Kennt noch jemand das XANDRIA-Video zu „Ravenheart“ vom gleichnamigen 2004er-Album? Song und Video waren unglaublich kitschig, aber auch unglaublich klebrig und catchy – und meine erste Berührung mit der Band. Seitdem habe ich sie auch nicht mehr allzu sehr verfolgt, hier und da zwar immer mal was aufgeschnappt, immer mal vereinzelt Songs gehört, mich aber nie aktiv an die Alben gesetzt. Aber immerhin – das Video ist mir im Gedächtnis geblieben.
Und so ist das neue Album der Band, „Sacrificium“, schon sowas wie ein Schock: Der kitschige, aber irgendwie charmante, der klebrige und ohrwurmtaugliche Gothic Metal von „Ravenheart“, futsch ist er. Stattdessen bieten die Bielefelder anno 2014 (vielleicht auch schon länger) eher standardisierte Genrekost aus dem symphonischen Bereich, der zwar sicherlich nicht schlecht ist, aber sicherlich auch nicht so erinnerungswürdig wie „Ravenheart“ seinerzeit.
So steigen XANDRIA direkt mit dem zehnminütigen Titelsong in „Sacrificium“ ein, der eindrucksvoll zeigt, dass Bombast eben nicht für einen wirklich mitreißenden Song reicht: Strukturell geht’s irgendwie ins Nichts, kompositorisch wird weder für Spannung noch für Eingängigkeit durch einen gut sitzenden Refrain gesorgt. Das anschließende „Nightfall“ ist zwar gut sechs Minuten kürzer, kann aber auch nicht wirklich für mehr Begeisterung sorgen – immerhin gibt es hier ein nettes Riff zu hören. Einen ersten Song, bei dem ich wirklich gerne hinhöre und auch bereitwillig die Repeat-Taste betätige, gibt es dann im Anschluss mit „Dreamkeaper“, der zeigt, dass XANDRIA ja sehr wohl was draufhaben – und zwar, wenn sie reduzierter zu Werke gehen, wenn sie den epischen Bombast nicht über alles andere drüberklatschen, sondern ihn mit Maß und als Ergänzung, als Höhepunkt einsetzen.
Das ist auf gewisse Weise bezeichnend für „Sacrificium“: Auf ein, zwei, drei eher wenig mitreißende Songs folgt einer, der die Stärken der Band betont, wobei auch hier nicht jeder die Klasse von „Dreamkeeper“ hat, das sicherlich als einer der Höhepunkte des Albums gelten kann. Sicher, das überraschend harte „Betrayer“, „Little Red Relish“ mit seinen klebrigen Keyboardmelodien und „Temple Of Hate“ mit seinem folkigen Einstieg – alles Songs, die ihre Momente haben und sich richtig gut machen. Auf der Gegenseite stehen aber eben auch Songs wie die genannten „Sacrificium“ und „Nightfall“, wie „Until The End“ oder „Our Neverworld“, die einfach nicht zünden wollen und weder durch Epik noch durch Eingängigkeit zu glänzen wissen.
Sicherlich sind XANDRIA damit heute um einiges gereifter und erwachsener als vor zehn Jahren, aber erwachsene Alben bringen eben auch immer die Gefahr mit sich, langweilig zu sein. Die Konkurrenz von EPICA hat jüngst erst vorgemacht, wie gut, wie komplex und wie „groß“ ein Symphonic-Metal-Album heute klingen kann, XANDRIA können da zwar vielleicht technisch, nicht aber kompositorisch mithalten. Da hat mir das kitschige „Ravenheart“-Video seinerzeit wesentlich mehr gegeben.
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