Wode - Burn In Many Mirrors

Review

Die aus Manchester stammenden WODE gehören mit Fug und Recht zu den aufstrebenden Stars am Black-Metal-Himmel (darf man das sagen?). Schon ihr erstes, noch selbstbetiteltes Album hat 2016 wie eine Nagelbombe in die Szene eingeschlagen. Und auch beim Nachfolger „Servants of the Countercosmos“ rissen die Lobpreisungen nicht ab. Es ergibt sich von selbst, dass eine Veröffentlichung eines neuen WODE-Albums mit Spannung erwartet wird. Schon ein Blick auf das von Santiago Caruso (u. a. NAILED TO OBSCURITY) entworfene Cover-Artwork lässt erahnen, dass es auf „Burn In Many Mirrors“ nicht um Heiterkeit und Fröhlichkeit geht.

„Burn In Many Mirrors“ – Ein Schritt zurück – drei vor

Auch wenn ein Buch ja bekanntlich nie nach seinem Einband beurteilt werden sollte, trifft der erste Eindruck hier vollkommen zu. WODE warten auch auf ihrem dritten Langspieler mit dieser gelebten Melange aus Düsternis und Aggression auf, mit der sie sich schon vorab einen Namen machen konnten. Doch anders als bei den Vorgängern steht hier nicht das Brachiale im Vordergrund. Vielmehr wirken die Songs in ihrer Dichte reduzierter und erinnern dadurch mehr an die zweite Welle des Black Metals.

Das ist allerdings kein technischer Rückschritt, sondern verleiht WODE die gewisse Prise Punk und Dreck, die den Vorgängern noch gefehlt hat. Die technische Diversität und Qualität wurden dabei in keiner Weise reduziert, vielmehr weiter ausgebaut. Dadurch erschaffen WODE ein beeindruckendes Miasma, das sich unaufhörlich in die Gehörgänge fräst. An dieser Stelle sei auch Sänger M. Czerwoniuk hervorzuheben, der es mit jeder Zeile schafft, einen nahezu ins Ohr zu rotzen und dadurch wie eine durchgeknallte Ausgeburt aus irgendeinem Vorhof zur Hölle klingt. Auch die Gitarrenfront kann an jeder Stelle begeistern. Teilweise blitzen hier und da sogar die 80er Jahre auf (hat da jemand IRON MAIDEN gesagt?).

WODE – Geniale Verrücktheit

Genau so kann man WODE wahrscheinlich am Ende in Worte fassen. Auf der einen Seite ist da dieser gewisse Hass und Wut auf Alles und die Welt, was den Black Metal ja im Grunde ausmacht. Auf der anderen Seite stehen da diese vier Herren, die ihre Instrumente absolut zu beherrschen wissen und ihr Können und den Drang nach Melodie und Spielfreude immer wieder ausleben lassen. Es wirkt alles so, als hätten MAYHEM und IRON MAIDEN in einem Manchester Arbeiterviertel ein uneheliches Kind gezeugt, das nun auf die Welt losgelassen wird. Der Purist wird hier vielleicht die Nase rümpfen und sagen, dass dies ja kein Black Metal sei.

Doch! Denn was WODE hier zelebrieren, ist die neue Bewegung des Black Metals, bei der sich junge Künstler von dem engen Korsett norwegischer Etikette frei machen und einfach zeigen, was mit dissonanten Gitarrenläufen und Krächzgesang im 21. Jahrhundert angestellt werden kann. WODE haben es mit „Burn In Many Mirrors“ nicht nur geschafft, sich weiter selbst zu übertreffen, sondern auch einen Weg vorzuzeigen, dem hoffentlich noch viele folgen werden.

Text: Tim Otterbeck

27.03.2021
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