Wytch Hazel - III: Pentecost

Review

Bei christlichem Metal denkt man entweder an schlimmste, geschmackliche Verirrungen der Marke SKILLET, oder – an guten Tagen – an die Frühwerke von TROUBLE oder – in puncto Prog – die besseren NEAL MORSE-Platten. Die als JERUSALEM gegründeten WYTCH HAZEL reihen sich mit ihrem dritten Vollzeitscheibchen ebenfalls in die letztere Riege ein, was Fronter Colin Hendra sogar damit kommentiert, dass er als Hauptschreiber seinen Glauben stets durchscheinen lasse. Es ist zum Glück nicht so, als wären die Briten auf Mission oder dergleichen. Es gibt immer noch zünftigen Metal auf Brot und wer genau das sucht, wird hier fündig. Halleluja!

Eine Entwicklung, die sich trotz allem gelohnt hat

„Prelude“ kam noch folkig rockig daher, aber schon mit NWoBHM-Würze versehen. „II: Sojourn“, der Vollzeitnachfolger, schraubte den Metal-Anteil hoch, was Unsereins seinerzeit als etwas unrund durchgeführt wahrnahm – nicht so die Kommentarspalte, die mich das auch in vertrauter Deutlichkeit hat wissen lassen. Aber scheinbar war ich nicht der alleinigen Meinung, dass die Platte noch mehr produktionstechnische Luft nach oben hatte: WYTCH HAZEL nämlich drehten für das vorliegende, neue Album „III: Pentecost“ an genau den Stellschrauben, an denen gedreht werden musste, um den Übergang vom noch mehr durch Folk/Hard Rock geprägten Sound des Erstlings hin in Richtung Metal gelingen zu lassen.

„III: Pentecost“ hat einerseits eine angenehme weil nicht zu schwer im Magen liegende Gravitas, auf der anderen Seite sprüht es weiterhin diesen lockeren, leicht angestaubten Charme des Debüts aus. Der Folk-Einfluss wirkt mittlerweile ziemlich einreduziert, wobei er noch wenn auch subtil zum Beispiel in „Spirit And Fire“ oder „I Will Not“ dank Unterfütterung von akustischer Gitarre hervortritt. Zentrum des Songwritings bleiben aber ohnehin die eleganten, umsichtig platzierten NWoBHM-Riffs und die unverwechselbare, glasklare Stimme von Hendra, der seinen Hörern einmal mehr einen Sahnerefrain nach dem nächsten in die Gehörgänge zwängt.

WYTCH HAZEL kommen gestärkt aus „Sojourn“ hervor

Gute Hooks taugen natürlich nichts ohne einen gut geschriebenen Song drum herum, aber hier haben sich WYTCH HAZEL charakteristisch nicht lumpen lassen. Meist im Midtempo zwischen langsamen Trott und flotterem Galopp unterwegs kommen die Songs zügig auf den Punkt und steuern dank gekonnter Melodiearbeit stimmungsvoll auf die klimaktischen Refrains zu. Besonders schön ist „Spirit And Fire“ in dieser Hinsicht auf den Punkt gespielt, während das folgende „I Am Redeemed“ seine Hörer zunächst ein bisschen länger aus der Hand fressen lässt, ehe es seine Über-Hook als Trumpf aus dem Ärmel zückt.

Den Mittel- und zugleich Höhepunkt des Albums bildet das elegische „Dry Bones“, dessen beschwörerische Hook schlichtweg zum Niederknien ist, inklusive beeindruckendem Falsettschrei, weil Hendra es eben kann. In der Bridge scheint sogar ein bisschen Arena-Flair durch. Bereits genanntes „I Will Not“ beeindruckt durch sein geschäftiges Instrumentarium, das den weitestgehend aus dem Klangbild der Briten verdrängt geglaubten Folk für eine schicke Encore zurück auf die Bühne bringt. Währenddessen referenziert „Reap The Harvest“ den klassischen Trauermarsch [nach Chopin, Nachtr. d. Red.], während die Lead-Gitarre im weiteren Verlauf subtile Variationen davon spielen.

„III: Pentecost“ kann man ruhig einmal feiern

Es ist beeindruckend, wie konsequent sich WYTCH HAZEL von „Prelude“ über „II: Sojourn“ hin zu „III: Pentecost“ entwickelt haben. Sie haben sich dabei stets ihren eigenständigen Sound bewahrt, diese eigenartig, möglicherweise leicht kauzig anmutende Nische zwischen NWoBHM und Epic Metal, wobei der Hard-Rock-Einschlag dennoch jederzeit hervorsticht. Kombiniert mit einer nun deutlich aufgeräumter klingenden Produktion ist „III: Pentecost“ ein hervorragendes Beispiel für Metal mit einer christlichen Thematik geworden. Der Titel kann im Übrigen unter anderem zu „Pfingsten“ übersetzt werden.

Das passt irgendwie. Missioniert soll sich deshalb natürlich niemand fühlen. Feiern kann man’s trotzdem. Wie Pfingsten halt.

22.10.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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