Ehrlich gesagt waren Zeitgeister Music für mich bislang eher eine Randnotiz. Zweifelsohne ist allen Projekten eines gemeinsam, sie alle sind eigenständig und anspruchsvoll, doch sind es immer Kleinigkeiten, die mich davon abhalten, mich intensiver damit zu befassen. Nun kam allerdings „Sleep Summer Storm“, das dritte Album von WOBURN HOUSE, auf meinen Schreibtisch, und mich packte doch wieder die Neugierde.
Und schon bei den ersten Tönen beschleicht mich das Gefühl, etwas Großes vor mir zu haben. Schon beim Anfang des Openers „Willow“ fällt mir die Kinnlade hinab und will sich so schnell auch nicht mehr schließen. Denn „Sleep Summer Storm“ ist wirklich großes Kino. Dabei ließe es sich so leicht reduzieren als weiteres Post-Rock-Album, vielleicht versehen mit ein bisschen mehr Dunkelheit. Aber das wäre eine komplette Fehleinschätzung.
„Sleep Summer Storm“ ist viel mehr, es ist voller Emotionen. Es brodelt und kocht doch nie über. Beinahe lethargisch begibt sich das Duo auf eine Reise, die den Hörer voller Ehrfurcht ob ihres Tiefgangs erstarren lässt. Melancholisch, etwas wehmütig, aber auch nicht ganz hoffnungslos präsentieren WORBURN HOUSE einen intensiven Weg voller Gefühle. Die Gitarren, es sind immer wieder die Leads, die sanftmütig ins Ohr eindringen, bezaubern, aber gleichzeitig ein Gefühl der Trauer wecken. Es ist der Gesang, tief, warm und gefühlvoll, gleichzeitig aber facettenreich bis hin zu einem ausgedehnten Schrei in „Willow“. Es ist fantastisch, wie Christian Kolf (VALBORG, OWL, ISLAND, GRUNEWALD) und Florian Toyka (KLABAUTAMANN, VALBORG, ISLAND) es verstehen, sich musikalisch auszudrücken. Der erwähnte Opener ist bereits jetzt zu meinem Song des Jahres geworden, aber auch „Clash“ (mit seiner Mundharmonikaeinlage am Anfang und den doomigen Gitarren) oder das kurze, einem verzweifelten Gefühlsausbruch nahekommende „Behind You“ sowie das dynamische, kraftvolle „A Simple Man“ sind großartige Songs. Aber das sind ebenfalls nur Eckpfeiler eines Albums, das einem großen Höhepunkt gleichkommt.
Es funktioniert jedenfalls in allen Belangen. Die Mischung aus unaufdringlichen Synthies, ergreifenden Leads, zurückhaltendem Schlagzeugspiel und dem Gesang von Christian Kolf ist sowohl ergreifend als auch bezaubernd. Es sind Nuancen, die rein subjektiv sicherlich nicht 100% auf Gegenliebe stoßen werden, doch macht es „Sleep Summer Storm“ schwächer? Keineswegs, denn WOBURN HOUSE machen Musik, die berührt, die mich die Welt um mich herum vergessen lässt, und so ist es keine Frage, die Repeattaste ist an, und ich versinke wieder und wieder!
„Sleep Summer Storm“ ist definitiv kein weiteres Werk eines überlaufenden Genres, sondern erfasst die Essenz atmosphärischen Post-Rocks spielerisch, bereichert es durch Facetten, Emotionen und Verspieltheit. WOBURN HOUSE treten nicht auf der Stelle, langweilen nicht mit in die Länge gezogenen Parts und wirken auf den Punkt gebracht, ohne dabei zu schnell aus dem Kopf zu verschwinden. „Sleep Summer Storm“ wird in die Top-Five meiner Bestenliste 2011 eingehen und bewegt mich dazu, doch noch mehr Zeit aufzuwenden in die anderen Projekte zweier Musiker einzutauchen, deren Gespür für Musik begeistert!
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