breit: Würden sich noch mehr Jugendliche das Leben nehmen, damit sie sich mit ihrem Idol verbunden fühlen und ihm so folgen? Bei einer eigens vom Musiksender MTV eingerichteten Krisen-Hotline für Suizidgefährdete sollen in den ersten 24 Stunden nach Bekanntwerden von Cobains Tod über 300 Anrufe eingegangen sein. In der Crisis Clinic in Seattle meldeten sich nach dem Bekanntwerden von Cobains Tod ebenfalls täglich 200-300 Leute. Unbestätigten Berichten zufolge gab es noch weitere Selbstmorde von Jugendlichen in den USA und Australien; der befürchtete Massensuizid blieb jedoch aus.


Autor: Susann Klose

Foto-Credit Titelbild: Charles Peterson und Universal Music

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In Deutschland hingegen gab es meines Wissens keine großen Treffen von NIRVANA-Fans anlässlich des Todes von Cobain und es hatte sich aus diesem Grund niemand erschossen. Doch getrauert wurde auch hierzulande, allein im ’stillen Kämmerlein‘ oder gemeinsam mit Freunden. Das Ableben des NIRVANA-Sängers war vielerorts ein Gesprächsthema. Für die Jugendseite des Bremer „Weser Kurier“ sprach ich damals mit Jugendlichen auf der Straße, was ihnen zum aktuellen Geschehen durch den Kopf ging. „Totale Scheiße!“ meinte der damals 15-jährige Malte. „In meinem Freundeskreis gibt’s Leute, die waren deshalb richtig fertig, mit viel Tränen und so. Aber, dass sich ein Fan ebenfalls so umgebracht hat, ist verrückt!“ Maike (16) erfuhr von einer Freundin vom Geschehen. „Sie rief mich ganz entsetzt an und wir haben erstmal darüber geredet. Auch in der Schule ging das Thema herum und manche mussten heulen, als sie davon hörten.“ Und der seinerzeit 18 Jahre alte Nils sagt dazu, dass er nur deshalb trauert, „weil da wohl von Nirvana nichts Neues mehr kommen wird. Es geht mir menschlich nicht sooo nah. Aber für die Rockwelt ist es natürlich bitter, denn Cobain hatte sowas, der letzte Rebell zu sein. Er war eben der einzige, der noch gegen Konventionen verstieß und damit Erfolg gehabt hat.“

NIRVANA – CD Album „Nevermind“, signiert von Dave Grohl

Selbstverständlich war der Abschied von der Grunge-Ikone auch in der Musikerszene ein heiß diskutiertes Thema. Udo Dirkschneider, Shouter von ACCEPT, erzählte mir am Telefon: „Ich finde das so tragisch, dass mir die Worte fehlen. Allerdings kann ich nicht anders, als jeden, der in seinem Umfeld war, schuldig zu sprechen. Es gibt Heilungschancen für diese verirrten Kinder, aber das ist denen wohl zu anstrengend. Besonders verantwortungslos ist, die Todesart inklusive des Abschiedsbriefes zu veröffentlichen, zumal es Nachahmer gibt. Leider kann dieser begabte Mensch kein Leitbild für seine Fans sein.“

Der ELOY-Musiker und damalige Boss des Horus Sound Studios in Hannover, Frank Bornemann, äußerte sich im April 1994 folgendermaßen: „Das Schicksal von Cobain hat mich furchtbar erschüttert. Der Mann muss unter allerschlimmsten Depressionen gelitten haben. Mir ist unverständlich, warum ein Mann, der so viel bewegen konnte, es nicht schaffte, seine Gesinnung in positive Energien umzusetzen. Mich wundert, dass niemand in der Lage war, ihn da rauszuholen. Dass jemand so ausflippt, zeugt auch von großer Einsamkeit.“ Die Hamburger Sängerin Joal bezeichnete extreme Persönlichkeiten wie Kurt als „besonders begabt, jedoch auch sehr gefährdet, wenn es um den Ausdruck von Gefühlen geht.“ Sie betonte: „Was mich sehr schockiert, ist die Tatsache, dass selbst die Verantwortung für seine Familie ihm keinen Halt geben konnte. Er hätte doch eine andere Ausstiegsmöglichkeit aus dem Business wählen können. Es ist schlimm, dass ihn niemand davor bewahrt hat, echt traurig.“ Und Kai Steffen, einst Gitarrist der Hannoveraner Hardrocker SARGANT FURY, meinte: „Cobain hat die Musikszene – ob freiwillig oder nicht – ganz schön umgekrempelt, den Erfolg aber anscheinend nie gewollt. Eigentlich will jeder Musiker nach oben. Aber wenn Du dort bist, ist es wohl auch Shit!“ Für Ted Bullet aka Ted Pulit, dereinst Leadröhre von THUNDERHEAD und gebürtiger Amerikaner, war Cobain ein großartiger Songwriter. „Dieser Tod ist ein enormer Verlust, ich bin sehr traurig und kann es immer noch nicht fassen. But now Kurt Cobain is gone … forever!“

Soweit zu den Aussagen von Musikern und Fans, die alle aus unterschiedlichen Quellen vom plötzlichen Tod des NIRVANA-Sängers gehört hatten. Schließlich gab es plötzlich eine Medienpräsenz, die selbst ein Weltstar wie Cobain zu Lebzeiten so nicht hatte. Sender mit Moderatoren, die nicht einmal wussten, wie man seinen Namen ausspricht, kamen um die Berichterstattung nicht herum. So vermeldete beispielsweise die Tagesschau am 9. April den Tod von „Kurt Kohben“ (so wie hier geschrieben, deutsch ausgesprochen!) und auch der Korrespondent aus Washington redete in seinem Bericht nur von „Kurt Kohben“.


Autor: Susann Klose

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Auch Zeitschriften und Magazine, allen voran die Boulevardpresse, wollten sich in jenen Tagen ein Stück vom Kuchen in puncto Aufmerksamkeit abschneiden. So titelte die Bild-Zeitung „Toter NIRVANA-Star: Ehefrau verflucht ihn bei der Trauerfeier“, der Spiegel schrieb „Der Selbstmord des NIRVANA-Sängers Kurt Cobain war der letzte Protestschrei eines Verweigerers“, die Jugendzeitschrift Bravo berichtete vom „schrecklichen Tod des Kurt Cobain“, Überschrift „Ich hasse mich und will sterben“ und fragte „Was trieb Kurt in den Tod?“, während die Bunte einen „Live-Bericht aus seinem Todeshaus in Seattle“ bot und diesen Artikel in großen Lettern mit „Held unserer Kinder ist tot. Wen beweinen sie?“ anpries, in dem die jüngsten Infos aus der „Trauerstadt Seattle“ direkt nach Hause auf Muttis Sofa geliefert wurden. Das Magazin Prinz stellte die Fragen „Was mordete Kurt Cobain? Die Presse? Die Fans? Die Drogen? Courtney Love? Oder die Ideale des Grunge?“. Der Stern zog in seiner Ausgabe vom 14. April 1994 in der Rubrik Popmusik unter dem Titel „Im Club der toten Rocker“ Parallelen zu den „legendären Toten der 70er“ wie Jimi Hendrix und Janis Joplin, die ebenfalls nur 27 Jahre alt wurden, um in der nächsten Ausgabe eine Woche später die Frage zu stellen „Ist Tod besser als leben?“ Beim Focus hingegen erschien das Thema mit dem Titel „Ins Nirwana der ‚Generation X’– Eine resignierte Jugendgeneration verlor ihren besten Klagesänger: Grunge-Musiker Kurt Cobain versank im eigenen Depressionssumpf“ ausgerechnet in der Kategorie ‚Modernes Leben‘. Fehlte eigentlich nur noch das, was augenscheinlich stets kommen muss, wenn bekannte Persönlichkeiten sterben: Frei nach dem Motto „Elvis lebt“ kam damit der Musikexpress um die Ecke, schrieb als Randnotiz auf ein Titelblatt „Cobain lebt – wir sagen wo“. Im Innenteil des Heftes stand in großen roten Buchstaben noch einmal „Kurt Cobain lebt“ und darunter „Der Kommerz macht den Kultrocker unsterblich“. Inhaltlich drehte es sich im Artikel um die Geschäftemacherei mit dem Tod Cobains, die hier allerdings auf fragwürdig niedrigem Niveau selbst betrieben wurde.

NIRVANA – CD Album „In Utero“, signiert von Dave Grohl

Wem bis dato nicht klar war, dass in unzähligen Medienvertretern seinerzeit ausgesprochene Pseudo-Mediziner und Hobby-Psychologen schlummerten – der Tod von Cobain brachte es ans Tageslicht und auf die Seiten der Printmedien. So wurde sein physischer Zustand ebenso zerpflückt, wie seine psychische Verfassung. Wobei Letztgenannte immer wieder an Zeilen von NIRVANA-Songs festgemacht wurde, fand man doch in beinahe jedem Text Hinweise auf Kurts angebliche Todessehnsucht. „In seinem kurzen, traurigen Leben war Kurt Cobain unfähig, seinen intensiven Schmerz und seine Traurigkeit zu besiegen,“ hieß es im Magazin Guitar World, und das war – verglichen mit anderen Berichten – noch eine eher zurückhaltende Beurteilung. In der Musikzeitschrift Spex war unter dem Titel „Der erste MTV-Tote“ zu lesen, dass in einer intellektuellen Plauderrunde von fünf Journalisten einer der Meinung war, der NIRVANA-Sänger hätte selbst seinen Tod noch medienwirksam inszeniert: „So sehr Cobain seine Vermarktung als Sprachrohr der Generation X gehasst hat, so sehr hatte er die ihm von außen durch den Medienapparat zugeschriebene Wichtigkeit derart verinnerlicht, dass er selbst noch seinen Abgang mit allen Zeichenregistern von Wichtigkeit ausstatten musste.“ Je nach subjektiver Auffassung der jeweiligen Berichterstatter – und wie es gerade zur Story passte – stilisierte man den Rockstar Cobain zum uneinsichtigen Großmaul, drogensüchtigen Egoisten, zum Leidtragenden seiner schweren Kindheit, zum Rebellen, Märtyrer oder sensiblem Opferlamm. Was nicht passte, wurde eben passend gemacht, schließlich war mit Widerspruch unter den gegebenen Tatsachen ja definitiv nicht mehr zu rechnen. Anmerkung: Die einzige autorisierte NIRVANA-Autobiographie von Michael Azerrad „Come as you are“ erschien hingegen in englischer Sprache, noch zu Lebzeiten des NIRVANA-Leadsängers und Gitarristen, erstmals im September 1993.


Autor: Susann Klose

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Tja, so war das alles im Jahr 1994, als karierte Flanellhemden und mindestens an den Knien aufgerissene Jeans zur Grundausstattung der Grunge-Fans gehörten. Posthum überschwemmten seitdem weltweit viele, sehr viele Magazine, Bücher und Filme über das Leben und Sterben des Musikers Kurt Cobain den Markt. Widersprüchliche Aussagen zu den Umständen schürten – wie bei anderen toten Prominenten, die nicht aufgrund ihres Alters starben – Gerüchte, dass Kurt keinen Selbstmord beging, sondern ermordet wurde. Und bis heute scheiden sich die Geister, was daran Wahrheit und Mythos sein könnte. Der Film „Kurt & Courtney“ des britischen Dokumentarfilmers Nick Broomfield aus dem Jahre 1998 vertritt die These eines Mordes beispielsweise ebenso, wie das Doku-Drama „Kurt Cobain – Tod einer Ikone“. Dieses unter dem Originaltitel „Soaked in Bleach“ 2015 erschienene Werk des Regisseurs Benjamin Statler, stützt sich darin auf die Ermittlungen des Privatdetektivs Tom Grant. Der damals von Courtney Love mit der Suche nach ihrem Ehemann beauftragte Privatermittler bezweifelt in zwei eigenen Büchern den Suizid Kurt Cobains ebenso, wie die kanadischen Autoren Ian Halperin und Max Wallace, deren Publikation „Mordfall Kurt Cobain – Was bisher verschwiegen wurde“ 2004 auf dem Markt kam. Bloße Verschwörungstheorien, wie sie von Kritikern oft belächelt wurden, oder ist da doch etwas dran, an den vermeintlichen Beweisen derer wie Tom Grant, die bis heute eine Wiederaufnahme der Untersuchungen zum Tod des legendären Musikers fordern?

NIRVANA – CD Album „Bleach“, signiert von Dave Grohl

In einem NIRVANA-Interview, das im August 1993 im Edgewater Hotel in Seattle aufgezeichnet wurde (Quelle: youtube), entgegnet Kurt auf die Frage, ob sie nach ihren weltweiten Erfahrungen mit den Medien noch glauben, was sie lesen oder sehen: „Niemals! Das tat ich nie und jetzt schon gar nicht mehr. Ich habe nicht das Recht, mir über irgendetwas eine Meinung zu bilden, was ich lese oder im TV sehe, solange ich nicht persönlich die Quelle kenne. Meine Einstellung dazu hat sich in den vergangenen Jahren sehr verändert, vielleicht wegen dem Scheiß, den man über uns geschrieben hat.“

Ich möchte hier ebenfalls nicht über die Persönlichkeit von Kurt Cobain urteilen; ich kannte ihn nicht und möchte ihm so ein Vierteljahrhundert nach seinem Tod dieses Minimum an Respekt zollen. Cobain ist immer wieder irgendwie oder irgendwo präsent, nicht zuletzt, wenn „Smells Like Teen Spirit“ oder „All Apologies“ zwischen BILLY TALENT und RISE AGAINST bei mir im Webradio laufen oder mein Blick auf die NIRVANA-Veröffentlichungen im Bücher- und CD-Regal fällt. Und manchmal ist es dann wieder da, dieses Gefühl von damals, als ich in meiner Küche stand und fassungslos in den trüben Nieselregen blickte. Und immer, wenn ich das Teenie-Mädchen im schwarzen Nirvana-Hoodie mit ihrem Hund durch unser Dorf Gassi gehen sehe, keimt Hoffnung auf, dass Grunge niemals so ganz verschwinden wird.


Autor: Susann Klose

Foto-Credit Titelbild: Charles Peterson und Universal Music

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05.04.2019
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