Wolfchant - Bloodwinter

Review

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Die Wölfe heulen wieder, denn WOLFCHANT kehren mit „Bloodwinter“ zurück, um ihren festzelttauglichen Metal einmal mehr unters Volk zu bringen. Gleich vorneweg: Wer auf ultra-cheesigen Pagan Metal mit tonnenweise Pathos und Klischees steht, kann sich diese Rezension im Grunde schenken und die Scheibe bedenkenlos ins Regal stellen. WOLFCHANT geizen nicht gerade mit Bombast und Melodien. Es ist also völlig legitim, nach dem Motto „Hirn aus und ab dafür“ mit „Bloodwinter“ Spaß zu haben. Eingängige Songs mit haufenweise Mitsingrefrains sorgen dafür, dass die Vikinger-Motto-Party in Nullkommanichts am Kochen ist. So weit, so gut. Wenn es aber ans (musikalisch) Eingemachte geht, zeigt das Wolfsrudel erschreckend wenig Selbstständigkeit.

Viel Wolfsgeheul um wenig Substanz

WOLFCHANT decken die Palette von ENSIFERUM bis EQUILIBRIUM souverän ab. Qualitativ gesehen gibt es hier fernab der allgegenwärtigen Mittelmäßigkeit wenig zu beanstanden. Die Band beherrscht ihr Handwerk, was man von einer Band, die seit 2003 aktiv ist, durchaus erwarten kann. Das Sängergespann Lokhi und Nortwin wechselt zwischen gutturalem Gekeife und hymnisch-tiefem Männergesang wie auch zwischen deutscher und englischer Sprache. Währenddessen schwankt die Qualität der Texte zwischen nichtssagenden, harmlosen Klischees und tumber Theatralik, die nur noch von den untersten, lyrischen Schubladen von Deutschrock und NDH unterboten wird. Die ersten Zeilen von „Sehnsucht“ etwa dürften selbst für hartgesottene Trash-Enthusiasten starker Tobak sein.

Der Sound ist bestenfalls zweckdienlich. Die Gitarren sind schwachbrüstig abgemischt und geraten gerne ins Hintertreffen, wenn der überspitzte Synth-Bombast einsetzt, was – nebenbei bemerkt – in 90% der Gesamtspielzeit der Fall ist. Ohnehin wenig texturiert, verkommen sie in den treibenden Passagen zu einem tuckernden und gluckernden Distortion-Kratzen, das sich auch den sträflich unterbeschäftigten Bass mit einverleibt. Unterdessen klingt das Schlagzeug eindimensional und flach wie ein Pappdeckel.

Doch glänzen WOLFCHANT auch nicht gerade mit originellem Songwriting. Die oben genannten Einflüsse sind nicht gerade subtil integriert. Hier steckt so wenig kreatives Flair in der Musik, dass sich aus den Songs kaum individuelle Charakteristika heraus kristallisieren lassen. Der Titeltrack und „New Born Killer“ stechen mit triolischen Rhythmen aus dem Einheitsbrei hervor, „Das Bollwerk“ ist etwas langsamer, das war es dann aber schon. Allein „Prelude To Revenge“ scheint die Ausnahme von der Regel zu sein, doch schnell ist der Glimmer verflogen, denn – wie der Titel wenig transparent verrät – es handelt sich um das Intro vom wiederum sehr formelhaften „Anthems Of Revenge“.

Alles folgt der sicheren Party-Pagan-Formel. WOLFCHANT gehen absolut keine Risiken ein und kopieren lieber bekanntere Bands, anstatt ihren eigenen Sound zu kreieren. Das geht so weit, dass die Band bei „Sehnsucht“ völlig frei von jeder Scham die „Reroute“-IN FLAMES abkupfert. Man kann regelrecht die plagiatorische Synthetik durch die Boxen hindurch schmecken.

WOLFCHANT wählen den einfachen Weg: Bombast vor Songwriting und Eigenständigkeit

Die Musik ist dabei so sehr von sich selbst überzeugt, dass unsereins beinahe darauf reingefallen wäre. Der stürmische Bombast der fast durchgehend nach vorne drückenden Songs will einem die eigene Großartigkeit förmlich ins Gesicht reiben. Und ja, bei den ersten Songs geht die Rechnung auch auf. Die großen Melodien und der treibende Rhythmus von „Schicksalsmacht“ und „Wolfchant (A Wolf To Man)“ holen einen gekonnt ab und lassen den Metkrug wie von selbst überschäumen. Doch es dauert nicht lange, bis auffällt, dass jeder Song, der kein Intro ist, nach diesem Muster gestrickt ist. Spätestens dann ist die anfängliche Euphorie verflogen.

Und WOLFCHANT klingen für sich genommen nun mal leider nicht interessant geschweige denn eigenständig genug, um diesen Blaupausen-Eindruck abzuschütteln. Qualitativ ist von einzelnen, halbwegs brauchbaren Songs über Durchschnittsware bis hin zu oberpeinlichen, kirmestauglichen Schunklern alles dabei. Aber nichts fräst sich dauerhaft in die Hirnwindungen hinein, weil man das alles einfach schon von anderen Bands kennt. Und wenn selbst der Waschzettel kaum mehr hergibt, als dass die Band „extremen Metal [spiele] mit zeitlosen Melodien, treibenden Riffs, epischen Parts und aggressiven Screams, die mit choralen Gesängen gepaart werden“, eine Ansammlung an Allgemeinplätzchen, mit der nahezu jede Band des Genres und darüber hinaus beworben wird, dann ist hier auf musikalischer Ebene einfach nicht viel zu holen.

Im Grunde kann man „Bloodwinter“ also getrost als härtere aber nicht minder hirnlose Stimmungsmusik hinnehmen und damit Spaß haben. Und das Album dann nach zwei bis drei Durchläufen im Schrank einstauben lassen, in bester Gesellschaft von Meisterwerken wie „Berserker„, wo es allmählich in Vergessenheit gerät. Wie so vieles in diesem Genre ist auch das sechste WOLFCHANT-Album allein für den Moment, nicht für die Ewigkeit geschaffen.

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09.01.2017

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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