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Zeitreise zum 25. Todestag von Kurt Donald Cobain
Special
In Deutschland hingegen gab es meines Wissens keine großen Treffen von NIRVANA-Fans anlässlich des Todes von Cobain und es hatte sich aus diesem Grund niemand erschossen. Doch getrauert wurde auch hierzulande, allein im ’stillen Kämmerlein‘ oder gemeinsam mit Freunden. Das Ableben des NIRVANA-Sängers war vielerorts ein Gesprächsthema. Für die Jugendseite des Bremer „Weser Kurier“ sprach ich damals mit Jugendlichen auf der Straße, was ihnen zum aktuellen Geschehen durch den Kopf ging. „Totale Scheiße!“ meinte der damals 15-jährige Malte. „In meinem Freundeskreis gibt’s Leute, die waren deshalb richtig fertig, mit viel Tränen und so. Aber, dass sich ein Fan ebenfalls so umgebracht hat, ist verrückt!“ Maike (16) erfuhr von einer Freundin vom Geschehen. „Sie rief mich ganz entsetzt an und wir haben erstmal darüber geredet. Auch in der Schule ging das Thema herum und manche mussten heulen, als sie davon hörten.“ Und der seinerzeit 18 Jahre alte Nils sagt dazu, dass er nur deshalb trauert, „weil da wohl von Nirvana nichts Neues mehr kommen wird. Es geht mir menschlich nicht sooo nah. Aber für die Rockwelt ist es natürlich bitter, denn Cobain hatte sowas, der letzte Rebell zu sein. Er war eben der einzige, der noch gegen Konventionen verstieß und damit Erfolg gehabt hat.“
Selbstverständlich war der Abschied von der Grunge-Ikone auch in der Musikerszene ein heiß diskutiertes Thema. Udo Dirkschneider, Shouter von ACCEPT, erzählte mir am Telefon: „Ich finde das so tragisch, dass mir die Worte fehlen. Allerdings kann ich nicht anders, als jeden, der in seinem Umfeld war, schuldig zu sprechen. Es gibt Heilungschancen für diese verirrten Kinder, aber das ist denen wohl zu anstrengend. Besonders verantwortungslos ist, die Todesart inklusive des Abschiedsbriefes zu veröffentlichen, zumal es Nachahmer gibt. Leider kann dieser begabte Mensch kein Leitbild für seine Fans sein.“
Der ELOY-Musiker und damalige Boss des Horus Sound Studios in Hannover, Frank Bornemann, äußerte sich im April 1994 folgendermaßen: „Das Schicksal von Cobain hat mich furchtbar erschüttert. Der Mann muss unter allerschlimmsten Depressionen gelitten haben. Mir ist unverständlich, warum ein Mann, der so viel bewegen konnte, es nicht schaffte, seine Gesinnung in positive Energien umzusetzen. Mich wundert, dass niemand in der Lage war, ihn da rauszuholen. Dass jemand so ausflippt, zeugt auch von großer Einsamkeit.“ Die Hamburger Sängerin Joal bezeichnete extreme Persönlichkeiten wie Kurt als „besonders begabt, jedoch auch sehr gefährdet, wenn es um den Ausdruck von Gefühlen geht.“ Sie betonte: „Was mich sehr schockiert, ist die Tatsache, dass selbst die Verantwortung für seine Familie ihm keinen Halt geben konnte. Er hätte doch eine andere Ausstiegsmöglichkeit aus dem Business wählen können. Es ist schlimm, dass ihn niemand davor bewahrt hat, echt traurig.“ Und Kai Steffen, einst Gitarrist der Hannoveraner Hardrocker SARGANT FURY, meinte: „Cobain hat die Musikszene – ob freiwillig oder nicht – ganz schön umgekrempelt, den Erfolg aber anscheinend nie gewollt. Eigentlich will jeder Musiker nach oben. Aber wenn Du dort bist, ist es wohl auch Shit!“ Für Ted Bullet aka Ted Pulit, dereinst Leadröhre von THUNDERHEAD und gebürtiger Amerikaner, war Cobain ein großartiger Songwriter. „Dieser Tod ist ein enormer Verlust, ich bin sehr traurig und kann es immer noch nicht fassen. But now Kurt Cobain is gone … forever!“
Soweit zu den Aussagen von Musikern und Fans, die alle aus unterschiedlichen Quellen vom plötzlichen Tod des NIRVANA-Sängers gehört hatten. Schließlich gab es plötzlich eine Medienpräsenz, die selbst ein Weltstar wie Cobain zu Lebzeiten so nicht hatte. Sender mit Moderatoren, die nicht einmal wussten, wie man seinen Namen ausspricht, kamen um die Berichterstattung nicht herum. So vermeldete beispielsweise die Tagesschau am 9. April den Tod von „Kurt Kohben“ (so wie hier geschrieben, deutsch ausgesprochen!) und auch der Korrespondent aus Washington redete in seinem Bericht nur von „Kurt Kohben“.
Autor: Susann Klose
Foto-Credit Titelbild: Charles Peterson und Universal Music
Hilfe bei Depressionen bietet die Telefonseelsorge unter der kostenlosen Rufnummer: 0800/111 0 111
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Toller Artikel!
Danke für die Einblicke. Ich war erst 8 und konnte das damals nicht mitkriegen. Aber nach all den Artikeln und Dokus zu Cobain, die ich in den letzten 20 Jahren aingesogen habe, war das hier endlich nochmal lesenswert und interessant.
Da kann ich mich anschließen: toller Artikel! Ich war zum Zeitpunkt von Cobains Tod 12 Jahre alt und habe die Sache zwar so am Rande mitbekommen, interessiert hat es mich damals aber wenig – ich wusste nicht mal wirklich, wer Kurt Cobain überhaupt war. Heutzutage schwer vorstellbar, aber so war das in den Zeiten vor dem Internet. Und obwohl ich einige Jahre später dann die drei „Haupt-Alben“ von Nirvana („Bleach“, „Nevermind“ und „In Utero“) besaß, wurde ich nie zum ganz großen Fan der Band. Aber dennoch: Der Artikel war eine interessante (und gut geschriebene) Reise zurück ins Jahr 1994.
Nirvana war damals ja für mich eher so eine Art Hassband*. Kurt und mich verbindet, dass sein Todestag auf meinem Geburtstag -da wurde ich 19- fällt. Wobei ich erst nicht geglaubt habe, dass er wirklich tot ist, da diese Gerüchte halt früher schon öfter im Umlauf waren. Keine Ahnung, wie oft der früher schon gestorben sein soll. Als es aber dann bestätigt wurde, war ich schon ein wenig bestürzt. Sei´s drum, 3 wichtige und gute Alben, eine schreckliche Ehefrau und ein immenses Erbe. Kurt war vielleicht nicht der beste Gitarrist, aber er wusste, wie man gute Lieder schreibt. Punk wurde immer glattpolierter, Hardcore war fast nur noch stumpes NYC-Gemoshe a la Biohazard und Nirvana als Aushängeschild des Grungerocks Zielschreibe Nr. 1. Verrückte Zeit, damals.
*Grunge war eben in aller Munde und man wurde dem damals echt überdrüssig. Da war es leicht, Nirvana zu verdammen. So ging´s nicht nur mir, sondern vielen anderen Leuten.
Ich war damals 27, wie Cobain auch.
Ich habe Nirvana anfangs gemocht, sie waren hart und dreckig genug, um sich vom teils polierten Metal der alten Helden abzusetzen. DeathMetal wurde gerade gross, und es war schwer für die Metal-Bands der 70er/80er sich zu behaupten. Das haben Priest und Maiden wohl auch so erkannt, und Halford sowie auch Dickinson versuchten es mit einem Mix von Metal und Grunge, naja….
Was jedoch übel nervte damals war der mediale Hype um Nirvana, das war unnormal, in wirklich jeder Gazette wurde Cobain abgefeiert, musikalisch konnte das mMn nicht begründet werden, Nirvana waren doch sehr limitiert in ihrem Kosmos wie ich fand.
Der offen zur Schau gestellte Drogenkonsum von Cobain wurde irgendwann einfach peinlich, kein Liveauftritt der nicht von einem torkelnden, lallenden, nölenden Cobain begleitet war, das war alles andere als „ok“.
Für mich war Nirvana sehr schnell verbrannt, und Cobains Selbstmord hat mich weder überrascht, noch schockiert, er war schon lange davor nicht mehr im Leben wie mir schien.
Nirvana wurden von der Industrie gefressen, verdaut und ausgekackt, und das trotz deren pausenlosen Protestes gegen all das haben Nirvana es zugelassen, dieser Widerspruch war mir zu gross, als das ich in der Band auch noch einen Vorreiter für Unabhängigkeit oder ähnliches erkennen konnte.
Ich meine es war Lemmy der damals sinngemäss über Cobain sagte; „wenn man nicht möchte das man den Arsch geleckt bekommt, sollte man diesen nicht zum Fenster raushalten“.
Und Miss Love war/ist sicherlich die grösste Nerv-Bratze, die in Jahrzehnten die Rock-Bühne malträtiert hat, was für ein Wrack.
Unterm Strich denke ich heute, das Cobain ein Heroinjunkie war, der wohl gerne sich tot sehen wollte, mit dem Talent, gute Rockmusik zu verfassen. Nicht mehr, nicht weniger.
Lustig übrigens, wie die Kommentatoren hier nach unten hin immer älter werden. Also, jetzt durch diesen Kommentar nicht mehr – aber zumindest bis dahin.
Du hast eben ein Zeitparadoxon erschaffen… Das kostet dich 2-3 Biere.
Das glaube ich nicht. Wenn dem so wäre, könnte ich diesen Satz hier ni