Puh, ich habe es wirklich versucht! Nachdem ich beim ersten Durchlauf zwischendurch eingenickt war, wagte ich den zweiten Versuch an einem anderen Nachmittag. Doch auch ohne Kopfhörer, während der Essenszubereitung in der Küche, fesselte alles Mögliche die Aufmerksamkeit meiner Sinnesorgane, nur dieses Machwerk nicht. Beim dritten oder vierten Durchlauf schaffte ich es dann „Blind Camera“ komplett zu konsumieren, schöner wurde das Teil dadurch aber nicht. Vielleicht hätte mir eine ZERAPHINE-Konzertbesucherin, die ihren Terminkalender mit Ville-Valo-Bildchen zukleistert eine Warnung sein müssen, aber man versucht ja tolerant zu sein. Der Opener ’I Never Want To Be Like You’ rockt hart und gut zwischen Alternative und Gothic Rock. Der kühle, dynamische Gesang sowie die clever im Hintergrund positionierten Keyboards wissen zu gefallen. Abgehärtet durch VIVA-Dauerrotation, läuft dann auch der folgende Single-Hit (’Die Macht in Dir’) gut rein. Vor diesem Hintergrund fällt das Restmaterial dann aber deutlich ab. Technisch und kompositorisch ist „Blind Camera” ein denkbar unspektakuläres Album geworden. Die Songs sind alle recht ähnlich, an ihnen haftet der Mangel der Beliebig- und Austauschbarkeit. Energie oder Emotionen (außer Langeweile) sucht man oft vergeblich. Zum Beispiel klingen die ganz gemächlichen Songs (’I’m Numb’, ’When Walls Arise’) wie verlangsamt eingespielte Versionen der anderen Stücke. Symptomatisch für die Schwachpunkte des Albums ist der Track ’Falscher Glanz’. Ein ziellos ausgerollter Gitarren-Teppich trifft auf langweiliges Elektronikgedudel und nöligen Gesang, über den dann nach zweieinhalb Minuten kurz ein biederer Effekt gelegt wird, bevor die übliche Refrain-Endlosschleife den Ausklang einleitet.
Gute Hausmannskost gibt es im Hauptstadt-Underground jede Menge. Auch deshalb muss man dem Dreadful-Shadows-Nachfolger attestieren, seinen Status mit diesem Album nicht wirklich gerechtfertigt zu haben. ZERAPHINE-Fans und Freunde der jüngeren HIM-Alben erhalten mit „Blind Camera” soliden Nachschub (limitierte Version kommt mit DVD). Popscheue Gothic-Skeptiker sollten dagegen spätestens die Flucht ergreifen, wenn es wieder heißt: „Spürst du die Maaacht in dir…“
Da es hier zwei Bewertungen gibt, setze ich meinen Kommentar mal unter die, welche für mich passender erscheint.
Nach dem wirklich sehr guten „Traumaworld“ gehen Zeraphine hier wieder einen Schritt zurück zum Debüt – Das heißt, dass es teilweise wieder platter wird. Es fällt ziemlich klar auf, dass die Band gerade dann besser wird, wenn sie nicht auf deutsch performt. Viele Songs sind auf pure Eingängigkeit getrimmt und oftmals recht kurz, die kleinen Zwischenspieler sind verzichtbar, aber es gibt auch starke Rocker, wie den Opener.
Schlecht ist das Album absolut nicht, aber viele Songs klingen einfach zu gleich. Da hatte man im Vorgänger eine viel bessere Abwechslung kreiert und auch die deutschen Songs kommen deutlich besser, wenn sie in der Unterzahl vorhanden sind. Von daher schon eine kleine Enttäuschung!