Wolcensmen - Fire In The White Stone

Review

Moment mal, ein akustisches Folk-Projekt eines Black-Metal-Musikers? Hat hier jemand WARDRUNA gesagt? Nein, die überaus erfolgreiche Formation um Einar Selvik ist hier nicht gemeint. Vielmehr geht es mit WOLCENSMEN um die ganz eigene und vor allem viel englischere Folk-Interpretation von WINTERFYLLETH-Gitarrist Dan Capp. Nachdem Indie Recordings bereits letztes Jahr den, ursprünglich in Eigenregie entstandenen, 2016er-Erstling „Songs From The Fyrgen“ neu auflegte, veröffentlichen sie nun auch das zweite komplette Album „Fire In The White Stone“.

WOLCENSMEN – Perfekte Lagerfeuermusik

Gezupfte Gitarren, Celli, kraftvolle Trommeln und Percussions, gepaart mit männlichem wie weiblichem Gesang bestimmen den Opener „Foreboden“ und beschreiben somit bereits recht gut den Sound des Albums. Spätestens jetzt sollten sich alle Sorgen erledigt haben, dass es sich hier in irgend einer Weise um einen WARDRUNA-Abklatsch handeln könnte, da die WOLCENSMEN ihren ganz eigenen Weg gehen und uns in nebelverhangene englische Wälder entführen. Perfekte Lagerfeuermusik – passenderweise endet das kurze „A Gainsaying“ auch mit dem Geräusch knisternder Holzscheite.

Auch das ähnlich gelagerte „Lorn and Loath“ kann mit seinem zerbrechlichem Gesang zu Beginn und seinen epischen Chören zum Ende überzeugen. Allerdings zeigt sich hier bereits erstmals ein Problem, dass Kollege Wischkowski schon in seiner Review zum Vorgängeralbum kritisiert hat: Längen! Ja, es handelt sich um Folk, der von Atmosphäre lebt und daher auch gerne häufige Wiederholungen als Stilmittel enthalten darf. Hier führt das aber dazu, dass der Hörer schnell den Fokus verliert und die Gedanken beginnen abzuschweifen.

„Hunted“ hingegen sorgt wieder für deutlich mehr Spannung. Der Song, der als zweite Single vor kurzem bei uns Premiere feierte, sorgt mit seinen ungewöhnlichen Sounds, vor allem dem eingesetzten Bass-Synthesizer, für eine völlig andere, düsterere Stimmung, die durch die treibenden und jetzt auch viel tieferen Vocals noch verstärkt wird. Nach einem kurzen Interlude geht „Of Thralls And Throes“ noch einmal in eine ähnliche Richtung, wobei der zweite Teil des instrumentalen Songs praktisch ausschließlich aus Synthesizern besteht und teilweise sogar an MIKE OLDFIELD erinnert. Synthesizer auf einem Folk-Album? Ja, das klingt nicht nur ungewöhnlich, sondern ist es auch. Irgendwie schaffen es Capp und Produzent John A. Rivers aber, dies ungemein stimmig und wie aus einem Guss klingen zu lassen.

In „The Swans Of Gar’s Edge“ werden die elektronischen Elemente wieder stark zurück gefahren, ansonsten passiert aber auch nicht all zu viel. Auch hier kommt zwischenzeitlich leichte Langeweile auf. Nach dem kurzen von Flöten – gespielt von Jake Rogers (VISIGOTH) – dominierten „Maidens Of The Rimeland“ und einem erneuten Interlude folgt mit „Sprig To Spear“ ein, wenn nicht sogar das, Album-Highlight. Nicht nur klingt Dan Capp hier emotionaler als zuletzt – wer bei Einsatz der fantastischen Chöre keine Gänsehaut bekommt, dem ist nicht mehr zu helfen.

Der finale Titelsong, mit über acht Minuten auch der längste des Albums, beginnt typisch und wenig auffällig. Leider ändert sich daran auch im weiteren Verlauf wenig. Auch wenn die zweite Songhälfte mehr Variation parat hat, zeigt sich nach dem starken „Sprig To Spear“ einmal mehr die entscheidende Schwäche des Albums: Zu viele Längen.

Naturbetonte Dark-Folk-Hymnen mit einigen Längen – „Fire In The White Stone“

„Fire In The White Stone“ ist ein stimmungsvolles Werk voller naturbetonter Dark-Folk-Hymnen, die sich irgendwo zwischen WARDRUNA, DEAD CAN DANCE und MIKE OLDFIELD bewegen. Auch wenn dies erst einmal nach einer kruden Mischung klingt, und einige Puristen abschrecken dürfte, wirkt das enthaltene Material dadurch enorm eigenständig. Auch Produzent John A. Rivers, der eben auch bereits mit DEAD CAN DANCE gearbeitet hat, dürfte daran einen nicht unerheblichen Anteil haben.

Die Schwierigkeit bei langsamer, eher zurückhaltend instrumentierter Musik ist es aber immer, den Hörer dauerhaft bei der Stange zu halten. Das gelang bereits auf dem letzten WOLCENSMEN-Album nur bedingt und auch hier leidet die Aufmerksamkeit vor allem während ausladender instrumentaler Wiederholungen und teilweise recht ähnlich klingender Songs. Dennoch hat „Fire In The White Stone“ einige wirklich fantastische Highlights zu bieten und sorgt in seiner Gesamtheit für einen ersten gelungenen Herbst-Soundtrack, auch wenn es erneut nicht für den ganz großen Wurf reicht.

13.09.2019

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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