Yes - Like It Is - At The Mesa Arts Center

Review

YES und ihre Fans der ersten Stunde hatten es in der jüngeren Vergangenheit gewiss nicht leicht. Nicht nur veröffentlichten die Helden von einst in den letzten Jahren ein paar, gelinde gesagt, umstrittene Alben. Der Negativtrend setzte sich auch auf der Bühne fort, wo die Band mehr und mehr aus der Form zu geraten schien. Und als ob das nicht genug wäre, erlag Bassist Chris Squire Ende Juni seiner Leukämieerkrankung. Trotzdem erscheint nun mit „Like It Is – At The Mesa Arts Center“ ein neues Live-Album, das technisch gesehen den zweiten Teil der „Like It Is“-Konzeption darstellt. Aufgenommen wurde das Konzert am 12.08.2014 im Ikeda Theater in Mesa, Arizona. Doch statt neuem Material hat „Like It Is – At The Mesa Arts Center“ die Bandklassiker „Fragile“ und „Close To The Edge“ als Schwerpunkt – und nur diese beiden Alben. Von Enttäuschung kann jedoch kaum die Rede sein, denn auch wenn diese beiden Alben schon einen langen Bart haben – es ist schön, das aktuelle Line-up mal in einer vergleichsweise passablen Form zu hören, auch wenn hier beileibe nicht alles im Lot ist.

Dadurch, dass „Like It Is – At The Mesa Arts Center“ derart konzipiert ist, macht es durchaus Sinn, beide Abschnitte – also „Close To The Edge“ (CD1) und „Fragile“ (CD2) – einzeln zu besprechen. Natürlich klingen YES nicht mehr so frisch wie einst, und auch wenn ich persönlich der Band heute noch mehr zutraue, als sie auf „Fly From Here“ oder gar „Heaven & Earth“ gezeigt hat, so bin ich doch einigermaßen erleichtert, dass „Like It Is – At The Mesa Arts Center“ kein Totalausfall ist – immerhin liest und hört man ja Horrorgeschichten über den ersten „Like It Is“-Teil.

Beginnen wir also mit „Close To The Edge“, dem Album, dem Song und der hiesigen Darbietung. Die offensichtlichsten Probleme sind das gedrosselte Tempo, der etwas dünne Sound und die mehr als gewöhnungsbedürftige Performance von Jon Davison. Man gewöhnt sich jedoch ziemlich schnell daran, was vor allem an dem Songmaterial liegt. Der Titelsong hinkt anfangs etwas und es sei Euch verziehen, wenn Ihr aufgrund der vergangenen Leistungen dieser Band das Schlimmste befürchtet. Nach und nach spielen sich YES aber warm und dann passiert das Unerwartete: „Like It Is – At The Mesa Arts Center“ fängt an, einem zu gefallen. Okay, zugegeben: Wir reden hier von „Close To The Edge“, DEM YES-Album schlechthin. Hätte das aktuelle Line-up – so umstritten es auch sein mag – dieses verhunzt, hätten YES wohl endgültig einpacken können. Besonders schön ist „And You And I“ geworden, die mit Abstand am besten dargebotene Nummer auf der gesamten Veröffentlichung.

Bei „Fragile“ häufen sich die Probleme dann doch eher, was bei „Roundabout“ anfängt. Der Song wurde bis zur Ungenießbarkeit verhagelt: asynchrones „Zusammenspiel“ von Howe und – Gott habe ihn selig – Squire und ein Sound, der an Gemüsebrühe erinnert. Das zieht sich im Großen und Ganzen durch die gesamte zweite Hälfte, auch wenn „Cans And Brahms“, „South Side Of The Sky“ und „The Fish“ dann wieder deutlich hörbarer ausgefallen sind. Zwar hat auch die erste Hälfte mit diesen Problemen zu kämpfen, aber gerade auf „Fragile“ ist der dünne Klang besonders gravierend. Zu diesem Zeitpunkt dürfte sich der Hörer an Jon Davison und die Tatsache, dass er nun mal nicht Jon Anderson ist, gewöhnt haben. Und „Heart Of The Sunrise“ beschließt diese insgesamt durchschnittliche Veröffentlichung, indem es die Stärken und Schwächen von „Like It Is – At The Mesa Arts Center“ in sich vereint: Bescheiden und holprig beginnend steigern sich YES innerhalb des Songs schließlich bis hin zu einem einigermaßen versöhnlichen Ende.

Tja, bei aller Pietät muss man es einfach sagen: „Like It Is – At The Mesa Arts Center“ zeigt eine Band, die ihre besten Tage längst hinter sich gelassen hat, was vor allem bei der beiliegenden DVD deutlich wird. Die Bühnenpräsenz wirkt sehr zurückhaltend und außer Davison scheint keiner so richtig Spaß am Auftritt zu haben, auch das Publikum zeichnet sich eher durch verhaltene Begeisterung aus. Man hat aber auch schon viel, VIEL Schlimmeres von YES zu hören bekommen. Wer also das aktuelle Line-up in vergleichsweise guter Verfassung erleben will, kann sich hier einen Eindruck verschaffen, auch wenn es wesentlich bessere Live-Dokumente gibt, die Ihr diesem hier vorziehen könntet.

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22.07.2015

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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