Wolves In The Throne Room - Primordial Arcana

Review

WOLVES IN THE THRONE ROOM sind ein Phänomen. Nicht nur, weil wir die Band offenbar so phänomenal finden, dass sie in unserem Soundcheck auf einem amtlichen dritten Platz gelandet sind. Sondern auch, weil es den Wölfen gelingt, eine der absoluten Konsensbands der Gegenwart zu sein: Black-Metal-Fans attestieren ihnen würdevolle Hommage an die frühen Neunziger. Doom- und Post-Fans mögen die weltvergessene Atmosphäre ihrer Alben. Der Feuilleton schätzt die umweltbewussten und spirituellen Inhalte ihrer Musik ebenso wie der Wald-Troll-und-Gedöns-Black-Metaller. Trotz allem Image und aller Legenden um sich selbst, schaffen es WOLVES IN THE THRONE ROOM in der Regel, mit (fast) jedem neuen Album eine kernige Glanzleistung abzuliefern, die ihnen die ehemalige Elite aus Norwegen so erst mal nachmachen muss. War der Vorgänger “Thrice Woven” möglicherweise einfach “nur” eine sehr gute Angelegenheit, geriert der aktuelle Output “Primordial Arcana” zum wahrhaftigen Meisterwerk. Völlig ohne Übertreibung. In der Geschichte der Band passiert das sogar schon zum wiederholten Male …

“Primordial Arcana”: Eine angenehme Form der Entführung …

“Primordial Arcana” ist vor allem Flucht. Eskapismus aus der dekadenten Moderne, der antispirituellen urbanen Umgebung möchte es sein und das ist den Weaver-Brüdern und ihrem Gitarristen Kody Keyworth vollends gelungen. Die beste Form, ein Album von WOLVES IN THE THRONE ROOM zu genießen ist immer noch, einfach nur die Augen zu schließen und sich für eine dreiviertel Stunde von allen Gedanken und Fesseln des Alltags loszulösen. Dann wird man belohnt mit monumentalen Gebirgsketten, unheimlichen Wäldern, unbehelligt lebenden Wildtieren und beängstigenden Schneelawinen. Oder was immer ihr euch dabei vorstellen möchtet. WOLVES IN THE THRONE ROOM haben nichts von ihrer suggestiven Macht verloren, einen beim Hören weiter weg zu tragen, als es irgendeine andere Black-Metal-Band momentan schaffen würde. Das allein würde schon für saubere acht Punkte reichen.

Acht Punkte und eine starke Atmosphäre machen aber trotz allem noch kein Meisterwerk. Davon kann hier nur die Rede sein, weil WOLVES IN THE THRONE ROOM in Sachen Songwriting mittlerweile ein Niveau erreicht haben, das mindestens so schwindelerregend ist wie die besungene “Mountain Magick” im Opener des Albums. Ob damit Rollenspiele oder beschwipst machende Pilzchen aus dem Wald gemeint sind: Völlig egal, mit diesem (auch als Single ausgekoppelten) Song eröffnet das Trio den Trip, dessen Intensität sich im Laufe des Albums noch steigern wird.

WOLVES IN THE THRONE ROOM begeistern mit mächtigen Hooks

Denn selten gelang es der Band aus Olympia (Washington), ihr Songmaterial mit unverschämt eingängigen melodischen Passagen anzureichern, ohne dabei eine Sekunde lang trivial zu werden. Natürlich war das Gespür der Band für Musik immer schon sehr gut, auf “Primordial Arcana” erreichen sie aber ihren bisherigen Zenit. Das gekonnt verhaltene “Spirit Of Lightning” und der Folgesong “Through Eternal Fields” verhärten diesen Eindruck.

Außerdem muss WOLVES IN THE THRONE ROOM ein weiterer Bonus zugesprochen werden: Seit Ewigkeiten hat niemand im Black Metal so schön authentische Neunziger-Jahre-Keyboardsounds untergebracht. Bei “Primal Chasm (Gift Of Fire)”, das von Klampfer Keyworth beigesteuert wurde, erinnern die Synths an EMPEROR zu “Anthems …”-Zeiten, bei “Underworld Aurora” und dem starken Finale “Masters Of Rain And Storm” an frühe GEHENNA und ihr wisst schon, an die Band, aus der mal ein verurteilter Mörder und peinlicher Survival-YouTuber hervorgehen sollte. Jeder einzelne Song auf “Primordial Arcana” ist in hohem Maße wiedererkennbar und einprägsam.

WOLVES IN THE THRONE ROOM untermauern ihren Status erneut

Einmal mehr haben WOLVES IN THE THRONE ROOM bewiesen, warum sie im Black Metal schon seit über zehn Jahren als Ausnahmeband gelten. Es ist ihnen gelungen, das Genre konsequent voran zu bringen und dabei rückwärts zu denken, was ihnen völlig berechtigte Sympathien von allen Seiten entgegenbringt. Dass die Band dabei Geheimniskrämerei, okkult-elitäres Gehabe oder Skandalsucht gar nicht nötig hat, ist nur die Spitze dieses verdammt eisigen Berges. Konsensband? Warum zum Henker denn auch nicht …

13.08.2021

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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