25 Jahre - 25 Alben - 25 Songs
Heute: Alexander Santel
Special
25 Jahre metal.de. Das sind 25 Jahre, die jeder Redakteur unterschiedlich wahrgenommen hat und in denen unterschiedliche Alben wichtig waren. In dieser Serie geht es darum, sich für jedes Jahr auf ein Album festzulegen, welches für den Redakteur persönlich am wichtigsten war. Mit der Nennung eines Songs, der stellvertretend für das Album steht, ergibt sich dann eine Playlist. Am Ende des Jahres folgt die ultimative „25 Jahre metal.de Playlist“.
Alexanders Playlist:
Die Gesamtplaylist aller Redakteure, die im Laufe des Jahres noch anwachsen wird:
1996 IN FLAMES – The Jester Race
1996 war ich noch nicht einmal im Kindergarten und so weit entfernt vom Metal hören wie meine Finger von der Keksdose wenn ich Mist gebaut hatte, aber etwas mehr als ein Jahrzehnt später sollte unter anderem diese Band für mich zum Einfallstor in die härtere Musik werden. Auch heute noch ein Klassiker im Melo-Death, zu deren Sound sich viele Fans zurück sehnen. Oft kopiert, seltenst erreicht.
Song: “December Flower”
Auch noch:
CRYPTOPSY – None So Vile
BORKNAGAR – Borknagar
1997 EMPEROR – Anthems To The Welkin At Dusk
Lange Zeit hat Black Metal nicht bei mir “geklickt”. Bis ich zum ersten Mal die raue Produktion, aber auch Keyboards und progressive Kompositionsweise (fürs Genre) auf dem Zweitwerk der Norweger wertschätzen konnte, sind einige Jährchen auf meiner Metal-Entdeckungs-Reise ins Land gegangen. Aber kein anderes Album bislang hat es geschafft, symphonische, aber trotzdem kalte und abweisende Atmosphäre so sehr zu bündeln und heraufzubeschwören wie dieses Album. Für manche vielleicht Majestätsbeleidigung, aber ich hab “Anthems” immer der “Nightside” vorgezogen und tue es heute auch noch.
Song: “With Strength I Burn”
Auch noch:
NAGELFAR – Hünengrab im Herbst
Ein weiteres Album, bei dessen Veröffentlichung ich im jungen Alter von fünf Jahren noch keine Gedanken an Musik verschwendet habe. Ein älterer Bruder eines Schulkumpels hatte wahnsinnig viele CDs und Platten, aber auch eine MP3-Sammlung, was so langsam den Siegeszug als Format antreten sollte. Die Zeit in der ich den Nu-Metal über KORN, SLIPKNOT, SYSTEM OF A DOWN und viele weitere entdeckte, man heimlich Bier getrunken und entweder Camp Mofa oder Roller war – was an mir irgendwie komplett vorbei gegangen ist, hatte ich doch weder das eine noch das andere. KORN war zu der jugendlichen Zeit definitiv mit die musikalische Untermalung und ebenfalls Einfallstor in etwas, das sich zu einer neuen Leidenschaft entwickeln sollte.
Song: “Dead Bodies Everywhere”
Auch noch:
SYSTEM OF A DOWN – System of a Down
1999 AMON AMARTH – The Avenger
Von Nu-Metal und “klassischen” Bands wie METALLICA kam man irgendwann mit härterem Zeug in Berührung. CANNIBAL CORPSE waren noch zu hart zu dem Zeitpunkt, BON JOVI , AC/DC und Co einem in der “rebellischen Phase” als verhasster Elternrock zu soft. AMON AMARTH passten perfekt mit in die Mitte und waren gerade noch so verträglich für mich. Chronologisch eher rückblickend kurios, dass ich mit diesem Album eingestiegen bin, aber so sollte es sein. Wie ich finde auch heute noch ein unterbewertetes Album in der Diskographie der Schweden, mit denen ich heute nur noch relativ wenig anfangen kann.
Song: “Avenger”
Auch noch:
SLIPKNOT – Slipknot
CHILDREN OF BODOM – Hatebreeder
2000 DECAPITATED – Winds Of Creation
Dieses Album war nicht meine Erstbegegnung mit den polnischen Senkrechtstartern, aber ich war definitiv beeindruckt von der musikalischen Leistung in dem Alter, was die Burschen auf ihrem Debüt hatten. Auch war ich beim Entdecken von diesem Album familiärer mit Death Metal geworden und hab ihm nicht nur etwas abgewinnen können, sondern es entwickelte sich auch wohl zu einem meiner liebsten Genres im Metal. Anekdote: Einigen Versionen des Albums lag eine zusätzliche Bonus-CD oder -DVD bei mit Liveaufnahmen einiger Songs bei. Die Qualität war natürlich unter aller Kanone, aber so war das damals eben. 240P Auflösung auf Youtube und so. Ihr wisst ja gar nicht, wie gut ihr es heute habt.
Song: “The Eye Of Horus”
Auch noch:
DISTURBED – The Sickness
NILE – Black Seeds Of Vengeance
Eigentlich steht hier das falsche Album, da vermutlich sich “Hünengrab im Herbst” oder “Srontgorrth” vom Wert für meine musikalische Entdeckungsreise des Black Metal, aber auch der persönlichen Bedeutung dieser Alben für mich, deutlich höher positioniert hätten als das Abschlussalbum für NAGELFAR, aber ich musste auch irgendwie chronologisch die anderen Alben zuvor unterbringen. Und “Meuterei” aber auch “Protokoll Einer Folter” jagen mir bis heute eine Gänsepelle ein, aus unterschiedlichen Gründen und zeigen auch hinsichtlich Songlängen, wohin es später für Meilenwald in seinem Projekt THE RUINS OF BEVERAST hingehen sollte.
Song: “Meuterei”
Auch noch:
RAMMSTEIN – Mutter
CONVERGE – Jane Doe
Mein erstes Album der Band und gleichzeitig Einstieg in progressivere Gefilde für mein jugendliches Ich gewesen. Ich hab tatsächlich damals lediglich aufgrund des unheimlichen und ungewöhnlichen Covers mir diese CD geholt. Damals hat man noch im EMP- oder Nuclear Blast-Katalog geblättert und nach Plattencover oder der Punktzahl von Björn Thorsten Jaschinski ausgewählt was man sich besorgt, ich zumindest. Youtube oder Bandcamp zum vorher Reinhören war da nicht. Mir hat sich eine vollkommen neue Welt mit diesem Album aufgetan: Die hohe instrumentale Wertigkeit, die Überlänge der Songs, das Wechselspiel aus brachial und sanft, brutal und schön. Das Ganze hat mich erst ratlos zurück gelassen, aber wirkte trotzdem eine ungeheure Faszination auf mich aus. Der Anfang vom Fallen ins “Rabbithole”; nicht nur was OPETH, sondern progressiven (Death) Metal im Allgemeinen angeht.
Song: “A Fair Judgement”
Auch noch:
MASTODON – Remission
AGALLOCH – The Mantle
Ohne Diskussion oder Zweifel musste diese Scheibe hier auftauchen. Eine meiner Lieblings- und “Gateway”-Bands in die härteren Bereiche während jugendlichen Jahren. Tatsächlich bin ich erst mit “Meteora” eingestiegen und dann auf “Hybrid Theory” gekommen, hat vermutlich mit dem Alter zu tun. Zu der Zeit gab es auch noch massives Airplay der Musikvideos auf MTV, wodurch ich erstmals auf die Band aufmerksam geworden bin, die sicherlich mit Initialzündung war. Bis heute mein Liebling der Band und traurige Erinnerung daran, zu der Zeit es nicht auf ein Konzert geschafft und so etwa Chester Bennington noch live gesehen zu haben.
Song: “Figure.09”
Das Zweitwerk der Bayern rund um Muhammed Suiçmez lässt bis heute international auf einen sehnlichst herbeigewünschten Nachfolger warten. Es war gleichzeitig ein erster Einblick in das mir bis dato völlig unbekannte Genre Tech-Death. Von den von klassischer Musik beeinflussten Riffs und Harmonien bis hin zum abartigen Drumming von Hannes Grossmann, der mich später auch noch mehr speziell in die Faszination fürs Musikinstrument Schlagzeug ziehen sollte, war vor allem die Brachialität etwas, was mich damals nachhaltig beeindruckt und geprägt hat. Auch der hier mitwirkende Christian Münzer (noch zarte 23 zu Zeiten der Veröffentlichung) sollte später noch einen nachhaltigen Stempel in der gesamten Szene hinterlassen.
Song: “Only Ash Remains”
Auch noch:
WINTERSUN – Wintersun
BEHEMOTH – Demigod
DEATHSPELL OMEGA – Si Monvmentvm Reqvires, Circvmspice
2005 GOJIRA – From Mars To Sirius
Fliegende Wale, Planeten, Godzilla, Umwelt und Spiritualität als lyrisches Thema? GOJIRA waren bei Entdecken echt “weird”. Aber auch ungeheuer faszinierend und sind es bis heute geblieben. Die rhythmische Breitseite des Schlagzeugs, die Tappings, Slidings und der Gitarrensound dieses Albums sind bis heute Aushängeschild und Alleinstellungsmerkmal der Band. Fasziniert von den Franzosen ab der ersten Note, auch wenn mich die letzten Alben nicht so sehr packten wie die erste Phase bis zu “The Way Of All Flesh.” Ungeheuer wichtige Band für meinen “Metal-Werdegang” in jedem Fall.
Song: “Where Dragons Dwell”
Auch noch:
PRIMORDIAL – The Gathering Wilderness
AVENGED SEVENFOLD – City of Evil
QUEENS OF THE STONE AGE – Lullabies to Paralyze
2006 AHAB – The Call Of The Wretched Sea
“Whale ahead!” Danach war es um mich geschehen. Nicht im Veröffentlichungsjahr dieses Albums, aber der Erstkontakt mit den sich in literarischen Gewässern bedienenden Heidelbergern kam auch tatsächlich später über Moby Dick zu Stande zu einer Zeit, wo ich von Funeral Doom vielleicht gerade nur einmal vom Hörensagen Notiz genommen hatte. Auch weitere Jahre später live auf dem Party.San 2014 haben sich AHAB nachhaltig ins Gedächtnis gebrannt und eine vollkommen neue Musikrichtung für mich geöffnet. Auch sind sie beispielhaft für eine kontinuierliche Weiterentwicklung, während sie gleichzeitig den Grundtugenden im Funeral Doom treu bleiben, was in diesem Spagat den wenigsten Bands gelingt auf Dauer.
Song: “The Pacific”
Auch noch:
CELTIC FROST – Monotheist
AMON AMARTH – With Oden On Our Side
MELECHESH – Emissaries
2007 WOLVES IN THE THRONE ROOM – Two Hunters
2007 war ein verdammt starker Jahrgang, wie generell die mittleren bis späten Jahre des angebrochenen Milleniums und hier hätten locker 20 oder mehr Alben stehen können, die (für mich) wichtig gewesen wären und stilistisch nicht unterschiedlicher ausfallen könnten: Ob THE OCEAN mit dem Auftakt ihrer Erdgeschichte “Precambrian”, HELRUNARs Pagan-Black auf “Baldr ok Iss”, ABIGOR mit jazzig-industrial-experimentell angehauchtem Black Metal auf “Fractal Possession” oder einfach nur gutem Groove und inne Fresse von MACHINE HEAD’s “The Blackening”, es war eigentlich für jeden was dabei. Und jedes der oben aufgezählten Alben und viele mehr haben es definitiv verdient, hier auch näher genannt zu werden. Aber als absoluter Neukontakt konnten dann doch WOLVES IN THE THRONE ROOM das Rennen machen, deren Songs in ihrer Primitivität und Schönheit mir das Genre vollkommen neu geöffnet hatten. Früher ging es mir oft um “objektive” Metriken: Wer konnte am schnellsten, lautesten, düstersten. Dass Simplizität und Atmosphäre gleichberechtigt neben BPM und Arpeggien stehen können in der Musik, hat mir “Two Hunters” erst so richtig klar gemacht.
Song: “Cleansing”
Auch noch:
THE BLACK DAHLIA MURDER – Nocturnal
PRIMORDIAL – To The Nameless Dead
NEAERA – Armamentarium
… und einen Haufen mehr
2008 THE FACELESS – Planetary Duality
Ebenso wie 2007 hätten auch hier locker 20 Alben und mehr stehen können. Und im Kontrastprogramm zu naturverbundenem Black Metal gibt es hier Sci-Fi-Tech-Death von THE FACELESS. Zum ersten Mal sind die Jungs mir bei einem Beitrag auf einem beiliegenden Sampler unter die Nase gekommen und “Coldy Calculated Design” hatte alles: Blasts, feine Harmonien, Growls aus der Hölle, Vocoder und sogar ein kurzes Piano-Intermezzo! Die Faszination für die instrumentalen Fähigkeiten, aber auch die klasse Verquickung der verschiedenen Stile haben mich ebenfalls nachhaltig geprägt. Die Verbindung des Experimentellen mit den Tugenden des Death Metal, den heute noch Bands wie FALLUJAH und RIVERS OF NIHIL im modernen Metal zelebrieren, hatten THE FACELESS schon bei sich in den Genen. Geiles Teil und prägend, auch heute noch.
Song: “Planetary Duality: Part II – A Prophecies Fruition ”
Auch noch:
BLOODBATH – The Fathomless Mastery
MESHUGGAH – obZen
GRAND MAGUS – Iron Will
und unzählige weitere…
Um Stoner-Rock und Sludge habe ich damals vor Genuss dieses Albums immer einen großen Bogen gemacht, Bands wie KYUSS oder SLEEP fand ich sehr lange Zeit langweilig. KYLESA haben mich damals schon nachhaltig beeindruckt und glücklicherweise dazu gebracht, dem ganzen Genre noch einmal eine neue Chance zu geben und meine alten Vorurteile abzustreifen. Der Groove, aber auch die Melancholie und dieses staubtrockene Feeling in der Musik, die vor dem inneren Auge die Wüste heraufbeschwören, sind so ungeheuer faszinierend an der Band, aber auch der gesamten Musikrichtung, die definitiv durch KYLESA, KYUSS, BARONESS, und weitere Südstaatenvertreter popularisiert wurde.
Song: “Running Red”
Auch noch:
ANAAL NATHRAKH – In The Constellation Of The Black Widow
NILE – Those Whom The Gods Detest
ANIMALS AS LEADERS – Animals As Leaders
2010 AGALLOCH – Marrow of the Spirit
Dieses war und ist eigentlich immer noch mein “Krank”-Album, durch Zufall mehr oder minder. Man liegt mit Fieber und Gliederschmerzen im Bett, hat die Schnauze voll von alles und jedem, es ist aber echt fad gerade. Warum also nicht ’ne CD einlegen? Von den eröffnenden Klängen eines Baches und Violinen im Opener bis hin zum beinahe noisigen/Drone-Ende vom Closer “To Drown“ ist dieses Album ungeheuer entspannend, aber auch düster und mysteriös und definitiv weniger “Easy Listening” als die anderen Werke der Band. Aber vielleicht gerade deswegen auch mein Liebling. Ach ja, das mit dem Auflegen während Krankheit, auch vielleicht zum Einschlafen, hat sich dann auch später mit diesem Album bewährt für mich.
Song: „Black Lake Niðstång“
Auch noch:
WATAIN – Lawless Darkness
TRIPTYKON – Eparistera Daimones
MELECHESH – The Epigenesis
Die deutschen Tech-Death Vorzeigeschüler OBSCURA haben wahrlich offene Türen eingerannt mit ihrem progressiven, dennoch auch melodischen, abwechslungsreichen und dennoch immer dabei heavy und brutal bleibendem Sound. Speziell die liebevoll mit dem Attribut “Kokosnuss” ausgestattete Snare auf diesem Album war einigen Hörern ein Graus, ich fand sie klasse. Dieses Album hat speziell meine Faszination von Hannes Grossmann und dem Sport, der Extrem-Metal-Drumming mittlerweile ohne Zweifel ist, sehr befeuert und mit in Folge zu Bands wie SPAWN OF POSSESSION, BEYOND CREATION, SOREPTION und vielen weiteren geführt, wofür man heute in der Retrospektive nur sehr dankbar sein kann. Ebenfalls zum ersten Mal Notiz von Fretless-Bass hier genommen, der ebenfalls wenig später eine Art Trend auslösen sollte im Genre, bis heute.
Song: “Aevum”
Auch noch:
SYLOSIS – Edge Of The Earth
2012 DYING FETUS – Reign Supreme
“Hey, deine Konzertkarten sind hier… sind ja sehr, ähm, spezielle Bands”. Das musste ich mir damals anhören, als ich zusammen mit Freunden DYING FETUS mit GOATWHORE in Hamburg sehen wollte, Tickets gekauft hatte und wegen logistischen Gründen dann zur Adresse meiner Eltern schicken musste.
Konzert war nebenbei bemerkt absoluter Abriss und DYING FETUS sind definitiv eine der Gateway-Bands in die brutaleren Sphären für mich gewesen, die ich anfangs noch so gar nicht leiden konnte, aber mehr und mehr gewachsen sind, bis ich sie heute für vollkommen unverzichtbar und dieses Album für das wahrscheinlich beste ihrer gesamten Karriere halte. Vom den eigenen Bandnamen beschreibenden “From Womb To Waste” über das grindige “Invert The Idols” bis hin zu technischem Gehacke wie in “Second Skin” lässt das Album keinerlei Wünsche offen. Groove, Aggression, Fingerfertigkeit, das Cover, hier passt einfach alles. Ach ja, und Hühnchen-Mann! Kaum ein Livevideo und Pit kommt ohne ihn aus!
Song: “The Blood Of Power”
Auch noch:
WINTERSUN – Time I
Hätte jemand dieser britischen Grind-Legende noch ein Album wie “Surgical Steel” zugetraut? Womöglich nicht, umso erfreulicher, als es 2013 einschlug wie eine Bombe. Musikalisch gibt es ein wildes Potpourri aus der gesamtem Karriere der Liverpooler und man weiß schon nach 10 Sekunden Hören, dass da CARCASS spielen, so einzigartig sind mittlerweile Sound aber auch Riffs von Jeff Walker und Bill Steer. Ich gehöre vermutlich daneben zu einer der wenigen Personen, die quasi jede Phase der Band goutieren… ob die mehr Melo-Death beeinflusste Phase von “Heartwork”, oder die räudigen, grindigen Anfänge. Sehr prägende Band für die Szene insgesamt, aber auch persönlich für mich.
Song: “ The Granulating Dark Satanic Mills”
Nergal ist eine äußerst streitbare Figur, viele sehen nur noch Ausverkauf und geschickte Selbstvermarktung in den heutigen BEHEMOTH, aber dass die artistische Vision für ein Underground-Dasein zu groß war, zeigt sich nicht nur bei der beeindruckenden Videoproduktion für “The Satanist”, sondern auch Komposition und Bühnenshow. Dieses Album katapultierte die Band sowohl kommerziell wie künstlerisch in völlig neue Sphären, mit den bis dato größten Shows und umfangreichsten Touren. Das hat auch bei mir Spuren hinterlassen, erst im Livekontakt, dann im Durcharbeiten des Backkataloges und nicht zuletzt beim Beschäftigen mit der streitbaren Person Nergal und seiner Geschichte, die vom Aufwachsen in der polnischen Provinz bis hin zu dem Daten von Popstars und Gerichtsproblemen so wie dem Bekämpfen von Leukämie reicht.
Song: ”O Father, O Satan, O Sun!”
Auch noch:
BABYMETAL – Babymetal (Ein bisschen Spaß muss sein…)
NE OBLIVISCARIS – Citadel
2015 TRIBULATION – The Children Of The Night
Dieses Album stellte bei Erscheinen nicht nur für die Band eine Neuausrichtung vom todesmetallischer ausgerichteten “The Formulas Of Death”, in ruhigere, eher Gothic-Rock beeinflusste Gefilde dar, es spiegelt auch einen persönlichen Reifeprozess. Wenn man Metal hört, gibt es diese Phase in der man auf der Suche nach dem nächsten “Kick” ist, es muss immer härter, schneller, brutaler und grausamer sein, alles andere ist “für Pussys”. Die Bühnenpräsenz von TRIBULATION mit engen Hosen, Seiden-Hemden, hochhackigen Schuhen und Kajal-Mengen, die so manche Frau alt aussehen lassen, wäre dem jugendlichen Metal-Ich noch suspekt und verhasst gewesen, heute spielt so etwas keine Rolle mehr. Die musikalische Qualität einer Band wie TRIBULATION, die mit Leichtigkeit Genres verschmelzt, tut es da schon eher. Und auch live lässt sich der Mischung aus Exzentrik einerseits, höchster musikalischer Performance andererseits auch einiges abgewinnen.
Song: “Melancholia”
Auch noch:
RIVERS OF NIHIL – Monarchy (täglicher Begleiter auf den Ohren in der U-Bahn und im Zug während dem Master-Studium im Ruhrpott gewesen)
Mgła – Exercises In Futility
2016 VEKTOR – Terminal Redux
Auch hier haben wir es mit einer Band zu tun, die künstlerisch höchst anspruchsvoll agiert, aber nie genug Schnittmenge mit dem Metal-Mainstream aufweisen konnte, um erfolgreich zu werden. Nach dem Abliefern ihres Magnum-Opus mit dem dritten Album „Terminal Redux“ brach die Band schnell über Vorwürfe häuslicher Gewalt des Fronters David DiSanto auseinander, nur um letztens erst mit neuen Mitgliedern wieder re-aktiviert zu werden. Allen Skandalen zum Trotz ist “Terminal Redux” eine formvollendete Thrash-Prog-Space-Opera und durchzogen von Ideen, mit denen andere Bands ihre gesamte Karriere füllen könnten. Forward thinking Man(or Woman)s Metal, das kann man VEKTOR sicherlich als Promo-Plattitüde aufdrücken und es wäre nicht übertrieben. Der Geist voriger Epigonen wie VOIVOD und WATCHTOWER lebt hier sicherlich weiter.
Song: “Pteropticon”
Auch noch:
ABORTED – Retrogore
2017 – THE RUINS OF BEVERAST – Exuvia
THE RUINS OF BEVERAST waren schon immer eigen, mysteriös und hochqualitativ unterwegs, zumindest seit “The Foulest Semen Of A Sheltered Elite”. Was aber auf “Exuvia” der schon nicht an Highlights armen Diskographie folgen sollte, zog nicht nur mir die Socken aus. Die schamanistisch beeinflusste, sehr introspektive Platte hat es nicht nur bei uns in der Redaktion zum Jahreshighlight geschafft sondern mich persönlich während einer eher schweren Zeit in einem Auslandssemester in den Niederlanden begleitet, wo ich die Ruinen auch noch gleich live mitgenommen habe und sie ein wenig musikalischer Trost in einem sonst ziemlich verkorksten Jahr waren. Bis heute wahrscheinlich die eindringlichste und für mich persönlich beste und wichtigste TROB-Platte. Legt eure Schale mit diesem Album ab!
Song: ”Maere – On A Stillbirths Tomb”
Doom, speziell die extrem kriechende und langsame Variante, war lange Zeit ein weißes Blatt für mich und nicht wirklich zugänglich. Das änderte sich mit den Jahren, als wirklich “emotional” im berührenden Sinne habe ich das aber nie empfunden. “Our Raw Heart” sollte das grundlegend ändern und zeigte mir erstmals, mit welcher Stoik, aber auch welchem Gefühl man diese Musikrichtung interpretieren kann, welche Melancholie und Sehnsüchte Bands wie PALLBEARER, KHEMMIS und eben auch YOB beschwören können. Und, dass „Heavyness“ nicht nur von BPM und Blastbeats abhängig gemacht werden kann. “The Screen” oder “Ablaze” von diesem Album sind leuchtende Beispiele dafür.
Song: ”Beauty In Falling Leaves”
Auch noch:
KHEMMIS – Desolation
SULPHUR AEON – The Scythe Of Cosmic Chaos
2019 UNTO OTHERS (vormals IDLE HANDS) – Mana
Was war das für ein Hexenwerk? Diese Band war mir völlig unbekannt zuvor, trat über einen Link wie aus dem Nichts in mein Leben und wirbelte alles durcheinander. Um Gothic-Rock nahm ich ansonsten einen riesengroßen Bogen, aber der mit Heavy bzw. NWOBHM verknüpften Einflüssen ausgestattete Mix der Portlander ging mir tagelang nicht aus dem Kopf, lud zum Mittanzen, -singen und -schwelgen ein. Kurz: Es war um mich geschehen, in einem Genre, dem ich vormals keinerlei Beachtung geschenkt hätte. UNTO OTHERS waren mit ihrer ersten EP und dem Debüt “Mana” eine Art Erweckungserlebnis für mich. Und dann darf man selbst als grimmiger Metal-Konservativer (in manchen Aspekten zumindest) bei eigentlich ziemlich “cheesigen” Songs wie “Dragon, Why Do You Cry?” auch mal ein Auge zudrücken.
Song: ”Blade And The Will”
Auch noch:
BLOOD INCANTATION – Hidden History Of The Human Race
2020 HAVUKRUUNU – Uinuos Syömein Sota
Oftmals haben es Bands, die ungefragt in mein Leben treten, schwer. Werden verglichen mit meinen Alltime-Lieblingen, man hat so gut wie alles im Genre gehört und verlässlicher ist es, da auf Bewährtes zu setzen. Auch HAVUKRUUNU sind eigentlich schon bewährt, aber bislang vollkommen an mir vorbei gegangen, da Pagan-Black auch nicht zwingend meine Primär-Baustelle ist. Aber der Mix aus rasendem Schwarzmetall mit schönen Melodien und dem bestem aus Viking-Ära-BATHORY-Worship hat mich außerordentlich entzückt. Mehr davon, bitte! Außer dem Original von QUORTHON, vielleicht noch alten MOONSPELL und halt “Uinuos Syömein Sota” sieht es aber momentan in dem Metier echt mau aus. Umso wichtiger also, dass Bands wie HAVUKRUUNU die Fahne hochhalten und zeigen, was abseits von EQUILIBRIUM-Humppa-Gedöns im Genre so gehen kann.
Song:
”Tähti-yö ja hevoiset”
Auch noch:
ULCERATE – Stare Into Death And Be Still
Bisher erschienen: