Mit einem Flachwitz lässt sich das Gesamtwerk des schwedischen Gitarren-Gottes YNGWIE MALMSTEEN wohl am besten beschreiben und soll deshalb als Einleitung zu diesem Text Verwendung finden: Was ist der Unterschied zwischen einer Rockband und YNGWIE MALMSTEEN? Die Rockband spielt drei Akkorde vor zehntausend Zuschauern, während Malmsteen zehntausend Akkorde für drei Zuhörer spielt.
Freunde des gepflegten Gitarre-Wichsens dürften schon beim ersten Song auf “Parabellum” ein paar Schweißperlen auf der Stirn finden. Mit völlig übertriebenen Fingerbrecher-Soli die fernab von allen bisher erforschten Patterns und Skalen angesiedelt sind, startet “Wolves At The Door”. Im gleichen Stil geht es mit Song Nummer 2 “Presto Vivace In C# Minor” weiter. Das der Schwede seine Professur im Schreddern bereits vor Jahrzehnten angetreten hat, sollte mittlerweile weitestgehend bekannt sein. Diese Tatsache mit einem derart provokanten Songtitel zu unterstreichen, mag indes als süffisant bezeichnet werden.
YNGWIE MALMSTEEN: Der letzte wahre Poser?
Die quietschenden, heulenden und vor allem vor Kunstfertigkeit überladenen Solo-Einlagen nerven schon beim ersten Durchlauf der Platte das es eine Schande ist. Immerhin verbindet der Mann klassische Versatzstücke mit Rockmusik, wobei das Ergebnis nicht im vielleicht befürchteten Soundgewand eines hochglanzpolierten Millionenprojektes daherkommt. Viel mehr fühlt man sich an die SCORPIONS oder WHITESNAKE aus den 1980ern erinnert, speziell wenn die Stücke mit Gesang angereichert sind. Der extrem klinisch wirkende Schlagzeug-Sound will sich dabei allerdings nicht so recht einfügen und hätte ruhig trockener ausfallen dürfen.
“Parabellum” ist keine Platte für Anfänger
Und so hat Malmsteen von Song zu Song erneut den Finger am Abzug seines E-Gitarren-Maschinengewehrs und ballert unverblümt Highspeed-Tappings und Hochtöner durch die Boxen. Wenn man ein Instrument allein als Trademark für seine Musik wählt, bleibt es aber ein ungeschriebenes Gesetzt, dass die Herausforderung für den Künstler darin besteht, abwechslungsreichen Content zu liefern. Gleichzeitig müssen die Hörer musikalisch auf der exakt selben Wellenlänge liegen oder ein gehöriges Maß an Durchhaltevermögen mitbringen. Keinesfalls zu empfehlen ist “Parabellum” für den Neuling an der Gitarre.
Keine Füller aber auch keine Höhepunkte
Mit einer Spielzeit von einer knappen Stunde, weiß man am Ende der Platte, was man gemacht hat. Vorausgesetzt natürlich, man hat sich auf die Musik konzentriert. “Eternal Bliss” sorgt zwischendurch mal für ein Fünkchen Abwechslung, besteht die Nummer eigentlich aus einem dramatisch anmutenden Balladen-Konzept, dass mit einem groß angelegten Chorus sogar zum Mitsinger avancieren kann. Aber auch hier scheint ein Solo aus unzähligen Noten hineingequetscht worden zu sein und ruiniert den Zwischenteil des Songs. Darüber hinaus geht eine Vielzahl der auf “Parabellum” enthaltenen Tracks als überlang durch, was letztlich wohl nur die konditionsstärksten Hörer durchhalten können.
Insgesamt fällt die Euphorie ob des Gehörten also spärlich aus. Das wirklich herausragende Talent des Gitarristen wird derart aufdringlich zur Schau gestellt, dass gute Kompositionen aus echten Songs mit Struktur und Charisma auf der Strecke bleiben.
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