25 Jahre - 25 Alben - 25 Songs
Heute: Oliver Di Iorio
Special
25 Jahre metal.de. Das sind 25 Jahre, die jeder Redakteur unterschiedlich wahrgenommen hat und in denen unterschiedliche Alben wichtig waren. In dieser Serie geht es darum, sich für jedes Jahr auf ein Album festzulegen, welches für den Redakteur persönlich am wichtigsten war. Mit der Nennung eines Songs, der stellvertretend für das Album steht, ergibt sich dann eine Playlist. Am Ende des Jahres folgt die ultimative „25 Jahre metal.de Playlist“.
Olivers Playlist:
Die Gesamtplaylist aller Redakteure, die im Laufe des Jahres noch anwachsen wird:
1996 Korn – Life Ist Peachy
Nu-Metal ist bis heute nicht meine Musik… Allerdings öffneten KORN mit “Life Is Peachy” diese Tür einen Spalt für mich. Das geschah zu einer Zeit, in der ich mir jeden Freitag auf der Tanzfläche zu “Twist” einen abstrampelte und mich gleichzeitig vor den anwesenden Damen lächerlich machte, anstatt als junger Fred Astaire gefeiert zu werden.
Song: No Place To Hide
1997 Pantera – Official Live: 101 Proof
Ich hatte das große Vergnügen PANTERA im Vorprogramm von JUDAS PRIEST und ANNIHILATOR zu sehen. Als jüngster Konzert-Besucher konnte ich überhaupt nichts mit dem Groove-Gewitter anfangen. Später passte die auf Platte gepresste Aggression und Power wunderbar zum meiner Stimmung, wenn mich aus dem Spiegel ein pickeliges und von langen Haaren umrahmtes Gesicht anstarrte.
Song: Cemetery Gates
1998 Death – The Sound Of Perserverance
Mein allererstes Death-Metal-Album war “Human”. Seinerzeit glaubte ich nicht daran, dass ein Mensch aus Fleisch und Blut derart kopflastige Musik schreiben kann. Auch konnte ich mir nicht vorstellen, jemals ähnlich inspiriert eine Gitarre bedienen zu können (woran sich bis heute nichts geändert hat). “The Sound Of Perserverance” ist ein Meisterwerk unter Meisterwerken und steht für die gesamte Diskographie der Band.
Song: Spirit Crusher
1999 Type O Negative – World Coming Down
Immer noch wandelte ich als Teenage-Dirtbag durch die Straßen von München und hielt mich jeden Tag unter Gleichgesinnten auf. Das Leben machten wir uns selbst schwer und während der depressiven Selbstfindungsphase und einer wohlbehüteten Kindheit, ritzte Pete Steele ein wenig die Haut auf. Blut konnte ich aber noch nie sehen, mein eigenes schon gar nicht…
Song: Pyretta Blaze
Mayhem – Grand Declaration Of War
Um ehrlich zu sein, lachte ich mich über das Gehabe der Black-Metal-Szene immer kaputt. Das alberne Corpse-Paint, Musik die wie eine kaputte Nähmaschine klang und obendrein fragwürdige Ansichten in Sachen Politik. Mit “Grand Declaration Of War” bewiesen mir MAYHEM aber, dass Black Metal progressiv und flächig und abgedreht und künstlerisch sein kann. Seitdem komme ich ohne dieses Sub-Genre nicht mehr aus.
Song: A Grand Declaration Of War
2001 System Of A Down – Toxicity
Man konnte sich damals auf dem Zeltplatz eines jeden besuchten Festivals einfach nicht vor AC/DC, RAGE AGAINST THE MACHINE und diesem Album hier schützen. Aus jeder noch so kleinen Box drangen bis weit in die Morgenstunden die Songs in die gepeinigten Ohren. Ein befreundeter Schlagzeuger trommelte so lange jeden Rhythmus der Platte auf den Oberschenkeln mit, bis ich es mir freiwillig anhörte. Mittlerweile ein Album für die einsame Insel.
Song: Jet Pilot
2002 Pearl Jam – Riot Act
Zum einen handelt es sich bei PEARL JAM um meine All-Time-Lieblingsband. Zum anderen hatte die Platte eine tiefe Bedeutung nach dem Unglück auf dem Roskilde-Festival, als während dem Set der Band neun Menschen ums Leben kamen. Für mich persönlich steht die Platte für Aufbruchstimmung und Neuanfang.
Song: Thumbing My Way
2003 Muse – Absolution
Während einer Englandreise hatte ich mit dem Linksverkehr zu kämpfen und musste nach einem kleinen Malheur für den Rest der Reise im Mietwagen übernachten, um Geld für die Reparatur zu sparen. Mein persönlicher Soundtrack dieser Nächte war “Absolution” und brachte mich mit seiner Melancholie und gleichzeitigen Power unversehrt durch.
Song: Stockholm Syndrome
2004 Meshuggah – I
Nachdem mein Salto von der Bühne während eines ENTOMBED-Konzertes, außer Schmerzen nichts für mich bereithielt, schwor ich dem Sport des Crowd-Surfens endgültig ab. Erst MESHUGGAH motivierten mich erneut, die Kapuze über den Kopf zu ziehen und abgezählte fünfundzwanzig Mal während einer Show über hunderte von ausgestreckten Armen zu gleiten.
Song: I (21 Minute Track)
2005 Bolt Thrower – Those Once Loyal
Schon zu Schulzeiten ließ mich ein Pulli mit dem “War Master”-Aufdruck wie ein Gockel über den Pausenhof stolzieren. Bevor man mir einen Kaugummi ins lange Haar schmierte, fühlte ich mich also ein paar Sekunden lang cool. Dafür bin ich den Briten auf ewig treu und zu Dank verpflichtet. “Those Once Loyal” ist natürlich etwas ganz Besonderes, weil es die letzte Veröffentlichung der Band darstellt.
Song: The Killchain
Alleine das Artwork mit dem Klappcover und der integrierten 3D-Brille ist der Hit. Selten hat mich ein Album als Gesamtkunstwerk aus Songwriting, visueller Gestaltung und Feeling mehr eingefangen. Aber TOOL hatte ich eigentlich Jahre zuvor mit dem abgründigen Knetfiguren-Video zu “Sober” entdeckt. Seinerzeit kämpfte eine ganze Generation mit Melancholie und fand in Kurt Cobain eine traurige Leitfigur.
Song: The Pot
2007 Eddie Vedder – OST Into The Wild
Während des Abspanns vom Film “Into The Wild” hörte man, wie Kinobesucher schnieften, sich schnäuzten und ungehemmt heulten. Alleine das traurige Filmende hätte das nicht bewirken können. Selbst drücke ich noch heute ein paar Tränen weg, wenn die Kombination aus wundervollen Impressionen, der berührenden Geschichte von Christopher McCandless und eben dieser Musik auf mich hereinbrechen.
Song: Guaranteed
2008 Testament – The Formation Of Damnation
Als Halbwüchsiger hatte ich eine Heidenangst vor Chuck Billy. In Fachzeitschriften war die Rede davon, dass die ersten drei bis zehn Reihen auf Konzerten der Band nicht sicher seien. Der Sänger würde gerne und oft wie ein Lama spucken. Deshalb stand ich bei TESTAMENT-Shows entgegen meiner damaligen Gewohnheiten immer im hinteren Bereich der Halle. Das änderte sich erst mit diesem Album, auch wenn ich nach dem Gig erst einmal ausgiebig duschen musste…
Song: The Evil Has Landed
2009 Alice In Chains – Black Gives Way To Blue
In dieser Zeit fühlte ich mich wie ein faltenfreier Metal-Opa, denn die Musik meines Geschmacks hatte schon seit Langem eine, gelinde gesagt, sehr magere Veröffentlichungs-Rate. Doch dann hauten ALICE IN CHAINS einfach mal diese Granate raus. Zwar ohne Layne Staley, aber für mich trotzdem eine Reise in die Zeit, als für jeden Tag ein anderes Flanell-Hemd in meinem Kleiderschrank hing.
Song: Acid Bubble
2010 Iron Maiden – The Final Frontier
Eigentlich müsste ich jede IRON MAIDEN-Veröffentlichung angeben, das wäre aber zu langweilig. Bis heute sind die Briten meine Heavy-Metal-Helden aus frühesten Teenager-Zeiten. Wenn die Puste beim Laufen knapp wird, summe ich “The Loneliness Of The Long Distance Runner” innerlich vor mich her und es geht weiter. Noch Fragen? Der sehr progressive Anstrich von “The Final Frontier” ist für mich das Beste seit Dickinsons Rückkehr.
Song: Isle Of Avalon
Mit dieser Platte inspirierte Cornell mich nach einer langjährigen Pause dazu, die Gitarre zu besaiten und selbst wieder einen Song zu schreiben. “Songbook” ist eine berührende Zusammenstellung von Lieblingssongs und hebt die Stimme des SOUNDGARDEN-Sängers endgültig auf ein kaum zu erklimmendes Podest.
Song: Imagine
2012 Led Zeppelin – Celebration Day
Ohne diese Band würde ich heute vermutlich nicht von Rock-Musik besessen sein. Unendliche Urlaubsreisen im Familien-Boliden sahen in meiner Kindheit so aus: eingeklemmt zwischen Playmobil-Themen-Spielzeug und Vintage-Figuren der Star-Wars-Sammlung, kauerte man auf der Rückbank und lehnte das Haupt am mitgeführten Ghettoblaster. Aus dessen Boxen drangen die Aufnahmen der zwei mitgeführten Kassetten, mit den Interpreten LED ZEPPELIN, QUEEN, ALICE COOPER und BRUCE SPRINGSTEEN. Umso mehr freute ich mich anno 2012 über eine frische LED-ZEP-Veröffentlichung, auch wenn es sich natürlich um den Live-Mitschnitt des Re-Union-Gigs in London handelte.
Song: The Song Remains The Same
2013 Queens Of The Stone Age – …Like Clockwork
Damals begleitete ich PEARL JAM während einer Südamerika-Tour und beim Lollapalooza-Festival in Santiago de Chile, präsentierte Josh Homme erstmals einen Track des Albums. Damit stellt “…Like Clockwork” ein Souvenir einer wunderbaren Reise dar und lässt mich immer noch gern an dieses Jahr zurückdenken.
Song: My God Is The Sun
2014 Obituary – Inked In Blood
Selbst meine Mutter feierte OBITUARY stets ob der überlangen Mähnen der Band-Mitglieder, weshalb ich mein Haupthaar überhaupt erst wachsen lassen durfte. Niemals hat mich der bestialische Death Metal der Band kalt gelassen und auf “Inked In Blood” befinden sich einige meiner liebsten Songs.
Song: Visions In My Head
Natürlich bedeutet mir diese Platte nicht zuletzt deshalb so viel, weil sie das Ende einer der wichtigsten Bands in meinem Leben eingeläutet hat. Selbst zu einem Date hatte ich seinerzeit zum SLAYER-Konzert geladen. Als Jünger der ersten Stunde hat mich aber auch die Rückkehr zu thrashigen Wurzeln glücklich gemacht.
Song: Chasing Death
Eigentlich hatte ich ANTHRAX seit “Sound Of White Noise” überhaupt nicht mehr auf dem Radar. Als ich das Box-Set von “For All Kings” geschenkt bekam, war ich aber sofort von den Mitsing-Hymnen und den Melodien infiziert. Der bereits erwähnte Ghettoblaster war ein paar Jahre zuvor heiß gelaufen, als ich das “State Of Euphoria”-Tape immer wieder zum Beginn von “Antisocial” zurückspulte.
Song: Breathing Lightning
2017 Sepultura – Machine Messiah
Wieder so eine Band, bei der früher alles besser war. Max Cavalera stellte in meiner Anfangs-Phase ein echtes Vorbild dar. Die sehnsüchtig herbeigewünschte BC Rich-Warlock legte mir das Christkind trotzdem nicht unter den Weihnachtsbaum, dafür aber einen 5er-Pack mit Plektren. Auf der Tour zu “Machine Messiah” sah ich die Band das erste Mal live ohne die Cavaleras und war über die musikalische Entwicklung geradezu entzückt.
Song: Machine Messiah
2018 Metallica – …And Justice For All (Remastered)
Wie heute erinnere ich mich daran, dass ich im Rahmen einer Ministranten-Stunde die Schnitzeljagd in Münchens Innenstadt haushoch verlor. Schuld war das oben erwähnte Originalalbum, das während des Spiels aus den Kopfhörern in meine Ohren drang und mir die volle Konzentration abverlangte. Außerdem hatte ich sowieso keine Lust auf (Spiel-)Regeln.
Song: Blackened
2019 Entombed – Live Clandestine
Als junger Mensch der in Oberbayern aufgewachsen ist, trat ich in zartestem Jugendalter den Dienst in der Kirche an und verdiente mir ein paar Mark dazu, als das Gotteshaus zu besonders festlichen Anlässen mit Blumen dekoriert werden musste. Der Lohn wurde noch am selben Nachmittag in den angrenzenden World Of Music getragen und in die Vergrößerung der Plattensammlung investiert. In diesem Fall handelte es sich um das Studio-Album und meine Death-Metal-Taufe.
Song: Chaos Breed
2020 Oranssi Pazuzu – Mestarin Kynsi
Mein Album des Jahres 2020. Während des Lockdowns tröstete mich die Tatsache, dass fiese, abgründige Musik gleichzeitig wunderschön sein kann. Keine Plattitüden, keine Klischees. Danke dafür!
Song: Ilmestys
Bisher erschienen: